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  • Day 10

    Kultur und etwas Natur

    November 17, 2022 in Argentina ⋅ ⛅ 22 °C

    Buenos Aires, Villa Urquiza, Donnerstag, 17. November 2022

    Am letzten Tag unseres Aufenthalts in Buenos Aires wollen wir noch unbedingt zwei Museen besuchen: den Zanjón de los Granados und das Museo Etnográfico. Zwischen beiden bauen wir Natur mit viel Bewegung ein.
    Der Zanjón (Graben) ist eine archäologische Ausgrabung in einem der ältesten noch erhaltenen Gebäude der Stadt und in Privatbesitz. Es handelt sich im Wesentlichen um die komplette unterirdische Freilegung eines Teils des geschlossenen Abwassergrabens im ältesten Teil des San Telmo-Quartiers.
    Besichtigungen sind ausschliesslich mit Führungen möglich: stündlich auf Spanisch und eine am Nachmittag auf Englisch. Wir wählen das Erstere, obwohl der Eintritt (12 Euros/Person) für argentinische Verhältnisse sündhaft teuer ist. Aber es lohnt sich, weil die junge tätowierte Dame uns fast zwei Stunden lang (vorgesehen war nur eine) äusserst sachkundig durch diverse Räume und Keller führt - auf alle Fragen mit didaktischem Geschick eingeht.
    Auch Regines Bitte nach einem etwas langsameren Sprechtempo kommt sie sofort nach; ist doch die Geschwindigkeit, gepaart mit der argentinischen Aussprache für Regine eine echte Herausforderung. Martin hingegen erntet von der Dame für sein fliessendes Spanisch ein dickes Lob. Das hat er auch verdient. :-)
    Das Gebäude besteht eigentlich nur aus Mauerwerk: aus gebrannten Backsteinen, welche ursprünglich mit Lehm miteinander verbunden waren. Diese Füllung wurde bei der Restaurierung durch Zement ersetzt. Erst jetzt geht uns auf, dass es in der Region weder Bauholz (in der Pampa und auch im Norden gab es wenige Bäume) noch Gestein gab (und gibt). Da erst relativ spät neuere Materialien zum Einsatz kamen, sind alle alten Gebäude aus Backsteinen gebaut.
    In dem Gebäude wohnte eine sehr wohlhabende Familie, welche noch 1861 sechs Sklaven aus Afrika hielt, obwohl die argentinische Verfassung die Sklaverei schon 1813 abgeschafft hatte. Der Grund für diese Abweichung war der Bürgerkrieg zwischen Buenos Aires und dem Rest des Landes im Kampf um das Geld der Einfuhrzölle. Das reiche Buenos Aires wollte davon nichts abgeben und setzte eine „milde“ Sklaverei durch: Die Sklaven waren „frei“, mussten aber weiterhin 20 Jahre lang für 1 Peso pro Monat für die alten Besitzer arbeiten!

    Informationsgesättigt verlassen wir den Zanjón und gehen Richtung Hafen; heute nochmals ins Naturreservat „Costanera Sur“, dessen südlichen Teil wir noch nicht durchwandert haben. Es ist das Naherholungs- und Ausflugsgebiet von Buenos Aires und wohl deswegen von unzähligen Schulklassen bevölkert, was das Lehrerinnenherz von Regine merklich höher schlagen lässt. :-)
    Mit geübtem Blick erkennt sie von weitem bei einer Gruppe von circa 40 Schülern erlebnispädagogische Elemente.
    In diesem Naturreservat soll es auch einige endemische Tiere geben, unter anderem den Capybara (ein grösserer Verwandter der Meerschweinchen). Wir treffen aber nur eine ziemlich grosse Echse an, was Martin etwas erschauern lässt. Für ein Foto reicht es leider nicht. Zu schnell verschwindet sie im Unterholz… Sie ist wohl etwas menschenscheu, ganz im Gegensatz zu manch kleinem Vogel, der auch auf einer Distanz von 50 Zentimetern zu uns nicht wegfliegt.

    Für den Weg ins Ethnografische (ethnologische?) Museum zwängen wir uns zur Feierabendzeit in einen Bus, der gut gefüllt mit Arbeiter/-innen vom Industriehafen kommt, erwischen sogar Sitzplätze. Das Museum ist in einem schmuddeligen Barockbau untergebracht. Der Eintritt ist mit 300 Pesos (70 Cent) bescheiden, die Exponate und deren Präsentation allerdings auch. Wir werden in den Saal für Argentiniens Nordwesten geleitet (das beinhaltet dann auch Paraguay, Bolivien und Chile) und bestaunen die zum Teil 4000 Jahre alten und gut erhaltenen Gegenstände.
    Martin ist aber ganz erpicht auf den Süden mit den indigenen Völkern der Selknam, Tehuelche und Mapuche. Ein anwesender älterer Herr (Aufseher), der gut zum Inventar passt :-), gibt uns bereitwillig die Auskunft: Der Saal mit dem „Süden“ sei seit der Corona-Pandemie geschlossen, angeblich weil sich dort irgendwelche Mikroorganismen ausgebreitet hätten, die man vor einer Wiedereröffnung entfernen müsse… Ja, man ist um eine gute Erklärung nicht verlegen. Uns bleibt nur noch der erstaunte Blick und die Frage: „Wann wird denn die Wiedereröffnung sein? Vielleicht bei unserer Rückkehr in knapp 6 Monaten?“ - „Quien sabe?!“ , ist die Antwort, „Wer weiß das schon so genau.“ :-)

    Als geübte Nutzer des lokalen ÖV sind wir mit der Subte (U-Bahn) schnell wieder zu Hause und bedauern, dass wir Buenos Aires jetzt verlassen, wo wir endlich alle Tricks des Busbetriebs kennen: Wo genau sind die Haltestellen? Was muss man dem Fahrer beim Einsteigen angeben? Wie finden wir heraus, wann wir aussteigen müssen? (Die Haltestellen haben keine Namen, sondern werden durch die entsprechende Strasse mit einer dazugehörigen Hausnummer identifiziert).
    Aber morgen geht es mit einem colectivo (Reisebus) in 4 Stunden nach Rosario, der drittgrössten Stadt in Argentinien, 300 km aufwärts am Ufer des Paraná. Susana und Juan Carlos, die Vermieter, warten schon auf uns…
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