• Faul und aktiv auf dem Schiff

    6 Nisan 2023, Südatlantik ⋅ ☀️ 28 °C

    Im Südatlantik, Donnerstag, 6. April 2023

    Man muss sich eine Reise auf dem Kreuzfahrtschiff so vorstellen wie eine geführte Gruppenreise mit dreitausend Teilnehmern.
    Es ist alles immer gut organisiert und auch, wenn man seine eigenen Pläne für den Tagesablauf hat, werden diese durch „höhere Gewalt“ immer wieder gestört.
    Zu Beginn sind es die vorgeschriebenen Übungen zu den Abläufen zur Sicherheit, die alle Passagiere zwingend absolvieren müssen. Per Chipkarte, die nach erfolgter Teilnahme gescannt wird, ist auch der Nachweis möglich, ob wir erschienen sind. Wehe, wenn nicht!!!
    Eine „Notfallübung“ ist gewiss sinnvoll, auch wenn wir etwas daran zweifeln, dass sich nach einigen Tagen noch viele daran erinnern werden, wo genau ihr Sammelpunkt ist; und selbst wenn, dann ist die Frage erlaubt, wie die Personen über die Treppen (Liftbenutzung ist im Ernstfall verboten) vom 14. Stock in den sechsten gelangen sollen, wo sie es ohne Aufzug ja nicht einmal zum Essen in die diversen Restaurants schaffen!?
    Wir haben den Eindruck, dass ausser uns kaum jemand Treppen steigt (egal, ob hinauf oder hinunter).
    Auch bei den Mahlzeiten verleitet die Annahme, es gäbe unzählige Möglichkeiten der Verpflegung, zum Irrglauben, wir könnten dann essen, wenn es uns danach gelüstet.
    Vielmehr sind die Essenszeiten genau festgelegt: Unser Abendessen (Spätschicht) findet genau um 21:15 Uhr statt und wer zu spät kommt, den bestraft das Leben: Ab 21:30 Uhr wird den Säumigen der Zugang zum Restaurant verwehrt.
    Beim Mittagsbuffet ist zwar zeitlich ein freier Zugang möglich, aber als wir versuchen, erst gegen Ende (14:45 Uhr) zu erscheinen - wenn der grösste Ansturm bereits vorbei ist -, müssen wir feststellen, dass begehrte Speisen (wie Fischgerichte oder diverse Nachtische) bereits ausgegangen sind und diese auch nicht mehr nachgelegt werden. Nun ja, dies ist Jammern auf hohem Niveau! Verhungern muss hier niemand!

    Als Individualreisender sollte man vorgewarnt sein: Hier ist alles durchkalkuliert und das Personal ist zwar freundlich, aber meist dünn gesät: Schliesslich zählen die Kosten. So heisst es bei jeder Aktivität: Warten, und sei es sogar beim Anstehen für die Buchung der Landausflüge… Wir buchen keinen. Wir wären an einer Schiffsbesichtigung (unter anderem Maschinenräume und Kommandobrücke) interessiert gewesen. Diese findet jedoch ausgerechnet während des Aufenthalts in Funchal statt. Und da wir noch nie auf Madeira waren, wollen wir uns den Tag nicht mit einer 60 Dollar-Schiffsbesichtigung blockieren (selbstverständlich pro Person!).
    Aber Herunterfahren von unserer fünfmonatigen Reise können wir trotz allem gut: Während draussen Tag und Nacht Jubel und Trubel für die vorwiegend brasilianischen und portugiesischen Gäste herrscht, haben wir in unserer Kabine unsere Ruhe und können vom Balkon aus endlos lang das endlos weite Meer betrachten.
    Und wenn uns das dann doch zu langweilig wird, nehmen wir (vor allem Regine) an einem oder mehreren der vielen Anlässe und Aktivitäten teil, die schon am Vorabend auf einem durch das Zimmermädchen verteilten Flyer fein säuberlich aufgelistet sind. Da gibt es von 8 Uhr morgens bis weit nach Mitternacht alles, was das Kreuzfahrer-Herz begehrt: Morgen-Spaziergang, Pilates, Aerobic, Tanzstunden, Bingo, Radfahren (!), Live-Music, Shows, Discos und etliches mehr.
    Für den heutigen Tag zählen wir insgesamt 49 (!!) Ereignisse auf dem „Daily Planner“.
    Regine hat die ihrer Meinung nach für sie interessantesten Anlässe ausgesucht und gestern Abend die Vorstellung der Crew sowie eine professionelle Akrobatik-Show besucht und heute die Musikgala dreier Opernsänger.
    Zudem ist es ihr sogar zweimal gelungen, einen Platz im (fast leeren) Pool zu ergattern - früh am Morgen und am Abend nach ihren Reling-Sonnenuntergangs-Fotos. Klar, zu solchen Zeiten wollen „normale“ Kreuzfahrer nicht ins Wasser! Aber das (in diesem Fall) warme Nass ist ihr Element!
    Martin bleibt (vorläufig) lieber im Zimmer, geniesst die Ruhe, liest und hört Musik, schaut aufs Meer und hängt ab. Jedem das Seine…
    Okumaya devam et