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  • Der teuerste Tee der Welt

    December 12, 2019 in China ⋅ ☀️ 1 °C

    Nach dem anstrengenden Ankunftstag und dem ruhigen Start am nächsten Tag, begann am Mittwoch das Sightseeing in Beijing.
    Erster Stopp: die verbotenen Stadt. Das Rätsel warum sie so heißt, löste sich sehr schnell. Bis zum Ende der Kaiserzeit durften Teile des Palastkomplexes nur von der Kaiserfamilie betreten werden. Einzig für Zermonien und Audienzen waren Teile der Stadt für Bürger*innen betretbar.
    Es ist ein wirklich beeindruckender Komplex. Das liegt natürlich an der Farbenpracht, aber vor allem auch an der Größe. Bis zum eigentlichen Eingang durchschritten wir bereits drei Tore und riesige Höfe. Laut Lonely Planet handelt es sich um die größte zusammenhägende Palastanlage der Welt mit über 200 Gebäuden und 9999,5 Räumen (nur der Himmel darf 10.000 Räume haben). Da wir zu geizig für den Audioguide waren, begnügten wir uns mit den Schautafeln und erfuhren einiges über die Ideen hinter den Bauten. Die traditionelle chinesische Architektur ist nämlich vom Symbolismus geprägt. Das heißt, dass jede architektonische Entscheidung eine Metapher für etwas ist. Krass ist z.B. der schnurgerade Weg/Straße, der durch den ganzen Palastkomplex geht und an dem man das Geodreieck anlegen könnte. Wahrscheinlich würde man keine Krümmung erkennen. Diese Straße, auf der nur der Kaiser laufen durfte, führt genau nach Norden und bis hin zum ehemaligen Außentor und dem Himmlischen Tempel. Diese Präzision war wirklich unglaublich.
    Die Tempel selber waren wirklich beeindruckend. Sie sind sehr schön verziert und beim genauen Hinschauen konnte immer etwas Neues entdeckt werden. Trotzdem war die 20. sehr ähnlich aussehende Anlage dann doch nicht mehr ganz so spannend. Auch die vielen Ausstellungen in den Räumen waren zwar interessant, aber halt vor allem auf Chinesisch. Wir schauten uns eine Ausstellung zu einem traditionellen chinesischen Saiteninstrument an, welches eines DER chinesischen Kulturgüter ist. Außerdem sahen wir viele alte Insignien der Kaiser und deren Kleidung. Beeindruckend war dabei vor allem der Zustand der Ausstellungsstücke. Entweder wurden sie sehr gut restauriert oder bereits vor Jahrhunderten sehr gut verwahrt, um für die Nachwelt erhalten zu bleiben. Nach all diesem Input waren wir dann aber froh, am Ende in einen sehr schönen Garten zu kommen. Nachdem wir noch die Außenmauer bestiegen hatten, begaben wir uns nach 4 Stunden zum Ausgang.
    Dort trafen wir auf drei Studierende aus Xi‘an, die uns einfach so ansprachen. Wir quatschten eine Weile und einigten uns dann darauf, gemeinsam einen Tee trinken zu gehen. Eine der Drei machte das Studium für traditionelle Chinesische Medizin, was Judith sehr spannend fand. Leider fehlte aber die Zeit, um sich länger darüber zu unterhalten. Wir quasselten so vor uns hin und kamen nach kurzer Zeit in ein kleines Hinterhof-„Café“. Es handelte sich eher um ein paar wirr eingerichtete Räume. Einer unserer Begleiter lotste uns sofort in einen durch einen Raumtrenner abgetrennten Raum und wir setzten uns. Als wir die Karte bekamen und jeder Tee um die 50-60 Yuan pro Person (7-8€) kosten sollte, fragte Judith sicherheitshalber nochmal nach, ob das der Preis pro Kanne sei. Es wurde bejaht, wir hätten uns zu diesem Zeitpunkt auch niemals vorstellen können, dass Tee so teuer sein könnte und tranken wir gemeinsam unserenTee. Die Kanne wurde immer wieder nachgefüllt und wir bekamen noch ein paar Sonnenblumenkerne mit Zucker und kleine Nektarinen. Die böse Überraschung kam mit der Rechnung. Für ein paar kleine Snacks und zwei Kannen Tee sollten wir 5 insgesamt 550 Yuan (~70€) bezahlen. Ohne ein Wimperzucken bezahlten die drei, wie alle hier, via WeChat ihre 42€ für ein bisschen Teetrinken. Wir dagegen musste ganz schön schlucken, als wir das Geld für zweimal richtig gut essen gehen für das bisschen Tee ausgaben. Jonas fragte nochmal nach und bekam die Antwort, dass wir auch für den privaten Raum mitbezahlt hätten. Wir ärgerten uns ziemlich über diese Ausgabe, haben aber immerhin etwas dazugelernt und finden es mittlerweile auch ziemlich witzig unseren teuersten Tee der Welt in Beijing getrunken zu haben. Wir reimten es uns so zusammen, dass wir auch den ganzen Abend für diesen Preis dort hätten verweilen können und quasi all-you-can-drink gehabt hätten, dann wäre es vielleicht ein gutes Geschäft für uns gewesen.
    Mit etwas gedrückter Laune begaben wir uns zum Essen. Dort wurde sie wieder deutlich gehoben, denn das Restaurant hatte einen angeschlossenen Shop, der nur vegane Produkte verkaufte. Wir deckten uns mit allerlei Leckerein ein. Es ist echt unglaublich was es hier für vegane Produkte gibt. Jegliche Art von Fleisch von Kebap-Spießen, Würstchen, Spareribs und Chicken-Nuggets, außerdem allerlei Dumplings und Gebäck, bis hin zu veganem Fisch und sogar Shrimps. Durch den buddhistischen Anteil der Bevölkerung, die zum Teil komplett oder zumindest zu Fastenzeiten vegan essen, gibt es hier einen recht großen Absatzmarkt für solche Produkte. Außerdem verkaufte der Shop auch hausgemachtes chinesisches Gebäck. Judith fährt vor allem auf gebackene Kugeln ab, die innen eine Füllung aus süßer Bohenpaste haben. Mit vollem Rucksack und gesättigt ging es nach Hause.

