Costa Rica

January - February 2023
A 37-day adventure by Guntrun Read more
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  • Day 1

    Costa Rica, wir kommen!

    January 22, 2023 in Costa Rica ⋅ ☀️ 27 °C

    Mit den Gerüchen fängt es an. Beim Betreten des Airport-Terminals Zürich das Aroma eines Reinigungsmittels Schweizer Machart. Der Duft des Ensembles Cappuccino plus Zimtwecken nach dem Check-in, der zu jedem Fernreisebeginn gehört. Der durchdringende Geruch nach Kerosin beim Boarding.
    Der Tag hat weiß begonnen. Geschlossene Schneedecke in Süddeutschland, später geschlossene Wolkendecke in der Luft. Zwischendurch lichten sich die weißen Wolken und geben die Sicht auf weißen Schnee frei.
    Unser Leben, aufgehängt an zwei Flügeln der Fluggesellschaft Edelweiß. Wir fliegen nach Costa Rica - zum vierten, fünften oder sechsten Mal? Ich habe aufgehört zu zählen.
    Warum wieder und wieder Costa Rica?, hat man uns gefragt. Deshalb! Weil dieses Land auf der Brücke zwischen Nord- und Südamerika so übersichtlich ist bei größtmöglicher Vielfalt: Regen- und Nebelwald, Gebirge, zwei Ozeane, hohe Vulkane, tiefe Krater, heiße Quellen, jede Menge uriger Vierbeiner und bunter Vögel. Ein Bekannter von R hat erzählt, dass er bei seiner ersten und einzigen Costa-Rica-Reise ein Erdbeben vom Feinsten erlebt hat und anschließend im Pazifik von einem Hai gebissen worden ist, wobei er eine Ferse eingebüßt hat. Wir haben bei unseren Reisen weder das eine noch das andere erlebt. Auch keinen Vulkanausbruch oder Tsunami. Kann ja alles noch kommen. Muss aber nicht.
    Über Spanien ist der Schnee Geschichte, die Zeit auch. Wir lassen sie hinter uns und fliegen in die Vergangenheit. Was in Deutschland um 15 Uhr 50 passiert ist, wird in Costa Rica erst in 7 Stunden geschehen. Wieviel Uhr ist es right now, über dem Meeresblau, das überall gleich aussieht?
    Das Essen kommt, und die Stewardess fragt uns, ob sie Kalbsbratwurst und Röschti auf Englisch, Schwyzerdütsch oder Hochdeutsch servieren darf. Wir hätten es gern auf Schwäbisch - oder Rheinisch.
    Ein Tag mit zuviel Gegenwart. Die im Flieger gefangeme Zeit wird lang, und irgendwann hat man alles schon gemacht: gegessen, getrunken, gelesen, in großer Höhe unangeschnallt Luftlöcher durchquert, geschrieben, geschlafen, wieder gegessen und getrunken, geredet. Um alles ein bisschen spannender zu machen, bemerkt R., dass wir, right now, das Bermuda Dreieck durchfliegen, und dann nochmal und nochmal. Später mutmaßt er, der Kapitän habe sich verflogen, und wähnt uns am Rande des Packeises.
    Der große Schatten holt uns ein, auch im Flugzeug wird es Nachmittag, dann Abend. Bei unserer Ankunft hat San José mit dem Abenteuer Tag schon Schluss gemacht. Fast wenigstens. Auf uns wartet allerdings noch eine Überraschung besonderer Art. Fortsetzung siehe Footprint 2.
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  • Day 2

