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  • Day 57

    Riobamba (Chimborazo Vulkan)

    February 23, 2023 in Ecuador ⋅ 🌧 17 °C

    Am Mittwoch sind wir von Cuenca nach „Riobamba“ gefahren. Wenn euch unsere Route auf der Karte ab jetzt wild vorkommt: it is!
    Wir haben mit der Gruppe in den zwei Wochen versucht möglichst viele verschiedene Dinge zu tun und sind daher einmal quer durch Land. Uns war aber spätestens in Banos klar: we will come back! Die Anden sind in meinen Augen Ecuadors Highlight und dafür nehmen wir uns jetzt nochmal ordentlich Zeit!
    Eher durch Zufall haben wir von anderen Backpackern von Riobamba erfahren, das hätten wir sonst nie gemacht. Die Stadt an sich ist jetzt kein Mörder-must-see, liegt aber am Fuße des „Chimborazo“, dem höchsten Berg bzw. Vulkan Ecuadors - 6263 Meter hoch!

    Wir haben in dem einzigen Hostel in Riobamba eingecheckt, der „Villa Bonita“ (DZ 25€ pro Nacht). Das Hostel ist ganz ganz süß und liebevoll geführt von einem ecuadorianischen Ehepaar. Bisschen lustige Side-Story: als wir Vanessa, der Besitzerin erzählt haben, dass wir grad aus Cuenca kommen, hat sie gefragt in welchen Hostel wir da geschlafen und wie viel das gekostet hat. Wir haben ihr vom Guillerminas erzählt - und sie hat sich komplett am Preis von 17$ für ein Dormbett aufgehängt: „What? My beds cost only 10 dollar! What makes this hostel so expensive?“. Ich hab ihr versucht zu erklären, dass es halt sehr neu und modern ist, aber sie hat sich richtig in Rage geredet: „What do they have I don’t have?“. Hui, dünnes Eis…die Villa Bonita ist Zucker, aber halt typisch ecuadorianisch: super bunt, etwas in die Jahre gekommen und zurgeramscht mit Deko bis unters Dach. Ich hab mich rausgeredet mit „every hostel has its own fingerprint“ und wie hübsch es doch bei ihr ist - viiiiel einladender als im Guillerminas. Sie nur: „you better write good review and say I am cheap!“. Ok, Ma‘am!

    Wir wollten den Chimborazo natürlich nicht zu Fuß besteigen, man soll die neu gewonnen Outdoor-Liebe ja nicht überstrapazieren. Nein, wir wollen den Berg runter biken! 🚴🏼‍♀️🚴🏼
    Es gibt eine ganz tolle Agentur, die komplett auf Mountainbike Touren spezialisiert ist - „Pro Bici“. Da sind wir nachmittags hin, um zu buchen und waren erstmal verwundert, als wir uns in einem großen Stoffladen wiedergefunden haben. Aber als uns ein Mann mit einer Rolle grünem Tüll unterm Arm gewunken hat und meinte, er sei Gallo, der Betrieber von Pro Bici und wir sollen kurz warten, waren wir beruhigt. Nachdem alle Kund:innen versorgt waren, hat er uns in gutem und sehr schnellem Englisch die Eckdaten der Tour vorgestellt. Es gäbe auch noch eine dritte Interessentin für morgen, ob wir uns alle bitte nochmal um halb acht im Stoffladen treffen könnten, um das Equipment zu checken und zu bezahlen. Der Preis ist ganz nicht ohne für einen Tages Trip: 80$ kostet der Spaß, ganz schön aua! Aber Benedikt hat sich so auf die Aktivität gefreut, da konnte ich nicht nein sagen. 😌

    Nach dem Essen sind wir dann wieder zurück - und jetzt kommt der Knaller: Die dritte in Bunde (Lorna) ist eine Frau aus den USA, die aber seit der Rente in Panama lebt…und die Gute ist einfach 69 Jahre alt! Ich möchte nochmal betonen, dass der Berg morgen der höchste des Landes ist und wir mit dem Fahrrad da runter brettern werden! Wie cool kann man sein? Lorna for president!
    Das Equipment durchzugehen, also passende Räder und Ausrüstung rauszusuchen, ging auch verhältnismäßig schnell - was leider gar nicht schnell ging, war Gallos „Route Introduction“. 2 Stunden saßen wir in einem winzigen Büro, das bis unter die Decke mit Krams zugestellt war und überall auf dem Boden lagen stapelweise Papiere - der gute Gallo ist ein Messi!
    Leute, die mich etwas länger kennen wissen, dass mir kaum etwas so viel Angst macht wie Chaos. Ich war heilfroh als wir um halb 10 endlich aus diesem Büro und dem Stoffladen draußen waren. Eigentlich müssen wir die Tour jetzt auch gar nicht mehr machen, Gallo hat uns jeden Stein beschrieben und uns ausgedruckte (!) Bilder von allen Abschnitten gezeigt - spanne…💤

