Argentinien/Chile 22/23 Teil 1

November - December 2022
A 32-day adventure by Martin & Regine Read more
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  • Day 1

    Erste Schritte… und schon ein Problem

    November 8, 2022 in Germany ⋅ ☀️ 13 °C

    Tettnang / München, Mittwoch, 8.11.2022

    Nach einer etwas unruhigen Nacht (Martin schnarcht recht laut, Regine eigentlich nicht :-) mit (zu) wenig Schlaf schaffen wir es nicht nur, (hoffentlich) nichts Wichtiges zu vergessen; Regine findet sogar noch Zeit, den Enkeln ein Kinderbuch vorzulesen und last but not least den Haushalt geputzt und aufgeräumt zu hinterlassen.
    Um 9:15 Uhr geht es zusammen mit der Kaltenberger-Fraktion der Dannecker-Familie (Regine, Sonja, Lars, Josef und Nathanael) plus Martin in zwei (wegen der zwei Kindersitze und unserem vielen Gepäck !) Autos los zum Bahnhof Lindau Reutin (20km).
    Bis dahin läuft alles rund, aber Martin hat schon herausgefunden, dass die Bahnstrecke nach München bei Kempten offenbar wegen einer technischen Störung unterbrochen ist. Die liebe Deutsche Bahn sagt: „Es ist mit Verspätungen und Zugsausfällen zu rechnen“.
    Am Bahnhof Lindau-Reutin dann die erste frohe Überraschung: Die Birkensteige-Fraktion der Kessler-Familie (Silke, Julien und die neugeborene Hannah Lou) erscheinen kurz vor der pünktlichen Abfahrt am Bahnsteig. Welch eine Freude für die 3-fache Grossmutter und nicht nur deswegen fliessen die Abschiedstränen auf beiden Seiten… Lars und Nathanael sind auf dem Bahnsteig nicht mehr dabei: Nathanael ist im Auto eingeschlafen - und jemand muss schliesslich auf ihn aufpassen. Lars hat den unattraktiven Part übernommen. Danke dafür :-)
    Zu unserer Freude löst sich die befürchtete grosse Verspätung der Bahn auch schon bald in Luft auf; und dies, obwohl der äusserst kurze Zug (Martin staunt) in vielen Windungen gemütlich durchs Allgäu und dann weiter Richtung München tuckert. (Martin staunt noch mehr über die prächtige Landschaft und das gemächliche Tempo.)
    Ankunft in München Hbf mit nur 8 Minuten Verspätung (die gute DB halt!) und Umsteigen auf die S1 zum Flughafen. Es gibt dann noch ein witziges Intermezzo: Unterwegs wird die S-Bahn in der Mitte geteilt. Wir sind wie alle in den Teil eingestiegen, der - angeblich - zum Flughafen fährt. Beim Abkoppeln ist es aber genau umgekehrt als in München auf der Informationstafel angezeigt. Es erfolgt ein irrwitziges Spektakel auf dem engen Bahnsteig, weil jetzt alle Fahrgäste vom hinteren in den vorderen Teil umsteigen müssen, und alle vice versa! Martin sagt, dass sich die Leute in der Schweiz über diese Fehlinformation schwer geärgert hätten; in Deutschland erzeugt das höchstens ein leichtes Kopfschütteln bei einigen.
    Am Flughafen angekommen, finden wir zwei „Reisespezialisten“ das Terminal 1 - wo wir hinmüssen - nur mit Unterstützung von Mitarbeitern des Flughafens. Aber die Informationsqualität auf den Hinweistafeln im Flughafen ist auch geradezu unterirdisch :-(
    Dann beginnt das grosse Warten: Wir sind ja mit gut drei Stunden Reserve losgefahren.
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  • Day 2

    Bienvenidos a Buenos Aires

    November 9, 2022 in Argentina ⋅ 🌙 20 °C

    Buenos Aires, Donnerstag, 9.11.2022
    Nach einem 12-stündigen Nachtflug (ab Madrid um 23.55Uhr), zusammengepfercht wie die Ölsardinen in einer riesigen Boeing-Maschine der (Billig-)Fluggesellschaft Air Europa sind wir zusammen mit anderen 450 Passagieren am Morgen des 9. November um 8:30 Uhr wohlbehalten, aber hundemüde in Ezeiza gelandet, dem internationalen Flughafen von Buenos Aires (BA), 40 km vom Stadtzentrum entfernt. Die Zeitverschiebung zu Mitteleuropa beträgt 4 Stunden (12.30).

    Obwohl man uns in München beim Check-in prophezeit hatte, dass Argentinien uns ohne Visa vermutlich nicht einreisen lasse, verlief die Passkontrolle problemlos; mal abgesehen davon, dass Regine beim biometrischen Foto wegen geschlossener Augen (wie immer halt :) ) einen zweiten Versuch starten musste. Zudem hatten wir bei der Frage, wie lange wir in Argentinien bleiben wollen, eine befriedigende Antwort parat. Es empfiehlt sich in keinem Fall, die “Echtzeit” zu nennen, unabhängig davon, dass wir mehrfach die Grenze Argentinien/Chile überschreiten werden und daher immer unter den erlaubten drei Monaten liegen.

    Die Gepäckkontrolle durch den Zoll verlief noch einfacher und wir haben dort schon gelernt, dass die Argentinier wohl Weltmeister im Schlange stehen sind; diese wand sich in mehreren Schlaufen durch die halbe Empfangshalle - mehrere grosse Maschinen sind aus Europa fast gleichzeitig angekommen - und niemand drängte sich vor! Das gleiche Bild bot sich uns später beim Einsteigen in den Bus zu unserem Hostal und dann überall an den Bushaltestellen. Da könnten sich die Mitteleuropäer, die immer alle möglichst gleichzeitig einsteigen wollen, noch bevor die Passagiere ausgestiegen sind, eine dicke Scheibe abschneiden!
    Überhaupt scheinen die Argentinier (oder wenigstens die “Porteños” - wie die Einwohner von BA sich nennen) ein Ausbund an Geduld, Gelassenheit und Freundlichkeit zu sein.

    Ein paar Beispiele gefällig?
    Zuerst mussten wir klären, mit welcher Art von SIM-Karte (postpaid, prepaid, Jahresvertrag) wir die 6 Monate am besten und am günstigsten „netzmässig“ bestehen könnten. Am Schalter der Telecom-Gesellschaft “El Personal” empfing uns eine freundliche und gutgelaunte Dame, die uns prepaid empfahl. Martin fand aber die Vorteile und Kosten eines Jahresvertrages (noch), und so orderten wir je einen 8-Gigabyte/Monat Vertrag für 1 Jahr. Nur funktionierte dann der Empfang auch nach langem Warten nicht, weil das offenbar nur für Argentinier möglich ist. Da musste sich sogar Martin geschlagen geben und wir haben dann (wie von Samanta, so der Name der Dame bei El Personal, vorgeschlagen) je eine prepaid SIM-Karte mit 8 Gigabytes/Monat gekauft samt der Möglichkeit eines jederzeit möglichen Zukaufs von Daten. Und siehe da; das funktionierte auf Anhieb!