    Zu Anfang ein sehr dickes Ende

    January 23, 2023 in Costa Rica ⋅ ⛅ 28 °C

    Der Flieger ist gelandet, unsere Reisetaschen haben ihre Besitzer wieder gefunden, wir den Flughafen-Ausgang und den Shuttle, der uns zum CarRental bringt. Alles passiert fast mit Lichtgeschwindigkeit und kann so weitergehen.
    Geht aber nicht. Wir haben die Autoschlüssel unseres Mietwagens quasi schon in der Hand, da präsentiert uns der nette Mitarbeiter von Hertz das Sine qua non in Form der Kaution über 1500 Euro, die zusätzlich zu den bereits entrichteten satten 2500 Euro Mietwagen-Kosten auch noch hinterlegt werden muss - und zwar ausschließlich per Kreditkarte. Jedoch, wat'n Pech - keine unserer Karten funktioniert, vermutlich aufgrund zu geringen Kreditrahmens. Alle Versuche, die Kaution bar zu hinterlegen, fruchten nicht. Der Mitarbeiter kennt kein Pardon, beteuert, dass er heute Abend nichts mehr für uns tun kann, außer uns mit dem Shuttle zu unserem Hotel nach Alajuela, einer Kleinstadt in Flughafen-Nähe, bringen zu lassen. Morgen früh sehe die Welt schon wieder anders aus, wir sollen ein Glas Wein trinken und mit unserer Bank sprechen. Der letzte Satz lässt alle Hoffnung in uns fahren, denn schaffe es mal, in einem überschaubaren temporären Zeitraum ein Gespräch mit deiner Bank auf die Beine zu stellen und das auch noch über 9000 Kilometer hinweg aus Costa Rica.
    Gegen 22 Uhr Ortszeit sitzen wir im Besitz unserer Gehwerkzeuge und ansonsten unmotorisiert im menschenleeren Stadtpark von Alajuela. Vor der skurrilen Geräuschkulisse zweier eingesperrter Papageien auf einer Veranda, die einen Lärm machen wie die gesamte Arapopulation vom Corcovado, verzehren wir unsere Vesperreste aus Deutschland und trinken Samos aus einer mitgebrachten Flasche. Einem Bettler, der bei uns vorbeikommt, die Hand aufhält und nicht lockerlassen will, zeigen wir unsere leeren Brotdosen und sagen, wir seien ebenso "poor" wie er, wohl bereits jetzt die fetteste Lüge unseres Urlaubs, aber er lacht und verzieht sich.
    Später schlafen wir schlecht, sind um halb fünf schon wieder wach und warten verzweifelt darauf, dass es hell wird. Inzwischen sind wir telefonisch im Gespräch mit Endlosschleifen, reden mit Mietwagen- und Bank-Hotlines in halb Europa, die alle nichts für uns tun können. Der von R abends geänderte Kreditrahmen ist noch nicht hochgeladen, und unsere Zuversicht, im Lauf des neuen Tages noch zu einem Auto und mit diesem nach Puerto Viejo an der Karibik zu kommen, auf dem Nullpunkt. Zurück im CarRental treten wir die Flucht nach vorne an. Die Drohung, unseren Vertrag zu stornieren, wirkt, und nachdem wir für die Kaution fast unsere gesamte Barschaft in Euro und Colones losgeworden sind, können wir es kaum glauben, als wir endlich unsere "Kutsche" besteigen und losfahren. Costa Rica, wir kommen!
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  • Day 3

