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  • Day 8

    Mit dem Fahrrad in die Teufelsschlucht

    December 18, 2022 in Chile ⋅ ⛅ 24 °C

    San Pedro de Atacama, Sonntag, 18. Dezember 2022

    Heute ist eigentlich Martins Ruhetag; Regine möchte Action. Schliesslich ist heute unser letzter Tag in der Atacama-Wüste.
    Der Kompromiss ist eine circa dreistündige Fahrradtour (aus der am Ende sechs Stunden werden) am frühen Morgen zur Garganta del Diablo (Teufelsschlucht) und ins Tal von Catarpe ungefähr 10 Kilometer von San Pedro entfernt.
    Um 8:30 Uhr satteln wir unsere Mountain Bikes, die wir in einem Fahrrad-Vermiet-Laden in tadellosem Zustand übernehmen. Martin - ganz Schweizer :-) - fragt, was bei einer technischen Panne zu machen sei. Das passiere eigentlich nie, meint der Vermieter, aber er gibt uns zur Sicherheit einen Ersatzschlauch sowie eine Pumpe mit. Wir bekommen auch einen Helm, eine gelbe Signalweste sowie ein Schloss; alles zum Preis von 7 Euro pro Bike für maximal 6 Stunden.
    Martin hat die Route bereits in die Navigations-App eingegeben und es kann losgehen. Diese App braucht kein Netz und kennt jedes Weglein; dafür werden wir im Verlauf des Tages noch dankbar sein (Besten Dank an Heinz für den Tipp! Wir waren schon oft froh darum!)
    Was wir nicht richtig bedacht hatten, ist, dass natürlich der ganze Weg über Naturstrassen führt, wobei der Ausdruck „Natur“ absolut berechtigt ist: Es hat vorwiegend Steine, Löcher und viel Sand und es braucht alle Sinne und Fahrgeschick, um nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten.

    Bald erreichen wir den Eingang zum Tal, der von einer lokalen Gemeinschaft von Indígenas (also Eingeborenen) mit Schlagbaum und Wärterhäuschen bewacht wird. Hier müssen wir uns (die Chilenen lieben das ebenso sehr wie die Argentinier!) registrieren: Vorname, Name, Geburtsdatum, Passnummer, Alter… Letzteres kommt uns sehr entgegen, weil über 60-Jährige hier einen Rabatt von 65% geniessen. Dieses Angebot nehmen wir dankend an und bezahlen nur 1 Euro pro Person. Dafür bekommen wir von der jungen und hochmotivierten Wächterin noch eine Einführung zu den verschiedenen Sehenswürdigkeiten.
    Wir radeln los zur Garganta del Diablo, einer Schlucht, die über 4 Kilometer vom Tal weg und dann wieder herunter führt auf der Höhe von Catarpe.
    Dies ist aber kein Dorf, sondern eher eine Ansammlung verstreuter Hütten. Wir sehen allerdings sogar einen Traktor bei der Arbeit: Es wird hier also - was kaum vorstellbar ist - Landwirtschaft betrieben!
    Der Weg zur Garganta und dann weiter ist eine schmale Sandpiste mit unzähligen Kurven. Es ist heiss und etwas mühsam und schon bald merken wir den Allerwertesten und die unzähligen Löcher gehen ins Kreuz! Die Bikes haben zwar eine Gabelfederung, aber bei dieser Beanspruchung nützt sie nicht viel.
    Dass wir dem Weg nach der Teufelsschlucht weiter folgen können, wissen wir erst seit der Einführung. Auch aus logistischen Gründen beschliessen wir, diesem bis zurück ins Tal weit oben bei der Kirche San Isidro zu folgen und dann auf der „Hauptstrasse“ zurückzufahren. Allerdings wissen wir nicht, wo wir sind und wie weit es noch ist. Da kommt uns Heinz‘ Wunder-App wie gelegen: Sie kennt nicht nur unsere Position, sondern auch den Weg durch die Schlucht sowie sämtliche Abzweigungen! Genial!
    Auf dem Weg gibt es noch einen sehr steilen Aufstieg (circa 100 Meter) zu einem Aussichtspunkt mit herrlichem Blick über die Ebene nach San Pedro und in Richtung Anden. (Auch den Cerro Toco sehen wir, den wir zwei Tage zuvor bestiegen haben.)

    Dann fahren wir weiter und bald geht es zum Glück nicht mehr hinauf, sondern hinunter. Das ist auch nötig, denn es gibt immer mehr Sand, der unsere Fahrkünste und unsere Konzentration auf die Probe stellt.
    Jetzt gelangen wir in ein breites Bachbett, das komplett ausgetrocknet ist und folgen diesem. Rechts die Abzweigung zur Kirche. Aber ach! Da geht es wieder bergauf! Dann doch lieber im Bachbett… Plötzlich stehen wir vor Stacheldraht und einem mit einer Kette verschlossenen Gatter. Was tun? Umdrehen und wieder hochfahren?! Wir schieben die Räder durch den Stacheldrahtzaun und klettern dann selbst darüber. Nun kommen wir in eine Talsenke und finden mit etwas Suchen glücklicherweise einen Ausgang sowie einen Weg zur Strasse, die uns nach San Pedro zurückbringt.
    Um 12 Uhr (16 Uhr in Europa) hat das WM-Finale zwischen Argentinien und Frankreich begonnen. Als wir uns beim Parkwächter abmelden und unsere Schlucht-Ausstiegs-Zeit eintragen, ist es 14 Uhr und wir haben keine Ahnung, wer gewonnen hat.
    Der Parkwächter am Ausgang auch nicht… Es gibt kein Netz im hintersten Winkel der Atacama-Wüste!
    Pünktlich um 14:30 Uhr zurück im Fahrradgeschäft sehen wir, dass das Spiel in der 115. Minute noch im Gange ist. Spielstand 3:2 für Argentinien und noch 5 Minuten sind zu spielen. Im Laden sind alle - obwohl aus Peru und Chile - für Argentinien. Dann Elfmeter in der 117. Minute für Frankreich: 3:3 und wenig später beinahe noch der Siegestreffer für die Blauen.
    Die Nerven sind am Anschlag, als es zum Elfmeterschiessen geht, aber am Schluss geht es mit viel Zittern und Bangen gut aus: Argentinien gewinnt 4:3.
    Im Fernsehen werden Bilder aus Buenos Aires eingeblendet und wir können uns in etwa vorstellen, was uns morgen in Argentinien erwartet: Das ganze Land ist komplett euphorisiert und die Leute feiern (wie schon beim Halbfinale) auf den Strassen.
    Wir beglückwünschen unsere argentinischen Freunde in Rosario und Mburucuyá: „Felicidades Argentina“!
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