Satellite
  • Day 11

    Batterie, Lichtmaschine, Relais...?

    December 20, 2019 in Ethiopia ⋅ ⛅ 23 °C

    Um 8.30 Uhr sitzen wir pünktlich in Mesfins Auto. Ich in der hinteren Reihe, der Ohrstöpselplatz. Das kenne ich von anderen Reisen mit den Kindern und habe es gehasst. Heute nerve ich Uli, aber tatsächlich hört man kaum etwas von dem Gespräch aus der ersten Reihe und möchte man etwas dazu beitragen, muss man erst lautstark auf sich aufmerksam machen. Irgendwann gebe ich auf und stopfe mir die Ohrhörer ins Ohr, eine Geschichte über Afghanistan hier in Äthiopien, zumindest die Landschaft stelle ich mir ähnlich vor.
    Noch bewegen wir uns nicht vom Platz. Ein mir gut bekanntes Geräusch, oder eben kein Geräusch, nach dem der Schlüssel im Zündschloss von Mesfin in Fahrposition gebracht wird. Mehrmalige Versuche bringen keine Besserung. Eine neue Batterie muss hier! Erst wird es die alte neue aus Mesfins zweitem Auto am anderen Ende der Stadt. Mit Geduld und guter Laune wird es nach diesem Einsatz eine ganz neue, in der nächsten Werkstatt. Wir sind in Afrika, da kann so etwas schon mal passieren. Auf dem größten Kreisel, dem zentralen Meeting Point der Stadt gibt unsere Batterie wieder auf. Äußerst geschickt gewählt, um uns herum der Verkehr einer Millionenstadt. Wäre Uli der Fahrer und ich unmittelbar neben ihm, ich wäre Ansprechpartner und Zorntiraden würden meine Aufmerksamkeit fordern. Auf dem Ohrstöpselplatz ist man nahezu nicht existent. Man betrachtet die Bemühungen ganz still von außen, Hunger und Durst sind gestillt, Toilette noch nicht notwendig und keinen Schimmer über den vor uns liegenden Weg und der zu fahrenden Kilometer. Also bin ich tiefenentspannt, die werden das schon richten. Uli mit guten Ratschlägen und Mesfin mit Taten, hoffentlich guten. Und endlich, wir fahren.
    Zwei Stunden später verlassen wir die Stadt, mit einer blinkenden und piepsenden Zentralverriegelung. Die Elektronik des Autos scheint nun komplett verrückt zu spielen. Ich starte mein Ohrstöpseldasein und ignoriere die Erklärungsversuche der beiden Männer im Cockpit. Die Landschaft wird steppiger und trockener. Zwischen kleine, bunt bemalte Häuschen mischen sich runde Lehm-Stroh Hütten. Kinder und Frauen sitzen vor ihren Hütten, Szenen wie aus einer Dokumentation, nur jetzt trennt mich ausschließlich eine Autoscheibe von dieser Realität, dieser für uns dritten Welt. Auf den ersten Blick aus unserem westlichen Wohlstandsauge ärmlich, schmutzig, bemitleidenswert. Viele Blicke später sieht man fröhliche Kinder, aufgeschlossene und äußerst gastfreundliche Menschen, die unsere mitleidigen arroganten Blicke nicht verdienen, sondern eine freundliche, wertschätzende Begegnung. Still, verträumt, beobachtend, sitze ich in hinterer Reihe. Wir unterbrechen die Fahrt an einem See. Nacktköpfige, gruselige, aasfressende Marabus in unmittelbarer Nähe, Pelikane auf dem See, badende Jungs, die mich Alien unentwegt anstarren. Ich hab mich schon fast daran gewöhnt. Die Elektronik unseres Autos scheint nach dem ganzen Gepiepse auch eine Pause zu benötigen und verweigert die Weiterfahrt. Spätestens jetzt mischt sich in meine Gelassenheit eine kleine Sorge über die nächsten zu erwartenden Tage im Busch ein. Uli erwähnt die Lichtmaschine. Nach unzähligen Erklärungsversuchen in meinem bisherigen Autofahrerleben habe ich noch immer keine richtige Ahnung, was das wirklich ist, weiß aber, sobald deren Defekt erwähnt wird, wird es teuer und eine Werkstatt ist nötig. Oje! Junge Männer trampeln schon seit Minuten um unseren Wagen. Mit ganzem Körpereinsatz schieben sie uns an. Auf in den nächsten Ort. Wir sitzen in einem lokalen Restaurant über dem nächsten äthiopischem bunten Teller und Mesfin organisiert und schraubt. Irgendwann viele Minuten später sitzen wir hoffnungsvoll wieder im Auto und erreichen unser Hotel in ... kurz vor Sonnenuntergang.
    Read more