    Magischer Morgen

    January 24, 2023 in Costa Rica ⋅ 🌧 28 °C

    Punkt 5 Uhr in der Frühe geht es los. Howler-Monkeys bestimmen, wie lange geschlafen wird in Puerto Viejo. Mit archaischem Gebrüll begrüßen sie den Tag. Noch ist es stockdunkel. Doch im Nu malt die Morgendämmerung die Welt an, erst den Himmel, dann Büsche und Bäume. Vogelstimmen mischen sich in den werdenden Tag.
    Gestern Abend sind wir in unserer Lodge an der Playa Cocles bei Puerto Viejo angekommen. Sieben Jahre nach unserem letzten Besuch ist das Städtchen mit Karibikflair kaum wieder zu erkennen. Wir sind uns nicht sicher, ob es uns mit dem Touristenrummel, der auch hier Einzug gehalten hat, noch gefällt. 2013 war Puerto Viejo noch ein beschauliches Dorf, in dem man abends mit staubigen Füßen ins Bett ging, denn die Straßen waren ungeteert. Seitdem ist alles hastiger, emsiger, geschäftiger geworden, vom karibischen Laissezfaire nurmehr wenig zu spüren. Nur das Meer hat noch den gleichen gemächlichen Rhythmus wie ehedem.
    Unsere Lodge, die wir auch von früher kennen, ist ausgebucht. Unser Bungalow abseits vom Getümmel ganz hinten inmitten von wucherndem Grün. Recht so. Nach den Strapazen der letzten beiden Tage sind wir so k.o., dass wir gleich nach dem Abendessen mit Ceviche und Salatbowl um 9 Uhr ins Bett fallen.
    Jetzt am Morgen wandle ich durch den Garten Eden der Lodge wie einst Eva, allerdings ohne Adam, der liegt noch im Bett und ratzt. Noch gehört mir das Paradies ganz allein, samt dem Blick auf zwei Faultiere, die unentdeckt an den Ästen eines Eukalyptusbaums beim Pool kleben. Doch schon zur Frühstückszeit ist es mit den Exklusivrechten vorbei. Eine Traube der Spezies Mensch hat sich unter dem Baum versammelt und betet das Faultierpärchen mit seinen Handykameras an. Eine Frau spurtet hin, Smartphone im Anschlag, klick, klick. Ein komischer Anblick, die rennende Frau und das behäbige, sich in Zeitlupe bewegende Tier. Die Tierwelt lebt in einem anderen Tempo als der Mensch, Faultiere sind zu langsam, Vögel zu schnell für uns. Letztere haben hier viel Schwarz mit Gelb, das mal vorne am Schnabel, mal hinten am Schwanz ist. Der flinke Blick identifiziert ein Aracari und viele viele Montezumastirnvögel. Deren Männchen haben ein ulkiges Balzverhalten. Sie halten sich am Ast fest und machen dabei so eine Art Felgumschwung, bis zu 10 Mal hintereinander.
    Tukane bekommen wir an diesem ersten Tag nicht zu Gesicht, hören nur ihren Schrei.
    Am Nachmittag ist am Pool zu viel Mensch, wir fliehen ans Meer, und, als sich das Wetter eintrübt, in ein asiatisches Restaurant, wo wir uns mit Frucht-Milchshakes und leckeren Wraps trösten.
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  • Day 4

