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  • Day 22

    Dolce far Niente und eine Prozession

    January 1, 2023 in Argentina ⋅ ⛅ 31 °C

    La Rioja, Sonntag, 1. Januar 2023

    Ein neues Jahr beginnt!
    Wir sitzen bei angenehmen 28 Grad auf unserer hauseigenen Terrasse und stossen pünktlich um 0:00 Uhr mit „Sidra“ auf das neue Jahr an.
    Trotz eines offiziellen Feuerwerksverbots (sagte die Dame vom Tourismusbüro) bekommen wir einige farbenfrohe Raketen und Knaller mit und im Ladenlokal (!) gleich gegenüber findet eine rauschende Party statt. (Regine hätte gerne teilgenommen und überlegt sich, ob sie nicht runtergehen soll… :-)
    Aber angesichts der Müdigkeit vom Ausflug nach Sanagasta und vom Genuss des Sidra sind wir ziemlich müde und schlafen am heutigen Neujahrstag tüchtig aus.
    Später beantwortet Regine die zig Neujahrswünsche und Martin legt eine Lesestunde ein. Zudem arbeitet Regine wie immer fleissig am Blog. Aus all den genannten Gründen gibt es natürlich wenig Bildmaterial.
    Am Abend wollen wir wieder einmal selber kochen: Unser Leibgericht ist ja Nudeln mit Tomatensauce. Dieses Mal haben wir sogar eine Bolognese gefunden und freuen uns (Martin) schon auf etwas Fleisch! Aber weit gefehlt: Die Sauce enthält KEIN Hackfleisch… Martin kompensiert den Mangel mit Thunfisch, was ja eigentlich noch leckerer ist als Schweinefleisch.

    Da wir aber pünktlich um 20:00 Uhr - oder besser mindestens eine halbe Stunde früher - an der im ganzen Land berühmten Prozession zu Ehren von San Nicolas de Bari und dem Niño Jesús Alcalde teilnehmen wollen, wird erst einmal nur vorgekocht; den Finish erledigen wir dann nach der Prozession.
    Der Niño war eine Erfindung der spanischen Kolonisatoren, damit die Eingeborenen glauben würden, der adlige spanische Bürgermeister sei eine Reinkarnation von Jesus. Deswegen ist die Figur des Niño gekleidet wie ein spanischer Adliger im 16. und 17. Jahrhundert.
    San Nicola de Bari war ein Geistlicher aus Bari (Italien), der in La Rioja gepredigt hat, hier in Ungnade gefallen ist und daraufhin verbrannt wurde. Das braune Gesicht ist eine Allegorie auf die Verbrennung.
    Die Prozession entpuppt sich als eine etwas volkstümliche Mischung aus viel Polizei (Wir staunen über die Anzahl an Polizisten, die La Rioja hat.), steif gewandeten Regierungsvertretern in Anzug und Krawatte, unzähligen freiwilligen Vertretern der lokalen Cofradías (Zünfte), dem Polizeiorchester, einer Musikgruppe und nicht zuletzt einem Heer von katholischen Würdenträgern, die sich hinter den schützenden Gittern der Kathedrale aufhalten.
    Letztere werden nicht müde, den Niño Jesús, Jesus Christus, den Papst und einen Bischof mit lautem „Viva!“ mehrere Male hochleben zu lassen.
    Davor und danach läuten die von Hand geschlagenen riesengroßen Glocken beider Türme.
    Dann erfolgen etliche Gebete, zuerst vorgebetet und anschliessend mit den Gläubigen.
    Wir erkennen das Ave Maria und auch das Vaterunser.
    Immer wieder bringen uns die Band und der Sänger modern klingende Lieder zu Ohren und endlich (Es ist schon 20.30 Uhr!!!) werden die Reliquien von San Nicolas und vom Niño Jesús geschultert und nacheinander bei frenetischem Applaus aus der Kathedrale herausgetragen: Die Prozession kann beginnen.
    Wir hoffen, dass der Chefsprecher jetzt, wo das Publikum grossflächig mit der Prozession abwandert, eine Pause einlegen werde. Doch weit gefehlt! Es folgen neue Gebete, unzählige “Herr, erhöre uns” und Martin findet, dass die „Stimmung“ mit viel Sprechgesang und Brimborium (wenig Inhalt, aber viel Form :-) so richtig angeheizt wird.
    Die Einheimischen scheinen hingerissen, Martin wird es zuviel und vor allem zu spät. Regine hingegen ist fasziniert von dem Fremdartigen und würde gerne noch eine Weile bleiben. Noch eine weitere Viertelstunde handeln wir aus. Bei Martin knurrt nun ganz profan der Magen, sodass wir den geordneten Rückzug antreten und uns zu Hause über Penne al Tonno con Insalata mista hermachen. Dazu ein eisgekühlter Rotwein aus der Provinz: Der Abend ist gerettet!
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