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  • Day 27

    Am Velölen in der Heimat des Malbecs

    January 28, 2020 in Argentina ⋅ ⛅ 28 °C

    Auf der Fahrt von Valparaíso nach Mendoza geht es hoch hinaus: Unser Nachtbus erklimmt den Paso de la Cumbre und erreicht dabei dank mehreren Haarnadelkurven mehr als 3’800 Meter über Meer. In unserem Dämmerzustand bekommen wir das aber gar nicht richtig mit, ausser dass uns das Atmen etwas schwerer fällt. Da die Fahrt mitten in der Nacht stattfindet, verpassen wir auch den Anconcagua, den mit 6'961 Metern höchsten Berg Südamerikas. Die neunstündige Carfahrt ist nicht gerade das, was man erholsam nennt und wir kommen ziemlich gerädert in Mendoza an. Es ist morgens um 5 Uhr an einem Sonntag und wir sind froh, dass wenigstens die Taxifahrer arbeiten und wir so zum Hotel gelangen. Dort angekommen gönnen wir uns zuerst ein Frühstück und schlafen dann noch einmal ein paar Stunden. Danach sind wir wieder voller Tatendrang und erkunden die Stadt Mendoza. Was uns gleich auffällt, sind die vielen Bäume, welche die Strassen säumen. Mendoza ist eine grüne Stadt. Das zeigt sich auch am riesigen Park, in dem wir uns am Nachmittag eine Erfrischung gönnen. Das tut Not, denn es ist heiss und wir müssen uns zuerst an die Temperatur gewöhnen. Vielleicht hätten wir auch eine Siesta machen sollen, denn ausser uns sind nur wenige Leute unterwegs und die Stadt wirkt fast ein bisschen ausgestorben. Umso skurriler kommt es uns vor, als ein älterer Herr mit einer Gans durch die Stadt spaziert.

    Am nächsten Tag möchten wir eine Wine & Ride-Tour mit dem Fahrrad machen und begeben uns deshalb ins Zentrum, wo viel mehr Betrieb ist als am Tag zuvor. Die Leute sind geschäftig und auf den Strassen tummeln sich Autos und Fussgänger. Bevor wir uns auf die Weindegustation begeben, bringen wir unsere schmutzige Kleidung in eine Wäscherei. Der freundliche Inhaber kann sogar ein paar Brocken Deutsch. Die Wäschereien in Südamerika sind übrigens ganz anders, als wir es uns vorgestellt haben: Man wartet nicht Däumchen drehend neben der Waschmaschine, sondern erhält die saubere Wäsche nach ein paar Stunden oder am anderen Tag in einem Plastiksack zurück. Der Start der Weindegustation liegt etwas ausserhalb der Stadt, weshalb wir die Bahn nach Maipú nehmen. Es ist eine gemütliche Fahrt, auf der wir auch die Aussenbezirke des Ballungsraums Mendoza zu sehen bekommen. In Maipú angekommen, suchen wir den Radverleih auf und erhalten dort unsere Drahtesel. Zwar keine High-End-Bikes – wohl aber auch besser für eine Wine & Ride-Tour. Die Hitze drückt erneut und wir sind froh, dass wir bis zum ersten Stopp nur einige hundert Meter fahren müssen. In der modernen und grossen Bodega San Lorenzo wartet bereits eine Erfrischung auf uns und wir erhalten die ersten Weine zum Degustieren. Uns schmecken die Weine vorzüglich, natürlich insbesondere der Malbec, und es radelt sich danach auch etwas leichter, finden wir. Der nächste Halt lässt nicht lange auf sich warten und wir kehren im Il Mercato ein, um uns zu verpflegen. Es handelt sich um eine erst Ende des letzten Jahres eröffnete Markthalle. Wir essen dort ein sehr feines Mittagessen und unterhalten uns mit Manolo, der in der Weinverwaltung der Region arbeitet. Er ist sehr freundlich und gibt uns einige Tipps, was wir in Mendoza noch anstellen können. Gestärkt fahren wir weiter zur Bodega Familia Cecchin, die biologisch angebauten Wein produziert. Wir können uns einer Gruppe anschliessen und erhalten eine spannende Führung, bei der wir viel über die Prinzipien einer nachhaltigen Anbauweise lernen. Monokulturen sind verpönt, weshalb mitten in den Rebstöcken mitunter auch Fruchtbäume stehen können. Das erhält den Boden und verleiht dem Wein eine zusätzliche und natürliche Fruchtnote. Als Weinkenner schmecken wir das selbstverständlich heraus bei der kommenden Verkostung 😉

    Wir machen uns zu unserer letzten Station des Wine & Ride auf, bei der wir zeitgleich mit einem Paar aus Deutschland und Irland ankommen. Bei einem gut gefüllten Glas Wein (die Standardfüllmenge ist um einiges höher als in Europa) unterhalten wir uns mit den anderen Reisenden. Für uns ist es immer wieder spannend zu hören, woher die anderen Traveller kommen und was sie noch vorhaben. Interessant ist auch zu hören, wie andere Reisende unterwegs sind. Tim und Jean aus Irland etwa verbringen sechs Wochen in Südamerika und haben Argentinien und Chile bereits von der Atacamawüste im Norden bis zum südlichsten Patagonien bereist, waren auf dem Machu Picchu in Peru und haben gar die Osterinsel besucht. Das bedeutet aber auch, dass sie oft ins Flugzeug steigen müssen. Es ist toll, dass wir von ihnen viele Tipps erhalten. Gemeinsam gehen wir nach der Degustation an die Bushaltestelle. Mindestens vermuten wir, dass es eine Bushaltestelle ist. Tatsächlich kommt irgendwann auch ein Bus, der gemäss dem Fahrer nach Mendoza fährt. Wir steigen ein und tauschen uns weiter mit den Iren und dem Paar aus Deutschland aus, sind aber auch etwas geschafft vom körperlich herausfordernden Winetasting. In Mendoza machen wir uns auf die Suche nach einem Restaurant. Die Wahl fällt auf eine Parrilla, die sehr beliebt zu sein scheint, da fast alle Plätze besetzt sind. Wir ergattern einen Tisch und machen uns an die Bestellung. Simon ist mal wieder mutig beim Essen und bestellt eine Parrilla, bei der er nicht genau weiss, was drin ist. Es stellt sich dann heraus, dass es sich beim Gericht hauptsächlich um Innereien handelt. Wenn auch etwas gewöhnungsbedürftig, sind sie doch sehr lecker.

    Anderntags heisst es bereits wieder Rucksack packen, denn wir mieten ein Auto und wollen nach Norden fahren. Mit dem mobilen Untersatz fahren wir zuerst aber noch zum Fusse des Cerro Gloria, der uns nach einem kurzen, aber heissen Aufstieg einen wunderbaren Überblick über die ganze Region gibt. Danach lassen wir Mendoza mit zwei guten Flaschen Rotwein im Gepäck hinter uns.
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