    Dann ging es an die komplizierte Aufgabe der Beschaffung von argentinischem Bargeld. Dazu muss man wissen, dass man argentinische Pesos in Europa nicht wechseln kann. Erschwerend kommt hinzu, dass der offizielle Wechselkurs bewusst „schlecht“ gehalten wird, damit möglichst viele Devisen ins Land fliessen. Abhilfe kann der Graumarkt mit dem sogenannten Dolar Blue schaffen, bei dem man an gewissen Orten circa 70% mehr Pesos bekommt als bei einer Bank. Aber wir haben uns ja schon insgesamt 600 Euro via Western Union (WU) überwiesen; deshalb versuchten wir vorerst unser Glück bei der Poststelle im Flughafen (1 Schalter mit einem Mitarbeiter), welche auch als WU-Filiale dient. Diese war um 10:30 Uhr aber geschlossen, und niemand der Umstehenden wusste genau zu sagen, ob und wann der einzige Mitarbeiter wieder kommen würde. Er komme sicherlich bald!
    Bevor wir (im Gegensatz zu den wartenden Argentinier/innen) die Geduld verloren hatten, tauchte der einzige Mitarbeiter auf, was uns äusserst freudig stimmte. Aber die Vorfreude kam zu früh: Er verfügte gerade über kein Bargeld, schon gar nicht über so grosse Summen! Wir wollten allerdings nur 200 Euro gewechselt haben - für uns keine wirklich grosse Summe. Auf die Frage, wieso wir es denn nicht bei einer “richtigen” Western-Union-Filiale versuchen wollten (denn die hätten normalerweise genügend Geld vorrätig), liessen wir den Mitarbeiter wissen, dass wir uns ohne argentinisches Bargeld keine ÖV-Karte (die heisst hier SUBE, was soviel wie „Steig ein!“ heisst) kaufen und diese auch nicht aufladen könnten (was nur mit argentinischem Bargeld geht).
    Und was machte der Postmann? Er offerierte uns ohne zu zögern seine eigene SUBE-Karte, mit dem Hinweis, sie verfüge auch noch über einen gewissen, aber unbekannten Betrag. Doch wussten wir nicht, wie wir diese Karte - falls nötig - im Flughafen ohne Bargeld weiter aufladen sollten.
    Ein wartender Kunde griff in seine Hosentasche und wollte uns tatsächlich Geld schenken, mindestens soviel, damit wir sicher zur nächstgelegenen WU-Filiale kommen könnten! Nach langem Zögern nahmen wir das SUBE-Karten-Geschenk an, nicht aber das Bargeld, weil die reichen Europäer den Argentiniern doch nicht das Geld aus der Tasche ziehen können! Also griffen wir sozusagen zu Plan C und wechselten bei einer im Flughafen gut versteckten Filiale der Nationalbank 130 Euro nzu einem sehr schlechten Kurs. Wir erhielten 20.000 Pesos und das ohne jegliche Gebühr.
    Mit dem Bargeld eilten wir dann von Kiosk zu Kiosk, weil diese angeblich alle die SUBE verkaufen und wir dem grosszügigen Post-Mitarbeiter seine eigene SUBE-Karte gerne zurückgeben wollten. Aber denkste: Der eine verkaufte sie nicht, er andere hatte gerade keine vorrätig und der dritte bestätigte uns mehrfach, dass man in Buenos Aires seit zwei Tagen keine SUBE mehr kaufen könne; es gebe einfach keine, also eine regelrechte SUBE-Mängellage :-)
    Aber dank des Postangestellten hatten wir immerhin eine SUBE-Karte und fanden auch einen Ort, wo man diese - natürlich nur mit Bargeld und maximal 630 Pesos (3,90 Euro) - aufladen konnte, was uns wiederum nur dank der tatkräftigen und ungefragten Unterstützung einer Dame in der Warteschlange hinter uns gelang.
    Uff, alles geschafft und wir bedankten uns beim Postmann mit einem erneuten Besuch und einem kleinen Trinkgeld zusätzlich zum Preis der SUBE (250 Pesos) und dem Betrag auf der Karte (190 Pesos). Davon wollte er aber nichts wissen und es braucht Martins gesamte Überredungskunst, ihn doch noch umzustimmen, damit er Karte plus Geld annimmt.

    Dann war es Zeit für den ersten Kaffee seit über 24 Stunden, leider bei McDonald‘s, aber am Flughafen gab es als „Alternative“ bloss Starbucks. Und da wir jetzt lokale SIM-Karten hatten, war die Planung und Durchführung der Busfahrt geradezu ein Kinderspiel. Wir fanden unser Hostal und checkten gegen 15 Uhr ein. Hallelujah und Bienvenidos a Buenos Aires!
    Nach all den kleinen „Abenteuern“ und einer erfrischenden Dusche im etwas in die Jahre gekommenen Hostal Experiencia Congreso flanierten wir durch das Quartier Balvanera und bestaunten die vielen Leute und Kinder, die auf jeder noch so kleinen Grünfläche und manchmal sogar auf dem Gehsteig Gruppensport betrieben. Anschliessend nahmen wir ein vegetarisches Abendessen im Restaurant El Español ein und dann ging es ab ins Bett, bevor Regine die Augen definitiv zufielen.

    Der Exkurs zu den hiesigen kulturellen Gepflogenheiten fiel etwas langatmig aus, weshalb wir noch darauf hinweisen wollen, dass die ganzen Operationen am Flughafen fünf Stunden in Anspruch nahmen und wesentlich komplizierter waren als wir sie hier beschrieben haben: x-mal Hin und Her sowie Auf und Ab in eine andere Flughafenebene… dazu noch mit unserem gesamten Gepäck auf Rücken und Brust.
    Hier noch eine kleine Anekdote: Martin konnte nach dem Tausch der SIM-Karte die schweizerische nicht mehr finden und alles Suchen (und Fluchen) nützte nichts, und so deklarierten wir diese als zwar unerklärlichen und bitteren, jedoch verkraftbaren Verlust. Aber nachdem wir in den Bus eingestiegen waren und mit den Tagesrucksäcken auf den Knien Platz genommen hatten, kam ein Jugendlicher auf uns zu, der bemerkt hatte, dass Martin etwas verloren hatte und brachte Martin das blaue Etui mit der SIM-Karte!!! :-) Wir konnten uns nicht erklären, wo diese abgeblieben war.
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  • Day 4

    Al ritmo argentino…

    November 11, 2022 in Argentina ⋅ ⛅ 21 °C

    Buenos Aires, Freitag, 11.November 2022

    Wir versuchen (noch etwas krampfhaft), uns dem argentinischen Rhythmus (Geduld, Gelassenheit) anzupassen. Manchmal ist es aber für notorisch ungeduldige Mitteleuropäer schon etwas schwierig, die Geduld nicht zu verlieren.

