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  • Day 89

    Blühende Wüste

    November 5, 2022 in Chile ⋅ ⛅ 15 °C

    Unbekannt und wenig touristisch, diese Worte treffen am besten auf die Stadt Copiapo in der Atacama-Wüste zu. Eine Stadt, die von Touristen normalerweise höchstens als Durchgangspunkt genutzt wird. Doch uns lockten auch keine schönen Gebäude oder Touren nach Copiapo. Wir hatten es auf etwas viel selteneres abgesehen.
    Stefan las vor Jahren in einem National Geographic-Bericht von einem Blumenmeer mitten in der Wüste. Die trockenste Wüste der Welt in deren Regionen teils Jahrzehnte lang kein einziger Regentropfen fällt, soll sich, wenn Temperaturen und Wetter perfekt zusammenspielen, in einem einzigartigen Naturschauspiel, in endlose, blühende Weiten in allen Farben verwandeln. Das wollten wir unbedingt mit eigenen Augen sehen.
    Doch das Naturwunder, das durch das Wetterphänomen El Niño ausgelöst wird, ist unvorhersehbar, kommt nur alle vier bis fünf Jahre vor und man kann auch nicht sagen, wo in der über 104’000 Quadratkilometer grossen Wüste genügend Regen fällt, um die Blumen zum Blühen zu bringen.

    Die einzige Information, die wir online vorab fanden, war, dass das Phänomen zum letzten Mal im Jahr 2017 auftrat. Wir hatten also gute Karten und waren voller Zuversicht - und wurden belohnt. Als wir durch die Strassen von Copiapo liefen, stiessen wir per Zufall auf ein kleines Schild, das die blühende Wüste anpries. In dem kleinen Shop lernten wir Carlos kennen. Der wohl einzige Tourguide in der Region. Er meinte, wir hätten Glück, tatsächlich blühten die Blumen dieses Jahr. Zwar bereits seit ein paar Wochen. Doch einige der über 200 verschiedenen Spezies, von denen die meisten endemisch sind, also nur hier vorkommen, würden erst jetzt ihre Pracht entfalten.
    So buchten wir eine Tour bei ihm und zogen los mit dem Jeep durch die Wüste, wo wir Unglaubliches sehen sollten.
    Zu Beginn waren wir fasziniert über die Wandlungsfähigkeit der Wüste. Die Landschaft veränderte sich alle zehn Minuten. Laufende Sanddünen wurden zu felsigen Massiven und wieder zu buschigen Kieslandschaften, bis wir schliesslich zu den Blumenfeldern kamen.

    Die aussergewöhnliche Fauna verändert auch die Tierwelt. So tummelten sich in den lilafarbenen Feldern plötzlich diverse bunte Käferarten, Echsen und sogar Vögel, wo zuvor jahrelang kein einziger Herzschlag pochte. Und genau wie die Natur wandelten sich auch die Blumen, je weiter wir fuhren. Lila wurde zu gelb, weiss und dann wieder rot. Selbst die Kakteen hier standen in voller Blüte.
    Wie auf einer Pokemon-Jagd suchten wir jede Blumenart, die in diesem Gebiet wächst, bevor wir in einem kleinen indigenen Fischerdorf zu Mittag assen.

    Nach dem Essen sollten wir für unsere Ausdauer belohnt werden. Wir waren ja schon erfreut über den Leguan, der sich in der Sonne wärmte und uns einen orangenen Bauch präsentierte. Doch die Garra de Leon begeisterte sogar unseren Guide. Die Blume, die aus wenigen Tropfen Wasser eine bis zu mehreren Metern lange Sprossachse bildet, bevor sie in einer grossen roten Blüte endet, ist gefährdet und sieht man nur selten. Als wir das Exemplar noch in orange und sogar gelb fanden, kam auch Carlos nicht umhin, seine Kamera zu zücken. Die Blume sei in anderen Farben als in rot, sogar so selten, dass viele Guides, die hier seit Jahren Touren anbieten, sie noch nie zu Gesicht bekommen hätten.
    Somit war unsere Sammlung komplett und mit hunderten von Bildern von verschiedenen Blumen im Gepäck, ging es für uns weiter.
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