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  • Day 14

    Rates - Barcelos 8.9.2017

    September 8, 2017 in Portugal ⋅ ☀️ 21 °C

    Geht doch! Der Asphalt-Horror von gestern ist nur noch eine gruselige Erinnerung. Bei mir zumindest. Haben nicht alle unbeschadet überstanden. Gestern Abend schlich eine Frau mittleren Alters über den Hof, da musste man nicht studiert haben, um sofort zu erkennen: Totalschaden. Jan meinte trocken: "Die schafft es nicht." Ich habe es in dem Moment nicht hinbekommen, nicht zu grinsen. Böse, ich weiß B)

    Die Nacht war nicht durchgängig von erholsamem Schlaf geprägt. Leider. Schuld war ein Knabe mitte 60, der den ganzen Raum in Atem hielt. Sich selbst leider nicht. Ich kenne die medizinische Fachbezeichnung nicht, aber er hatte massive Atemaussetzer, die dann in ein kurzes unfassbar lautes Schnarchgrunzen übergingen, bevor er seinem Atem die nächste Auszeit verpasste. So ging das für 2 Stunden etwa. Irgendwann war gar nichts mehr zu hören und alle anderen wussten nicht, ob das nun ein Anlass zur Freude war oder ob er nun endgültig verschieden ist. Um es abzukürzen - er hat die Kurve noch mal gekriegt. Er sollte da aber mal besser einen Arzt drüberschauen lassen, könnte ich mir vorstellen.

    Also, die Nacht war überstanden und es konnte losgehen. Noch kurz mit den Mädels geplauscht, dann kam Jan um die Ecke, auch mit ihm noch kurz paar Worte gewechselt, schon war er durch das Tor und ich folgte nicht lange danach. So nett es ist, mit den Leuten abends bischen zu plaudern, so angenehm ist es dann doch aber auch, beim Laufen alleine zu sein. Man hat doch genug mit sich selbst zu tun, will die Landschaft geniessen, spontan Pausen machen, wenn einem danach ist, sich einfach unabhängig bewegen, und das wird deutlich schwieriger, wenn man zu Zweit oder in einer Gruppe unterwegs ist. Ganz abgesehen davon, dass man sich plötzlich in einem Gespräch wiederfinden kann, und man weiss nicht wirklich, warum. Und interessant findet man es am Ende auch nicht wirklich. Also: alleine laufen - zusammen ssss :D NEIN, CAROLA! Ich kann dich und die anderen beruhigen, Alkohol spielt hier keine Rolle, also zumindest bei mir nicht, geht auch gar nicht, will man nicht am nächsten Tag auf der Piste tausend Tode sterben.

    Die Strecke war teilweise wirklich schön und kurz war sie auch. 17 Kilometer. Da kann nichts schief gehen. Eigentlich. Aber war auch so. Bei der ersten Rast kam erst Jan dazu, dann noch Verena und zusammen haben wir uns Cola/Kaffee gegönnt und bischen geblubbert. Als erste trollte sich Verena, dann Jan mit dem Hinweis, ich würde ihn eh gleich einholen (was auch stimmte) und dann ich. Der weitere Weg nach Barcelos war teilweise wieder ganz schön und ehe ich mich versah lief ich schon in der Stadt ein. Dort saß Verena auf einem sonnigen Platz, vor sich ein lecker Käffchen. Ich setzte mich zu ihr und wir plauderten noch bischen über den Camino, ihr Studium und dann brach sie wieder auf - sie wollte noch eine Etappe dranhängen. Ich nicht :) also verabschiedeten wir uns, vielleicht bis Santiago, vorher werden wir uns sicher nicht mehr treffen.

    So, 14.30 Uhr, die Wäsche ist gewaschen und hängt in der Sonne, ich bin auch gewaschen und hänge gerade im Bett. Und blogge. Für jetzt soll's das erstmal gewesen sein.

    Der Camino fordert weitere Opfer. Ursprünglich wollte ich heute Abend mit Detlef und Daiwa abends etwas spachteln gehen. Der Wille war auf beiden Seiten da; gegen 18 Uhr wollten wir los. Hinzu kam dann noch ein Stoßtrupp junger Studentinnen inkl. eines Westfalen in meinem Alter. In halber Batallionsstärke rückten wir dann also pünktlich aus. Schon nach wenigen Schritten allerdings war eine massive Unwucht in Detlefs Gang nicht mehr zu leugnen. Wir hatten uns schon im Laufe des Tages über den Zustand seines Fußes unterhalten, da erschien die Situation zwar unschön, aber noch beherrschbar. Das änderte sich rasch. Detlef und Daiwa, deren Füße in einem nur unwesentlich besseren Zustand waren, schafften es zwar noch die etwa 400 Meter in die Innenstadt von Barcelos, als dann aber noch entspanntes Flanieren und Restaurantsuchen anstand, strichen sie die Segel und traten den Rückzug in die Herberge an. Zu den geschundenen Füßen gesellten sich dann noch diverse Kolleteralschäden unter anderem im Bereich des Rückens. Das ließ unter uns verbliebenen das Thema Rucksack und wie trage ich ihn richtig kurz hochkochen und ich bot den Leuten an, gerne den Sitz ihres Rucksacks zu überprüfen und gegebenenfalls neu einzustellen. Wieder zurück in der Herberge war das dann auch bei Zweien meine letzte Amtshandlung für den Tag. Ich schätze, die beiden werden nun in den kommenden Tagen ein ganz neues, von tiefer Zuneigung geprägtes Verhältnis zu ihren Rucksäcken entwickeln.
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