    Wir hatten bereits beschrieben, dass wir weder bei Western Union (WU) im Flughafen noch bei einer Wechselstube im Zentrum Geld abheben konnten. Man hatte dort nicht genügend Bargeld vorrätig!! Am Folgetag (Donnerstag) um 11 Uhr sollten wir wiederkommen; dann sei bestimmt genügend Geld vorhanden.
    Um es gleich vorwegzunehmen: Es ist uns gelungen!
    Aber wie!!! Zuerst musste sich Regine am Schalter ausweisen; dann wurden wir in eine Art Telefonkabine gesetzt, wo wir die 5555 anrufen mussten. 15 Minuten hingen wir in der Warteschlange, bis sich eine Dame meldete, die so ziemlich alles über Regine wissen wollte, was nochmals 5 Minuten dauerte. Dann durften wir erneut am Kassenschalter anstehen. Dort musste sich Regine erneut ausweisen. Die Dame am Schalter liess sich per Telefon in gut 10 Minuten bestätigen, dass wir der 5555 alle Daten richtig übermittelt hatten. Anschliessend verlangte man noch zwei Kopien von Regines Pass (die uns natürlich in Rechnung gestellt wurden), vier Unterschriften und dann wurden wir in Scheinen zu 500 und 1000 Pesos ausbezahlt; bei einer Summe von 121'000 Pesos ein ganzer Packen Papier! Nach insgesamt gut 40 Minuten war die Transaktion abgeschlossen und wir können freudig bestätigen: Es funktioniert! Aber eben nur mit genug argentinischer Geduld… Und wir fragten uns nachträglich, wie das Leute wohl machen, die des Spanischen nicht mächtig sind!

    Mit einem Teil des Geldes konnten wir dann endlich unsere Hotelschulden begleichen und bekamen eine Bestätigung als PDF dafür, dass das Hostal uns 14‘500 Pesos für fünf Tage bezahlt habe. Auf unseren Hinweis meinte der Eigentümer, das sei eben ein kleiner Fehler der Buchhaltung, es gebe dann eine neue Rechnung. Auf diese warten wir jetzt seit zwei Tagen geduldig :-)

    Am Nachmittag desselben Tages blieb uns noch Zeit für eine Besichtigung des Naturreservates südlich des Hafens am Rio de la Plata, wo uns grosse Wellensittiche und andere bunte, uns komplett unbekannte Vögel begegneten. Die Gegend liegt direkt hinter einem vornehmen Viertel und sieht aus wie die Miniaturausgabe eines Feuchtgebietes. Dort haben wir es dann auch geschafft, zum ersten Mal einen Blick auf das Delta des Rio de la Plata zu erhaschen. Für uns sah es es aus wie am Meer, nur dass das Wasser eher eine braune Brühe und nicht salzig ist. Auf die uruguayische Seite sieht man nicht, weil der Fluss hier fast 46 Kilometer breit ist!

    Am Abend haben wir dann unsere wundgelaufenen Füsse gepflegt und das am Morgen im Carrefour-Supermarkt eingekaufte Abendessen (Brot, Käse, Wurst, Oliven) im Hostal eingenommen. Hausmannskost… morgen folgt dann wieder ein Restaurantbesuch.

    Freitag, 11.11. Martinstag…
    Regine hat seit längerer Zeit wieder einmal einigermassen gut geschlafen - auch das ist ein Zeichen der einsetzenden Entspannung :-)
    Am Morgen planen wir gemeinsam den Tag und beschliessen eine Tour im Quartier von Recoleta, wo auch die Buchhandlung El Ateneo liegt, die uns Christine empfohlen hat. Dank an sie an dieser Stelle:-)
    Zudem planen wir die folgenden Tage bis zum kommenden Freitag. Hier im Hostal müssen wir am Montag raus, eine Verlängerung ist infolge aller ausgebuchter Zimmer nicht möglich. Aber Regine hat etwas weiter vom Stadtzentrum entfernt schon einen bezahlbaren Ersatz bis 18.11. gefunden, den wir im Eiltempo bei booking.com buchen.

    Los geht‘s also mit ÖV, als erstes zum Museo Carlos Gardel (DER argentinische Tango-Sänger schlechthin). Um 11:55 Uhr dort angekommen, sehen wir, dass es nicht - wie in Google Maps versprochen - um 11:00 Uhr öffnet, sondern erst um 12:00. Wir warten mit anderen Touristen vor dem Eingang bis 12:15 Uhr, ohne dass sich im Museum etwas regt. Martin ruft im Museum an, es meldet sich aber niemand. Wir ziehen also unverrichteter Dinge weiter zum Friedhof La Recoleta, wo (fast) alle militärischen, politischen und kulturellen Grössen seit dem 18. Jahrhundert eine Gruft mit Denkmal - manchmal für die ganze Familie - haben. Der Eintritt beläuft sich auf 4.50 Euro pro Person… für argentinische Verhältnisse sehr hoch, aber es sind ja ohnehin nur Touristen, die ihn besuchen. Martin meint, dass das vermutlich der weltweit einzige Friedhof mit Eintrittsgebühr ist, aber für Evita Perón, die verehrt wird wie eine Heilige sowie für die versammelten Staatspräsidenten und Schrifsteller/-innen wie Alfredo Bioy Casares oder Silvina Ocampo sollte man sich nicht lumpen lassen. Allerdings finden wir mit dem komplett unbrauchbaren Plan (wenigstens kostenlos) nur das Mausoleum von Evita.

    Dann ist ein Besuch im Museo de Bellas Artes (Kunstmuseum) gleich um die Ecke angesagt. Hier ist der Eintritt trotz einer grossartigen Sammlung sogar von europäischen Grössen wie Renoir, Rubens, Tiepolo, Chirico, Goya etc. frei. Martin erfreut sich besonders an den Werken von Goya, die er noch nie im Original gesehen hat.

    Nach so viel Kultur gibt es wieder einmal ein Problem zu lösen: Wir wissen nämlich nicht, ob unsere SUBE-Karte für den ÖV noch genügend Saldo für die Fahrt zur Buchhandlung El Ateneo hat, wo wir zudem einmal umsteigen müssen. (Merke: Hier bezahlt man für jede Fahrt einzeln wie z.B. auch in Madrid.) Eine Fahrt kostet 80 Pesos (25 Cent) und wir hatten ursprünglich 730 Pesos auf der Karte (maximale Ladung sind 1000 Pesos). Weit und breit ist kein Laden oder Kiosk in Sicht, wo man die SUBE aufladen könnte. Wieder hat Regine die rettende Idee: In der grossen U-Bahn-Station gleich bei der nahegelegenen (und riesigen) juristischen Fakultät könnte es eventuell eine Ladestation geben. Und tatsächlich ist es so und damit das Problem gelöst!

