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  • Day 6

    Meran 2000

    June 4, 2015 in Italy ⋅ ⛅ 20 °C

    Heute darf es beim Frühstück etwas mehr sein, denn schließlich steht eine Wanderung an. Wie anspruchsvoll diese noch werden soll, ahne ich beim ersten Kaffee noch nicht. Wir drei übriggebliebenen lauffähigen Urlauber nehmen die Gondel zur Bergstation Meran 2000. Von da an trennen sich unsere Wege. Mein Ziel: Der Kratzberger See. Mit Wanderstöcken bewaffnet geht es von der Bergstation Piffinger Köpfl bis zum Gipfelkreuz des Missensteinjoch (2138 m). Von da an folge ich der Beschilderung, die mich auf den Fernwanderweg E5 in 2119 Meter führt. Die Zeitangaben auf den Schildern muss Reinhold Messner vorgegeben haben, für mich als Hobbywanderer ist das nicht zu schaffen, denn der Weg wird nicht nur immer schmaler, auch der Blick nach unten macht mir an der ein oder anderen Stelle zu schaffen. Z.B. dort, wo man sich mit Hilfe eines Seils einen Vorsprung überwinden muss.

    Das Seil dient in diesem Fall einfach dazu, seinen Schwung auf dem losen Untergrund zu bremsen, damit man im Fall der Fälle nicht über die Wegkante schießt und den Abhang hinunterstürzt. Was mich dann erwartet, war einfach nur schön. Ein glasklarer See, an dem nur eine Hand voll Menschen sitzen, die den Ausblick ins Tal und auf das eindrucksvolle Felsgestein genießen.

    Die richtige Musik auf den Ohren ist es eine spirituelle Stunde ich die dort oben verbringe. Geistig gestärkt entscheide ich mich nicht den gleichen Weg zurückzugehen, sondern den auf der anderen Seite eine Hochebene anzusteuern, um dann von der anderen Seite wieder zum Ausgangspunkt „Gipfelkreuz“ zurückzukehren. Was ich vergesse, die Stunde dort oben hatte meine Muskeln nicht gestärkt. Der Abstieg gestaltet sich deshalb schwierig, weil kein eigentlicher Weg mehr vorhanden war, sondern man über Wiese und Felsen gehen muss. Immer entlang der roten Wegmarkierungen, die alle paar Meter auf einen Fels zu sehen sind. Vorbei geht es an einer großen und lautstarken Ziegenherde, verlassenen Berghäusern, die noch an die verstorbenen Besitzer erinnern, über die Kratzberger Alm bis zur Kaserwies-Alm. Unten angekommen entdecke ich in der Ferne zwei weitere Wanderer, die den gleichen Weg nehmen, den ich nun auch gehen muss: Nämlich mehrere hundert Höhenmeter steil bergauf. Das Wetter am Gipfel sieht nicht mehr so gut und ich bin schließlich alleine unterwegs. Daher ist es mein Ziel, die Beiden möglichst im Blickfeld zu halten. Doch ich bin mit einer Notfall-App mit der Bergwacht verbunden und das Akkupack für’s Smartphone ist voll aufgeladen. Bereits nach den ersten Metern bereue ich meine Entscheidung, diesen Weg zu wählen. Meine Oberschenkel brennen nämlich bereits, aber irgendwie ist es auch eine tolle Herausforderung und vor allem ein abwechslungsreicher Weg.

    Immer wieder muss man kleine Bäche überqueren, die zu dem für ein schöne Abkühlung sorgen. Nach einer Stunde erreiche ich auch die zuvor erblickten Wanderer. Wir sind uns schnell einig, dass wir alle unterschätzt haben, wie anspruchsvoll dieser Weg ist. Die restlichen Meter bis zum Gipfelkreuz gehen wir dann zusammen. Oben angekommen verabschieden wir uns, ca. noch eine Stunde dauert für mich der Abstieg zum Hotel. Einen Zwischenstopp lege ich in der Zuegg-Hütte auf ein großes Weizen und eine leckere Brotzeit ein. Und die habe ich mir verdient. Glaube ich.

    4 ½ Stunden, 14 Kilometer und über 550 Höhenmeter auf überwiegend unbefestigten Wegen. Ich habe die Strecke unterschätzt, aber wenn man so in der „Hütten“ sitzt und an die tollen Ausblicke denkt, dann hat es sich richtig gelohnt.

    Nach dem Abendessen geht es zum Klönen in die hoteleigene Gaststube. Ich halte es aus zwei Gründen nicht lange aus. Zum einen steckte mir die Wanderung in den Knochen, zum anderen ist Musiker Martin mit seiner Ziehharmonika zu Gast und schallert lautstark sein Volkslieder. Ne, nix für mich.
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