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  • Day 67

    Insolvente Taxifahrer & feinstes Essen

    March 8, 2020 in Peru ⋅ ⛅ 26 °C

    Flight cancelled! Da wir kein Online Check-In durchführen konnten, hatten wir bereits eine dunkle Vorahnung, die sich bei unserer Ankunft am Flughafen in Cusco leider bestätigt. Der 10.30 Uhr-Flug nach Lima findet nicht statt. Für uns bedeutet das Schlangestehen und warten, bis wir eine Umbuchung am Schalter vornehmen können. Obwohl wir extra etwas früher an den Flughafen gingen, befinden sich bereits einige Leute vor uns. Nach rund zwei Stunden sind wir dann an der Reihe. Heute gebe es keine freien Plätze mehr, erklärt uns der Herr am Schalter. Sie würden uns aber ein Hotel offerieren, sodass wir anderntags den Flieger um 6 Uhr nehmen können. Wir schwanken zunächst zwischen Enttäuschung und Ärger, schicken uns aber in die Situation. Im Taxi zurück bessert sich unsere Stimmung dann zusehends, weil wir jetzt noch die Möglichkeit haben, Cusco weiter zu erkunden. Nachdem wir im neuen Hotel eingecheckt haben, besichtigen wir den Markt San Pedro und decken uns mit Coca-Bonbons, Muña-Tee und Agua de Florida ein. Danach gibt es einen Kaffee und wir gehen fürs Abendessen zurück in unser Hotel. Da wir bereits um halb 4 Uhr aufstehen müssen, verzichten wir auf den Schlummertrunk.

    Mit dem Taxi fahren wir durch das morgendliche Cusco und sind überrascht, wie viel Betrieb am Samstagmorgen um 4 Uhr ist. Auf den Strassen richten sich bereits die Standverkäufer ein und auch am Flughafen beginnt es zu wuseln. Wir sind froh, dass nun alles klappt und wir bald darauf im Flugzeug nach Lima sitzen. Die ältere Dame im Sitz neben uns fragt, ob wir nicht ein Video vom Start machen können. Da sie aufgeregt ist, vermuten wir, dass sie zum ersten Mal fliegt und wir fragen sie, ob sie am Fenster sitzen möchte. Sie bedankt sich freudig, um dann munter weitere Filme zu drehen und Fotos zu schiessen. Nach einem zügigen und ruhigen Flug landen wir kurz nach 8 Uhr in Lima, der peruanischen Metropole mit über acht Millionen Einwohnern. Wir organisieren uns ein Taxi zu unserem Hotel und fahren los. Doch nach rund zehn Minuten fährt unser Taxichauffeur an eine Tankstelle und bittet uns um einen Gefallen: Er möchte, dass wir ihm zehn Pesos vorschiessen, damit er tanken kann. Da die Tankanzeige bedrohlich nahe bei null steht, finden wir seinen Vorschlag ausgezeichnet und geben ihm das Geld. Es kann weitergehen und wir nutzen die Gelegenheit, um uns während der Fahrt ein Bild von Lima zu machen. Die Stadtteile sind recht unterschiedlich: In der Nähe des Flughafens bietet sich uns ein eher ärmliches Bild. Der Strassenzustand lässt teilweise zu wünschen übrig und die Häuser bröckeln. Je näher wir dann den Quartieren San Isidro, Miraflores und Barranco kommen, desto schöner zeigt sich das Stadtbild. Wir bezahlen dem Taxifahrer den Rest des Geldes und fragen uns, ob er einen Grossteil davon in Treibstoff investieren wird.

    Nach den einfachen Unterkünften während der Wanderung nach Machu Picchu freuen wir uns auf unser gehobenes Hotel in Lima. Wir werden nicht enttäuscht und stellen fest, dass diese Unterkunft die beste Dusche bietet, die wir während unserer ganzen Reise bisher nutzen durften. Wir richten uns ein und machen uns kurze Zeit später auf die Suche nach dem Punto Azul, wo wir unser Mittagessen einnehmen. Es gibt ein leckeres Ceviche für Simon und eine Causa für Roseline. Am Nachmittag flanieren wir durch die Strassen und lassen uns im Larcomar, einem Einkaufszentrum direkt am Meer, berieseln. Wie damals in Arequipa bezweifeln wir auch hier, dass sich der Durchschnittsperuaner viel leisten kann in den teilweise sehr teuren Markenläden. Wir belassen es bei einem Bierchen mit wunderschöner Aussicht und geniessen den Sonnenuntergang. Aufgrund der Nähe zum Äquator entschwindet die Leuchtkugel bereits kurz nach 6 Uhr dem Firmament. Wir brechen auf und essen im Restaurant Saqra feine Ravioli und einen Lomo Saltado. Nach dem langen Tag sind wir ziemlich erledigt und gehen schnurstracks ins Bett.

