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  • Day 11

    Tanguear

    October 14, 2022 in Argentina ⋅ ⛅ 14 °C

    Die letzten Tage galt es vor allem noch die letzten Formalitäten für unsere Weiterreise zu klären. Bürokratisch ist das Land (verglichen mit der Schweiz) eine kleine Katastrophe 😅🤷‍♀️. Also hiess es für uns: Schlange stehen. Vor der Bank: 1h Wartezeit (wenn man seinen Pass nicht dabei hatte, weil man dachte, die ID würde ausreichen dann 2h - upps Lea 🙄). Der Geldtransfer an sich hat jedoch einwandfrei funktioniert und wir konnten zum bisherigen Spitzenkurs (1 CHF = 306 ARS) unser Geld wechseln. Zum Glück haben wir grosse Rucksäcke dabei, um die Bündel an Scheinen sicher zu transportieren 😂. Die ersten Hotels konnten wir ebenfalls über eine hier gekaufte SIM-Karte (für umgerechnet 2 CHF) reservieren 👌.

    Natürlich bestanden unsere Tage nicht nur aus organisatorischem Kram. Beim dritten Versuch gelangten wir ganz OHNE Schlange stehen in den japanischen Garten und bestaunten die riesigen Kois in den Teichen. Auf dem Weg nach Chinatown betraten wir die grösste Buchhandlung Lateinamerika's. Im ehemaligen Grand Splendid Cinema Theatre befindet sich heute eine der wohl schönsten Buchhandlungen die ich/wir je gesehen haben. In dem Raum, der als Bühne diente sitzen heute Menschen und trinken Kaffee und lesen. Neben den mehr als 120'000 auf Lager befindlichen Titeln gibt es einen Sektor, der sich mit Plattenläden und dem Verkauf von Filmen befasst. Definitiv ein Ort, der zum Verweilen und Stöbern einlädt!

    In den Supermärkten des Barrio Chino (Chinatown) findet man alles was man sich vorstellen und nicht vorstellen kann. Sprich: Hühnerfüsse, Schweinebauch & -ohren, alle möglichen Innereien, riesige Fische und Früchte, die wir noch nie gesehen haben. Die hier lebende asiatische Bevölkerung macht etwa 0.5% der Gesamtbevölkerung der Gemeinde aus und die Strassennamen sind in Spanisch und Chinesisch zu lesen.

    Am Donnerstagabend hatten wir in der Bar Sur in San Telmo für eine Tangoshow inklusive Nachtessen reserviert. Etwas zu früh (das kommt auch selten vor 🤪) standen wir gegen 20:15 Uhr vor der dunkeln Bar mit zugezogenen Vorhängen. Ein älterer Herr und (s)eine Frau öffneten uns kurz darauf die Tür. In dem kleinen Raum standen etwa sechs Tischchen und ein paar Stühle, die uns zugewiesen wurden. Mit einem Glas 🍷 und Empanadas con queso & cebolla (Käse & Zwiebeln) und carne (Rindfleisch) startete der Abend genüsslich. Der Hausherr (ebenfalls mit einem Glas Wein bewaffnet) erklärte uns ausführlich die Geschichte der alten Bar, bis seine Frau ihn nach draussen scheuchte, um mehr Publikum anzulocken 😂. Das anschliessende Essen (Gnocchi mit Tomatensauce und helado de vainilla) war okay, die Show dafür umso besser. Mit der Zeit füllte sich das kleine Lokal und schlussendlich waren alle Tische besetzt. Der alte Herr hatte also einen guten Job gemacht, schliesslich hatte er zuletzt auch eine ganze Flasche Wein gekippt und bereits ein leicht gerötetes Gesicht 🤭. Eine 7-köpfige Truppe (Musiktrio mit Klavier, Geige und Kontrabass, 2 Tangosänger und 2 -tänzer) sorgte in der sehr intimen Atmosphäre dafür, dass wir die Melancholie des Tangos hautnah zu spüren bekamen 😍👌.

    🤓 Unter dem Oberbegriff Tango wird sowohl der Tanz als auch die Musikrichtung Tango verstanden, welcher sich in verschiedenen Formen von Buenos Aires aus in der ganzen Welt verbreitet hat. Durch das Aufeinandertreffen verschiedenster Völker und Kulturen und aus diesem Sammelsurium städtischer Musik und Tänze, vermischt mit den ländlichen Payadas der Gauchos, entstand die städtische Milonga (Tanzveranstaltung). Später verlangsamten sich die leichten, fröhlichen Lieder der Milonga zum ernsteren Tango. Bereits ab 1890 war der Tango fester Bestandteil der Volkskultur am Río de la Plata geworden. Doch in der Oberschicht galt er aufgrund seines Ursprungs in den Einwanderervierteln und Bordellen weiterhin als als Ausdruck von Verkommenheit, Zweideutigkeit und Hoffnungslosigkeit. Papst Pius X. bezeichnete ihn gar als sündhaft und verbot ihn den Gläubigen. Erst als einer der Tangotänzer extra nach Europa reiste und vor dem Papst tanzte, hob dieser das Dekret auf. Während der brutalen Militärputsche in ganz Südamerika flohen Tausende nach Europa. Im Exil begann die Suche nach einer geeigneten Ausdrucksform für ihr Leid und ihre Trauer. Für die Argentinier und Urugayer war es wieder der Tango, weshalb ihn die Menschen als sehnsüchtig und melancholisch bezeichnen.🤓
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