• Daniela Asmuth
Jul – Aug 2025

Der Berg ruft!

A 24-day adventure by Daniela Read more
  • Trip start
    July 18, 2025

    Abreise!

    July 18 in Germany ⋅ ☁️ 25 °C

    Urlaub. Und es nicht nur ein leichtfüßiger Kurzurlaub, der Abenteuerlust und Erholungsrückstand zugleich befrieden soll, sondern das Highlight des Jahres: Der Sommerurlaub!

    Da es für David das Größte ist, nach dem Herunterfahren des Rechners und Anwerfen des Out-of-Office-Assistenten so schnell wie möglich auf die Straße zu kommen, planen wir eine Abfahrt für Freitag. Seit Sonntag letzter Woche wurde gepackt, immerhin steht unser Camper immer vor der Tür und lässt sich ganz wunderbar vorbereiten. Gut möglich, dass ich zum Zeitpunkt der Abfahrt schon rätsel, welche Kleidungsstücke ich überhaupt eingepackt habe und ob ich meinem Ich der vergangenen Woche genug vertrauen kann.

    Da der Tag mit pseudo-seniler Bettflucht um ca 5:00 Uhr am Bildschirm meines Notebooks beginnt, stehen die Vorzeichen sehr gut, den Arbeitstag auch früh beenden zu können. Mit leicht vernebeltem Hirn ersinne ich den Leitsatz des Tages: "Hauptsache, der Tag wird schön!", der sich vom üblichen, stark gequälten Irgendwie-durch-den-Tag-kommen deutlich abheben soll. So lässt es sich ziemlich angenehm durch den Tag manövrieren. Selbst lang aufgeschobene, teuflisch kompliziert zu kontierende Rechnungen können noch aufgelöst werden und die Übergabe meiner Titel hatte ich schon am Tag zuvor absolviert. Mit dem Wissen, dass sich ohnehin kaum Zeit finden wird, meine Buchprojekte während meines Urlaub weiterlaufen zu lassen, lege ich also meine Babies in die liebevollen Hände meiner Kollegen und kümmere mich heute nur noch um Kleinkram, einen schönen Tag und das Verdrücken einer enorm großen Portion Pasta mit Pfifferlingen zum Mittagessen im Verlag.

    Um Punkt drei fahre ich das Notebook herunter, werfe ein traditionelles "Toi Toi Toi" ins Universum und fahre gen Pack-Endspurt. Den sollen wir auch ohne größere Streiterreien absolvieren. Streitereien beim Packen? Nunja, inzwischen ist der Sohn 10 Jahre alt, seit etwa 5 Jahren in einer Phase vorpubertärer Entgleisungen und hat anscheinend sämtliches Chillpotential dieser Familie absorbiert und für sich gebunkert. Erik schafft es, sich im emstigster Aktivitätsentfaltung seiner Eltern sinnbefreit mit dem Hund auf dem Boden zuwälzen und dabei 18 ausstehende Aufgaben zu ignorieren. Streit vorprogrammiert, aber heute schaffen wir es, unsere Wünsche mit gewaltfreier Kommunikation an den Sohn zu bringen. Wenn man es schafft, dass das Speedmintonset nach nur 11 Erinnerungen im Camper landet - ohne, dass man es selbst tut - dann kann man von einem pädogogischen Erfolg sprechen.