    Wiedersehen mit dem Paradies

    January 25, 2023 in Costa Rica ⋅ 🌧 28 °C

    Auf der Straße von Puerto Viejo nach Süden fahren mehr LKWs, Lieferwagen und Mopeds, als man auf dem Weg ans Ende der Welt erwarten könnte. Einen Fahrstil pflegend, dass man froh sein kann, wenn man das Ende der Welt lebend erreicht. Ich habe mir ein Fahrrad geliehen, einen altersschwachen Drahtesel ohne jedes Extra, aber einmal nach Manzanillo und zurück wird er schon durchhalten. Ich bin gespannt auf das Naturreservat an der Grenze zu Panama, einst für uns der schönste Flecken Costa Ricas, um nicht zu sagen, auf Erden , nirgendwo war das Paradies so nah.
    Bereits nach einem halben Kilometer springt von meinem Bike eine Schraube ab, und der Bügel, der, mit der Radnabe verbunden, eigentlich das Schutzblech über dem Reifen halten sollte, klappert unerträglich. Mangels Schnur binde ich ihn schließlich mit einem von einer Tempotaschentuchpackung abgerissen Streifen Plastikfolie fest. Ich mausere mich auf meine alten Tage noch zur Ingenieurin.
    Hinter Punta Uva lässt der Verkehr nach, und Fahrradfahrer sind auf der Fahrt durch den Urwald mehr oder weniger unter sich. Es ist schwül, mit dem Fahrtwind aber auszuhalten. Kurz nach 13 Uhr passiere ich das Ortsschid Manzanillo. Hier enden die Wege, früher war das Dorf ein Ort für Aussteiger mit verfilzten Rastafrisuren, das "Maxi", das die Umgebung rund um die Uhr mit Reggae-Musik beschallte, die einzige Kneipe. Der Zugang zum Nationalpark führte durch eine Furt am Karibikstrand, die nur bei Niedrigwasser passierbar war. X-mal sind wir durchs knietiefe Wasser in unser Eldorado gewatet, ehe 2016 eine Hängebrücke gebaut und der Park für jedermann zugänglich wurde. Seither ist ein Kassenhäuschen samt Aufsichtsrspersonal und weiteren wenig romantischen Accessoires dazu gekommen. Geschäftig hin und her fahrende Lastwagen, ein Bagger und eine Planierraupe sind dabei, neben der Hängebrücke eine Zufahrtstrasse über die Furt zu errichten. Zu sehen, wie dieser unberührte Flecken Erde von der Zivilisation buchstäblich überrollt wird, tut weh. Es tut weh, das zu sehen, obwohl oder gerade weil man selbst zu den Berührern gehört. Ich schließe meine Schrottmühle an, entrichte Wegezoll und hinterlasse meinen Namen auf einer Liste. Mein Rucksack wird durchsucht, unklar wonach, vermutlich nach Essbarem. In jüngerer Zeit häufen sich Fälle, bei denen gefräßige Touristen beim Besuch der Nationalparks von noch gefräßigeren Waschbären angefallen und verletzt werden.
    Im Park hat die Bauwut Einzug gehalten. Mehrere Privatdatschen aus Holz, die 2016 auch noch nicht da waren. Der Traumstrand mit Palmen und Mangroven mit donnerndem Meer dagegen unversehrt.
    Man kann das Gelände auf markierten Trails durchwandern, auch das ist neu. Früher war man Pionier und jeder Streifzug eine spannende Exkursion ins Ungewisse. Ich nehme den am wenigsten ausgetretenen Pfad ins Landesinnere. Irgendwann ist das Tosen des Meers verstummt. Noch ein paar Meter, und ich bin im Schoß von Mutter Erde, ganz allein mitten im Urwald mit in den Himmel wachsenden Bäumen, Lianen, Farnen und Gebüsch. Nein, ganz allein bin ich nicht, ganz und gar nicht. In die Stille tropft dann und wann das Knacken von Geäst, das Plopp einer am Boden aufschlagenden Nuss. Das Stockwerk über mir ist bevölkert mit ganzen Sippen von Brüllaffen. Sie pflücken Hülsenfrüchte, vielleicht werfen sie sie auch nach mir. Irgendwann beginnen sie eine geräuschvolle Unterhaltung und ziehen dabei alle Register. Sie schnattern, ächzen, schnaufen wie Blasebälge, klagen, seufzen, wimmern. Zu Gesicht bekomme ich keinen von ihnen, eben so wenig wie den Tukan, der irgendwo in der Nähe sein spitzes Ki-Ri ausstößt.
    Auf dem Heimweg überrascht mich ein Tropenschauer. Auch das ist Costa Rica: Diese aus dem Nichts einsetzenden und ebenso abrupt wieder endenden brachialen Güsse, bei denen kein Auge und auch sonst nichts trocken bleibt. Auf der Terrasse eines geschlossenen Sodas lassen mich Hund und Katze bereitwillig biwakieren und ich warte in friedlicher Gesellschaft das Ende der Sintflut ab.
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  • Day 8