    Jetzt haben wir uns ein Eis verdient und besuchen eine der unzähligen Eisdielen. Mit einer Kugel „Patagonische Schokolade“ (Regine) und „Orange/Pfirsich" (Martin) setzen wir uns in den nahegelegenen Park. Argentinien ist ein Eldorado für Eisliebhaber und wir müssen uns sehr zurückhalten (zumindest Regine), dass wir nur einmal pro Tag eine „Heladeria“ aufsuchen.

    Die Buchhandlung in einem ehemaligen Theater (siehe Bilder) ist beeindruckend und riesig. Martin ist trotzdem enttäuscht, weil sie weder von Bioy Casares noch vom Uruguayer Mario Benedetti noch vom (kürzlich verstorbenen) spanischen Autor Javier Marias etwas haben - und das bei der Menge an Büchern, welche dort lagern! Aber Martin findet ja immer ein interessantes Buch und er kauft eines von Capárros, den er noch nicht kennt.

    Die Füsse tun langsam weh und wir schleppen uns mit Bus und und zu Fuss zurück ins Hostal. Martin organisiert ein Abendessen im ersten (und vermutlich einzigen ;-) veganen Restaurant in Buenos Aires; es ist zu Fuss gut erreichbar. Die Seitan-Pizza mit veganem Cheddar ist gewöhnungsbedürftig, wir hatten auf viel Gemüse und Salat gehofft. Aber das mögen hier offenbar nicht einmal die Veggies. Trotzdem findet Regine, das sei doch immerhin eine wichtige Erfahrung :-) Also in Zukunft vielleicht doch lieber Vegetarisch und hin und wieder Fleisch und Wurst! :-))
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  • Day 5

    Ein Ruhetag mit Folgen

    November 12, 2022 in Argentina ⋅ ☁️ 22 °C

    Um es vorwegzunehmen:
    Nach Diskussionen um die grammatikalische Zeitform bei den Einträgen (Regine, die Deutschlehrerin, stösst sich am Wechsel zwischen Präsens und Präteritum!) beschliessen wir, die Beiträge ab jetzt nach Ort und Datum zu strukturieren und soweit wie möglich das Präsens zu verwenden.

    Buenos Aires, Samstag, 12. November 2022

    Heute ist ein Ruhetag eingeplant, weil wir die fast schon heiss gelaufenen Fusssohlen schonen und uns ein bisschen ausruhen möchten.
    Nachdem wir lange geschlafen und „gefrühstückt“ haben (als Intervall-Faster gibt es am Morgen nur schwarzen Kaffee, was vor allem auf Reisen sehr praktisch ist), organisiert Martin per Google Maps die verschiedenen Stationen des Tages: Japanischer Garten, MALBA (Museum für lateinamerikanische Kunst, Museum José Hernandez (er hat DAS argentinische Nationalepos „Martin Fierro“ geschrieben) und Botanischer Garten.
    Es geht spät (14 Uhr) los zur ersten Station, die wir - ohne uns mit dem Bus zu „verfahren“ - gut erreichen. Am Eingang zum Japanischen Garten erwartet uns eine Riesenschlange von Porteños (Einwohner von Buenos Aires), aber wir sind jetzt ja schon halbe Argentinier und stellen uns brav an. Keiner drängelt und man kommt trotzdem zügig voran. Der Park ist schön, aber für uns Naturverwöhnte etwas langweilig. Zudem ist Samstag und am Wochenende - so meint man - hält es niemand in den eigenen vier Wänden. Der Park ist gut besucht; man kommt nur langsam voran und an jeder Ecke wird fotografiert… natürlich nicht die Bonsai-Bäume, sondern die Familienmitglieder per Selfies. Nach einem kurzen Rundgang machen wir uns - ganz gegen das vorgesehene Programm - auf zum Hafen.
    An seinem westlichen Ende haben wir endlich freie Sicht auf den Rio Plata: Beeindruckend ist schon hier seine Breite, wo er doch gegen das Meer hin bis zu 80 Kilometer breit wird! Oder ist das da schon das Meer?
    Vor allem Regine möchte unbedingt in die Nähe des Wassers (sie ist halt „wasser-afin") und zu den Hafenanlagen. So bemühen wir mal wieder Google Maps, um einen Weg dorthin zu finden… Fuss wohlgemerkt. Wir folgen bald dem nach Benzin stinkenden Ufer, an dem mit riesigen Rohren Unmengen von Sand abgepumpt wird und alte Kähne vor sich hinrosten. Bald sind wir die letzten Personen in einer verlassenen Industriegegend und wir beschliessen, eine Bushaltestelle in der Nähe anzupeilen.
    Da nähert sich ein junger Mann auf einem Fahrrad und warnt uns eindringlichst davor, weiterzugehen; es sei hier viel zu gefährlich und er sei hier schon einmal ausgeraubt worden.
    Dankbar für den Hinweis kehren wir um - erneut ist ein langer Fussmarsch angesagt! - und nehmen den Bus ins Zentrum, wo unzählige Leute unterwegs sind. Samstagabend ist Ausgehtag! Der Bus fährt - wieder einmal - nicht auf der Route, die Google zu kennen glaubt; wir verpassen den rechtzeitigen Ausstieg und müssen uns zuerst einmal etwas sammeln: Wir sind müde, hungrig und frustriert, weil wir nur einen einzigen Programmpunkt „erledigt“ haben. So endet der geplante „Ruhetag“ eher in einem „Krisenabend“.
    Nach einem schnellen Einkauf in einem der unzähligen Supermercados essen wir auf dem Zimmer und fallen anschliessend buchstäblich ins Bett!
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  • Day 6

    Tango, Trödelmarkt, Kunst und Empanadas

    November 13, 2022 in Argentina ⋅ 🌧 20 °C

    Buenos Aires, Sonntag, 13. November 2022

    Heute müssen wir den verpatzten Ruhetag von gestern wieder wettmachen! Da wir uns sowieso wenig vorgenommen haben, dürfte es uns leicht fallen. Auf dem Tagesprogramm stehen die Touristen-Highlights Plaza Dorrego und Feria San Telmo (sonntäglicher Floh- und Antiquitätenmarkt) sowie das MACBA (zeitgenössisches Kunstmuseum: Museo de Arte Contemporaneo de Buenos Aires).

