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  • Day 15

    Day 15: Wir sind (leider) zu Ende

    July 15, 2022 in Switzerland ⋅ ⛅ 18 °C

    Es gibt so Tage, da denkt man am Abend - es konnte nur so laufen.

    Die Zeichen tauchten im Laufe des Tages immer wieder auf, einzeln waren sie nicht ganz so bedeutend, doch zusammengesetzt ergaben sie dann einfach das Bild, welches am Ende des Tages fertig gemalt wurde.

    Doch springen wir zurück zum Beginn: Beide Rösti-Trekker erwachten schon frühzeitig vor dem Weckerklingeln, nach Mittagsschlaf schien man topvorbereitet auf die letzten drei Bergtage. Das Frühstück im Passhotel durchaus reichhaltig und sogar mit Kuchen. Dann ab mit dem Bus, um den langweiligen 600hm-Abstieg vom Pass zu sparen (10 Franken für 12min Fahrt...).

    Angekommen in Sfazu begann der heutige erste Aufstieg, direkt steil in den Wald und die Körper und Beine meldeten das erste Mal nach dem gestrigen Faultiertag - jetzt willst du wirklich wieder wandern? Spinnst du? Das Rumliegen gestern war doch so toll, warum zerstörst du diese Idylle???

    Naja, erstmal blieb keine Wahl und es ging stetig bergauf, mal steiler, mal über durchaus schöne Almwiesen. Doch lag eine gewisse Schwere über dem Weg. Die Worte rar, die Blicke in die Natur auch eher selten. Ein Zwicken am Rücken, ein komisches Gefühl am Knie, die Gedanken irgendwie woanders. Könnte es sein, dass man das Limit erreicht hat? Nicht nur körperlich, sondern auch seelisch?

    Nun ja, es wurde erstmal verdrängt und nach 2 Stunden Aufstieg standen wir am ersten Tagesziel - dem Lagho di Saoseo (von Anni auch einfach nur Senseo genannt).

    Und was offenbarte sich da für ein Anblick: Ein glasklarer Bergsee, unfassbare Farben, im Hintergrund lugte noch der massive Gletscher vom Piz Palü hervor - man kann die Schönheit dieses Ortes kaum in Worte fassen. Ein See wie gemalt in eine wundervolle Landschaft, umgeben von schöner Nadelbaumbewaldung mit kleinen Steinfelseninseln. Und bei sehr warmen Temperaturen war klar - da müssen wir rein. Also Badesachen an und ab ins kühle Nass. Ins sehr kühle Nass. Der See hatte keine 10 Grad... nun ja, für eine kurze Erfrischung war es perfekt.

    Und dann folgte das unweigerliche Gespräch - heute wären es noch gut 3 Stunden gewesen, aber die beiden kommenden Tage wären nochmal körperlich extrem herausfordernd. Ignoriert man die Zeichen und zieht es einfach durch, was durchaus realisierbar wäre? Oder trifft man die womöglich schwerere Entscheidung und besinnt man sich darauf, dass dieser See quasi ein perfekter Abschluss der Bergtour wäre? Und so sei es nun auch. Nach den ganzen Höhepunkten der letzten zwei Wochen - angefangen von den harten Einstiegsetappen über die wundervolle gemeinsame Zeit mit den Kesch-Trekkern und vor kurzem der absolut grandiose Bernina-Trek - spielt auch der Kopf die Rolle mit, dass dies quasi nicht mehr zu toppen ist. Und im Zusammenspiel mit den geschundenen (und gestählten) Körpern macht es einfach Sinn, jetzt zu sagen - wir sind zu Ende, jedenfalls was das Bergwandern anging.

    Umso schöner, dass man diese Entscheidung auch gemeinsam treffen kann, ohne dass jemand das Gefühl hat, das etwas weggenommen wird.

    Also fix die kommenden Übernachtungen umgebucht und für heute spontan was im schweizerischen Talort Poschiavo organisiert. So ging es dann nach einem durchaus beschwingten Abstieg - am Anfang war es schon schwer, dem Trek Lebewohl zu sagen, aber am Ende fast befreiend - zum Bus und ab ins ziemlich heiße Tal.

    Vor kurzem noch auf fast durchgängig 2500m Höhe sind plötzlich 30 Grad echt krass. Es wurde der Supermarkt gestürmt und zum Abschluss gab es ein herausragendes Safran-Risotto mit lecker einheimischen Vino (nach dem Tag musste die Flasche her).

    Morgen bleiben wir noch in der Schweiz, werden einen längeren Transit ins Val Müstair unternehmen, wo wir noch eine Nacht verbringen werden.

    Nachdem man gestern gemerkt hat, wie sehr der Körper jede Sekunde Ruhe nutzen will, um sich zu regenieren, nutzen wir nun die restliche Urlaubszeit dazu. Die Zeichen des Körpers und der Seele waren genug und wir schwelgen schon leicht in Erinnerung an diese unfassbaren zwei Wochen.
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