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  • Day 291

    Semuc Champey: Kristallklar&Kerzenschein

    January 12, 2023 in Guatemala ⋅ ⛅ 21 °C

    Wir befanden uns auf der sogenannten "Gringo"-Route vom See Atitlan Richtung Semuc Champey. Sie verbindet die Touristenziele im Norden über Semuc Champey in der Mittes des Landes mit der südlichen Region rund um Antigua. Es ist die typische Route, die alle Touristen nehmen, daher der Name.
    Die 10-stündige Reise war, wie auch schon die kurze Fahrt von Antigua zum See, alles andere als ein Vergnügen. Wir wurden um 4:45 Uhr mit dem Shuttle eingesammelt und nach Antigua gebracht, wo wir den Bus wechselten und die 8-stündige Tortur begann. Wir waren unglücklicherweise die letzten Zusteigenden, wodurch nur noch die unbeliebteste Reihe frei war, jene, bei der man mit den Knien an den Ohren sitzt, weil unter einem der Radkasten angebracht ist. Ich weiß nicht, wie oft mir jegliche Körperstelle unterhalb des Bauchnabels während der Fahrt einschlief. Zum Glück war meine deutsche Sitznachbarin verständnisvoll und ließ mir immer wieder etwas Platz unter ihrem Vordersitz, wodurch ich zumindest ein Bein ab und zu ausstrecken konnte. Wir erreichten im Dunkeln die kleine abgelegene Stadt Lanquin, von wo aus ein weiterer Shuttle auf uns wartete, der uns direkt durch den Wald zum Hostel brachte. Es regnete in Strömen und wir konnten für den nächsten Tag nur auf Besserung hoffen, um das berühmte Semuc Champey zu besuchen.
    Semuc Champey ist eine Formation natürlicher, kristallklarer Pools, die über einem Fluss gelegen sind. Sie werden von dem herunterlaufenden Wasser des steilen Canyons um sie herum gespeist, wodurch unzählige Mini-Wasserstraßen entstehen. Von einem Aussichtspunkt kann man den Unterschied zwischen dem Flusswasser und dem der Becken deutlich sehen und wir verstanden erst nicht, wieso die Pools so klar und der Fluss so braun war. Erst von Nahem sahen wir dann, dass der Fluss unterirdisch verläuft und gar kein Wasseraustausch stattfindet. Wieder einmal sollten wir begeistert von der Natur sein!

    Aber der Reihe nach: Auf der halbstündigen Fahrt zum Hostel lernten wir Mike und Jordan, zwei sehr sympathische Kanadier kennen. Wir finden beide, dass bisher alle Kanadier, die wir getroffen haben super freundlich, aufgeschlossen und einfach sympathische Menschen waren. Nicht zu laut, kein zu großes Ego, sehr bedacht - einfach angenehm.
    Wir warteten noch auf einen anderen Bus, aus dem zwei uns bekannte Gesichter ausstiegen und sich zu uns gesellten. Es waren Hannah und Jade, zwei Engländerinnen, die mit uns auf der San Blas Tour waren. Wie in Argentinien, wo alle Backpacker auf der gleichen Route unterwegs sind, scheint es in Zentralamerika auch zu sein.