    Kurz vor 20 Uhr wagen wir uns noch an eine Gewichtsermittlung: Aha, etwa 30 kg drüber, da kann man von einer Punktlandung sprechen. Los geht es also. Die Campingplätze haben wir bereits im Dezember und Januar gebucht, denn dieses Jahr geht es in Richtung Österreich. In den Vorjahren tummelten wir uns mit unermüdbaren Vergnügen durch die abwechslungsreichen Landschaften Frankreichs. Oft inspiriert durch die Etappen der Tour de France, die auch jetzt jeden Tag für neue Sehnsüchte sorgt. Doch Erik wünscht sich ein deutschsprachiges Urlaubsziel und wir begeistern und im Planungsprozess auch schnell für die Alpen. Ein Urlaub in der Schweiz vor ein paar Jahren ist uns auch noch in mehr als positiv in Erinnerung beblieben. Glücklicherweise hatten wir das Planen schon sehr früh begonnen, denn wir merken schnell, dass in diesen Gefilden viele Campingpläne schon längst ausgebucht sind. In Frankreich kann man es da deutlich lockerer angehen und während der Reise entscheiden, wohin es als nächstes gehen soll. Nun starten wir also bereits fast perfekt durchgebucht und durchgeplant gen Süden.

    Unsere ersten Stopps sind aber ein paar unkomplizierte Stellplätze. Erster Halt: Aschaffenburg. Hier findet sich ein Stellplatz am Main, den wir irgendwann im Dunkeln erreichen. Mit knurrenden Mägen schieben wir uns auf einen freien Platz (Perfekt gerade, Hurra!) und erspähen noch nicht näher zuordbare Partyaktivitäten in unmittelbarer Nähe. Was mag das sein? Kirmes oder ein kleines Festival? Ah, noch viel besser. Das Fest der Vielfalt stellt sich als reichhaltiger Zusammeschluss verschiedenster Vereine aus der Region heraus, zu später Stunde gibt es weniger Informatives oder Unterhaltsames, dafür aber umsomehr aufregende Länderküche. Wir schaffen es noch an den Ständen von Togo und Armenien vorbei, dann bleiben wir bei einem äthiopischen Verein hängen und tauschen unser einziges Bargeld (super vorbereitet) gegen einen Teller mit Sauerteig-Fladenbrot mit verschiedenen warmen Beigaben: Erbsen, Linsen, Grünkohl, Weißkraut, alles unglablich lecker gewürzt und perfekt abgeschmeckt. Alles wird mit dem Fladenbrot aufgenommen und direkt verspeist, Essen ohne Besteck findet vor allem bei Erik immer großen Anklang. So unverhofft kulinarisch geglückt krabbeln wir also ins Bett und freuen uns auf die Weiterreise.
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  • Du hast jetzt Urlaub!

    July 19 in Germany ⋅ ⛅ 28 °C

    Die ersten Tage eines langen und vor allem lang ersehnten Urlaubs sind immer ein bisschen wie ein stotternd anlaufender Motor. Das Potential, so richtig durchzustarten ist vorhanden. Doch irgendwie war der Motor schon lange nicht mehr an und muss erstmal langsam anlaufen und mag sich dabei auch verschlucken, spucken und absaufen.

    Vor allem in den ersten Tagen schlägt der Stress und die Anspannung der vorangegangenen Wochen noch einmal hinterrücks zu und eigentlich belanglose Hürden lassen uns (oder nur mich?) um Fassung ringen.

    Zoey bringt gleich beim morgentlichen Spaziergang frisches Odoer mit, welches an eine mehrere Wochen verwesende Leiche denken lassen. David kommentiert das nur mit "Wir haben ein Problem.", denn es ist klar, wer sich um unwägbare Abscheulichkeiten kümmert. Darunter fallen tote Tiere (kopflos) im Garten, verlauste Eichhörnchen im Maul des Katers, verstopfte Küchenabflüsse, Spinnen und eben nun auch ablebig gewordene Nackschnecken, die ins Fell des Hundes eingearbeitet wurden. Eingearbeitet, da der Hund arg verzückt von der Intensität des Gestanks, ganz eifrig eine Wälzaktion gestartet hat. Während ich sie also tapfer mit meinem Tofu-Shampoo abreibe und vor mich hinfluche, scheint ihr langsam aufzugehen, dass die Idee nur kurz gut war. Die Nacktschnecke klammert sich mit untoten Kräften fest ins Hundefell und stinkt derart erbärmlich, dass weitere Nahrungsaufnahme für diesen Tag unwahrscheinlich wird.

