• Fell, Fell und mehr Fell

    September 1, 2022 in Sweden ⋅ ⛅ 5 °C

    Ich habe nicht viel Zeit zum schreiben, denn ich sitze mittlerweile im Zug. Meine Reservierung war Gott sei dank auf der rechten Seite, an einem Fensterplatz. So kann ich also die Aussicht grenzenlos genießen.

    (Von einem Tunnel hatte mir keiner etwas gesagt....der scheint ja garnicht zu enden...ah doch jetzt! Was eine Aussicht...😨)

    Aber von Anfang an. Ich kam also bei den Hunden an und es gab erstmal Lärm. Sie heulten auf, gingen über Tische und Bänke und wollten sich garnicht beruhigen. Als ich schon annahm, da würde wohl keiner mehr kommen, denn ich wartete nun schon 5min, kam die Frau vom Vortag auf einem Quad um die Ecke und ich lief ihr nach. Bevor es aber für vorerst nur die Hälfte der 52 Huskys in die "Freiheit" ging, ein kurzer Rundgang, denn in der Nacht hatte es wohl lautes Gebell und Geheule gegeben, sodass man nach einer Ursache schaute.

    Zu meinem Erstaunen kannte die Frau alle 52 Hundenamen. Sie ermahnte einzelne von ihnen und rief einigen gezielt schwedische Wortfetzen zu. Auch mein französicher Mitbewohner war nun erschienen und begeistert. Didier hatte selbst einmal mit Hunden gearbeitet und erzählte hinterher von den Arbeiten, die man auch wollen musste, wenn man sein Herz und seine Seele an diese Tiere verliert. Tja 52 Hunde machen eine Menge Haufen....

    Nun liefen bereits einige Hunde umher, die für Radau bei den übrigen Hunden sorgten. Es handelte sich nach Auskunft der Betreuerin, um alaskanische und sibirische Huskys. Sie selbst züchteten ihren eigenen Nachwuchs, doch während Corona hatten sie aufgrund der Ungewissheit im Tourismusgeschehen, die Züchtung unterbrochen. Die umhertollenden Hunde sprangen an mir und Didier empor, wollten Zuneigung, aber auch das Toben war ihnen recht.

    Dann wurden die restlichen Zwinger geöffnet und es brach wie aus Schleusen hervor. Die Hunde schossen förmlich auf einem zu, jagten sich und brauchten erstmal eine Weile um die angestaute Energie loszuwerden. Man einigte sich auf eine Stelle, die wohl als Revierkennzeichnung besonders geeignet war (lustigerweise genau vor der Tür) und hinterließ seine ganz persönliche Unterschrift in Form einer Pfütze.

    Es war beeindruckend die Huskys so zu erleben. Viele hatten noch sehr viele wilde Züge, die teilweise durch einem Wolfsähnlichen, muskulären Körper unterstrichen wurden. Wäre man einigen dieser Hunde in der Dämmerung begegnet, hätte das Aussehen einen auf den nächsten Baum getrieben, so ähnlich sahen sie dem Wolf. Doch besonders das Rudelverhalten war hier deutlich ausgebildet; immerwieder kam es zu kleineren Auseinandersetzungen, in denen ältere und höherrangige Tiere, ihre Stellung im Rudel verteidigten. Dies sogar durch die Gitter.

    Um das zu verstehen, muss man sich das Gehege vorstellen: Es besteht aus einzelnen Gitterzwingern mit mehreren Hütten, in denen 2-3, manchmal mehr, Hunde gehalten wurden. Durch ein Loch, groß genug für den Kopf, können die Hunde jederzeit auf Wasser zurückgreifen. Nun kam es also unweigerlich zu Begegnungen zwischen eingesperrten und freilaufenden Hunden, da zur selben Zeit immer nur die Hälfte aller Hunde freilauf hat. Viele der eingesperrten Hunde streckten deshalb ihre Köpfe durch den Zaun und knurrten oder bellten.

    Es kommt zu einer Begegnung zwischen einem weißen jüngeren freilaufenden Hund und einem älteren eingesperrten. Trotz der durch die äußerlichen Gegebenheiten, bessere Situation des weißen provozierenden Hundes, reichte ein Knurren und Zähnefletschen des Älteren aus, um dem Weißen seine Stellung bewusst zu machen; er schmiss sich als bald in unterwürfigen Gebärden auf den Boden, streckte seinen Bauch empor und war sich seiner Stellung wohl wieder bewusst.

    Was ich mich wunderte war, wie man nun 52 Hunde, wieder den richtigen Zwingern zuordnete. Angeblich würde hier ein Pfeifen genügen und alle Hunde würden an ihren ordnungsgemäßen Platz zurückkehren....hätte ich schon gerne mal gesehen, denn vorstellen kann ich es mir kaum.

    Es dauerte seine Zeit, bis alle Hunde in einen ruhigen Trott und eifriges Schnüffeln verfallen waren. Die Trainerin erklärt das mit der zunehmenden Kälte; sobald es kälter würde, ginge die Energie der Hunde nach durch die Decke. Trotzdem müsse man vorsichtig sein, denn ein zu früher Trainingsbeginn, mit zu hohen Temperaturen, würde den Tieren schaden. In diesem Fall müsste man Wasser zum Abkühlen bereit stellen.

    Nun, da die Hunde sich etwas beruhigt hatten, konnte man endlich zum wichtigsten Punkt, dem Streicheln, übergehen. Trotz der vorerst wilden Erscheinung, waren die Hunde ordentlich verschmust. (Zu meinem Glück🤗)....es gab Streicheln hier, Stupser da...eine einzige Fell-Oase... doch lange konnte ich es nicht genießen, denn mein Zig rief ja und bisher war noch nix eingekauft und der Rucksack war auch noch leer.

    So kehrte ich Endorphine geladen zurück auf mein Zimmer und ging meiner weiteren Tagesplanung nach...
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