Satelital
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  • Día 24

    Lange Tage kurze Schatten

    6 de abril de 2023, Corrí ⋅ 🌙 24 °C

    Seit gut einer Woche bin ich nun im Süden des Iran unterwegs. Heute habe ich, zumindest geographisch, das Ende meiner Reise erreicht. Beris ist so ziemlich der südöstlichste Ort Irans, hier endet damit auch der Nahe Osten. Knapp 50 Kilometer weiter beginnt mit Pakistan der Subkontinent Süd Asien. Hier endet auch so ziemlich alles andere und es beginnt das Ende der Welt. Ab morgen beginnt langsam aber sicher schon die Heimreise. Bis Dienstag liegen noch zwei Stops im Iran und 2.800 km Landweg vor mir, danach geht's mit dem Zug einmal quer durch die Türkei, Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Österreich. Alles in allem gute 6.500 km bis in die Heimat.
    Jetzt kann man sich natürlich fragen, was man überhaupt am Ende der Welt im Iran zu suchen hat. Eigentlich ist das hier auch schon nicht mehr Iran sondern Belutschistan, eine geographische Region, die sich über Teile des heutigen Irans, Pakistans und Afghanistans erstreckt. Der iranische Teil ist landschaftlich geprägt von einer Steilküste am Golf von Oman, Marslandschaften direkt dahinter und bei Darak "mündet" die Wüste übergangslos in den Ozean. Eine so einmalige Landschaft durfte ich selten erleben.
    Außer dem landschaftlichen Reiz hat die Region wenig für die Menschen zu bieten, es ist der erste Ort im Iran an dem ich wirkliche Armut beobachten konnte. Die Böden sind karg, unter der Oberfläche schlummern auch keine Schätze aus Öl und Gas und zu allem Übel stehen die Menschen hier mit der Regierung im knapp 2.000 km entfernten Tehran auf Kriegsfuß. Grund hierfür ist wohl vorwiegend die Religion. Was viele nicht wissen ist, dass Iran ein Vielvölkerstaat ist. Die Belutschen sind Sunniten während die Regierung und der überwiegende Teil der Bevölkerung Schiiten sind. Die Infrastruktur ist auf ein Minimum begrenzt und neben Fischfang ist die Haupteinnahmequelle Benzinschmuggel. Andauernd rasen mit Benzin beladene Geländewagen über die Straßen oder auf staubigen Behelfspisten an den Militärcheckpoints vorbei. Im Iran kostet der subventionierte Liter Benzin aktuell 30.000 Rial umgerechnet ziemlich genau 5 Cent. Die geographische Nähe zur pakistanischen Grenze und die allgegenwärtige Korruption tragen ihren Teil zum Geschäftserfolg bei. Ob Schmuggel jedoch das passende Wort ist weiß ich nicht, zwar rasen die mit ca. 600 - 800 Litern Sprit beladenen Toyota Geländewagen wie vom Teufel gejagt mit über 140 km/h über die Landstraßen, jedoch scheint dies die entgegenkommenden Polizeifahrzeuge nicht zu stören. Andererseits sieht man die Geländewagen dann wieder abseits der Straße durch die Wüste rasen, einige Polizisten scheinen wohl die Augen zu und die Hände auf zu halten, jedoch nicht alle. Seit ich in dieser Provinz Irans bin begegnet man auch regelmäßigen Polizei und Militärkontrollen, was es sonst im Iran nicht gibt. Meist passiert man die Checkpoints ohne Check aber gelegentlich geht's nur nach Vorlage des Ausweises weiter.
    Wie so oft ist es auch hier am Ende der Welt so, dass die Menschen am freundlichsten sind. Nicht das die Iraner nicht generell sehr gastfreundlich wären aber in Belutschistan ist alles noch einfacher. Trampen kann hier kaum als trampen bezeichnet werden, denn es reicht völlig aus an der Landstraße entlang zu laufen, das nächste Auto oder Moped hält an und nimmt einen mit. Viel materielles haben die meisten Menschen hier nicht, aber auf den alten 120 ccm Hondamopeds ist immer noch ein Platz frei, drei Erwachsene kein Problem, zwei Kinder und zwei Erwachsene locker flockig.
    Es ist das gleiche Paradoxon wie schon so oft erlebt, die die am wenigsten haben sind am ehesten bereit zu teilen und zu helfen.
    Die letzten beiden Nächte konnte ich mit jungen Iranern hier in den traumhaften Wüstendünen wenige Meter vom Meer entfernt verbringen. Mit ein wenig Holz wird Feuer gemacht Tee aufgesetzt und das reicht auch schon, die Unterhaltung liefert der Sternenhimmel und die nächtliche Wüstenlandschaft kostenlos.
    Bevor es morgen mit dem Bus rund 12 Stunden Richtung Zentral Iran geht, bleibt heute noch ein letzter Sonnenuntergang am Meer und eine Nacht unter dem Sternenhimmel Belutschistans am schönsten Ende der Welt.
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