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  • Day 5

    All the way south- diving in Koh Tao

    November 3, 2022 in Thailand ⋅ ⛅ 26 °C

    Meine Lieben,

    auf dem Weg zum Reisebüro teste ich nun sicherheitshalber meine Kreditkarte an insgesamt vier Geldautomaten, um festzustellen, dass sie von keinem der Automaten akzeptiert wird. Dies macht mich nun doch ganz schön nervös und ich muss mich aktiv konzentrieren, nicht in Sorge zu verfallen, hängt meine Unabhängigkeit doch ganz maßgeblich von der kleinen Plastikkarte ab. Abgelenkt von der Sorge werde ich von Kim und Ian aus Seoul, die ebenfalls mit dem Bus in den Süden fahren und mich in ein ausgeklügeltes Gespräch über deutsche Fußballvereine verwickeln (Ihr seht die beiden auf einem der Fotos, links von mir Kim und rechts von mir Ian). Kim brennt leidenschaftlich für den BVB und versucht mich zu den aktuellen Tabellenergebnissen zu interviewen - das Interview wird mangels Kenntnissen meinerseits denkbar kurz😅. Ob er denn schon einmal in Deutschland war, frage ich ihn und er verneint, versichert mir aber glaubhaft, dass er davon träumt, den BVB einmal im heimischen Stadion zu bejubeln. Bei so viel Begeisterung für Dortmund bin ich glatt sprachlos und kann nur noch ins Selfie strahlen.

    Ich versuche mein Glück nochmals an einem Geldautomaten, wieder ohne Erfolg und steige mit unsicherem Gefühl in den Nachtbus. Auf meinem Sitzplatz pustet mir fleißig die Klimaanlage ins Gesicht, einer der Busbegleiter versucht gleich emsig, sie für mich auszuschalten und als das nicht funktioniert, strahlt er mich an und gibt mir seinen Sitz, auf dem die Klimaanlage nicht für die nächste Erkältung sorgt. Das wäre mit Blick auf den bevorstehenden Tauchkurs wirklich ungünstig für mich. Trotz meiner kurzen bisherigen Zeit im Land ist dies nicht die erste Begegnung mit den ausdrücklich höflichen, zurückhaltenden, aber dennoch herzlichen Thailändern. Was mir als besonders angenehm erscheint, ist die Tatsache, dass ich als Alleinreisende keine Sorge im Umgang mit Männern haben muss. Auch wenn ich um Hilfe bitte und mich mit einem Lächeln bedanke, muss ich bislang keine Sorge haben, anschließend ein Thema zu haben, bei dem ich mir jegliche Erkältung sehnlich herbeiwünschen würde. Dies war in anderen Ländern anders und ich wünsche mir, dass es so bleibt.

    Im Bus versuche ich zu schlafen, was mir wegen der Gedanken über meine Bargeldversorgung jedoch reichlich schwer fällt (und die Zahlungen laufen hier weit überwiegend über Bargeld, teilweise sogar in den Unterkünften). Da ich noch keine thailändische SIM-Karte habe und es im Bus kein WLAN gibt, suche ich nach heruntergeladener Musik auf Spotify und stelle fest, dass ich hier nicht allzu gut aufgestellt bin. Ich habe genau ein Album von den Dire Straits heruntergeladen und stelle fest, dass es exakt das Album ist, das ich 2004 auf dem Weg zu meinem Highschool-Aufenthalt in Kanada gehört habe (damals noch reichlich umständlich ausgestattet mit CD und Diskman😅). Verrückter Zufall, aber so werde ich zumindest ein bisschen besungen. Da der Schlaf immernoch auf sich warten lässt und der Bus zunächst in undefinierbarem Zickzack durch irgendwelche Vororte von Bangkok cruised - wobei wir entweder tanken, irgendwelche Kollegen des Busfahrers absetzen oder irgendwen einsammeln - versuche ich es erfolglos mit Schäfchen-Zählen, was in schlaflosen Nächten zu Hause meist gut funktioniert. Irgendwann fällt mir auf, an wie vielen unzähligen 7/11-Märkten wir vorbeikommen und ich beginne sie anstelle der Schäfchen zu zählen. Irgendwo bei 167 schlafe ich dann wohl doch ein, jedenfalls sind wir irgendwann am Ufer bei Chumphon angekommen, vom wo aus die Fähre nach Koh Tao ablegt. Auf diese müssen wir allerdings noch eine Weile warten und so nutze ich den Sonnenaufgang für ein paar Bilder vom Pier und von den Fischerbooten. Das Licht wechselt morgens um etwa 6h so schnell, dass ich mit dem Einstellen der Belichtungszeit meiner Kamera kaum hinterherkomme. Schließlich holt uns die Fähre ab und gut anderthalb Stunden später kommen wir auf Koh Tao an. Dort gehe ich aufgeregt zum erstbesten Geldautomaten, der glücklicherweise endlich meine Karte akzeptiert und ich darauf achte, an meine Karte zu denken - eine Sorge weniger und das fühlt sich sehr gut an. Zu Fuß mache ich mich auf den Weg zu meiner Unterkunft, einem Pavillon direkt am Strand. Wie dieser zu einer weit überdurchschnittlichen Bewertung bei Booking.com kommen konnte, ist mir allerdings ein völliges Rätsel, ist er doch reichlich in die Jahre gekommen und ich heilfroh über das Desinfektionsmittel in meinem Gepäck. Wirklich wohl fühle ich mich hier nicht, da jedoch mein Tauchkurs noch am selben Nachmittag mit der Theorie beginnt, beschließe ich, dass ich hier letztlich nur übernachten werde und die übrige Zeit mehr draußen als drinnen verbringen werde. Immerhin bekomme ich ab dem dritten Tag ein nettes indisches Paar als Nachbarn, die mich prompt nach Neu Delhi einladen und ich sie nach Köln. Mal sehen, wer von uns die Einladung eher einlöst. Der richtige Insel-Vibe will bei mir jedoch auch in den kommenden Tagen nicht aufkommen, die Atmosphäre ist einfach nicht ganz die meine. Das hatte ich bei der Planung schon geahnt, da Koh Tao aber ein absoluter Tauch-Hotspot ist, in dem sich eine Tauchschule an die nächste reiht und man somit jeden Tag mit dem Tauchen beginnen kann und das zu unschlagbar günstigen Preisen, habe ich mich gleichwohl dafür entschieden. Davon abgesehen reihen sich nahtlos neben die unzähligen Tauchschulen eine Unmenge an Restaurants und Bars, Hotels und Hostels, Massage-Studios, Geldwechselstuben, Nagelstudios (Finger- und/oder Fußnägel? Shell-Lack oder doch lieber ganz konventioneller Lack? Lachsfarben auf die Fußnägel und Magenta auf die Fingernägel oder doch lieber ein zartes Apricot oder Koralle?😉) sowie Friseursalons ein. Diese werden mehr oder weniger sinnvoll ergänzt durch eine Reihe von Marihuana-Shops, denn wie ich kurz darauf erfahre, wurde Marihuana in Thailand erst diesen Sommer legalisiert, was eine bestimmte Art von Touristen anzieht (deutsche, niederländische und britische schienen mir hier als besonders engagierte Konsumenten hervorzustechen). Darüber hinaus fällt mir wie schon in den Strandregionen Mexikos oder Vietnams auf, wie unfassbar viel Plastik gefühlt überall herumfliegt und es kaum Mülleimer gibt. Dabei ist mir bewusst, dass auch ich zwangsläufig meinen Beitrag hierzu leiste, da es tatsächlich kaum Alternativen gibt. Kranwasser traue ich mich nicht zu trinken und bin daher auf die Plastikflaschen angewiesen. Mein Versuch, beim nächsten 7/11 eine Packung mit Keksen zu erstehen, die nicht jeweils einzeln in Plastik eingeschweißt sind, endet am nächsten Morgen mit einer begeisterten Eidechse, die sich ein ausgiebiges Frühstück in der Kekspackung gönnt und einer Ameisenstraße aus der Kekspackung heraus zur Türe des Bungalows 🤦🏼‍♀️. Ich beschließe also keine Vorräte mehr anzulegen, sondern nur noch auswärts zu essen.