    Nach Behebung des Malheurs kann es aber weiter gehen, wir nehmen das nächste Ziel ins Navi und los geht es. Nach einem kleinen Streit (auch hier komme ich an meine Grenzen, denn ich möchte die engstirnigen Campingnachbarn eigentlich pulverisieren) um die korrekte Parksituation auf einem Stellplatz ohne markierte Parzellen finden wir im zweiten Anlauf einen perfekten und überdimensionierten Stellplatz am kleinen Brombachsee.

    Völlig überlaufen hier, anscheinend hat sich halb Bayern hier versammelt um Sommerfreuden zu fröhnen. Der Stellplatz ist riesig, wir verlieren den Überblick, wie weit er sich erstreckt. Wir verlieren den Überblick, wie viele kleine Cafes, Duschplätze, Strandbars und was noch alles gebaut wurden. Aber wir entdecken den Hundestrand und gönnen unserem Hund eine große Runde Toben mit begeisterten Spielgefährten. Uns gönnen wir ein Bad am Hundestrand (Achtung, Hundehaare!) und schauen unserer flinken Zoey bei wilder Jagd quer über den Rasen zu.

    Ein bisschen brauchen wir noch, um so richtig im Urlaub anzukommen, uns erstmal an das enge Wohnen im Camper zu gewöhnen, an den neuen Tagesablauf, ans Umräumen, an das "Wo ist eigentlich...?". Zu Hause funktioniert jeder autark, im Urlaub tut man auch ganz banale Dinge zuzsammen und stimmt sich manchmal sogar ab, wenn man auf's Klo geht. Und, wann man gemeinsam den ganzen Kram aufräumt. (Findet Erik besonders blöd.) Am Anfang ist man einfach auch ein bisschen kaputt von den Wochen davor und kommt seiner eigenen Abenteuerlust körperlich noch nicht so ganz nach. Kommt aber noch. Der Urlaubsmotor startet stotternd durch.
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  • Welsalarm! Oder nicht?

    July 20 in Germany ⋅ ☁️ 29 °C

    Unglaublich! Mit traumwandlerischer Sicherheit haben wir uns einen medienumwobenen Ort für diesen Stopp ausgesucht und bemerken es erst gar nicht. Und mit trauwandlerischer Sicherheit haben meine Kollegin Nora und David diese Gegend für ein feines Wochenende ausgewählt.

    Kurzum verabreden wir uns für ein Treffen am Brombachsee, den wir zu umrunden gedenken und freuen uns auf einen Strandnachmittag zusammen.

    Die Umrundung soll Zoeys erste längere Fahrt im Fahrradkorb werden, allerdings schafft sie es tatsächlich zweimal, daraus todesmutig herauszuhüpfen, was mich wiederum kurz an den Abbruch der Tour treibt. Der brave Hund scheint aus reiner Kackigheit den Fahrradausflug vereiteln zu wollen. Irgendwo zwischen "Okay, machen wir halt nie wieder." und "Ohne Radeln ist auch Scheiße." bleibt mein Hirn stecken. Nach kurzer Verhandlung und einer zusätzlichen Absicherung mit dem Gummispannseil (Hundegeschirr sei Dank), kann es aber weitergehen und wir treffen später auch auf Nora und Marius, die mit ihren Gravelrädern angerollt kommen.

    Am Badestrand Pleinfeld finden wir einen herrlich schattigen Rasenplatz unter Kiefern - Ostsee-Vibes inklusive - und fröhnen reinen Urlaubvergnügungen. Baden im See, Herumliegen, Kiefernzapfen in Erik's Flossen werfen, über Reiseziele und vergangene Reisen schwatzen, Sonnencreme nachlegen, im Halbschatten wegdösen.

