Satellite
Show on map
  • Day 11

    Joray? Lloré? [schoré]

    January 19, 2019 in Argentina ⋅ ⛅ 23 °C

    Wenn es regnet- dann aus Kübeln. Da bleibt gar nichts trocken. Zum Glück gibt es Schuhläden, wo man sich stundenlange wunderschöne Tangoschuhe ansehen und anprobieren kann und die Kleider nebenbei von selber trocknen. Obwohl die Versuchung riesengross war und die Verkäufer ziemlich gute Argumente benutzten, haben Alain und ich schliesslich nur je ein paar Trainingsschuhe gekauft. Turnschuhähnlich, mit tiefen Absatz, wahnsinnig hässlich, aber halt bequem und einigermassen ergonomisch... Beim Bezahlen mit der Kreditkarte bemerkte der spitzfindige Verkäufer, dass Alains Nachname „Joray“ wie das argentinisch ausgesprochene „lloré“ (=ich habe geweint) klingt. Schlagfertig antwortete Alain in tadellosem Spanisch: „¡Pero soy una persona muy feliz!“ (=Aber ich bin eine sehr fröhliche Person!“) Schon alleine dafür, hat sich das stundenlange spanisch büffeln definitiv gelohnt, ich war so stolz auf meinen fröhlichen Sonnenschein! ;-)
    Der Tangokurs in den neuen Trainingschuhen fiel mir nun viel leichter! Wir üben jeden Tag sehr fleissig. Mal nur die Basics und mal die neuen Schitte aus den Kursen und mal Neues aus Videos auf Youtube. Und irgendwann hoffe ich mit den zauberhaften Profischuhen tanzen zu können.

    Spät am Abend besuchten wir eine sogenannte Salsaparty, um das körperliche Bedürfnis nach Bewegung zu stillen. Wir hoffen weiterhin, etwas nach unserem Geschmack zu finden. Wie auch in der Schweiz, herrscht im Hochsommer salsatechnisch ziemlich Flaute.

    Das nächste Touri-Ding auf der Liste: „La Boca“. Sieht auf professionellen Fotos schön aus mit seinen farbigen Fischerhäuschen, doch in der Realität ist es eine touristenüberflutete, europaparkmässige Ecke mit kleinen Touristenkiosken, welche überall die gleichen schrecklichen Souvenirs verkaufen. Dazu haben wir den heissesten Tag erwischt. Doch auch Tangotänzer gehören zu den Touristenattraktionen in Argentinien und davon zehren wir die ganze Zeit. An jeder Ecke tanzt ein Pärchen für die Touristen. Was für die meisten ein obligatorisches Fotosujet darstellt, ist für uns ein sehr spannendes Beobachtungs- und Forschungsmodell.

    Eigentlich möchte ich schon lange über das Essen hier berichten, aber bis jetzt ist das argentinische Essen nur wenig oder sehr mittelmässig befriedigend gewesen. Gut gegessen hatten wir nur wenn es ein ausländisches Restaurant war; mexikanisch, japanisch oder libanesisch. Deshalb kochen wir viel zu Hause mit Gemüse vom Markt in der Nähe. (z.b. Baby-Auberginen! s. Foto) Gestern haben wir das erste Mal eine „Parilla“ (=Grill) gefunden, die uns argentinisches Essen serviert haben, wie wir uns das dazumal in der Schweiz etwa vorgestellt hatten. Siehe Foto.

    (Am Abend besuchten wir zwei Mambostunden, die Alain ausfindig gemacht hatte. Ich glaube Buenos Aires ist wirklich nur für Tango... In Zukunft trainieren wir selbstständig zu Hause, um in „Salsaform“ zu bleiben.)

    Ich habe ein aufschlussreiches Tangobuch gelesen: „Why Tango? - Essays on learning, dancing and living tango argentino“ von Veronica Toumanova. Die Autorin (selber professionelle Tänzerin) beschreibt darin die vielen Schwierigkeiten die das Tangotanzen mit sich bringt, die vielen Stufen die zu erklimmen, Herausforderungen die zu überwinden sind und wieviel Persönlichkeits- und Beziehungsarbeit eigentlich dahintersteckt. Alle diese Beschreibungen finde ich zurzeit auch in unserem Leben. „When learning a new movement or a new way of doing something, you will go through four phases: unconcious incompetence, concious incompetence, concious competence snd unconcious competence.“ Ich befinde mich zurzeit in der Phase der bewussten Inkompetenz, die fast nicht auszuhalten ist, nachdem ich schon so viele unglaublich schöne Tangotänzerinnen gesehen habe. Doch es motiviert mich umso mehr, hart zu trainieren, bis alles fast von alleine läuft! Das Kapitel „Why we fight when practising, especially with people we love“ zeigt ein bisschen, wie es bei uns beim Üben so läuft: „Some are like fireworks, their productivity comes in bright explosions. Others are like gletchers, moving slowly but surely in a given direction.“ Wer erkennt uns? ;-)
    Read more