• Day 34

    Fussmarsch zum Glaciar Los Exploradores

    February 18, 2023 in Chile

    Puerto Tranquilo, Samstag, 18. Februar 2023

    Die Grosszahl der Touristen hier in Puerto Tranquilo lassen sich entweder zur Laguna San Rafael oder zur Begehung der Gletscherzunge des „Los Exploradores“ fahren/führen; wir hingegen haben anderes im Sinn.
    Da wir herausgefunden haben, dass es eine 5-Stunden-Wanderung entlang des Exploradores-Gletschers gibt, die man - nach Begleichung der Eintrittsgebühr - auch alleine machen kann, bringt uns nichts mehr von dieser Idee ab.
    Durch Vermittlung von Ximena (der Dame von der Marmor-Kapelle) haben wir Kontakt zu ihrer Kollegin Kimberley (Kim) aufgenommen und handeln den Transport hin zum 50 km entfernten Eingang des Nationalparks und zurück aus. Das kostet uns zwar fast 100 Euro, aber schon eine kurze Begehung des geröllübersäten Gletschers (mit Gruppenführung) wäre auf das Doppelte gekommen und dies ohne schöne Wanderung.
    Und zur Laguna San Rafael fährt man drei Stunden im Auto und dreieinhalb Stunden im Schiff hin und dasselbe wieder zurück nach Puerto Tranquilo, nur um die Gletscherzunge am Ende der Lagune zu sehen und hoffentlich einen Eisabbruch. Dafür scheinen uns 200 Euro pro Person übertrieben (und die Fahrt zu lang), und einen grossen Gletscher aus der Nähe werden wir (hoffentlich) mit dem Perito Moreno sehen…
    Kim holt uns wie vereinbart um 9 Uhr im Hostal ab und wir fahren gut zwei Stunden über eine ganz üble Schotterstrasse „weit nach hinten“ zum Nationalpark, der erst vor wenigen Jahren der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Mit insgesamt 4400 Quadratkilometern zählt dieser Park zum nördlichen Eisfeld (Campo de Hielo Norte), in dem sich unzählige Gletscher befinden, unter anderem San Rafael, Leones und Exploradores.
    Unterwegs halten wir noch am Lago Tranquilo (der dem Ort seinen Namen gegeben hat) sowie an einem tosenden Wasserfall, dem „Cascada de la Nutria“ (Biber), damit Regine ein paar Fotos machen kann.
    Am Parkeingang registrieren wir uns (wie gewohnt) und entrichten den Eintritt (10 Euro pro Person). Besucher ab 60 Jahren zahlen nichts; allerdings nur chilenische. Für ausländische Naturliebhaber gibt es wie üblich keine Ermässigung.
    Da unsere Chauffeurin die Dame am Empfang kennt und somit keinen Eintritt bezahlen muss, kommt Kim heute ausnahmeweise als unser privater Guide mit:-)

    Zu dritt wandern wir los, gut eine Stunde dem Tosen des Rio Exploradores entlang und durch einen immergrünen Märchenurwald. Es geht rauf und runter, und an schwierigen Passagen hat die Parkverwaltung Brücken und Treppen aus Holz angebracht, was den Eintrittspreis rechtfertigen soll. Martin erklärt Kim, dass es in der Schweiz 25000 km gut unterhaltene Wanderwege gibt, deren Benutzung nichts kostet; sie kann es kaum glauben…
    Immer wieder eröffnen sich prächtige Ausblicke auf die Gletscherzunge und die hoch aufragenden Berge. Aber der Monte San Valentin (mit 4056 m der höchste Berg Patagoniens) und der eigentliche Gletscher „Los Exploradores“ bleiben uns vorläufig verborgen.
    Der Berg versteckt sich verschämt hinter Wolken, der Gletscher hinter einer Biegung des Tales. Aber nach einer guten Stunde können wir den ganzen Gletscher sehen: Eindrucksvoll, bis 2 km breit und bis zu 400 m dick zieht er sich das Tal und dann die Flanke des San Valentin-Massivs hoch. Davon sind wir aber noch mindestens 8 km entfernt. Wenn wir schon bei den Zahlen sind: Die Gletscherzunge (wie auf den Fotos sichtbar) liegt nur zweihundert (ja, richtig gelesen!) Meter über dem Meeresspiegel. Für uns Europäer - mit dem Blick auf die Alpen - ist das kaum vorstellbar. Der Pazifik ist Luftlinie allerdings auch nur circa 200 km entfernt…
    Weiter geht es bis zur Abzweigung zu den zwei Miradores (Aussichtsplattformen), wo wir uns - vorläufig - von Kim trennen, die nur die tiefer gelegene besuchen will, wir aber beide.
    Ein kurzer Aufstieg bringt uns zur höher gelegenen Plattform 1, von wo sich sowohl der San Valentin (immer noch etwas in den Wolken) sowie der Gletscher gut überblicken lassen. Lange können wir aber nicht verweilen, denn wir wollen ja noch zu Kim und der Park schliesst um 17 Uhr.
    Schon auf dem Hinweg haben wir Grüppchen von Touristen gesehen, die Ameisen gleich - geschützt mit blauen Helmen (Man könnte ja in eine Gletscherspalte fallen!) - im Gänsemarsch über die braune Gletscherzunge wandern. Auch Kim kann als Guide nicht wirklich verstehen, was sie antreibt: Man geht auf braunem Geröll, erahnt unter sich das Eis, sieht vom Gletscher selber gar nichts und nur wenig vom Gebirgsmassiv weiter hinten im Tal.
    Auf der unteren Plattform gibt uns Kim noch Daten zum Exploradores-Gletscher (Er verliert jeden Tag im Schnitt 5 cm an Dicke.) und benennt die umliegenden Berge; die meisten Gipfel haben - da bisher unbestiegen - keinen Namen…
    Der Rückweg zum Eingang gestaltet sich einfach (Es geht vorwiegend runter :-), aber wir drehen uns oft um, um noch letzte Eindrücke der wahrhaft prächtigen Landschaft zu erhaschen. Und als ob es uns verabschieden wollte, zieht ein Condor-Paar seine Kreise über uns, immer weiter sich mit den grossen Schwingen in die Höhe tragen lassend. Wir schauen so lange fasziniert zu, dass es leider nur zu einem kurzen Video gereicht hat.
    Um 17:15 Uhr erreichen wir den Eingang, aber die Verwaltung hat bereits geschlossen; kein Problem, denn Kim kennt ja die Damen hier und wir verabschieden uns durch das Tor auf Distanz.
    Auf dem Rückweg plaudert Martin (auf dem Vordersitz) über dies und das mit Kim, während Regine auf dem Rücksitz so gut wie nichts mitbekommt, weil der Wagen - auf dem Schotter durchgerüttelt - einen enormen Lärm macht.
    Wir sind ganz berauscht von dem tollen Tag und brauchen nur noch Brot aus der nahegelegenen Panadería für das Abendessen: ein kleiner Rest Linseneintopf von gestern und als Hauptgang Pastel de Choclo (Maisbrei mit Fleisch). Beides haben wir gestern bei einem lokalen Food Truck gekauft - frisch zubereitet.
    Read more