    Auf der Plaza Dorrego tanzt - wie in jedem Touristenführer angepriesen - tatsächlich ein Paar Tango (siehe Video unten). Für uns sieht das ganz grossartig aus, wobei wir die Qualität nicht wirklich einschätzen können; aber dass auch viele Porteños unter den begeisterten Zuschauern sind, spricht wohl für sich. Wir lassen uns beim Trinkgeld nicht lumpen; ist es doch für die beiden Tänzer eine enorme Leistung, über mehrere Stunden die Zuschauer zu erfreuen. Allerdings ist der Platz sehr klein und es gibt nur dieses eine Tanzpaar; wir hatten es uns grösser vorgestellt. Regine filmt von erhöhter Position, während sich Martin den Trödelmarkt auf der Plaza anschaut.

    Danach steuern wir den Mercado de San Telmo an, die ehemalige Markthalle des Viertels. In dem alten Gebäude in Form einer Eisenkonstruktion gibt es weitere Antiquitäten und vor allem viele Essensstände. Es herrscht ein Tumult wie auf dem Jahrmarkt. Aber trotz Gedränge und viel Lärm ist die Atmosphäre sehr entspannt. Martin interessiert sich besonders für die argentinischen Pralinen und wir kaufen zur Probe 100 Gramm. Sie sind (natürlich :-) ) nicht ganz so lecker wie die in der Schweiz, kosten dafür aber auch nur ein Drittel. Wieder draussen, treffen wir auf dem Markt einen Künstler, dessen Architekturzeichnungen in Tusche-Technik Martin besonders interessieren. Wir vereinbaren, dass wir ihn am Ende unserer Reise wieder aufsuchen.

    Ausser den Pralinen essen wir nichts (Kalorien genug!) und marschieren vom Markt schnurstracks zum nahegelegenen MACBA. Der Eintritt für Argentinier beläuft sich auf 50 Pesos (10 Cent!!!), für Gringos (Ausländer) 500. Wir finden das trotzdem fair und gehen mit 1000 Pesos zur Kasse. Der Jugendliche dort fragt uns aber nicht nur, woher wir sind, sondern auch, ob wir schon in Rente seien, was wir bejahen. Sehen wir so alt aus? Darauf offeriert er uns einen Gratiseintritt, was auf der Information nicht ersichtlich war.
    Im Inneren des Museums sinnieren wir ein wenig über moderne Kunst; aber es hat sehr viele spannende Objekte aus dem In- und Ausland.

    Das Tagesprogramm ist damit erledigt und wir müssen nur noch mit dem Bus 68B (es gibt hier unzählige Buslinien) zum Hostal zurückfahren und unterwegs Empanadas kaufen, die es an jeder Ecke gibt (warme Teigtaschen, gefüllt mit Fleisch, Käse oder Gemüse). Direkt gegenüber des Hostals erstehen wir sechs Stück für 3,50 Euro. Zusammen mit einer Flasche argentinischen Rotweins munden diese ganz lecker.
    Jetzt heisst es die Rucksäcke packen, denn morgen geht es weiter in eine andere Unterkunft (kleines Appartement) im Stadtviertel Villa Urquiza.
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  • Day 7

    Neuer Tag mit neuen Problemen

    November 14, 2022 in Argentina ⋅ 🌙 17 °C

    Buenos Aires, Montag, 14. November 2022

    Nach einem letzten Besuch im Café “Los Angelitos” (Es hat Ähnlichkeit mit einem Wiener Caféhaus) ziehen wir heute um ins Stadtviertel Villa Urquiza, nur circa 6 Kilometer weiter nordostwärts in Buenos Aires. Dieses Mal ist es eine ganze Wohnung mit zwei Zimmern und wir haben jetzt auch wirklich das Bad nur für uns - im Hostal hatten wir zwar einen direkten Zugang, aber andere Gäste auch :-)

    Den ÖV in BA beherrschen wir dank Google Maps schon aus dem Effeff; wir finden die Wohnung sofort; sie ist sehr sauber und ruhig gelegen mit kleinem Balkon. Bei einem kleinen Spaziergang durch das Quartier kaufen wir in drei Läden das Abendessen ein, unter anderem vegetarische Leckereien aus einem Take-away, das Regine entdeckt hat: gut und günstig.
    Im Supermarkt in der Warteschlange bemerkt Regine wieder eine Kasse nebenan, an der niemand ansteht. Nichts wie hin! Den Grund kann man auf dem Foto sehen: Es ist eine Kasse für Schwangere, Behinderte und Menschen über 65! Die Verkäuferin fragt nicht nach unserem Ausweis; offensichtlich sehen wir so aus... natürlich nicht schwanger oder behindert :-)

    Wieder zurück in der Wohnung wollen wir unsere elektronischen Geräte aufladen, aber oh je: In der ganzen Wohnung gibt es zwar unzählige Steckdosen, aber nur argentinische! Regine ärgert sich masslos darüber, dass der „weltweite“ Adapter, den wir extra für die Reise - mit mehreren USB-Anschlüssen - gekauft haben, keinen entsprechenden Stecker aufweist! Also recherchieren wir auf allen Kanälen (WhatsApp, Google und per Telefon), wo wir so ein Ding möglichst in der Nähe kaufen könnten.
    Am Schluss erhält Martin am Telefon einen Hinweis und findet auch die Adresse dazu; wir gehen die 800 Meter im Eiltempo dahin und tatsächlich: Der Elektro-Grosshändler zaubert das Gesuchte im Nu unter der Theke hervor. Regines Handystecker, den sie in weiser Voraussicht mitgenommen hat, passt nicht hundertprozentig, aber der Verkäufer greift nochmals unter den Ladentisch und wir sind erleichtert. Fazit: Unser erstes Problem ist gelöst.

    Nach dem reichhaltigen Abendessen organisieren wir die Weiterreise ab kommenden Freitag und beschliessen, zuerst mit dem Bus nach Rosario (290 km) zu fahren. Aber da brauchen wir ja auch eine Unterkunft. Auf AirBnb muss sich Regine mit Passkopie und Selfie als Regine identifizieren, was sich als zeit- und nervenaufreibende Angelegenheit entpuppt, weil entweder das Foto nicht passt oder die beiden letzten Zeilen unten beim Reispass nicht lesbar sind. Und dann antwortet der Vermieter nur mit „Ich reise“, was wir zuerst nicht verstehen. Später sehen wir in der Mail seinen spanischen Text: Er ist unterwegs auf Reisen und hat vermutlich keine Zeit, sich um die Vermietung zu kümmern. Wir interpretieren seine Worte als Absage, lassen es mal so stehen und kümmern uns später darum. Fazit: Problem Nummer 2 ist nicht gelöst.