    Sieben Tage Karibik-Feeling

    January 29, 2023 in Costa Rica ⋅ 🌧 25 °C

    Eine Woche Karibik liegt hinter uns. Ich lebe von Ceviche, Melonen-Shakes con leche, von Licht und Meer, von spektakulären Tierbegegnungen und der morgendlichen Aufwach-Geräuschkulisse mit Vogelstimmen und dem Gebrüll der Howler-Monkeys. Wir gehen früh schlafen und stehen im Morgengrauen auf. Längst ist das Frühstück unsere Hauptmahlzeit geworden: Tropische Früchte, Egg-Tortilla, Pancakes mit Ahornsirup, frische Säfte, Kaffee. Danach nur noch Kekse und Pipa Fria bis zum Abendessen.
    Die Wetterlage ist instabil, das Meer außer sich, sein Donnern bis ins hinterletzte Eck unserer Lodge zu hören. Nachts schüttet es meist aus Eimern. Aber nicht nur deshalb steht Puerto Viejo das Wasser bis zum Hals. Auch hier schlägt der Klimawandel zu. Der Meeresspiegel braucht hier nur noch ein paar Zentimeter zu steigen, dann wird das Karibikstädtchen zu Klein-Venedig. Zugegeben - die Vorstellung hat was, denn gegenwärtig droht es an seinem Verkehr zu ersticken. Puerto Viejo ist SUV- und Pickup-Hauptstadt, insbesondere am Abend ist auf der zu beiden Seiten zugeparkten Hauptachse kein Durchkommen mehr. Der Autoverkehr teilt sie sich mit Mofas, Mopeds, Dreirädern, Handkarren, Fahrradfahrern (ohne Licht, ohne Helm), ummotorisierten Zweibeinern, Hunden, Katzen. Zwei Abende verbringen wir trotzdem hier mit Carribean Food und Reggae - Bob Marley tönt aus jeder Kneipe, jedem Lautsprecher (Was heißt übrigens „Stir me up?“).
    Über die Unternehmung, am Freitagnachmittag zu einer größeren Summe Bargeld zu kommen, könnte man ein Drama in mindestens fünf Akten schreiben. Aus Erfahrung weiß man schon vorher, in costaricanischen Banken dauert das, und meist dauert es dann noch viel länger.
    Begegnungen mit der Tierwelt gab es viele in dieser Woche. Die schönsten vielleicht im Cahuita-Nationalpark. Dort hängen die Faultiere geradezu inflationär rum, mit und ohne Nachwuchs, hofiert von Zweibeinern, die ihre Handykameras ausnahmsweise mal nicht auf sich selbst richten, was sie sonst meist tun. Selbst hier in diesem Eldorado feiert der Mensch hauptsächlich die Begegnung mit sich selbst; Mutter Natur, an deren Nabelschnur er hängt, ist allenfalls ein nettes Accessoire zum Schmuck der eigenen Person.
    Auf meiner Wanderung zur Punta Cahuita treffe ich auf ein Faultiermädchen, oder soll ich besser sagen, eine Faultierlady, die aus nächster Nähe lächelnd für ein hingerissenes Publikum posiert. Die Kappuzineräffchen sind eher auf Konfrontation aus, und zwei Waschbären bekämpfen sich gegenseitig. Pünktlich um 16 Uhr wird alles, was Mensch heißt, in einer großen Herde aus dem Paradies hinausgetrieben, und der Park ist wieder für sich.
    An unserem letzten Karibik-Abend gibt es in Puerto Viejo einen Stromausfall. Von der einen zur anderen Sekunde liegt die Lodge in Stockfinsternis. Zähneputzen fällt aus, Klospülung, Wasserleitung, Klimaanlage, Internet, nichts geht mehr. Mit unseren Handy-Taschenlampen finden wir notdürftig unsere Betten und stellen uns schaudernd vor, was sich jetzt im Städtchen abspielt. Dann flüchten wir uns in Tiefschlaf. Am nächsten Morgen erfahren wir vom Chief, dass der Blackout fast die gesamte Talamanca-Region bis Bribri für mehrere Stunden lahmgelegt hat. Da sind wir schon auf dem Absprung, froh, dass wir nach unserem wie üblich opulenten Desayuno unseren halbleeren Mietwagen-Tank füllen können, ehe es zur nächsten Station unserer Reise geht.
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  • Day 9

    Auf dem Weg nach Boca Tapada

    January 30, 2023 in Costa Rica ⋅ ☁️ 25 °C

    Vom Ende der Welt im costa-ricanischen Südosten sind wir ans Ende der Welt im Norden gefahren. Haben dabei die Erfahrung gemacht: Es gibt noch Gegenden in Costa Rica, in denen man keinen Handy-Empfang hat und wir uns wie vor zehn Jahren auf den Sonnenstand, unseren Orientierungssinn und die gute alte Landkarte verlassen müssen. Erinnerungen werden wach: Wie wir damals geflucht haben, weil es in Costa Rica keine Wegzeichen, Orts- und Richtungsschilder gibt. Wie wir einmal bei Dunkelheit stundenlang mit dem Mietwagen und nicht vorhandenen spanischen Sprachkenntnissen durch San José geirrt sind, unsicher, ob wir den Flughafen pünktlich zu unserem Abflug am nächsten Morgen erreichen würden. Diesmal ist es weniger spannend, aber genauso anstrengend, zumal die Verständigungsmöglichkeiten auf Englisch umgekehrt proportional abnehmen, je weiter wir nach Norden vordringen. Immerhin habe ich ein paar spanische Fragefloskeln parat, ob wir auf dem richtigen Weg sind, und so landen wir am Spätnachmittag in unserer am Fluss gelegenen Lodge nahe Boca Tapada. Die Außendusche unseres Chalets ist mit Helikonien bewachsen, deren leuchtend rote Blüten von Kolibris angeflogen werden. Nach dem Abendessen, das wir der Einfachheit halber in der Lodge einnehmen, erkunden wir noch das Dorf. Am Ende der Welt im Norden ist kurz nach 21 Uhr schon Funkstille, die Kneipe geschlossen, ein Hund sitzt mitten auf der Straße. Der einzige asphaltierte Weg führt zum riesigen verwaisten Fußballplatz, nur in der angrenzenden Sporthalle ist noch Licht, dort trainiert vermutlich der Sponsor mit costa-ricanischen Nachwuchsfußballern für die WM 2026.
    Zurück in unserem Domizil sitzen wir auf der Terrasse, beschallt von der ohrenbetäubenden penetranten Dröhnung eines Froschchors, der wacher ist als alles andere hier in der Gegend und bis weit nach Mitternacht durchhält.
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  • Day 10

