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  • Cengiz & Familie

    September 11, 2023 in Turkey ⋅ ☀️ 20 °C

    Wir erleben einen wunderbar sonnigen Morgen am Leuchtturm. Die netten Hunde leisten uns Gesellschaft, ansonsten sind wir allein.
    Diesen Umstand nutzen wir nach dem Frühstück, um ein paar Touri-Fotos an dem Schild zu machen, welches İnceburun als nördlichsten Punkt ausweist. Schließlich lassen wir noch einen Dankesgruß am Haus der "Leuchtturmfamilie", wo noch alles ruhig zu sein scheint, zurück und radeln etwas wehmütig weiter. Gut und gerne hätten wir noch bleiben können...! Wir sind noch nicht weit gefahren, da hält Heiko plötzlich an und Claudia vermutet, dass er ein Tier oder etwas ähnlich Spannendes erspäht hat. Aber nein: Heiko findet seine eigene Unterhose, die nach der gestrigen Wäsche noch feucht war und zum Trocknen außen an der Tasche hing, zumindest bis sie sich genau hier scheinbar selbstständig gemacht hat. Nicht viel später kommt es zur nächsten ungewöhnlichen Begegnung. Wir treffen zwei Radreisende, die erstens Türken und zweitens älter als wir sind. Bisher haben nur deutlich jüngere Radler unseren Weg gekreuzt und Einheimische haben wir tatsächlich noch nie auf bepackten Rädern gesehen. Vieles an ihren Fahrrädern, eines davon mit kleinem Anhänger, ist "Marke kreativer Eigenbau". Ein über die Isomatte gestülpter Eimer hat multifunktionalen Charakter: Er dient zum Spülen, zum Duschen, und zum Löcher in platten Fahrradschläuchen finden. Das nette Paar spricht überraschend gut englisch und so plaudern wir eine Weile, bevor wir im die jeweils entgegengesetzte Richtung weiterfahren. Das gemeinsame Erinnerungsfoto entdeckt Heiko bereits kurze Zeit später auf Instagram. Auf kleiner, fast autofreier Straße (ein kurzer Verfahrer auf die Hauptstraße ist schnell korrigiert) passieren wir einen See und gelangen kurz darauf an eine Steilküste mit fantastischem Blick auf das Meer und einen langen, fast menschenleeren Sandstrand. In der Ferne können wir sogar noch einmal den Leuchtturm sehen, der inzwischen neun Kilometer (Luftlinie) entfernt ist. Und natürlich können wir nicht anders als hier eine Foto-Film-Genuss-Pause einzulegen (obwohl wir aktuell weder über Wasser für einen Tee noch über Kekse verfügen...). In stetigem Auf und Ab geht es weiter, da kommt die Rast an einem Straßenstand gerade recht. Eigentlich wollen wir nur schauen, ob der Stand etwas für unser Abendessen hergibt. Wir bleiben schließlich für die Länge von drei Gläsern Tee und knabbern dabei frisch gepflückte Weintrauben. Weitere Trauben sowie einige Tomaten überreicht das Standbetreiber-Paar uns darüber hinaus als Geschenk. Wir kaufen schließlich aus der Auswahl verschiedener eingemachter Köstlichkeiten noch ein Glas "Aciko" (ohne so ganz genau zu wissen, um was es sich handelt), dann hat uns die Straße wieder. Als wir ab 17 Uhr die Augen nach einer guten Zeltmöglichkeit offenhalten, dürfen wir zum wiederholten Mal eine zufällige und gleichzeitig tolle Begegnung erleben. Während wir langsam radelnd die Umgebung auskundschaften, kommt plötzlich ein Mann aus einer Hauseinfahrt, nachdem er durch Heikos Fahnen am Rad aufmerksam geworden ist, und spricht uns an. Er heißt Cengis, kommt aus Österreich und ist gerade heute hier bei seiner Familie für einen zweiwöchigen Besuch angekommen. Sein Onkel und sein Neffe gesellen sich dazu und nach wenigen Minuten stehen wir im Garten der Familie, wo wir unser Zelt aufschlagen dürfen. Der ausgesprochen freundliche Onkel entscheidet sich aber noch einmal um und zeigt uns einen anderen Platz. Eine ebene Fläche direkt vor der benachbarten Moschee hält er für am besten geeignet, hier können wir sogar das zur Moschee gehörige Toilettenhäuschen nutzen. Die drei Männer schlagen vor, dass wir in Ruhe unser Lager aufbauen und im Anschluss auf einen gemeinsamen Tee zu ihnen rüberkommen. Wir nehmen die Einladung gerne an und spazieren wenig später zum Grundstück von Cengiz' Familie. Hier lernen wir auch zwei Frauen kennen (die ganzen Namen und Verwandtschaftsverhältnisse sind leider zu viel für unsere Gehirne), die bereits einen Haufen Maiskolben im Garten grillen. Wir knabbern die gelben Körner, dazu werden noch frische Feigen und Weintrauben gereicht, trinken reichlich Tee und haben eine sehr unterhaltsame und lustige Zeit. Schließlich wird auch noch eine im eigenen Steinofen im Garten zubereitete Nachspeise serviert. Nokul heißt sie und ist in dieser Region typisch. Es ist ein lustiger Zufall, dass Claudia diese Nachspeise schon in Sinop auf einer Karte als "ausprobierwürdig" entdeckt hat, es aber nicht zur Testung kam. Umso schöner, dass wir nun in den Genuss kommen, das Nokul schmeckt nämlich tatsächlich ganz ausgezeichnet. Im Laufe des Abends gesellen sich weitere Menschen zu uns, sowohl aus der Familie als auch die deutschsprachigen Nachbarn Nuri und Türkan, die sehr lange in Augsburg gelebt haben. Als es draußen zu kühl wird, ziehen wir alle ins Haus um und die Zeit vergeht wir im Flug. Halb elf ist es bereits, als wir uns nach diesem sehr schönen Abend in unser Zelt zurückziehen. Und auch morgen früh darf der Gaskocher kalt bleiben, Nuri und Türkan haben uns zum Frühstück eingeladen...Read more