    Schließlich kann Marius mit dem Fakt glänzen, das dies der See mit dem abgeschossenen Wels ist. DER WELS! Als passionierte Leser belangloser News und treue Zuhörer von ApoFika sind wir Drei natürlich haltlos begeistert. Der Wahnsinn! Erregt teilen wir alle Einzelheiten zum Fall (Streifschuss! Und als Spezialmenü wurde er angeboten! Aber danach ging's weiter!) und freuen uns nen Wels.

    Irgendwann verabschieden wir uns und beenden die Umrundung. Den Rest des Tages verbringen wir mit Schwitzen (es ist super schwül und Gewitter sind gemeldet), einen weiteren Besuch am Hundestrand (Zoey läuft aber nur halb so viele Runden wie gestern, Radfahren ist wohl sehr anstrengend) und erfolglosem Warten auf eine Feuershow am Wakeboard-Strand. Inzwischen ist der See und seine Umgebung fast wie leergefegt. Da in Bayern noch längst nicht die Ferien begonnen haben, sind alle Wochenendbesucher längst wieder abgereist und all die Anlagen liegen da wie eine moderne Geisterstadt. Irgendwie total entspannend.

    Ganz am Ende des Tages - wir haben bereits alles wegen des angekündigten Regens verräumt - wird es dann doch nochmal aufregend. Die Wetterkarte zeigt drohende Gewitterzellen, die uns genau treffen können. Da das Aufstelldach des Campers keinen farradaischen Käfig bildet, sollten man es bei drohenden Gewittern besser zu lassen. Kurzerhand klappen wir es ein und Erik bekommt ein Notbett aus Rücksitz, Esstisch und Fahrersitz gebaut. Glücklicherweise ist er da ganz hart im Nehmen und verbringt tapfer die Nacht auf dieser etwas unebenen Schlafstätte. Wir löschen alle Lichter und lassen die Verdunkelung an Eriks neuem Bett geöffnet. Wir schauen den Blitzen zu, zählen die Sekunden bis zum Donner. Fühlen uns ganz schön gut aufgehoben in unserem fahrenden Zuhause.
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  • Warum ist die Herreninsel denn so groß?

    July 21 in Germany ⋅ 🌧 17 °C

    Regentage gehören zum Urlaub dazu und man kann das Beste daraus machen, oder?

    Zum Beispiel kann man sich viel weniger über Stau ärgern, während es in Strömen regnet. Oder man freut sich über jedes trockene Paar Schuhe viel viel mehr als an warmen Sommertagen. Vielleicht wird man auch hart für die hässliche Regenjacke (neongelb) abgestraft, die man sich eingepackt hat. In jedem Fall kann man davon ausgehen, dass der Regen irgendwann (und manchmal sogar früher) endet.

    So packen wir unsere Regensachen ein und stapfen gen Chiemsee. Chiemsee. Trübe Erinnerungen aus meiner Kindkeit blubbern aus dem Morrast meines mageren Gedächnisses empor: Da war ich schonmal. Sogar mit dem Schiff sind wir damals gefahren. Durch das ebenso trübe Wetter fühlen sich viele Tagesausflügler in ihrer touristischen Aktivität gehemmt und wir entscheiden uns für die Inselrunde, bei der man sowohl an Herren- als auch Fraueninsel aus- und absteigen darf. Erik als großer Verfechter der Gerechtigkeit im Allgemeinen und Aufdecker von Ungerechtigkeiten im Speziellen entdeckt sofort den Missstand bei der Benennung der Inseln. Die Herreninsel ist riesig und beherbergt ein obszös prunkvolles Schloss. Die Fraueninsel ist winzig und ein lahmes Kloster steht darauf. Was für eine bodenlose Frechheit. Da eine Auflösung nur durch den Erwerb beider Inseln vom Freistaat Bayern in Aussicht kommt, müssen wir diese Tatsache für den Moment in Kauf nehmen.

