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  • Day 133

    Die letzten 100 Kilometer

    July 11, 2023 in Spain ⋅ ☁️ 16 °C

    Ich verlasse Vilalba mit Alyssa und Addie. Schon beim Verlassen der Stadt fällt uns auf, dass heute plötzlich deutlich mehr Pilger auf dem Weg sind. Dabei haben wir die letzten 100 doch noch gar nicht erreicht! Allerdings fällt mir auf, dass Vilalba vermutlich die letzte richtige Stadt vor dem 100km-Punkt auf dem Camino del Norte ist. Baamonde, wo sie offiziell beginnen, ist ein sehr kleiner Ort und bestimmt schwieriger zu erreichen.
    Zur Erklärung: die letzten 100km vor Santiago muss man mindestens zu Fuß zurücklegen, um die Compostela zu erhalten, eine historische Urkunde, die bestätigt, dass man nach Santiago gepilgert ist. Und viele legen genau dieses Mindestmaß zurück.

    Bei der ersten Kaffeepause gabeln wir Maru auf und später finden wir sogar Sam, der in einer anderen Herberge übernachtet hat.
    In unserer WhatsApp Gruppe hat mittlerweile die Idee Anklang gefunden, heute nicht nur die 18km bis Baamonde zu gehen, sondern noch etwa 13km weiter. Da ich genau weiß, dass es letztendlich immer noch mehr Kilometer sind, als wir berechnen, bin ich dagegen. Letztendlich entscheiden sich aber alle dafür, außer Sam, der es sich bis zum Schluss offen lässt.
    In Baamonde habe ich richtig schlechte Laune und würde am liebsten nur noch heulen. Dabei kann ich nicht Mal genau sagen, wieso. Ich will nicht bleiben, ich will nicht weitergehen, ich will alleine sein, aber ich will auch nicht meine Leute verlieren.
    Letztendlich fragt mich Maru, der immer zu wissen scheint, was mit mir los ist, ob ich mit ihm mittagessen gehen will. Und genau das mache ich.
    Nachdem ich einen Liter Wasser getrunken und ein Dessert gegessen habe und dabei ganz viel von Marus positiver Energie getankt habe, geht es mir tausendmal besser. Und plötzlich weiß ich, dass ich nicht in Baamonde bleiben und den Rest des Tages Trübsal blasen kann. Also mache ich mich mit Maru auf den Weg.

    Es ist 16 Uhr vorbei, als wir von Baamonde wegkommen und nur wenige hundert Meter nach dem Ort erreichen wir endlich den 100km-Punkt. Ab jetzt ist die Distanz bis Santiago zweistellig. Wir unterhalten uns gut, singen, zeigen uns Lieder, reden über unsere Leben und unsere Familien. Ich bereue es keine Sekunde, mich Maru angeschlossen zu haben.

    Als wir nach 19 Uhr unsere Herberge im Dorf A Lagoa erreichen, sitzen unsere Freunde dort schon beim Abendessen und applaudieren uns, als wir bei der Tür hereinkommen. Wir verbringen noch einen lustigen Abend mit gutem Essen, Wein und Tischtennis.
    Nicht einmal die Gruppe aus etwa 100 Pfadfindern, die im Garten der Herberge campt, kann uns die Laune verderben.
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