Satellite
Show on map
  • Day 24

    Etwas Wind, Sand und Sterne

    February 14, 2023 in Costa Rica ⋅ ☀️ 28 °C

    Auf unserer Reise sind wir in allen möglichen Lodges untergekommen. Einfachen und komfortablen, mit und ohne Meer, mit und ohne Klimaanlage, Hotels mit Außendusche, Moskitonetzen, Insektengittern; Unterkünften, bei denen man eine Tür zumachen kann, und anderen, in denen man auch drinnen draußen ist. Unser Häuschen in der Ojo-del-mar-Lodge sieht aus wie ein riesiges nach vorne komplett offenes Puppenhaus. Es gibt hier bequeme Sessel mit Sitzpolstern; es gibt genügend Haken, eine Kleiderstange und Kleiderbügel, Dinge, die selbstverständlich sind und hier, wo die Klamotten immer klamm sind, noch selbstverständlicher sein sollten, aber sonst in fast allen Unterkünften fehlen, auch in den guten. Den Paradiesgarten kriegt man hier wie überall gratis. Vom Bett aus hat man einen Blick zu den Sternen, die hier frisch und groß aussehen, als wäre man dem Himmel näher als in Deutschland. Die Luft ist Tag und Nacht voller Rauschen und Geräuschen - von Zikaden und Vogelmonologen, vom Donnern des Meers und den lautstarken Debatten der Lapas Rohas, den roten Aras hoch oben im Flug oder im Baum, die immer nach Dissens klingen. Frühmorgens sehe ich den Pelikanen zu, wie sie über dem Golfo Dulce ihre Kreise ziehen, um dann auf der Jagd nach Fischen kopfüber ins badewasserwarme Meer abzustürzen. Die Schwüle ist hier dank der zeitweisen leichten Brise besser auszuhalten als anderswo. Tagsüber teilen wir uns den Pool mit den Eidechsen, die daraus trinken und manchmal übers Wasser laufen wie Jesus.
    Beim gemeinsamen Essen im Haupthaus kommen wir zum ersten Mal in Kontakt mit anderen Reisenden. Nicht alle machen Urlaub hier. Emil zum Beispiel, kaum 18, leistet seinen Zivildienst in der Tropenstation La Gamba im Regenwald der Österreicher auf dem costaricanischen Festland. Er erzählt von dem Projekt, Korridore zwischen den costa-ricanischen Regenwaldflicken zu schaffen und auf diese Weise die Lebensräume der sich teils rapide reduzierenden Tierwelt auszudehnen und ihre Fortpflanzungsmöglichkeiten zu sichern. Wir reden über den Lebensstandard der costa-ricanischen Bevölkerung, die zum größeren Teil bitterarm ist; viele generieren ihr Einkommen auf den Ananas- und Bananen-Plantagen der United Fruit Company, Chiquita, Del Monte und Co. Dass Costa Rica weltweit Spitzenreiter beim Einsatz von Pestiziden ist, passt nicht ins Bild einer Nation mit grün-ökologischem Anstrich und Nachhaltigkeitsanspruch, die auf den Ausbau der Tourismusbranche setzt wie kaum ein anderes Land. Wir reden über Klimakrise und Bevölkerungswachstum, über Versuche eines bedingungslosen Grundeinkommens für die indigene Bevölkerung mit der Folge, dass etliche von ihnen dem Alkoholismus verfallen, weil sie nichts mehr zu tun haben.
    Amerikanern, Engländern, Kanadiern, aber auch Österreichern und deutschen Landsleuten begegnen wir im Ojo del mar, lauter feinen Menschen mit einem gemeinsamen Bewusstsein, das sich auf den Erhalt der Lebensgrundlagen für Tier und Mensch auf der einen schönen Erde fokussiert.
    Und dann gibt es den Abend, an dem sich spontan eine Minicombo bildet, mit Robert an der Djembe und Clemens, Hotelier vom Wolfgangsee, am Keyboard. Letzterer ein Allrounder, der einfach alles spielen kann, Blues, Boogie, Jazz-Standards, am Ende gar Chopin-Walzer, alles auswendig. Als wir in der fast vollkommenen Dunkelheit den Weg zu uns unserem Puppenhaus suchen, hat, wie jede Nacht, jemand das schwarze Tuch über uns gewaschen und das Tafelsilber darauf auf Hochglanz gebracht. Besser gehts nicht. Niemals, nicht mal in Afrika, habe ich einen solchen Sternenhimmel gesehen. Buenas Noches.
    Read more