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- 21.06.2024
- ☁️ 25 °C
- Höhe über NN: 180 m
DeutschlandWyhl48°10’1” N 7°39’10” E
Die Ostsee Radreise

Am Anfang war da einfach eine Idee, Radfahren. Mit dem Rad im Kaiserstuhl zu starten und von dort aus über Polen nach Litauen, Lettland und Estland zu fahren. Weiter nach Finnland, Schweden, Norwegen und dann über Dänemark wieder zurück. Das war aber erst für die Zeit zu Beginn der Rente gedacht. Bis auf Dänemark kannten wir keines der Länder, nur mal ein bisschen davon gehört, aber neugierig genug sie anschauen zu wollen.
Dann die Option, es in diesem Jahr eventuell schon umsetzen zu können. Wenn auch nur in einer etwas kürzeren Version.
Das war dann der Moment in dem Harry Urlaub beantragt hat, ich hatte ja ohnehin Zeit und wir haben begonnen zu planen. Eigentlich gar nicht so viel. Ein bisschen die Ausrüstung und die Räder auf die Tour abgestimmt und natürlich einiges neu gekauft. Auch die Radkleidung wurde entsprechend des zu erwartenden Wetters vorbereitet. Alles musste jeweils in zwei Packtaschen sowie einen wasserdichten Rucksack passen.
Noch fix die Fähre von Kiel nach Klaipeda gebucht, ein Hotel für die erste Nacht und einen Stellplatz fürs Auto gesucht. Dabei hatten wir sehr großes Glück, über Park for Night haben wir etwas gefunden und zu unserer Überraschung gab es sogar eine Garage fürs Auto. Perfekt.
So ging es übrigens auch die ganze Reise, mit wenigen kleinen unperfekten Momenten, bis zum Schluss weiter.
Start Richtung Vilnius bei schönstem Wetter, immer eine passende Unterkunft gefunden. Die Tage verliefen sehr ähnlich, aufstehen, Frühstück, alles wieder sauber hinterlassen, Taschen packen und ab aufs Rad. Da war es dann meist schon 11 Uhr und da wir jeden Tag zwischen 80 und 90, mal auch über 100 km geradelt sind, mussten wir schon flott strampeln.
Es wurde nach zwei Tagen nochmal richtig kalt, bis dann das super Wetter für die nächsten fünf Wochen unser ständiger Begleiter wurde. Manchmal war es fast schon zu warm.
Der Beginn der Tour nach Vilnius, mit knapp 380 Kilometern, war nicht sehr anspruchsvoll was die Strecke betraf, aber es ging schon ordentlich über die litauischen Hügel. Die Straßen waren zum Teil eine Katastrophe, große Schlaglöcher und sehr rücksichtslose Autofahrer. Letzteres hat uns schon mal für einen Moment die Stimmung vermiest. Es war einfach nicht nötig uns mit beängstigend wenig Abstand zu überholen, gerade wenn kein Gegenverkehr zu sehen war. Letztlich konnte uns in Litauen die Landschaft und die Architektur in vielem überzeugen, auch die Unterkünfte waren gut und das Essen lecker. Die Menschen mit denen wir Kontakt hatten waren freundlich, allgemein empfanden wir sie aber eher als zurückhaltend. Das veränderte sich dann aber mit jedem Kilometer Richtung Norden, freundliche aufgeschlossene Menschen, was vielleicht auch am Sonnenschein lag, der uns täglich begleitete, oder einfach an der Lebenseinstellung. Die Entspanntheit der Menschen war im allgemeinen schon sehr angenehm. Bei den Autofahrern ist aber immer noch deutlich Luft nach oben.
Die Fahrten mit dem Rad direkt auf/an der Europastraße und den Fernstraßen waren nervenzehrend und machten nicht wirklich Spaß, waren aber die einzige Möglichkeit mit dem Rad durch das Baltikum zu fahren. Sobald sich auch nur annähernd eine Möglichkeit anbot, von der Hauptstraße abzuweichen haben wir die wahrgenommen, aber staubige Schotterpisten, oder sandige Waldwege waren manchmal auch keine angenehme Alternative. So hatte ich es mir nicht vorgestellt, aber eigentlich hatte ich es mir ohnehin nicht so richtig vorgestellt. War ganz gut so.
Sobald wir die Ostsee sahen, sind wir an den Strand, einfach weil das Meer eben das Meer ist und abseits der Wege und Orte meist nur das Rauschen der Wellen und das Kreischen der Möwen zu hören war. Es war ja auch noch Vorsaison, also oft menschenleer.
Dabei mussten wir die Vorstellung, dass an der Ostsee entlang radeln nicht heißt, dass man sie die ganze Zeit sieht, begraben. Im Gegenteil, überwiegend sah man Wald oder das was davon übrig war. Umso mehr genossen wir die Momente am Strand und die Sicht aufs Meer.