    Nach über 14 Stunden auf den Beinen kamen wir endlich aber nassgeregnet (mein Weihnachtsgeschenk die Regenjacke war natürlich sicher im Rucksack verstaut) im Hostel an. Man merkte schnell: Eines dieser verkomplizieren Hostel. Wir durften unsere Essenstasche (das erste Mal seit 9 Monaten!) nicht mit aufs Zimmer nehmen und mussten sie bei der Rezeption abgeben. An der Bar musste mit einer vorher an der Rezeption für 300 Quetzales gekauften Karte bestellen und 200 Quetzales Kaution wurde für ein sauberes Hinterlassen des Zimmers erhoben. Meine Güte. Das Regelwerk ging am Billardtisch weiter: Keine Getränke, kein Essen, kein Rauchen, kein Sitzen auf der Platte, ... Klingt alles logisch aber irgendwie auch so selbstverständlich, dass man es nicht extra mit großen NO (in rot) Buchstaben vor jedem einzelnen Verbot dranschreiben müsste. Das zeigt immer etwas über das Menschenbild dieser Art von Hostels. Aber egal, die Location war trotzdem cool. Es gab zwei große Pools und, was ich immer am wichtigsten im Hostel finde, gemütliche Chill-Areas mit Sitzsäcken, Kissen, Hängematten, Tischen und Bänken.
    Wir spielten mehrere Runden Billard mit Jordan, Mike und Josh, den wir auch schon von San Blas kannten und wir schon am See im selben Hotel getroffen hatten. Anschließend hatte Felipe, ein sehr netter Brasilianer noch Lust sich von uns das Kartenspiel "Lügen" erklären zu lassen und danach etwas über die politische Situation in Brasilien zu sprechen - der Sturm auf das Parlament war erst 3 Tage her. Er erzählte uns außerdem, dass er Sales Manager war und bei einem "Umbrella Rental" arbeite. Das aus Brasilien stammende Unternehmen betreibt eine App mit der man sich an unzähligen Stellen in der Stadt einen Regenschirm ausleihen und bspw. am anderen Ende des Parks wieder abgeben kann. Wir sagten ihm, dass wir das unbedingt in Hamburg bräuchten und er bestätigte, sie seinen auf Expansionskurs. Er würde seinem Chef die Standortempfehlung Hamburg weitergeben - dankt uns später, falls wir das in Hamburg bekommen. 😋🤩

    Am nächsten Tag klingelte unser Wecker schon um sieben. Irgendwie sind wir richtige Frühaufsteher in den letzten Wochen geworden, obwohl wir ihn diesmal wieder ausmachten und noch 40 Minuten weiter schlummerten.
    Es hieß, es gäbe an diesem Ort außer Semuc Champey zu besuchen und eine Kerzen-Tour in einer Grotte zu machen, keine weiteren Aktivitäten, also hatten wir nur zwei Nächte gebucht. Nach einem überteuerten Frühstück machten wir uns auf zum Park. Um kurz nach neuen waren wir eine der ersten Besucher und hatten nach anstrengendem Aufstieg von 30 Minuten Treppengehen, den Aussichtspunkt auf die Pools ganz für uns. Wir hatten weder Wetterglück noch -pech, es war dicht bewölkt. Dadurch leuchteten die Pools nicht so stark wie vorher von anderen Reisenden vorgeschwärmt, aber beeindruckend war es allemal!
    Wir spazierten nach unten bis zum Anfang, zu dem Fluss und beobachteten, wie er in lautem Getöse in den Tunnel unter den Pools her, hineinstürzte. Uns folgten zwei Mitarbeiterinnen, die uns darauf hinweisen, dass wir an der Stelle nicht in den Pools schwimmen dürften, also wanderten wir weiter. Als wir einen schönen Platz gefunden hatten, holte ich unsere Schnorchel raus und schmierte die Masken mit Anti-Fog, als ein weitere Mitarbeiter sich näherte. "No No", entgegnete er mit erhobenem Zeigefinger. Gemeint waren die Schnorchel. "Por que no?", wollte ich von ihm allein aus ehrlichem Interesse wissen. Warum sollte man seine Schnorchel nicht benutzen dürfen? Die Frage hatte er sich anscheinend selbst noch nicht gestellt, aber mit sich reden, ließ er trotzdem nicht. Das sind ja genau die Situationen, die Dominik liebt. Ich hatte das einfache Nein längst akzeptiert, aber Dominik handelte noch zwei Minuten Schnorchelzeit raus... Obwohl wir uns schon oft gesagt haben, wir stellen die Frage nach dem Wieso nicht mehr, kann man sie doch oft nicht verdrängen.

    Wir genossen die Zeit im kühlen Wasser ohne andere Besucher, bis uns zu kalt wurde. Am Rand trafen wir Felipe wieder, der sich uns anschloss, um die Tour in der Grotte zu machen. Wir hatten uns mit Josh, Becky, Hannah und Jade verabredet und trafen sich am Eingang der Höhle. Jedem wurde eine Kerze in die Hand gedrückt und los ging es, hinein in das Stockdunkel. Wir mussten durch schlammiges Wasser warten und hatten dabei nur den Schein unserer Kerzen vor uns. Ich fand die Atmosphäre richtig mystisch. 😍

