• Erster Kaffee, ein Wat und ein Museum

    3 января, Таиланд ⋅ ☀️ 28 °C

    Und dann lächelt uns der neue Tag mit einem rötlichen Streifen hinter dem Flugzeugfensterchen entgegen. In der Zeit vorwärts gereist landen wir pünktlich wie die Uhr um 6:30 in Bangkok. Im Flughafen legen wir gefühlt mehrere Kilometer auf Rollbändern zurück, ehe uns in der großen Abfertigungshalle die Prozedur der Einreiseformalitäten bevorsteht. Von vergangenen Reisen in die Staaten und nach Costa Rica auf Schlimmes vorbereitet, sind wir völlig baff, wie rasch alles geht. Keine zwei Minuten Warten am Schalter, wo es dann neben einem prüfenden Blick des Beamten in Pass und das zugehörige Gesicht nur noch dreier Fingerabdrücke bedarf, und schon sind wir durch. Mit einem Lächeln. Kurz darauf hat auch unser Gepäck wieder zu uns gefunden, sowie thailändische Banknoten in unsere Portemonnaies (wobei ich eine halbe Stunde nach Betreten thailändischen Bodens nur knapp am worst case vorbeischramme, weil ich nämlich nach dem Abheben von Bargeld meine Kreditkarte im Bankautomaten habe stecken lassen. Die englische Kundin, die nach mir dran war, trägt sie mir hinterher zum Service-Center von Avis – Gott sei Dank!).
    Danach braucht es auch nicht mehr als eine Unterschrift, um den Vertrag für den vorbestellten Mietwagen fix zu machen. Als wir kurz vor neun in unser Auto steigen, geht es fast zu schnell. Wo ist in einem Wagen, in dem der Fahrer rechts sitzt, der Blinker, wo das Licht? Zum Glück haben wir eine Automatik-Schaltung. Wie kommen wir dorthin, wohin wir kommen wollen – im Linksverkehr? Momente der Überforderung nach einer schlaflosen Nacht über den Wolken. Immerhin können wir dank von Julian heruntergeladenen Landkarten mein Handy als Navi benutzen. Bald düsen wir unter Thailands warmer Sonne auf dem belebten Highway Nummer 9 Richtung Norden. R findet sich erstaunlich rasch in die neue Fahrsituation ein, und ich bewundere ihn, wie souverän er sich im Großstadtverkehr der fünfspurigen Autobahn behauptet. Chaotisch links und rechts überholende, einscherende SUVs, Lastwagen, deren Abdeckplanen sich im Fahrwind aufplustern, turmhoch beladene Pickups. Auch als wir bei Saraburi nach Osten Richtung Nationalpark Khao Yai abbiegen, lichtet sich das Ramasuri auf dem Highway kaum. Ein Königreich für eine Tasse Kaffee! Aber die kleinen Bars in notdürftig gezimmerten Bretterverschlägen dann und wann direkt am Straßenrand sehen wenig einladend aus. Nach zwei Stunden Fahrt endlich Pause an einem Toilettenhäuschen. Daneben ein Zelt mit Tischen, Getränkeutensilien und neonfarbenen Plastikstühlen, das da sicher nicht immer steht. Wir müssen wohl ziemlich fertig ausgesehen haben, denn zwei der Einheimischen in braunen Uniformen, die offenbar nicht allzu viel zu tun haben, eilen herbei. Wir interpretieren ihren Wortschwall als Aufforderung, näherzutreten, worauf sie uns aufs Allerfreundlichste unseren ersten thailändischen Kaffee kredenzen. Wir verständigen uns mit wenig Englisch, sämtlichen Händen und Füßen und viel Gelächter.  Unsere Samariter sind Abgesandte einer Hilfsorganisation und kümmern sich aus Anlass des Neujahrsfestes um am Autobahnrand gestrandete wildfremde Menschen wie uns. Sie weigern sich standhaft, auch nur einen Baht von uns anzunehmen. Was für ein hinreißender Empfang im Land des Lächelns! Nach einer Menge Fotos scheiden wir als beste Freunde und nehmen mit zurückgekehrten Lebensgeistern das letzte Stück Weg für heute unter die Räder. Nach über hundert Kilometern Fahrt wird die Gegend endlich ländlich. Gärtnereien, Obst- und Gemüsestände säumen die Straße und korrespondieren mit riesigen Reklamewänden als Sinnbild für das, was hier und überall zählt: Konsum und Kommerz.
    In krassem Gegensatz dazu eine in der Mittagssonne dösende Tempelanlage mit weißem Buddha, rotgold leuchtendem Bot und mehreren Ruhehäuschen, sogenannten Sala. Unser erstes buddhistisches Wat an der Abzweigung nach Pak Chong ist klein, fein und bunt, ein weiteres niederschwelliges Willkommensgeschenk für uns Thailand-Neulinge.  Dennoch: Was für eine neue, uns völlig fremde Welt! Ein Mönch in orangefarbener Kesa begrüßt uns und zeigt beim Lächeln wenige Zähne.
    Für die größte Überraschung des Tages sorgt dann allerdings unsere erste Unterkunft am Rand des Khao Yai Nationalparks. Das Ban Mai Vintage inmitten eines kleinen Dschungels ist eine in die Jahre gekommene, aber sehr gepflegte urige Hotelanlage, in dessen Garten Unmengen von auf Flohmärkten gesammeltem Trödel und Antiquitäten kunstvoll arrangiert sind. Schon auf der Suche nach der Rezeption verlaufen wir uns. Die Zimmer sind geräumig und voller Blumenduft. Eine Hängebrücke führt zum Restaurant jenseits des Flusses. Dort gibt es außer köstlichem Essen noch mehr Antiquitäten, noch mehr Trödel. Originell, aber gewiss nicht jedermanns Sache. Ein halbes Leben reicht nicht aus, um in diesem Museum alles zu entdecken, die vier, Tage, die wir hier verbringen, schon gar nicht. Man muss es mögen, und wir mögen es.
    Читать далее