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- Jan 2, 2025
- ☀️ 33 °C
- Altitude: 7 m
ThailandKhlong Bang Khun Thian13°42’23” N 100°27’35” E
Nachtflug nach Osten

Das neue Jahr beginnt mit einer Reise. Selten war eine Exkursion so unwahrscheinlich wie diese. Drei Wochen vor Beginn sprang meine Reisebegleiterin ab – um so schöner, dass R eingestiegen ist und nun mit mir fliegt.
Thailand – ein neuer Traum und rasch ein Plan, seit ich im vergangenen Februar bei einem Städtepartnerschaftskurztrip in Mumbai war. In dieser von hinduistischen Tempeln gespickten indischen Millionenstadt sah ich während vier Tagen kein einziges religiöses Gebäude von innen. Man konnte die östliche Kultur riechen, schmecken, hören, man konnte im Reiseführer sehnsüchtig von ihr lesen – zu Gesicht bekam man sie, zumindest, was die Gotteshäuser anging, nicht.
Deshalb nun also Thailand. Fernöstlich und bunt wie Indien, aber kleiner, überschaubarer – und doch immer noch groß genug, dass vier Wochen Urlaub bequem darin Platz haben. Es gibt Khaos (Nationalparks) und Kohs (Inseln) und von beiden nicht wenig. Außer buddhistischen Tempeln warten Tier- und Vogelwelten, tausende Kilometer Sandstrand, eine Unmenge türkisblauen Wassers und ebensoviel Sonne.
Auf dem Weg nach Frankfurt am zweiten Tag des Jahres regnet es an einem einzigen sehr langen Streifen. Dem angesagten Schneegebiet, das Richtung Süden zieht, entfliehen wir und stehen, nachdem das Auto für vier Wochen bei Airparks zur Ruhe gesetzt worden ist, um kurz nach zwölf in der Abflughalle C. Gepäckaufgabe. Vor dem Sicherheitscheck Flaschen leertrinken und loswerden. Nach dem Sicherheitscheck das Getrunkene wieder loswerden. Passkontrolle, Wanderung zu Gate 48 am Ende des Flughafens, nein der Welt, ein Gelaufe ist das!
Keine Minute zu früh stoßen wir zum Boarding; kurz darauf sind wir schon in der Luft. Zehn Stunden fünfzig soll das so bleiben. Fliegen wir wirklich über die Ukraine? Über Kiew, Charkow und Donetsk, wie es die Flight-map auf den Displays vor den Sitzen verheißt? Hoffentlich nicht. Und sehen wir da Schnee, weißes Wasser oder Wolken unter uns? Fragen über Fragen. Sicher ist: Wir fliegen dem großen Schatten entgegen. Und es besteht auch kein Zweifel, dass die kommende Nacht die kürzeste unseres gerade begonnenen Jahres sein wird. Noch kürzer als dieser Tag, der uns nach Armbanduhrzeit bereits gegen vier Uhr Gute Nacht sagt, sich mit einer homöopathischen Dosis rosa Gewölk verabschiedet, ehe er ins Schwarze Meer unter uns sinkt, das bald so schwarz ist wie sein Name.
Städte am Boden gehen auf und wieder unter. Alle flimmernd, manche sternförmig, Tbilissi oder, zu Deutsch, Tiflis, als riesiger brillant leuchtender Halbmond. Namen kommen vorbei und fallen hinter uns zurück. Täbris, Baghdad, Teheran. Baku, Buchara, Kabul, Islamabad. Hat man alles schon mal gehört und manchmal nicht recht gewusst, wohin tun. Die Staaten, in denen sie gewachsen sind, klingen nach Märchen aus tausendundeiner Nacht und haben alle ein „an“ am Schluss. Iran, Turkmenistan, Usbekistan, Afghanistan, Pakistan. Wie groß ist die Welt und zugleich so klein, wie wir da über sie hinwegfliegen. Und was für ein Wunder, dass uns das möglich ist! Fliegen wird nie selbstverständlich für mich sein, sondern immer ein unverdientes Glück, das sich andere für mich ausgedacht und Wirklichkeit haben werden lassen. Immerfort möchte ich aus dem Fenster schauen, genau wie R. Zumal im Flugzeug ein Kind brüllt – gefühlt von Taschkent bis Dhaka – und nicht zu beruhigen ist.
Irgendwo da unten im Dunkeln schläft jetzt die Wüste Gobi. Mount Everest und Annapurna, die wir links liegen lassen, sind bei Nacht genauso einsam wie sie. Die Namen der Städte unter uns werden indisch, und wir haben zwei Drittel des Flugs hinter uns. Tausendundeine Meile weiter kommt dann das eigentliche Highlight dieses Abends oder auch frühen Morgens: Kalkutta von oben, ein Lichtermeer geteilt vom mächtigen mäandernden Ganges – ein unglaublicher Anblick. Früher hätte einem der Pilot im Cockpit einen Hinweis gegeben, umso stolzer sind wir, dass wir die Entdeckung in Eigenregie gemacht haben.
Eine Mahlzeit, zugleich Abendessen und Frühstück, wird gereicht; zu trinken gibt es Wasser in Flaschen, die kaum zu öffnen sind. Ein Kind in der Reihe vor uns hustet und will nicht wieder aufhören. Ich bin froh über meine Maske. Es wird Zeit, dass wir ankommen.Read more
Traveler
Wahnsinn 🤯
Traveler Ja, das hab ich mir gedacht, dass Dir das auch gefällt.😁