    Ausflug mit Aussteigen bzw. Aussteiger

    January 31, 2023 in Costa Rica

    Unsere Unterkunft liegt circa 20 Kilometer südlich von Nicaragua. Wir haben eine Boat-Tour nordwärts auf dem Rio Carlos gebucht. Jorge, der junge Mann, der uns morgens zum Frühstück bedient und auch sonst den Laden schmeißt, ist unser Guide. Wir sind spät dran, die erhofften spektakulären Vogelbegegnungen bleiben aus, nach 9 Uhr lässt sich für uns Vogelfans entlang der Flussufer nurmehr wenig Fliegendes blicken. Ein Krokodil döst auf einer Sandbank in der Sonne, ein paar Kilometer weiter eine riesige Schildkröte. Die eigentliche Überraschung des Tages wartet an der Endstation unseres Tripps und ist ganz anderer Art.
    Die Capitan Morgan Lodge liegt an einem exponierten Platz in einem Knie des Rio San Carlos direkt an der Grenze zu Nicaragua. Ruben, der neue Owner, erzählt von der langen Geschichte der Farm, die so düster anmutet, dass es einem kalt den Rücken runter rieselt und einem klar wird, auch am Ende oder auch A…. der Welt geht es weiter, oft eher als anderswo und nicht eben zimperlich. Als Verkehrsknotenpunkt war die Ranch ein Umschlagplatz für Drogen und Waffen, hier verkehrten Geheimdienste ebenso wie Piraten und Schmugglerbanden. Ruben will dem Ort ein neues Gesicht geben, ein Resort des Friedens und der Nachhaltigkeit mitten in der Wildnis soll er werden. Während er uns auf der winzigen asphaltierten Dorf“straße“ an seinem Anwesen entlang führt, erklärt er uns die unterschiedliche Verwendung der dickköpfigen Kokospalmfrüchte: Sind sie grün, eignet sich ihr süßer Saft am besten zum Trinken, das sind die Pipas. Aus dem Fleisch der ausgereiften braunschaligen Früchte wird Öl und Kokosfett gewonnen. Ruben pflückt Blätter verschiedenster Tropenbäume, zerreibt sie zwischen den Fingern und hält sie uns unter die Nase. Koriander, Ylang Ylang. In den Blättern ist das Potential der Samen und Früchte gespeichert. Dass man Orangen- und Zitronenbäume am Aroma ihrer Blätter unterscheiden kann, wusste ich nicht. Die Jackentaschen voller Düfte kehren wir zur Farm zurück und bekommen als Gruß aus der offenen Küche einen eins A Pinacolada-Shake kredenzt. Einmal in der Woche kommt die Einwohnerschaft des Dorfes Boca San Carlos, etwa 45 Menschen, zum Frühstück in dieses urwüchsige Domizil, das soll das Miteinander stärken. Ruben lächelt, während er erzählt. Einer der nicht sein Leben träumt, sondern seinen Traum lebt. Ich bewundere ihn.
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  • Day 11

    Wilderness-Auszeit mit Tukanbesuch

    February 1, 2023 in Costa Rica ⋅ ☁️ 23 °C

    Ein Tag ohne Muss. Wir sitzen an einem Mirador unserer Lodge hoch über dem Fluss, zwei äußerst frequentierte Vogel-Futterstationen in Sichtweite. Umschwirrt von Fluggästen in allen Farben fühlen wir uns fast wie der heilige Franz bzw. die heilige Franziska, auch ohne die Vogelsprache zu beherrschen.
    Tropenschauer setzen auf Knopfdruck ein und hören ebenso abrupt wieder auf.
    Ein zivilisierter Hahn im nahe gelegenen Pueblo kräht: Mittagszeit.
    Ein Tukan-Pärchen landet im nächst gelegenen Baum und verweilt dort. Es vor die Linse und aufs Display zu bekommen, ist für mich der Glücksmoment des Tages.
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  • Day 14