    Meinen Tauchkurs mache ich in einer britischen Tauchschule und bin froh über die Ablehnung von meiner Unterkunft. Der Tauchkurs beginnt mit einem Tag Theorie, gefolgt von einem Tag Tauchübungen im Pool und anschließenden zwei Tagen mit jeweils zwei Tauchgängen im Meer. Da die ganze Angelegenheit für meine Begriffe doch recht technisch ist und ich zudem die einzige nicht englische Muttersprachlerin in meiner Tauchgruppe bin, ist meine Konzentration hier ganz schön gefragt, was mich aber zum Glück gut ablenkt von der Tatsache, dass Koh Tao nicht unbedingt meine absolute Komfortzone ist. Der erste Tauchgang im Meer wird ehrlicherweise zu einer ordentlichen Herausforderung, hat es doch am Morgen begonnen, wie aus Eimern zu gießen, weshalb das Boot, das uns zum ersten Tauchspot bringt, gefühlt über die Wellen hüpft und die Hälfte der Passagiere seekrank wird. Der Platz über der Reling bleibt mir Gottseidank erspart, ganz gut geht es mir aber auch nicht als wir zum ersten Mal abtauchen sollen. Letztlich schaffe ich es dann aber doch, mir ein Herz zu fassen und auf das Atemgerät zu vertrauen und bin riesig stolz, als wir nach etwa 40 Minuten wieder auftauchen und meine Lunge offensichtlich auch über der Wasseroberfläche noch gut funktioniert. Die nächsten drei Tauchgänge verlaufen dann schon deutlich entspannter und ich schaffe es jedes Mal ein bisschen besser, mich auf die Meeresbewohner zu konzentrieren. Am Ende des vierten Tages habe ich meinen Open Water-Schein bestanden und freue mich riesig, dass ich es geschafft habe, sowohl auf die Technik als auch auf mich selbst zu vertrauen. Von unseren letzten beiden Tauchgängen wurde ein Video angefertigt, dass ich Euch beigefügt habe, ich hoffe, es lässt sich gut öffnen und anschauen.

    Nachdem meine Tauchgruppe auf den erfolgreichen Kurs angestoßen hat, verfalle ich dann doch dem Zauber der Nagelstudios und während die wieder einmal unschlagbar höfliche Dame an meinen Nägeln herumschneidet, feilt und poliert, entscheide ich mich letztlich für „greige“ (ausgeklügelte Mischung aus grau und beige) und „pastell-apricot“😆🤷🏼‍♀️. Von der Farbe beflügelt mische ich mich schließlich unter die digitalen Nomaden in einem wahren Hipster-Café (wobei ich mir als Urlauberin mit Festanstellung maximal spießig vorkomme😅) mit herausragendem Cappuccino, Avocado-Toast und Bananenbrot und lasse den Tag ausklingen, bevor es am nächsten Morgen wieder früh auf die Fähre und anschließend den Bus zurück Richtung Norden geht. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich in den nächsten Tagen mit Euch teilen werde.

    Seid alle lieb gegrüßt und geherzt von Eurer Astrid😘🐠🦑🦀🤿🐬
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