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  • Day 68

    Zwischenfazit

    January 22, 2017 in Cambodia ⋅ ⛅ 27 °C

    Zweieinviertel Monate sind rum und damit ist offiziell die Hälfte der Reisezeit vorbei. In diesem Post möchte ich gar nicht groß auf die schon vergangene Zeit oder einzelne Ereignisse zurückblicken (die einzelnen Footprints sollten ja genug Auskunft über die jeweiligen Orte geben), sondern eher allgemein ein paar Sätze zum Reisen, Alltagsleben, Land und Leuten in Südostasien (SOA) verlieren.

    Reisen macht Spaß und zwar großen! Die Erlebnisse und Vielzahl an Eindrücken, die auf einen einprasseln, sind gewaltig. Man düst von einer Großartigkeit zur Nächsten und freut sich eigentlich auf jeden neuen Tag! Ich bin auch überrascht, wie gut ich mit all dem zurechtkomme - ich verspüre weder Heimweh, Reisemüdigkeit oder eine Reizüberflutung. SOA ist meiner Meinung nach (jedenfalls die bisher gesichteten Länder) wirklich einfach, kostengünstig und (mit ein wenig Recherche) relativ idiotensicher zu bereisen.

    Gewöhnungsbedürftig ist der südostasiatische way-of-life trotzdem! Und daher möchte ich auch mal die Kurriositäten bzw. Schattenseiten einer solchen Reise beleuchten:

    1. Arbeit kostet nichts
    Fünf Kellner für zehn Tische im Restaurant sind keine Seltenheit. Dass drei davon sich die Beine in den Bauch stehen und für ihr Geld nur lächeln, ist egal. Überhaupt scheint sich hier (fast) niemand zu überarbeiten - "Gemach, gemach" ist das Motto.

    2. Zuverlässigkeit/Pünktlichkeit ist eine Zier, doch bequemer lebt sich's ohne ihr.
    Man könnte locker die Hälfte der verbrachten Zeit in Transportmitteln durch straffere Organisation, williges Personal und einen Funken Zeitmanagement einsparen. Aber Warten wird nicht als verlorene Zeit, Warten lassen nicht als Unhöflichkeit angesehen. Das nervt straff durchorganisierte dt. Stechuhrfanatiker gewaltig!

    3. Leben im Provisorium
    Natürlich muss nicht alles TÜV-geprüft für die Ewigkeit halten. Aber manchmal wären die (zwar durchaus meist cleveren bzw. lustig anzusehenden) Basteleien so einfach durch etwas Beständiges zu ersetzen, dass man annehmen muss, dass es gar nicht lange halten soll!

    4. Pragmatismus ist die wahre Religion
    Hauptsache es funktioniert irgendwie, egal wie es aussieht. Ist irgendetwas auch nur halbwegs stilvoll eingerichtet, gebaut oder angerichtet, kann man davon ausgehen, dass ein Westler die Finger im Spiel hatte.

    5. Müll und Hygiene
    Das Müll-Handling ist keine Katastrophe, sondern ein GAU! Die Verschmutzung ist allgegenwärtig: kloakige Gewässer, plastikmüllgesäumte Straßen und riesige Müllhalden. Wo man gerade wandelt, wird der Müll "entsorgt". Ob groß, ob klein, niemand hat auch nur den Hauch eines Problembewusstseins. Mir ist vollkommen schleierhaft, wieso die Regierungen kein vernüftiges Entsorgungsprogramm auf die Beine stellen können. Bis ein solches existiert, sollte Plastik hier generell verboten werden!

    6. Safety last
    Ob metertiefe Löcher im Bürgersteig (wenn es denn mal einen gibt), windige Verkabelungen (oft in Wassernähe) oder verkehrsuntaugliche Fahrzeuge, es ist einfach ein Wunder, dass man nicht täglich Unfalltote sieht! Ein Verkehrsmittel wird als fahrtüchtig angesehen, so lang die Hupe noch funktioniert.

    7. Korruption und Abzocke
    Der Tourist wird oftmals als Melkkuh angesehen. Klar, Westler sind hier einfach wohlhabender und ich habe auch kein Problem damit mehr zu bezahlen als Einheimische, aber zumeist ist der verlangte Preis einfach aberwitzig und wird erst durch fünfminütiges Verhandeln so gerade akzeptabel (also nur ca. fünfmal so hoch wie der Preis für Einheimische). Und das Affenteather muss man täglich zehnmal durchleben, was auch einfach nur nervig ist. Zumal das Geld oftmals in den falschen Taschen verschwindet. Ein (Grenz-)beamter mit goldenen Siegelringen, fetterem Smartphone als jeder Westler und Goldzähnen ist leider ein hier viel zu oft gesichtetes wandelndes Klischee.

    So, nun aber Schluss mit dem Rant. So gut wie alles Andere ist grandios und fabelhaft. Ich finde nur, dass sowas auch Erwähnung finden sollte, da ich im Blog ein einigermaßen gesamtheitliches Bild der Reise zeichnen will.

    Die Fotos des Footprints stellen ein paar der beschriebenen Punkte dar oder zeigen typische Alltagserfahrungen in SOA:
    - Bild 1: Bordsteinbemalung in Bago
    - Bild 2: "Bürgersteig" in Kalaw
    - Bild 3: "Schaltkasten" des Hostels in Nyaung Shwe
    - Bild 4: "Seitfront" des Busses nach Konglor
    - Bild 5: Babywiege am Straßenrand auf dem Weg zu den 4000 Inseln
    - Bild 6: Versuch einer Anweisung zur Nutzung der Toilette im Hostel in Pakse

    Mit ein wenig Abstand ist das meiste ja auch witzig bzw. interessant zu beobachten. Da es aber oft einen selber direkt betrifft, wird's erst im Nachhinein bzw. in der Rückbetrachtung lustig, wenn alles gutgegangen ist.
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