    Arenal - Besuch bei einem Giganten

    February 4, 2023 in Costa Rica ⋅ ☀️ 28 °C

    Von Boca Tapada sind wir weiter gefahren und haben am Fuß des Vulkans Arenal bei Fortuna ein Appartement in einer Lodge mit direktem Blick auf den Feuerspeier bezogen. Wenn er nur Feuer speien würde! Oder auch nur rotglühende Lava! Wenn man ihn nur sehen würde! Meist ist er nämlich von allen möglichen Kopfbedeckungen gekrönt, Turbanen, Kränzen Häubchen, Mützen, allesamt aus flauschiger Wolkenwolle. Sogar nachts bei Vollmond, wenn weit und breit kein Wölkchen in Sicht ist. Eine Offenbarung des Riesen ohne alle Verkleidungen ist ein großes Glück, das uns erst zwei Tage nach ausgiebiger Anbetung und geduldigem Warten am Pool zuteil wird. Es währt auch nicht lang, ist nicht mehr als ein Schicksalsmoment, in dem man natürlich seine Kamera parat hat, dann fällt auch schon der Vorhang. Der Vulkan Arenal ist 1968 nach 400-jährigem Schlaf zum Leben erwacht und explodiert,davor war er ein nichtssagender grüner Hügel. Ehe die Hölle losbrach, hatten sich die Frauen noch über das heiße Wasser der Bachläufe zum Wäschewaschen gefreut. 80 Tote wurden damals gemeldet, die inoffizielle Zahl liegt viel höher. Vierzig Jahre lang war der Arenal aktiv und löste einen Tourismusschub aus, der auch noch anhielt, nachdem sich der Vulkan nach 2010 allmählich beruhigte. La Fortuna, bei unserem Besuch vor 11 Jahren noch ein verschlafenes Städtchen mit Staubstraßen, erkennen wir jedenfalls nicht wieder. Die imposanten Regenwälder rund um den Vulkan schon eher. Wir wandern bis zum Rand der Lavaströme, die sich 1968 ihren Weg nach unten gesucht haben. Vom Mirador der Observatory Lodge hat man einen fantastischen Blick auf den Arenalsee ebenso wie auf die Vogelwelt, die einen nahe gelegenen Futterplatz anfliegt. Abends liegen wir stundenlang in den heißen Outdoor-Thermen, die zu unserer Lodge gehören. Die Quellen ergießen sich von oben nach unten ins nächste Becken und werden dabei kühler. Wenn es während unseres Bades noch regnet, und das tut es oft, sind wir von unten und oben nass, und wie es uns scheint nicht nur außen sondern auch innen. Es ist eine ganz andere Art zu regnen als zuhause. Allmählich kennen wir es, dieses Anschwellen von Nichts zu Etwas, das wie ein aufkommender Sturm klingt, vornehmlich nachts. Dann schüttet der Himmel seinen brachialen Segen aus, und die Brüllaffen beschweren sich, die Hähne klagen und wimmern vielchörig. Irgendwann verstummt alles, zuerst der Regen, so abrupt, wie er begonnen hat, dann die Affen, die Peacocks kapieren es zuletzt.
    Nach drei Tagen Arenal fragen wir uns, ob unsere Sachen jemals wieder trocken werden. Zumal ich auch noch auf die hirnrissige Idee gekommen bin, ausgerechnet hier in dieser gigantischen Waschküche der Natur unsere Klamotten einer ausgiebigen Reinigung zu unterziehen. Nächstes Mal Laundry.
    Am Montagmorgen gießt, nieselt, schüttet es abwechselnd, vom Arenal ist nur der dicke Nebel zu sehen, in denen er sich versteckt. Wir machen uns vom Acker, perfektes Timing. Auf unserem Weg an den Pazifik trocknen meine Socken auf dem Ablagebrett hinter der Windschutzscheibe in der Sonne.
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  • Day 18