    Am nächsten Tag stand wieder ein Park auf der Liste. Wir besuchten den Tempel des Himmels Park. Ein Ort an dem der Kaiser allerlei Rituale durchführte. Außerdem übte sich die Kaiserfamilie dort auch in der Askese. Eigens dafür gab es einen eigenen Fastentempel, in dem sich die Kaiser auf wichtige Rituale vorbereiteten oder auch einen Rückzugsort zum Schreiben hatten.
    Der Himmelstempel selber ist eines der Wahrzeichen Pekings. Besonders ist seine runde Form und sein Standort auf einem Hügel. Von dort hatten wir einen tollen Blick auf die Stadt. Der Park war angenehm ruhig und wir schlenderten durch die verschiedenen Anlagen. Als Veganer*innen interessierten wir uns natürlich besonders für das Schlachthaus 😜.

    Es ist schon krass sich vorzustellen, dass durch diesen Park und auch durch die verbotene Stadt, vor wenigen Jahrhunderten noch die Herrscher dieses riesigen Reiches liefen und Vieles noch in dem Zustand erhalten geblieben ist, wie es auch früher genutzt wurde.

    Am Abend besichtigten wir noch eine Hutong. Huntongs sind die traditionellen Gassen der Stadt, die leider immer mehr den riesigen Wolkenkratzern weichen müssen. Vor einigen Jahren gab es noch über 6.000 Hutongs, nun sind es nur noch 1.000, Tendenz stark fallend. Einige werden auch neu gebaut, diese kann sich die eigentliche Bevölkerung dieser Gebiete aber nicht mehr leisten (kennen wir ja irgendwoher...). Wir besuchten eine touristisch sehr erschlossene Hutong, in der quasi jedes Haus einen kleinen Shop integriert hatte. Dort hätten wir uns nach Lust und Laune durchschlemmen können, wenn wir Chinesisch könnten 😅. So schlenderten wir durch die endlose Gasse und ließen die Gerüche und Geräusche auf uns einprasseln. Eine schöne Erfahrung zum Abschluss des Tages.

    Später recherchierten wir noch die letzten Kleinigkeiten für unsere Reise zur Mauer und gingen dann früh schlafen, um früh aufbrechen zu können.
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