    Nun bleibt noch die Fahrt mit dem Bus nach Rosario. Angeblich kann man ganz einfach ein Ticket online buchen. Wir merken aber schnell, dass dies nur als Argentinier geht! Sie wollen eine argentinische Ausweisnummer und wenn wir unsere oder keine angeben, können wir nicht buchen… Es bleibt uns also wohl nichts anderes übrig, als persönlich auf dem zentralen Busbahnhof nachzufragen; das nimmt dann wieder einen halben Tag in Anspruch! Aber Zeit haben wir ja genügend. :-)
    Fazit: Auch die Lösung dieses Problems müssen wir wohl oder übel aufschieben….

    Trotz allem: Morgen geniessen wir den Tag bei einem Ausflug ins Tigre-Delta circa 30 Kilometer nördlich von Buenos Aires.
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  • Day 8

    Lieber ein Ende mit Schrecken…

    November 15, 2022 in Argentina ⋅ 🌙 21 °C

    Buenos Aires, Villa Urquiza, Dienstag, 15. November 2022

    Bevor wir uns den Ausflug nach Tigre gönnen, müssen wir noch ein Bus-Ticket für die Weiterreise nach Rosario (unser nächstes Etappenziel) kaufen. Online hat es am gestrigen Abend nicht geklappt.
    Also fahren wir fast eine Stunde lang mit dem Vorortzug zum zentralen Bus-Terminal (Riesengebäude mit über 100 Ticketschaltern und über 60 Abfahrtsplätzen) und bekommen das Gewünschte im Handumdehen. Hier stellt sich heraus, dass ein Online-Ticket ausschliesslich mit der Nummer des Reisepasses buchbar ist. Gut zu wissen… Es wird nicht unsere letzte Busfahrt sein!
    Auf dem Weg zum nahegelegenen Bahnhof Retiro, einem sehr schönen alten Bahnhof, wird Regine wie aus dem Nichts von einem Jugendlichen das iPhone entrissen! Nicht aus der Hand, sondern aus der Tiefe ihrer Hosentasche!!!
    Martin hört nur die Schreie der Umstehenden und rennt dem Jugendlichen ein paar Schritte nach. Dieser lässt das iPhone nach wenigen Sekunden fallen!!!!! Nein, Martin bekommt ihn nicht zu fassen. Was anderes ist der Grund! Der Dieb hat offenbar nicht mit einem Widerstand gerechnet, denn Regines Handy ist mittels eines reissfesten Drahts und einem Karabiner an einer Lasche ihrer Hose angebunden. Regine fährt der Schreck in die Glieder (der auch den ganzen Tag über noch anhält!!!! ). Zum Glück ist nichts passiert, aber wir lernen daraus, in Zukunft noch vorsichtiger zu sein…

    Wie geplant fahren wir nun - natürlich wie immer mit ÖV und auf eigene Faust - ins Tigre-Delta. Es liegt 40 km nordwestlich von Buenos Aires und hat eine Fläche von circa 14.000 qm (etwa ein Drittel so gross wie die Schweiz!).
    Tigre-Stadt ist am Wochenende ein beliebtes Ausflugsziel der Porteños, was wir sofort im beliebten Puerto de los Frutos (Früchtemarkt) erkennen: Es gibt den „Markt“ als solches zwar noch, aber darin wird (am Wochenende) so ziemlich alles gekauft, was man möchte - ausser Früchten.
    Jetzt, an einem Dienstag, sind alle Marktstände geschlossen… Zum Glück entdeckt Regine eine offene Eisdiele, wo Martin ein Chocolate Suizo (!)-Eis isst (sehr lecker :-)
    Regine kann es - wie so oft - nicht fassen, in welch grossen Mengen die Argentinier Eis verspeisen. Neben uns bestellen sich vier Damen einen grossen Becher mit unzähligen Kugeln und essen gemeinsam daraus - natürlich jede mit einem Löffelchen.
    Der Becher wird nach Kilo abgerechnet… unglaublich. Ja, von nichts kommt nichts, das wissen wir schon lange. Wenn wir die Beleibtheit der weiblichen Bevölkerung sehen, dann ist klar, dass der Eiskonsum daran nicht ganz unschuldig sein kann :-).
    Später lassen wir uns in einer kleinen Barkasse mit 12 Plätzen eine Stunde lang durch die vielen Nebenarme des Rio Paraná schaukeln und staunen über die unzähligen (Ferien-?)Häuschen mit Landungsstegen, die wir dabei passieren.
    Es gibt darunter so ziemlich alles: von halb verfallenen und zu verkaufenden Anwesen bis zu europäisch anmutenden Villen im Chalet-Stil. Aber alle müssen alles per Boot hinbringen lassen, weil es auf diesen Inseln weder Strom noch Gas oder Wasser gibt. Einzig der vierte Grundpfeiler der modernen Zivilisation, der Mobilfunk, funktioniert auch da. Das können wir bestätigen, weil wir die Bootstour auf Google Maps „live“ mitverfolgen.
    Das Wasser ist übrigens immer eine braune, undurchsichtige Brühe, was aber dem Badevergnügen vieler Jugendlicher keinen Abbruch tut. Und auch die Wassertemperatur (wir tauchen die Hand ins Wasser) ist annehmbar, etwa 22 Grad.
    Auf der Rückfahrt nehmen wir den Tren de la Costa (Küstenzug) in der Grösse einer Strassenbahn :-) und fahren vom Endbahnhof in Olivos (Aussenquartier von BA) mit einem Bus in einer nicht enden wollenden Fahrt (26 Haltestellen) zu unserem neuen „Wohnort“ im Stadtviertel Villa Urquiza.
    Wir kaufen noch kurz Brot in einer Panaderia ein und im Supermarkt einen Kanister mit 6 l Trinkwasser, auf den wir an der Kasse eine Rentnerermässigung erhalten!! Die Kassiererin bietet sie an, notiert die Nummer des Ausweises und wir staunen - dann draussen auf der Strasse - beim Anblick des Kassenzettels: 10 Prozent! Welch eine Ersparnis bei einem Preis von 450 Pesos (1,50 Euro). Zurück in der Wohnung - es ist schon dunkel - gibt es ein „Picknick“ mit Salami, Käse, Oliven und Tomate.
    Obwohl das jetzt ja fast ein Ruhetag war, sind wir bald schon so müde, dass wir beinahe am Tisch einschlafen… Vorher organisiert Regine aber noch tapfer die Unterkunft in Rosario, unserem nächsten Ziel.
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  • Day 9

    Ein Tag mit Muße im Parque Carlos Mugica

    November 16, 2022 in Argentina ⋅ ⛅ 24 °C

    Buenos Aires, Villa Urquiza, Mittwoch, 16. November 2022

    Den heutigen Ruhetag mit viel Muße haben wir uns redlich verdient.
    Wir machen darum nichts anderes als auszuschlafen, mit den Gastgebern von Rosario (unserer nächsten Station) zu kommunizieren und in den nächstgelegenen Park mit Baumbestand (Schatten) und Sitzbänken mit Rückenlehne (zum Lesen) zu fahren.
    Die Linie 176 bringt uns in 15 Minuten in den Parque Carlos Mugica, wo wir aber mit Erstaunen feststellen, dass hier die Sitzbänke aus Beton und in wenig anatomische Formen gegossen sind.
    Martin liest in seinem Buch von Claudia Piñeiro (bekannte Schrifstellerin aus Buenos Aires) weiter, Regine versucht erfolglos, ein Nickerchen zu machen und widmet sich dann ausgiebig den vielen uns unbekannten Vögeln im Park: wieder eine Art grüner Riesenwellensittiche, Zwergtauben und einem circa gansgrossen schwarzen Vogel mit weissem „Halsband“und rotem Schnabel, der seine herumtollenden Jungen in der Grösse von Sperlingen spazieren führt.