    ***
    Am nächsten Morgen um 6.30 Uhr ging’s dann los und ich war trotz der guten Vorbereitung etwas nervös. Mein Hercules Klapperrad in Köln zählt glaub ich in Downhill-Kreisen nicht als Biker-Erfahrung.
    Wir sind zuerst mit dem Truck (Räder auf dem Dach) anderthalb Stunden bis zum höchstmöglich befahrbaren Punkt des Chimborazos gefahren, 4800 Meter üN. Dort war es arschkalt und ich war echt froh über meine guten Klamotten, die ich in vier Lagen anhatte.
    Unser Guide heißt Luis und hat uns freigestellt, ob wir vor der Abfahrt noch weiter hoch laufen wollen - wir wollten! Wann hat man schon mal die Möglichkeit auf über 5000 Meter zu kommen?
    Was man nicht kennt, wenn man in Europa wohnt, hier aber mehr als kritisch ist, ist die körperliche Anpassung an die Höhe. Ab 3000 Meter beträgt der Sauerstoffgehalt in der Luft nur noch 70%, bei über 5000 nur noch 50%. Man merkt das sofort beim Atmen, alles ist deutlich schwerfälliger und man muss jede Bewegung sehr langsam ausführen, um seinen Körper nicht zu überlasten. Wenn das passiert oder man zu schnell von niedrigen Regionen in die Höhe kommt, kann das zu Höhenkrankheit führen und die ist nicht lustig (ob hier ein kleiner Spoiler versteckt ist? 🕵🏼‍♀️).
    Wir haben für die 1,5km vom Parkplatz bis zum Refugio auf 5000 Metern eine Dreiviertelstunde gebraucht. Jeder Schritt ist anstrengend und alle fünf Minuten muss man sich kurz hinsetzten. Die gute Lorna ist natürlich mit uns mitgekommen.
    Als wir oben waren, ist mir fast die Luft weg geblieben (und das jetzt nicht wegen der Höhe!). Genau in dem Moment haben sich die Wolken verzogen und den Blick auf den Gipfel freigegeben - absolut gewaltig! So massiv und wunderschön (Foto 3)! Ich bin ja Natur-mäßig schwer zu beeindrucken, aber diese schneebedeckte Kuppel in den Wolken war schon gut. Bisschen cool auch, dass ich diesen Winter doch nochmal Schnee unter den Füßen hatten ☃️

    Wieder am Parkplatz angekommen, wurde aufgesattelt und ab ging die wilde Fahrt! Wir sind immer vorgefahren und Luis ist mit dem Auto hinterher. Manchmal sind wir auch off-road geradelt und er hat uns dann 10 Minuten später wieder getroffen. Ich muss zugeben: am Anfang hatte ich gar keinen Spaß! Es war super neblig, ich hab nix gesehen, mir sind die Finger am Lenkrad festgefroren und die Straße war unangenehm bucklig. Die ersten 8km war ich daher etwas motzig.
    Danach wurde es aber mit jedem Kilometer besser: weiter unten klart die Sicht auf und es wird auch schlagartig wärmer. Spätestens da konnte ich mich dann voll auf die Landschaft konzentrieren, die hinter jeder Kurve anders war: sandige Hügel, rote Felsen, grüne Weiden, steile Schluchten und Flüsse. Außerdem haben wir ein paar wilde Lamas gesehen - da konnte ich gar keine schlechte Laune mehr haben!
    Es ging fast nur bergab und je länger wir gefahren sind, umso sicherer wurde ich auf meinem Rad. Ich war trotzdem immer das Schlusslicht, Benedikt und Lorna sind immer vorgeprescht, als würden sie auf den Kölner Ringen fahren.
    Insgesamt sind wir 38km mit dem Fahrrad gefahren und waren gute drei Stunden, exklusive der Mittagspause, unterwegs.
    Rausgekommen sind wir kurz vor Riobamba und gerade am Ende hätte ich noch ewig weiterfahren können!
    Die Tour war wirklich super besonders und auch ein bisschen extrem und ich kann sie nur jedem ans Herz legen, der oder die gerne Fahrrad fährt!!

    Abends waren wir immer noch ganz aufgekratzt von diesem Tag und haben uns ein richtig atmosphärisches Lokal („El Delirio“) ausgesucht, um mit einer Flasche Rotwein auf unser Überleben anzustoßen 💪

    ***
    Am Freitag wollten wir nach dem Frühstück weiter fahren - aber Überraschung: Benedikt hat Höhenkrankheit! Er liegt mit Fieber und Übelkeit im Bett und ist absolut Reise unfähig. 🤒 Ich hab bei der Rezeption einen late Chek-out rausgehandelt und die waren zum Glück sehr nett und verständnisvoll. Bis 16 Uhr konnte Benedikt also noch schlafen und sich ausruhen und ich hatte ganz unerwartet einen chill-und-rödel-Tag für mich - auch irgendwie schön!
    Ich war zuerst im Supermarkt einkaufen (Gatorate und Tütensuppe für Benedikt, gebrannte Mandeln und Obst für Hannah) und hab mich damit in den überdachten Garten des Hostels gesetzt, gelesen, Podcast gehört und die grobe Route für das nächste Land rausgesucht (welches das sein wird, erzähl ich nächste Woche. 🤫 Nur so viel sei gesagt: wegen den Unruhen in Peru mussten wir nochmal alles umschmeißen). Seitdem ich hier selbst meine Gedanken zum besten gebe, wertschätze ich auch andere Reiseblogs sehr, das kann so hilfreich sein bei der Planung!

    Am Nachmittag ging es Benedikt tatsächlich bedeutend besser, sodass wir wirklich die zwei Stunden nach Latacuma, unserem nächsten Stop fahren konnten. Was wir hier vorhaben? Stay tuned!✌️
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