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  • Day 66

    Tirana - eine Stadt der Gegensätze

    June 15, 2023 in Albania ⋅ 🌧 24 °C

    Neben Wohnblöcken aus der Zeit des Kommunismus ragen moderne Wolkenkratzer mit Glasfassaden. Einkaufszentren mit westeuropäischen Geschäften befinden sich gleich neben Gassen, in denen Läden aller Art ihre Ware auf der Straße anbieten. Es gibt viele junge Erwachsene und die zahlreichen Graffiti-Gemälde zeugen von Aufbruchstimmung, Emanzipation, dem Wunsch nach der EU.

    Wir nehmen uns in Tirana Zeit, uns von unserer bisherigen Reise etwas zu erholen, wichtige Dinge zu erledigen (insbesondere Reparatur meiner Schuhe und Alinas Isomatte) und uns mit Albanien und seiner Geschichte vertraut zu machen. Sehr zu empfehlen ist die Arte-Doku "Zauberhaftes Albanien", die auf YouTube zu finden ist. Außerdem planen wir unsere weitere Route. Über Couchsurfing treffen wir Leo, mit dem wir zwei sehr nette Nachmittage verbringen. Er nimmt uns mit ins Kadare-Haus zu einer Buchvorstellung auf Albanisch - eine besondere Erfahrung. Wir tauschen uns viel über Reiseerfahrungen aus.

    Unsere Unterkunft befindet sich im Studentenviertel nahe der Universität. So können wir öfters zu studentischen Preisen in kleinere Mensen gehen. Bei einem Namen werden wir stutzig... :-D
    Wir fragen uns, wie Restaurants und Bäckereien so günstig Essen verkaufen können, denn in allen Supermärkten sehen die Preise viel höher aus. Viele Produkte sind aus Westeuropa importiert und so kostet beispielsweise eine Packung Müsli umgerechnet bis zu 6 €. Die wenigen Produkte aus Albanien sind hingegen sehr günstig: Kirschen gibt es z. B. für ca. 3 € pro Kilo.

    Während des kommunistischen Regimes unter Diktator Enver Hoxha war Albanien insbesondere in den 1980er Jahren vollkommen isoliert. Im Land wurden ca. 200.000 Bunker errichtet, die heute mehr oder weniger zerfallen überall zu finden sind. In einem der größten Bunker besichtigen wir in Tirana eine Ausstellung zu den "Sigurimi", der albanischen Version der Stasi. Dabei wird deutlich, wie wenig wir eigentlich über die albanische Geschichte wissen. Enver Hoxha erklärte Albanien zum ersten atheistischen Staat der Welt. Dies hatte zur Folge, dass Moscheen und Kirchen im Land gezielt zerstört wurden. Nach dem Zerfall des kommunistischen Regimes Anfang der 90er Jahre wurden überall in Albanien neue religiöse Gebäude errichtet. So besichtigen wir in Tirana die modernste orthodoxe Kirche, die ich je gesehen habe.

    Beeindruckend ist, dass in Albanien fünf verschiedene Glaubensrichtungen friedlich miteinander leben: Muslime, orthodoxe, katholische und protestantische Christen sowie die Bektaschi. Letztere sind eine sehr liberale Strömung des Islam: beispielsweise tragen Frauen keine Kopftücher und sind den Männern komplett gleichgestellt. Hochzeiten zwischen Muslimen und Christen sind in Albanien üblich. Außerdem gibt es Feiertage für die höchsten Feste aller Religionen. Wir können (im Gegensatz zu Marokko) ohne Probleme Moscheen und die Bektaschi-Tekke besichtigen.
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