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  • Day 7

    der Schiefe Turm VI

    June 9, 2015 in Italy ⋅ ⛅ 26 °C

    Versuche im Mittelalter, den Bau durch besondere Baumaßnahmen wie geneigte Böden sowie dünnere und leichtere Mauern auf der überhängenden Seite zu retten, schlugen fehl, sodass von den ursprünglich geplanten 100 Metern Höhe nur 54 Meter gebaut wurden.

    Seit Beginn exakter Messungen 1911 nahm die Neigung stetig zu und die Rate der Zunahme verdoppelte sich von den 1930er Jahren bis 1990. In diesem Jahr betrug die jährliche Zunahme der Neigung 6 Bogensekunden. Außerdem zeigte die Vermessung, dass es sich um eine Rotationsbewegung handelte, wobei das Zentrum des Kreises in Höhe des Bodens der ersten Galerie senkrecht über dem Mittelpunkt des Turms auf Bodenebene liegt, der selbst keine vertikale Bewegung ausführte. Bei zwei heftigen Regenstürmen konnte 1995 eine Neigungszunahme in der Größenordnung einer Bogensekunde in wenigen Stunden festgestellt werden. Daraus wurde geschlossen, dass die Ursache nicht – wie üblicherweise angenommen – im Kriechen der weichen marinen Tonschicht (Horizont B ab einer Tiefe von etwa 10 m bis zu einer Tiefe von 40 m, wo Horizont C mit dichten marinen Sanden beginnt) lag, sondern an dem darüberliegenden Horizont A (Sand, sandige und tonige Schluffe), in der regelmäßig im September bis Dezember auftretende Stürme mit heftigen Niederschlägen eine verstärkte Rotationsbewegung auslösten.

    Seit der vorübergehenden Schließung 1990 waren diverse Sanierungsmaßnahmen unternommen worden. Im Mai 1992 wurde der Campanile mit Stahlreifen im zweiten Geschoss gesichert, da sich dort gefährliche Risse im tragenden Marmor gezeigt hatten. Insgesamt wurden 18 dieser Reifen angebracht. Zusätzlich wurden im Juli 1993 im Fundament 600 Tonnen Bleibarren als Gegengewicht auf der Nordseite eingelagert. Dadurch ist die Schieflage des Turmes 1993 um eine Bogenminute verringert worden. 1995 wurden weitere Sanierungsmaßnahmen (Bodenvereisung und Stahlkabel-Verankerung) durchgeführt, da man die Bleigewichte als störend empfand. In der Folge erhöhte sich dabei allerdings die Neigung. Daraufhin wurde die höhere Seite des Fundaments an seinem Vorsprung außen am Turm im September 1995 erneut, diesmal mit 900 Tonnen Bleibarren beschwert, was die Neigung stoppte.

    Ein Komitee internationaler Fachleute, das über die Sanierungsmaßnahmen des Turmes befinden sollte (1990 bis 2001 unter Leitung von Michele Jamiolkowski), konnte sich auf keine bestimmten Maßnahmen festlegen und wurde deshalb Ende 1996 von der italienischen Regierung aufgelöst. Nach dem großen Erdbeben vom September 1997 wurde das Komitee jedoch wieder eingesetzt. Man einigte sich im Herbst 1998 mehrheitlich auf eine neue Maßnahme zur Sanierung des Campanile, die sogenannte Bodenextraktions-Methode (geplant von John Burland[10] nach einer Idee des Ingenieurs Fernando Terracina aus dem Jahr 1962). Dazu wurden im folgenden Jahr schräge Löcher in den Boden (Tiefe rund 4 bis 5 m, innerhalb von Horizont A) unter dem nördlichen Teil des Turmes gebohrt, so dass ca. 50 m³ Material entfernt wurde. Das Erdreich sackte langsam nach, schließlich auch der Boden des Turmes, und der ganze Turm richtete sich zunehmend nach Norden auf. Die Gesamtneigung des Turmes wurde von 5,5 Grad vor Beginn der Sanierungsarbeiten (um 1990) auf etwa vier Grad verringert. Damit ist der Turm voraussichtlich für die nächsten 300 Jahre gesichert. Nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen wurde der Turm am 15. Dezember 2001 wieder zur Besichtigung freigegeben.

    Zur Sicherung während dieser Arbeiten wurde der Turm 1998 mit zwei starken Stahlseilen von 103 Metern Länge so befestigt, dass er nicht durch unerwartete Bewegungen einstürzen konnte.

    Bei Bauarbeiten zur Sicherung des Gebäudes ist eine alte Römerstraße entdeckt worden, die noch in alten Plänen verzeichnet war, außerdem ein mittelalterliches Grab samt vollständigem Skelett.
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