• Abreise!

    18 Temmuz, Almanya ⋅ ☁️ 25 °C

    Urlaub. Und es nicht nur ein leichtfüßiger Kurzurlaub, der Abenteuerlust und Erholungsrückstand zugleich befrieden soll, sondern das Highlight des Jahres: Der Sommerurlaub!

    Da es für David das Größte ist, nach dem Herunterfahren des Rechners und Anwerfen des Out-of-Office-Assistenten so schnell wie möglich auf die Straße zu kommen, planen wir eine Abfahrt für Freitag. Seit Sonntag letzter Woche wurde gepackt, immerhin steht unser Camper immer vor der Tür und lässt sich ganz wunderbar vorbereiten. Gut möglich, dass ich zum Zeitpunkt der Abfahrt schon rätsel, welche Kleidungsstücke ich überhaupt eingepackt habe und ob ich meinem Ich der vergangenen Woche genug vertrauen kann.

    Da der Tag mit pseudo-seniler Bettflucht um ca 5:00 Uhr am Bildschirm meines Notebooks beginnt, stehen die Vorzeichen sehr gut, den Arbeitstag auch früh beenden zu können. Mit leicht vernebeltem Hirn ersinne ich den Leitsatz des Tages: "Hauptsache, der Tag wird schön!", der sich vom üblichen, stark gequälten Irgendwie-durch-den-Tag-kommen deutlich abheben soll. So lässt es sich ziemlich angenehm durch den Tag manövrieren. Selbst lang aufgeschobene, teuflisch kompliziert zu kontierende Rechnungen können noch aufgelöst werden und die Übergabe meiner Titel hatte ich schon am Tag zuvor absolviert. Mit dem Wissen, dass sich ohnehin kaum Zeit finden wird, meine Buchprojekte während meines Urlaub weiterlaufen zu lassen, lege ich also meine Babies in die liebevollen Hände meiner Kollegen und kümmere mich heute nur noch um Kleinkram, einen schönen Tag und das Verdrücken einer enorm großen Portion Pasta mit Pfifferlingen zum Mittagessen im Verlag.

    Um Punkt drei fahre ich das Notebook herunter, werfe ein traditionelles "Toi Toi Toi" ins Universum und fahre gen Pack-Endspurt. Den sollen wir auch ohne größere Streiterreien absolvieren. Streitereien beim Packen? Nunja, inzwischen ist der Sohn 10 Jahre alt, seit etwa 5 Jahren in einer Phase vorpubertärer Entgleisungen und hat anscheinend sämtliches Chillpotential dieser Familie absorbiert und für sich gebunkert. Erik schafft es, sich im emstigster Aktivitätsentfaltung seiner Eltern sinnbefreit mit dem Hund auf dem Boden zuwälzen und dabei 18 ausstehende Aufgaben zu ignorieren. Streit vorprogrammiert, aber heute schaffen wir es, unsere Wünsche mit gewaltfreier Kommunikation an den Sohn zu bringen. Wenn man es schafft, dass das Speedmintonset nach nur 11 Erinnerungen im Camper landet - ohne, dass man es selbst tut - dann kann man von einem pädogogischen Erfolg sprechen.

    Kurz vor 20 Uhr wagen wir uns noch an eine Gewichtsermittlung: Aha, etwa 30 kg drüber, da kann man von einer Punktlandung sprechen. Los geht es also. Die Campingplätze haben wir bereits im Dezember und Januar gebucht, denn dieses Jahr geht es in Richtung Österreich. In den Vorjahren tummelten wir uns mit unermüdbaren Vergnügen durch die abwechslungsreichen Landschaften Frankreichs. Oft inspiriert durch die Etappen der Tour de France, die auch jetzt jeden Tag für neue Sehnsüchte sorgt. Doch Erik wünscht sich ein deutschsprachiges Urlaubsziel und wir begeistern und im Planungsprozess auch schnell für die Alpen. Ein Urlaub in der Schweiz vor ein paar Jahren ist uns auch noch in mehr als positiv in Erinnerung beblieben. Glücklicherweise hatten wir das Planen schon sehr früh begonnen, denn wir merken schnell, dass in diesen Gefilden viele Campingpläne schon längst ausgebucht sind. In Frankreich kann man es da deutlich lockerer angehen und während der Reise entscheiden, wohin es als nächstes gehen soll. Nun starten wir also bereits fast perfekt durchgebucht und durchgeplant gen Süden.

    Unsere ersten Stopps sind aber ein paar unkomplizierte Stellplätze. Erster Halt: Aschaffenburg. Hier findet sich ein Stellplatz am Main, den wir irgendwann im Dunkeln erreichen. Mit knurrenden Mägen schieben wir uns auf einen freien Platz (Perfekt gerade, Hurra!) und erspähen noch nicht näher zuordbare Partyaktivitäten in unmittelbarer Nähe. Was mag das sein? Kirmes oder ein kleines Festival? Ah, noch viel besser. Das Fest der Vielfalt stellt sich als reichhaltiger Zusammeschluss verschiedenster Vereine aus der Region heraus, zu später Stunde gibt es weniger Informatives oder Unterhaltsames, dafür aber umsomehr aufregende Länderküche. Wir schaffen es noch an den Ständen von Togo und Armenien vorbei, dann bleiben wir bei einem äthiopischen Verein hängen und tauschen unser einziges Bargeld (super vorbereitet) gegen einen Teller mit Sauerteig-Fladenbrot mit verschiedenen warmen Beigaben: Erbsen, Linsen, Grünkohl, Weißkraut, alles unglablich lecker gewürzt und perfekt abgeschmeckt. Alles wird mit dem Fladenbrot aufgenommen und direkt verspeist, Essen ohne Besteck findet vor allem bei Erik immer großen Anklang. So unverhofft kulinarisch geglückt krabbeln wir also ins Bett und freuen uns auf die Weiterreise.
    Okumaya devam et