    Ausgeschlafen und gestärkt machen wir am Folgetag eine geführte Velotour durch die Quartiere Miraflores und Barranco. Unser Guide William nimmt unsere spanischsprachige Gruppe mit an die schönsten Ecken der Stadt und erklärt uns viel Wissenswertes über Lima. So erfahren wir zum Beispiel, weshalb Perus Hauptstadt den Beinamen La Gris bekommen hat: Der Himmel ist oft wolkenverhangen und grau, weshalb Lima auch die graue Stadt genannt wird. Die Temperaturen sind aber durchaus angenehm und wir sind eigentlich froh, dass die Sonne nicht ständig ungehindert brennt. Vor allem, als uns William auf einen Hügel im südlichen Teil der Stadt fahren lässt. Die Anstrengung lohnt sich, denn wir erhalten einen Ausblick über weite Teile der Stadt. Hier werden uns die Gegensätze zwischen arm und reich nochmals deutlich. Chorrillos, das Quartier direkt am Fusse des Hügels, muss Wasser sparen und die Häuser haben teilweise kein fliessendes Wasser. Auch Elektrizität ist Mangelware und Stromausfälle sind an der Tagesordnung. An diesen Distrikt grenzt Barranco, ein wohlhabendes Quartier für Hipster, Künstler und Gutbetuchte. Für uns ist es erstaunlich zu sehen, wie nahe beieinander diese gegensätzlichen Welten liegen. Kein Wunder, entzünden sich immer wieder Proteste in diesen Ländern: Wenn man den Luxus im Nachbardistrikt sieht, werden einem die eigenen Lebensumstände erst so richtig bewusst. Unter der fachkundigen Führung von William machen wir uns an die Abfahrt und lassen den Schweiss im Fahrtwind trocknen. Als Belohnung für die Strapazen offeriert uns William ein feines Eis, bald darauf verabschieden wir uns.

    Für das Abendessen haben wir einen Tisch im SaHa reserviert. Einmal mehr erwartet uns ein ausgezeichnetes Mahl (Ají de Gallina & Lomo Saltado mit Pilzen) und wir geniessen die entspannte Atmosphäre im Restaurant. Zum Nachtisch gönnen wir uns einen Pisco Sour – ebenfalls sehr empfehlenswert. Wir beschliessen den Abend auf der Rooftop-Bar des Radissons und geben uns dem warmen Wind und der schönen Stimmung an unserem zweitletzten Abend in Lima hin. Die Stadt gefällt uns und wir könnten uns gut vorstellen, noch etwas länger hierzubleiben. Obwohl wir das eigentlich bei allen bisherigen Destinationen gesagt haben, würden wir uns noch etwas mehr Zeit in Lima wünschen, um beispielsweise auch die Altstadt und das Umland zu erkunden. Wir trinken noch etwas und gehen müde, aber guter Dinge zurück ins Hotel. Anderntags organisieren wir die letzten Details unserer Reise auf die Galápagos-Inseln und machen uns hübsch für unsere Verabredung am Abend: Wir treffen Claudia, die Frau eines guten Kollegen von Simon. Claudia ist Peruanerin und kommt ursprünglich aus Arequipa, arbeitet aber seit längerer Zeit schon in Lima. Roseline geht Shoppen und zur Maniküre, Simon lässt sich Bart und Haare stutzen. Sich mal wieder richtig frisch zu machen, tut während dem Reisen zwischendurch sehr gut. Vor dem Abendessen flanieren wir nochmal im Barranco und gönnen uns einen Cappuccino. Eigentlich wollten wir dann zu Fuss ins Restaurant Cala spazieren, aber wir finden einfach keinen Weg zum Meer hinunter. Die eigentümliche Topografie von Lima bringt es mit sich, dass die Autobahn direkt am Meer entlangführt und die Stadt oberhalb der sandigen Klippen erbaut wurde. So müssen wir schliesslich ein Taxi nehmen, das uns über einen gewaltigen Umweg runter ans Meer bringt.

    Das Cala ist ein vornehmes Restaurant mit einer ausgezeichneten Aussicht. Wir freuen uns, Claudia in ihrer Heimat zu treffen. Wir sitzen auf der Terrasse und haben einen Tisch direkt am Meer bekommen. Der angenehme Wind, das Rauschen des Meeres und das feine Essen trösten uns über unseren letzten Abend in Lima hinweg. Als Vorspeise teilen wir uns den Cala Tower, der verschiedene Fischspezialitäten beherbergt. Gnocchi, Lachs und Tintenfischsalat sind unsere Hauptspeisen. Für uns ist es sehr spannend, uns mit Claudia über Lima und Peru zu unterhalten und natürlich auch über die Schweiz, da sie schon mehrere Male und teilweise auch länger in unserer Heimat war. Die Zeit vergeht wie im Flug und schon bald müssen wir uns nach einem gemütlichen Abend von Claudia verabschieden. Es ist nicht nur ein Abschied von Claudia, sondern auch von Lima und Peru im Allgemeinen. Zeit, um zu trauern bleibt wenig, um 3 Uhr morgens steigen wir ins Taxi an den Flughafen. Adios, Lima la Gris.
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