    Stattdessen konzentriert sich Erik auf seine tiefe Abneigung gegenüber der Schiffahrt. Am Schalter für die Fahrkarten erkundigen wir uns, ob denn überhaupt schonmal ein Schiff auf dem Chiemsee untergegangen sei. Nach zu langer Denkpause antwortet die freundliche Verkäuferin mit einem nicht ganz überzeugenden "Nein". Erik ist nicht richtig zufrieden, Gruppenzwang drängt ihn aber auf die Barbara. Flott geht es los, Nieselregen sprüht uns in die Gesichter, Zoey darf auf meinen Schoß und findet es ganz großartig. Erik nicht so. Jedes merkwürdige Geräusch seitens des Bootes quittiert er mit einem Hervorquellen seiner Augen. Wir sind uns weiterhin nicht ganz sicher, ob er uns einfach den Ausflug verderben will oder seine eingehebende Beschäftigung mit der Geschichte der Titanic im Alter von zarten vier Jahren nicht doch bleibende Schäden hinterlassen hat.

    Ganz ohne Schiffstragödie schaffen wir es auf die Insel mit dem protzigen Schloss und kratzen unser beim Besuch von Schloss Hohenschwangau erworbenes Wissen zu Ludwig dem II. zusammen. Allerdings kommen wir nicht viel weiter als "Ist mysteriös im See ertrunken und war auch sonst ein bisschen daneben". Beim Rundegang um das Schloss erfahren wir zumindest, dass er die Fertigstellung seines Prunkschlosses, welches als als Fanboy Louis des XIV. erbauen lies, nicht mehr erleben konnte. Schade aber auch, denn das war schon ordentlich Arbeit.

    Irgendwann endet der Regen und wir genießen die fast touristenfreien Inseln und die besten Plätze auf den Booten. Regentage sind super.

    Wir gönnen uns für das Abendessen ein typisch bayrisches indisches Restaurant und schlemmen bis unsere Bäuche weh tun. Regentage sind unschlagbar.
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  • Die Sache mit dem Kaffee ...

    July 22 in Germany ⋅ ⛅ 22 °C

    Ist heute der Tag, um einmal die Sache mit dem Kaffee zu Ende zu denken? Da wir die ersten drei Übernachtungen ganz ohne Landstromanschluss absolvieren, kann unsere kleine Kaffeemaschine gewiss nicht ihren Dienst aufnehmen. Und obwohl wir unseren Kaffeekonsum inzwischen drastisch reduzieren konnten, dreschen die Entzugserscheinungen wie Folterknechte aus dem siebten Kreis der Hölle am Samstag auf uns ein. Fiese Kopfschmerzen und die Müdigkeit des Todes machen uns weich.

    David ist absolutv genervt von derlei Abhängigheiten und beschließt verägert: "Nie wieder Kaffee." Ich bin noch nicht so ganz überzeugt. Zwar finde ich den Protest meines Körpers, der auf den Koffeinentzug folgt, recht überzogen, fange aber schon am Sonntag an, den Geschmack eines schön starken Espressos oder eines Hafermilchkaffees auf meiner Zunge zusammen zu fantasieren. Wie herrlich das jetzt wäre. Und auf die bleierne Müdigkeit ab 14:00 Uhr und dem Drang zum Mittagsschläfchen könnte ich persönlich verzichten.

    Da stellt sich schon die Frage, ob ich lieber ohne diese Abhängigkeit oder dann doch ohne die Froiden dieses belebenden Heißgetränks leben möchte. Soll ich meiner ohnehin schon arg ausgedünnten Hau-ich-mir-rein-Liste noch einen weiteren - so spaßigen - Bestandteil entziehen? Irgendwie nicht. Zum Glück kümmert sich David um mein Kaffee-Fastenbrechen, oder ist es eher das Ende des Koffeinentzugs? Auf jeden Fall kauft er mir an einem gar fürstlichen Ort zu ähnlich fürstlichem Preis einen Kaffee - Aufpreis für Hafermilch, diese blöden Bayern. Im Schlosskaffee auf Herrenchiemsee nehme ich also am Montag - nach einem Wochenende voller Entbehrungen und Schmärmereien - eine überteuerte Tasse Kaffee zu mir und fühle mich, als hätte ich ein bisschen Zaubertrank erhalten. Herrlich, äh, königlich!