    Waterloo auf Osa

    February 8, 2023 in Costa Rica ⋅ ☀️ 29 °C

    Vor 10 Jahren bei unserer ersten Stippvisite war die Osa Halbinsel mit dem Corcovado Nationalpark selbst für die Costaricaner noch eine Art Outback, ein wildes Land, und die Straße dorthin eine hoppeljge Sandpiste mit Schlagloch an Schlagloch. Heute ist der Weg dorthin einer der am besten asphaltierten in ganz Costa Rica.
    Wir haben zwei Tage in Uvita am Pazifik verbracht. Die Unterkunft war schnuckelig mit kleinem Pool; das Zimmer, rustikaler als sonst, ließ mit Stockbetten und Platz für nichts Erinnerungen an Konfifreizeiten wach werden. Willkommen im Hostel Leben!, schreibt mein Sohn auf WhatsApp. Wir freuen uns auf unsere nächste Lodge und sind nun also tatsächlich auf dem Weg in den Regenwald auf Osa.
    Jede Reise hat ihr Waterloo. Früher als gedacht kommen wir auch diesmal wieder zu unserem Corcovado Abenteuer, allerdings gehört es zu jener Sorte, auf die man getrost verzichten könnte. Etwa 35 Kilometer vor der Danta Corcovado Lodge macht unser Automovil schlapp. Eigentlich haben wir es von Anfang an gewusst: Mit diesem doppelt und dreifach versicherten und mit Kautionen hinterlegten fahrbaren Untersatz (mehr ist es nicht) werden wir nicht glücklich. Die Klimaanlage war von Anfang an defekt. Eine Blindschleiche, bei der man sich nicht entscheiden konnte, auf welchen der beiden Wortteile man den Akzent setzen sollte. Jede Fahrt nach Einbruch der Dunkelheit geriet zu einem halsbrecherischem Unternehmen, nach dem man froh sein konnte, wenn man keinen Fußgänger oder unbeleuchteten Fahrradfahrer umgenietet hatte. Nun gibt das ungeliebte Gefährt, das kein Gefährte werden will, den Geist auf. Von der einen zur anderen Sekunde. An einem moderaten Hügel, den es hinauf gekrochen ist, verabschiedet sich der Motor. Unwiederbringlich. Die Zündung ist nicht mehr in Gang zu kriegen. Starthilfe durch costaricanische Helfer bleibt erfolglos. Mitten auf der Straße, nur durch ein Warndreieck gesichert, müssen wir das Auto stehen lassen. Im 300 Meter entfernten Soda Mirador de Osa, das wir von früher kennen, dem einzigen Stützpunkt weit und breit, versuchen wir telefonisch das CarRental zu erreichen. 3 Stunden, 4 Pina-Smothies, 100 Endlosschleifen in spanischen Hotlines und ebenso viele Flüche später beschließen wir, uns von einem Taxi zur Danta Lodge bringen zu lassen. Wohl dem, der, wie Richard Gere in `Pretty woman`, auf die eigenen Finanzen bezogen sagen kann: Das kann ich mir gerade noch leisten. 75 Dollares kostet uns der Spaß. Das tote Auto hat R inzwischen mit tatkräftiger Hilfe zweier Costaricaner von der Gefahrenzone auf einen gegenüber liegenden Parkplatz schleppen lassen können. Hertz ist notdürftig über drei Ecken informiert, dass wir den Autoschlüssel im Mirador de Osa hinterlegen. Immerhin hatte der Schlammasselnachmittag auch seine Glücksmomente. Ich habe während des Pannen-Aufenthalts ein paar schöne Tukan-Aufnahmen schießen können, und ein Aracari in Deutschlandfarben flog mir direkt vor die Linse. Was will man mehr?
    Bei Einbruch der Dunkelheit erreichen wir mit unserer gesamten Habe (Was sich in einem Mietwagen während zweieinhalb Wochen so alles ansammelt!} unser Domizil für die kommenden vier Tage. Um zu unserem offenen, nur mit Fliegengitter geschützten Chalet zu finden, brauchen wir eine Taschenlampe. Ein Phonotop voller unglaublicher Nachtvogelrufe, wie wir sie noch nie gehört haben, umgibt uns. Mehr Regenwald geht nicht. Im offenen Speisesaal geben wir uns kulinarischen Genüssen hin. Morgen ist ein neuer Tag.
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