Natürlich war auch immer das Badezeug dabei und an einigen Stellen war es schon so überraschend warm, dass wir schwimmen gehen konnten. Wir haben aber immer wieder Strände erwischt, die so flach waren, dass es ewig gedauert hat bis man soweit im Wasser war, dass man halbwegs schwimmen konnte. Das hat uns bis nach Fehmarn begleitet. Ostsee eben!
Da es Urlaub ist, haben wir uns Zeit genommen, obwohl wir stets flott gefahren sind, konnten wir immer wieder anhalten um Landschaft, Umgebung und Gerüche auf uns wirken zu lassen.
Gerade der Geruch war schon sehr auffällig. In Litauen begann es mit dem Duft der Maiglöckchen, von denen gab es am Wegesrand so unglaublich viele, aber auch in Lettland, Estland und auch noch in Finnland hat uns dieser Duft lange Zeit intensiv begleitet. Danach war es der Duft der Heckenrosen der sich oft durch unsere Nasen zog, obwohl in Finnland eher die Lupinen unseren Weg säumten, aber sie duften ja nicht. Da es ja noch früh im Jahr war, präsentierte sich die Landschaft überall in üppigem Grün und mit reichlich Blüten.
Mit jedem Kilometer Richtung Tallinn wurde es wärmer, das ist für die Jahreszeit im Baltikum schon eher ungewöhnlich. Uns machte es das radeln aber sehr viel leichter, bei Regen macht es doch nicht ganz soviel Spaß.
Ein weiterer, sehr wichtiger Faktor war der Wind, der uns auf sehr kuriose Weise über die ersten gut 2.000 Kilometer begleitet hat, kurios, weil er fast konstant von hinten geblasen hat, auch wenn wir von einem Tag auf den nächsten die Richtung etwas ändern mussten. Geändert hat sich das erst auf den letzten knapp 1.000 Kilometern in Schweden, kühler Wind von vorne, ab und zu auch mal so, dass man das Rad gerade noch auf dem Weg halten konnte. In Schweden hat es dann ja tatsächlich auch mal wirklich nennenswert geregnet. Kalt war es auch. Dazu bleibt noch zu erwähnen, dass wir auf Kälte und Nässe sehr gut vorbereiteten waren! Waren, die meisten Regensachen hatten wir in Finnland mit einem Paket zurück geschickt, wir haben ja nichts davon in den ersten, knapp fünf Wochen, gebraucht. Würden wir wohl nicht wieder tun.
Neben Wetter, Wäldern, Ostsee und Pflanzen und tollen Menschen, waren auch die Begegnungen mit den verschiedenen Tieren immer wieder eindrucksvoll. Sahen wir im Baltikum sehr viele Störche und sogar den ein oder anderen Kranich, erblickten wir in Schweden nur einmal einen Storch. Das ist aber auch wirklich besonders hervorzuheben, einen Elch konnten wir nämlich nicht entdecken, aber es gibt in ganz Schweden nur ca. 50 Storchenpaare, aber über 300.000 Elche! Nicht witzig, wenn man in Schweden ist möchte man einen Elch sehen! Wir hatten dann nur die Elchsalami über die wir diesem Tier etwas näher kommen konnten. Geschmeckt hat sie.
Schlangen gab es reichlich, aber immer nur kleine die schnell verschwunden waren, oder gleich schon tot auf der Straße lagen, schade um jedes Tier. Auf unserem Weg nach Bilnäs in Finnland begegneten uns zum ersten Mal die doch recht großen Weißwedelhirsche. Sehr hübsch anzusehen.
Bären, von denen es im Baltikum auch einige gibt, haben sich auch vor uns versteckt. Vielleicht auch besser so, obwohl, gesehen hätte man gerne einen.
Auf dieser Reise haben wir unfassbar viel gesehen, erlebt und bestimmt auch verpasst.
Wir haben Unterkünfte gefunden und Routen geplant, eingekauft und die Kulinarik in den verschiedenen Ländern kennengelernt. Nicht nur Kaffee und Bier, auch die chinesischen 3 Minuten Nudeln in den unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, haben immer geschmeckt und uns in den abgelegenen Unterkünften vor Hunger bewahrt.
Hätten nicht verschiedene Verpflichtungen uns zu einer Rückkehr gezwungen, wir hätten noch fast ewig so weiterradeln können. Aber so hatte diese Reise dann doch ihr Ende. Nachdem wir noch einen schönen Erholungstag auf Fehmarn verbracht hatten, sind wir dann zurück nach Kiel geradelt, haben unser Auto beladen und schon ging es zurück, Urlaub vorbei.
Wir werden es wieder tun!Weiterlesen