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  • Day 12

    Weiter zur Côte D’azur

    July 25, 2023 in France ⋅ ☀️ 18 °C

    Schon wieder ein Abschied, der uns sehr schwerfällt. Villes-sur-Auzon hat landschaftlich und im Hinblick auf vergnügliche Unternehmungen alles zu bieten, was unsere Reise-Herzen jauchzend hochschlagen lässt. Um mich gebührend von meinem neuer neues Lieblingsstrecke zu verabschieden, starte ich streberhaft pünktlich in den Tag und laufe nochmal einen Teil meiner Radelstrecke von vor zwei Tagen ab. Sechs Kilometer schaffe ich es den Berg nochmal hoch und die atemberaubende Schlucht entlang. Die Radfahrer, die mich heute überholen, bringen tatsächlich ein bewunderndes Bonjour hervor, nicht so ein mitleidiges.

    Trotzdem geht es für uns heute für eine Woche an die Côte d´Azur. David ist besonders emsig und hat die Hälfte bereits gepackt, als ich durchnässt wie nach einer wilden Poolparty am Campingplatz anlange. Während des Packens entdecken wir dann noch eine Zikade, die auf meiner Wandersandale genächtigt hat und noch überaus unbeweglich auf Sonne und ihren Kreislauf wartet.

    Das ehrt meine Wandersandale, denn wir (also Erik und ich) haben beschlossen, Zikaden ab diesem Urlaub zu mögen. Als wir vor ein paar Jahren eine Reise durch Malaysia unternommen haben, waren wir überfordert von den hiesigen Fliegetieren, die uns ständig schreiend gegen die Köpfe donnerten. Da wussten wir allerdings auch noch nicht so viel über die kleinen Kumpels. Hier in Frankreich scheinen sie etwas weniger desorientiert und besser manövrierfähig. Jedenfalls hat noch keiner eine gegen den Kopf bekommen. Zikaden brauchen unheimlich lange, um sich zu einem erwachsenen Exemplar zu entwickeln. Jahreslang graben sie sich durch die Erde, hocken im Dunkeln und schlürfen Wurzelsaft von Pflanzen. Hängen herum und warten darauf, die ganzen Larvenstadien zu durchschreiten, um sich schließlich als fertige Zikade aus dem Boden zu graben. Und dann geht die Riesen-Party los! So stellen wir uns das zumindest vor. Die erwachsenen Zikaden haben nur ein paar Monate, um das Leben im Hellen zu genießen und dann lassen sie es so richtig krachen. Erik ersinnt, dass das wild kreischende Trommeln alle Zikaden in der Umgebung zu einer fetten Fete einlädt. Mit dieser Geschichte im Kopf kann man es viel besser aushalten, wenn die Freunde ihre Einladungen auch zu Zeiten herausposaunen, zu denen man lieber seine Ruhe haben will. Inzwischen nehmen wir die Musik der Zikaden nur noch unterschwellig wahr und es fällt uns vielmehr auf, wenn sie verstummt. Nur bei starkem Wind oder Temperaturen unter 25° Celsius lassen sie das Zirpen sein.

    Wir sehen das Meer und wir spüren den Wind. Wind? Eher ein ausgewachsener Sturm, der uns da begrüßt. Der Platz für die kommende Woche liegt in einem monsterösen Feriendorf, als Camper mit Wohnwagen sind wir hier eher Exoten, denn die meisten Urlauber kommen hier in kleinen Ferienhäuschen unter. Die wenigen Stellplätze sind – ganz ökologisch – direkt in die Landschaft eingebaut. Das Einparken ist aufgrund der extremen Hanglage durchaus herausfordernd, dank Mover aber zu bewältigen. Wir befinden uns in Fréjus, genau zwischen Cannes und Saint-Tropez, was durchaus mondän klingt. Hier ist allerdings die kleine Feriendorf-Hölle. Ein Feriendorf drängt sich an das nächste, und das Auto ist hier das Fortbewegungsmittel Nummer 1. Immerhin lassen die Franzosen etwa 60 cm breite Seitenstreifen auf den Asphalt-Bahnen, da kann man sich als Fußgänger oder Jogger hinflüchten. Immerhin wird man nicht angehupt, wenn man einen solchen benutzt und hofft, dabei nicht zu Brei gefahren zu werden.
    Zurück zu Sturm: Wir bauen draußen besser erst einmal gar nichts auf, denn diese Böen beeindrucken uns. Als wir den Pool testen, schlottern wir beim Verlassen wie die Lämmer, denn der Wind pfeift uns um die Ohren. Nachts holen wir sogar das Hubdach ein, so sehr ackert der Wind an unserer Unterkunft. Ein bisschen fühlt man sich wie auf hoher See, der Kahn wankt im Wind und Böe für Böe kracht an die Schiffswand. Keine auch noch so irre Zikade hat da Lust zum Zirpen.
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