    Bald ist unsere Bank aber nicht mehr im Schatten und die Temperatur an der Sonne steigt bedenklich (im Schatten 28 Grad) und wir ziehen auf eine andere Bank um, die jetzt zwar im Schatten, vorher aber von der Sonne beschienen wurde. Wir verstehen sofort, wieso die zubetonierten Städte so gute Wärmespeicher sind: Die neue Sitzbank fühlt sich an wie ein Ofen! Nachdem der Rücken vom Beton steif geworden ist und der Hintern zu glühen beginnt, spazieren wir durch den Park, und Regine mit dem „eisigen“ Blick entdeckt eine Heladeria, wo wir das obligate Eis des Tages (Orange und Tiramisu) geniessen.

    Am Abend bestellen wir arabisches Essen im Restaurant „Al Rayan“ nahe unserer Wohnung, wo Martin am Morgen - unnötigerweise, wie wir sehen - Plätze reserviert hat, da sämtliche Besucher ihr Essen als Take-Away mitnehmen (vermutlich wegen des Preises). Es gibt griechischen Salat (mit argentinischem Feta), Falafel und iranisches Huhn im Blätterteig, dazu 1 Liter (!) Bier. Dieses wird uns serviert als sei es Champagner und wir hoffen, der Preis sei nicht entsprechend!

    Noch einen 6l-Kanister Trinkwasser eingekauft und schon sind wir zu Hause und reif fürs Bett und neue Abenteuer: Morgen ist unser (vorläufig) letzter Tag in Buenos Aires, und wir wollen deshalb nochmals richtig „durchstarten“ mit Museumsbesuchen und Spaziergängen…
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  • Day 10

    Kultur und etwas Natur

    November 17, 2022 in Argentina ⋅ ⛅ 22 °C

    Buenos Aires, Villa Urquiza, Donnerstag, 17. November 2022

    Am letzten Tag unseres Aufenthalts in Buenos Aires wollen wir noch unbedingt zwei Museen besuchen: den Zanjón de los Granados und das Museo Etnográfico. Zwischen beiden bauen wir Natur mit viel Bewegung ein.
    Der Zanjón (Graben) ist eine archäologische Ausgrabung in einem der ältesten noch erhaltenen Gebäude der Stadt und in Privatbesitz. Es handelt sich im Wesentlichen um die komplette unterirdische Freilegung eines Teils des geschlossenen Abwassergrabens im ältesten Teil des San Telmo-Quartiers.
    Besichtigungen sind ausschliesslich mit Führungen möglich: stündlich auf Spanisch und eine am Nachmittag auf Englisch. Wir wählen das Erstere, obwohl der Eintritt (12 Euros/Person) für argentinische Verhältnisse sündhaft teuer ist. Aber es lohnt sich, weil die junge tätowierte Dame uns fast zwei Stunden lang (vorgesehen war nur eine) äusserst sachkundig durch diverse Räume und Keller führt - auf alle Fragen mit didaktischem Geschick eingeht.
    Auch Regines Bitte nach einem etwas langsameren Sprechtempo kommt sie sofort nach; ist doch die Geschwindigkeit, gepaart mit der argentinischen Aussprache für Regine eine echte Herausforderung. Martin hingegen erntet von der Dame für sein fliessendes Spanisch ein dickes Lob. Das hat er auch verdient. :-)
    Das Gebäude besteht eigentlich nur aus Mauerwerk: aus gebrannten Backsteinen, welche ursprünglich mit Lehm miteinander verbunden waren. Diese Füllung wurde bei der Restaurierung durch Zement ersetzt. Erst jetzt geht uns auf, dass es in der Region weder Bauholz (in der Pampa und auch im Norden gab es wenige Bäume) noch Gestein gab (und gibt). Da erst relativ spät neuere Materialien zum Einsatz kamen, sind alle alten Gebäude aus Backsteinen gebaut.
    In dem Gebäude wohnte eine sehr wohlhabende Familie, welche noch 1861 sechs Sklaven aus Afrika hielt, obwohl die argentinische Verfassung die Sklaverei schon 1813 abgeschafft hatte. Der Grund für diese Abweichung war der Bürgerkrieg zwischen Buenos Aires und dem Rest des Landes im Kampf um das Geld der Einfuhrzölle. Das reiche Buenos Aires wollte davon nichts abgeben und setzte eine „milde“ Sklaverei durch: Die Sklaven waren „frei“, mussten aber weiterhin 20 Jahre lang für 1 Peso pro Monat für die alten Besitzer arbeiten!

    Informationsgesättigt verlassen wir den Zanjón und gehen Richtung Hafen; heute nochmals ins Naturreservat „Costanera Sur“, dessen südlichen Teil wir noch nicht durchwandert haben. Es ist das Naherholungs- und Ausflugsgebiet von Buenos Aires und wohl deswegen von unzähligen Schulklassen bevölkert, was das Lehrerinnenherz von Regine merklich höher schlagen lässt. :-)
    Mit geübtem Blick erkennt sie von weitem bei einer Gruppe von circa 40 Schülern erlebnispädagogische Elemente.
    In diesem Naturreservat soll es auch einige endemische Tiere geben, unter anderem den Capybara (ein grösserer Verwandter der Meerschweinchen). Wir treffen aber nur eine ziemlich grosse Echse an, was Martin etwas erschauern lässt. Für ein Foto reicht es leider nicht. Zu schnell verschwindet sie im Unterholz… Sie ist wohl etwas menschenscheu, ganz im Gegensatz zu manch kleinem Vogel, der auch auf einer Distanz von 50 Zentimetern zu uns nicht wegfliegt.