    Die Guides führten uns immer weiter in die Höhle rein. Zeitweise war das Wasser so tief, dass wir fast schwimmen mussten. Gar nicht so einfach dabei auf die Kerze zu achten, dass sie nicht erlischt. An einer Stelle schoss ein tobender Wasserfall aus dem Fels, dessen Lärm sich vom Widerhall potenzierte. Der Durchgang war so eng, dass wir auf allen Vieren krabbeln mussten und die Kerzen den Wasserspritzern zum Opfer fielen. Zum Glück hatten die Guides aber weitere Kerzen dabei und entzündeten unsere, als der Abschnitt passiert war.
    Nach einer weitere Hürde, bei der wir uns durch ein enges Loch nach unten fallen lassen mussten, ohne zu sehen, was da kommt und wie tief es ist, war die Tour vorbei. Plötzlich sahen wir wieder Sonnenlicht - wie es schien, die einen mehr erleichtert, als die anderen. 😋

    In der Höhlen-Tour warteten noch zwei weitere Highlights auf uns. Nahtlos ging es über zu einer Schaukel von der aus wir in den Fluss springen durften. Danach schnappte sich jeder einen alt ausgedienten LKW-Reifen und ließ sich von der Strömung treiben.

    Nach einem traditionellen Mittagessen bei den Ständen vor dem Parkeingang, trennte sich die Gruppe wieder. Dominik und ich gingen nochmal mit Felipe in den Park und Jordan und Mike schlossen sich an. Wir fünf hatten nur zwei Nächte in Semuc Champey und würden alle schon am nächsten Tag aufbrechen.

    Ich freute mich total, denn die Sonne war tatsächlich am Nachmittag rausgekommen und wir hatten die Möglichkeit die schöne Szenerie in Sonnenlicht getaucht zu sehen. Das Wasser leuchtete in hellem Türkis, das sah fast unwirklich aus! Wir schwammen noch ein bisschen, versuchten nochmal unser Glück zu Schnorcheln, was erneut unterbunden wurde und waren erst am späten Nachmittag zurück im Hostel.

    Eine sehr sympathische Argentinierin fragte uns, ob wir in ihr Team für das heutige Pub-Quiz dazukommen wollten. Natürlich wollten wir. Nach dem Abendessen (Dominik hatte sein erstes Schnitzel seit laaaangem) ging es los und wir mussten unser Wissen bei 20 Fragen unter Beweis stellen. Ich finde die Gruppensynergien immer so schön zu sehen: Bei der Frage, von welcher Person Kim Kardashian's Kleid auf der Met Gala ursprünglich war, war ich innerlich überzeugt, das weiß keiner. Aber tatsächlich: Unser multinationales Team aus Kanada, USA, Argentinien und Deutschland ergänzte sich und der Ami hatte die Diskussion rund um das Kleid von Marilyn Monroe mitbekommen. Die Antwort war richtig! Ich wusste hingegen durch den Satz Mein-Vater-Erklärt-Mir-Jeden-Sonntag-Unsere-Neun-Planeten, dass der Jupiter Planet Nummer 5 ist und Dominik war sich sicher, dass die Antarktis als 7. Kontinent gezählt wird.
    Wir gewannen am Ende nicht, aber verbrachten einen schönen Abend mit unserer Gruppe, der damit endete, dass um null Uhr das Licht ausging (das Hostel hat von 0-6Uhr nie Strom) und die zwei aus Kanada nicht mehr zurück in das Hostel kamen, in dem sie eigentlich schliefen. Aus Sicherheitsgründen kommt keiner nach 0 Uhr mehr ins Hostel rein oder raus. Schlussendlich mussten sie im Bett des Hostel-Managers schlafen. 😂

    Der nächste Tag begann wieder früh. Um 6 Uhr klingelte der Wecker, um nach Flores aufzubrechen. Mit dem Shuttle ging es zurück nach Lanquin. Da ich, wie so oft 😁 eine der letzten war, hatte ich Glück, denn der Truck war voll und ich durfte mir mit nur zwei anderen einen weiteren Truck teilen und wir konnten uns ausbreiten. Vor dem Einsteigen in den Mini-Bus, vor dem es uns graute, genoß ich es Platz zu haben.
    Wieder mit einem etwas zu vollen Bus ging es dann los, 9 Stunden nach Flores.
    Wir machten Halt an einer Tankstelle
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