• Pilgern bei flüssigem Sonnenschein

    21 października 2024, Japonia ⋅ ☀️ 21 °C

    Selten haben wir ein Volk erlebt, das so liberal mit Religionen umgeht wie die Japaner. Menschen pilgern zu Shinto-Schreinen, heiraten christlich und lassen sich buddhistisch bestatten. Wie schön wäre es, wenn das auch überall sonst auf der Welt so einfach gehen würde.

    Eine der ältesten vermischten Religionen Japans heißt Kumano und ist ein Mix aus verschiedenen Naturreligionen und Buddhismus. Die wichtigsten Pilgerstätten sind drei große Schreine, die seit über tausend Jahren von Pilgern besucht werden. Alle drei sind über ein Netzwerk von Pilgerwanderwegen verbunden, dem Kumano Kodō. Er ist neben dem Jakobsweg als einziger Pilgerwanderweg auch Weltkulturerbe.

    In den letzten vier Tagen haben wir beide ein Teil des des Kumano Kodōs bezwungen: die am meisten bewanderte Nakahechi-Route. Gegensätzlich zu unseren bisherigen Mehrtageswanderungen, verlief diese ausschließlich in Waldgebieten, an vielen kleinen Schreinen vorbei, über kleine Flüsse hinüber und auf den obligatorischen Steintreppen die Pässe hinauf. Die Gegend ist bekannt für häufigen Regen und so genossen wir insbesondere an den ersten beiden Tagen die Erfrischung von oben, die auch direkt unseren Schweiß wegspülte. Praktisch!

    Das nicht ganz anspruchslose Höhenprofil verlangte uns - zusammen mit dem schweren Gepäck - einiges ab, aber ein Pilgerweg ohne Schmerzen ist wie ein italienischer Espresso ohne Cantuccino.

    Apropos Gepäck: verglichen mit den anderen Wanderern hatten wir definitiv die dicksten ... Rucksäcke dabei. Bernd und Irene (wir geben allem einen Namen) waren die Stars und wurden oft fotografiert, gefilmt oder bewundert.

    Auch sonst sind wir auf dem Weg sozial gesehen nicht zu kurz gekommen. Von der Touristengruppe aus Taiwan über freundliche Wanderpaare wie wir, hatten wir oft angenehme und kurzweilige Begleitung. Leider scheint der Weg bei Japanern selbst nicht so beliebt zu sein, weshalb wir primär mit anderen Ausländern unterwegs waren.

    Am Ende des Trails hatten wir beide einen Ruhetag bitter nötig und gönnen aktuell unseren vom Gewicht plattengelaufenen Füßen und vom Rucksack geschundenen Hüften ein wenig Ruhe. Morgen geht es dann weiter mit einem anderen Teil der Route entlang der Pazifikküste anstatt in den Wäldern.
    Czytaj więcej