    Für den Weg ins Ethnografische (ethnologische?) Museum zwängen wir uns zur Feierabendzeit in einen Bus, der gut gefüllt mit Arbeiter/-innen vom Industriehafen kommt, erwischen sogar Sitzplätze. Das Museum ist in einem schmuddeligen Barockbau untergebracht. Der Eintritt ist mit 300 Pesos (70 Cent) bescheiden, die Exponate und deren Präsentation allerdings auch. Wir werden in den Saal für Argentiniens Nordwesten geleitet (das beinhaltet dann auch Paraguay, Bolivien und Chile) und bestaunen die zum Teil 4000 Jahre alten und gut erhaltenen Gegenstände.
    Martin ist aber ganz erpicht auf den Süden mit den indigenen Völkern der Selknam, Tehuelche und Mapuche. Ein anwesender älterer Herr (Aufseher), der gut zum Inventar passt :-), gibt uns bereitwillig die Auskunft: Der Saal mit dem „Süden“ sei seit der Corona-Pandemie geschlossen, angeblich weil sich dort irgendwelche Mikroorganismen ausgebreitet hätten, die man vor einer Wiedereröffnung entfernen müsse… Ja, man ist um eine gute Erklärung nicht verlegen. Uns bleibt nur noch der erstaunte Blick und die Frage: „Wann wird denn die Wiedereröffnung sein? Vielleicht bei unserer Rückkehr in knapp 6 Monaten?“ - „Quien sabe?!“ , ist die Antwort, „Wer weiß das schon so genau.“ :-)

    Als geübte Nutzer des lokalen ÖV sind wir mit der Subte (U-Bahn) schnell wieder zu Hause und bedauern, dass wir Buenos Aires jetzt verlassen, wo wir endlich alle Tricks des Busbetriebs kennen: Wo genau sind die Haltestellen? Was muss man dem Fahrer beim Einsteigen angeben? Wie finden wir heraus, wann wir aussteigen müssen? (Die Haltestellen haben keine Namen, sondern werden durch die entsprechende Strasse mit einer dazugehörigen Hausnummer identifiziert).
    Aber morgen geht es mit einem colectivo (Reisebus) in 4 Stunden nach Rosario, der drittgrössten Stadt in Argentinien, 300 km aufwärts am Ufer des Paraná. Susana und Juan Carlos, die Vermieter, warten schon auf uns…
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  • Day 12

    Der nördlichen Hitze entgegen

    November 19, 2022 in Argentina ⋅ ⛅ 24 °C

    Buenos AIres, Villa Urquiza, Freitag, 18. November 2022

    Frühmorgens sind wir (etwas nervös) aufgewacht, weil wir rechtzeitig (das heisst früh genug!) am Busbahnhof sein müssen, wo uns der Rosarino-Express in vier Stunden nach Rosario bringen soll.
    Eigentlich haben wir von unserem Appartement aus eine schnelle und direkte Bahnverbindung zum Bahnhof Retiro, der gleich neben dem Busbahnhof liegt, doch schon kommt die erste Hürde: Aus irgendeinem Grund (den wir nicht verstehen) fahren momentan von Montag bis Freitag keine Züge dahin!
    Zum Glück sind wir flexibel und haben auch diese Eventualität zuvor durchgesprochen und genügend Zeit eingeplant, damit wir auf die Subte (Metro) umsteigen können.
    Vor dem Busbahnhof reihen sich unzählige Verkaufsstände aneinander und Martin kommt es (erst jetzt) wieder in den Sinn, dass er schon lange eine Transporthülle für seinen Reiserucksack kaufen wollte, damit dieser auf den vielen Busreisen nicht beschädigt wird. Die Verkäuferin, bei der wir noch Schildmützen gegen die Sonne kaufen, will ihm auf Nachfrage sogar ihren eigenen (jedoch viel zu dünnen) Kleiderbeutel schenken - aber er ist (zum Glück) zu klein und wir verzichten dankend. Zwei Stände weiter jedoch verkaufen sie grosse Taschen mit Reissverschluss aus Plastikplanen. In eine davon passt Martins Rucksack perfekt hinein! Er hat sein Problem damit sprichwörtlich auf den letzten Metern gelöst. :-)
    Die ganze Organisation um die Busreise wird hochprofessionell abgewickelt: Ein Angestellter nimmt das Gepäck wie an einem Ckeck-In entgegen und klebt zwei Marken auf unser Ticket; ein zweiter kontrolliert die Tickets und dann geht es rein in den Bus und die Treppe nach oben. Wir haben Plätze im Oberdeck mit „cama ejecutivo“ reserviert. Dieses „Angestelltenbett“ stellt sich als äusserst komfortabler Liegesitz heraus, wo Regine auf der Reise ganz entspannt ein Nickerchen machen kann, während der Reisebus in eher gemütlichem Tempo mit nur zwei Zwischenhalten dem 300 km entfernten Rosario entgegenschaukelt.
    Bei der Ankunft (mit nur 15 Minuten Verspätung) erleiden wir fast einen Hitzschlag: Als wir aus dem klimatisierten Bus aussteigen, erwarten uns 35 Grad im Schatten! Unvorstellbar!
    Wir lösen am Schalter des Bus-Terminals eine neue Karte für den ÖV in Rosario. Wohl aus politischen Gründen hat sich Rosario dem landesweiten System der Sube-Karte nicht angeschlossen; hier hat ausnahmsweise die Partido Social Demócrata, die Partei der Sozialdemokraten das Sagen.
    Die Adresse unserer Gastgeber finden wir mühelos und Susana erwartet uns schon am Eingang. Im achten Stock bewohnt die Familie zu dritt eine 210 qm grosse Wohnung (Wir können es kaum glauben.) und tritt uns freundlicherweise ein Zimmer mit eigenem Bad ab. Zudem werden wir mit Kaffee und Medialunas (eine Art süsse Croissants) bewirtet und Susana, ihr Mann Juan Carlos sowie ihr Sohn Nicolás beraten uns bei unseren Ausflugswünschen in Rosario als auch bei dem, was die spätere Weiterreise in die Esteros del Iberá betrifft.
    Heute wollen wir erst einmal die Stadt ein wenig erkunden und spazieren die wunderschöne, palmenbepflanzte Avenida Oroño entlang bis ans Ufer des Rio Paraná. Dieser ist hier zwar „nur“ etwas mehr als einen Kilometer breit, aber mit dem dahinter liegenden Feuchtgebiet doch sehr beeindruckend.
    Riesige Schiffe fahren stromaufwärts, und wir sehen auch ein paar Kajaks, aber keine Schwimmer: Das soll wegen unberechenbarer Strömungen sehr gefährlich sein. Regine bedauert dies sehr!
    Hätte sie sich doch bei dieser Hitze nur allzu gerne in die Fluten gestürzt.
    Das Abendessen nehmen wir im empfohlenen Restaurant „Los Jardines“ (die Gärten) direkt am Ufer des Paraná ein, müssen aber wegen der vielen Mücken ins Innere des Restaurants flüchten.
    Auf dem Rückweg essen wir noch das Eis des Tages und dann legen wir uns müde, aber zufrieden in die frisch gemachten Betten. Heiß ist’s!!!
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