    Heute erreichen wir dann einen Campingplatz im Berchdesgadener Land, auf dem wir vier Nächte verweilen wollen. So mit Markise aufbauen, Campingteppich ausrollen und Stromanschluss eben. Das volle Pogramm. Der Platz liegt idyllisch zwischen den Bergen. Da wir uns allerdings für die Holzklasse entschieden haben, sehen wir zumindest am Stellplatz rein gar nichts von den Bergen, was der bezaubernden Kulisse schnurz ist. Uns aber auch. Hier gibt es trendige Sanitäranlagen, dass man sich auf eine Dusche nur so freut und sogar einen Infinity-Pool. Wir (ach nein, nur ich) kochen Kaffee, machen es uns gemütlich, die Jungs hüpfen in den Pool.

    David geht in die Recherche nach Friseuren in der Nähe, wird aber nicht fündig. Als er droht, sich die Haare einfach für den Urlaub kopfum auf 12 mm zu trimmen, schreite ich ein und übernehme haarige Verantwortung. Mein erster Haarschnitt am Herzblatt, und das noch vor dem 11. Hochzeitstag. Schade nur, dass die Haarschneideschere, die ich für Eriks Spitzen erworben habe, noch zu Hause liegt. Gleiches gilt für einen Kamm. Immerhin ist David gewillt, wenigstens noch diesen zu besorgen und nach einer kleinen Wanderung über den Stollenweg sind alle entspannt genug, um das Projekt Matte-ab zu starten. Ein Youtube-Video in zweifacher Geschwingkeit vom einem Typen, der sich schon jahrenlang (!!!) selbst die Haare schneidet, sollte wohl hinreichend vorbereitend wirken.

    Mit großer Sicherheit hat sich noch nie bisher jemand mit so viel Sorgfalt, einem Kamm und dem Langhaarschneider Davids (entzückend kleinem) Kopf gewidmet. Vermutlich hatte er schon bessere Haarschnitte, aber dieser ist dann doch ein kleines Urlaubserlebnis und Vertrauensbeweis in einem. Sogar in zwei Richtungen: David vertraut mir die Entscheidung darüber an, ob er den Rest des Urlaubs eine Mütze tragen muss oder nicht. Ich vertraue David darin, dass er nicht den Rest des Urlaubs Unmut über meine Haarmodellierfähigkeiten anklingen lässt. Wir sind schon sehr weit in dieser Beziehung gekommen.
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  • 29.612 Schritte kannst du gehen

    July 23 in Germany ⋅ ⛅ 23 °C

    Oder: Der erste Tag auf der Reise zurück zu meinem Läufer-Ich. Es juckt mir in den Fingern, diesen Satz mit einem Fragezeichen zu beenden, aber damit würde ich das Ganze schon im Vorraus ein wenig torpedieren.

    Unser neues Leben mit Hund bringt uns (und hoffentlich auch Zoey) viele wundervolle Momente und ich möchte den inneren Frieden, den ein morgentlicher Spaziergang mit dem braven kleinen rumänischen Rattenfänger bringt, für nichts auf der Welt missen. Das einzige, was arg unter dem Hunde-Elterntum leidet, ist meine Laufbilanz. Sicher mache ich inzwischen mehr Strecke als Fußgänger als zuvor als Läufer. Aber Laufen ist nicht Gehen und Gehen ist nicht Laufen. Beim Gehen kann man sich nicht so herrlich abreagieren und schonmal gar nicht komplett das Hirn abschalten.

    Also habe ich mir für den Urlaub vorgenommen, das Laufrad wieder in Schwung zu bringen. Trotz sicher miserabler Form. Aber erst nach ein paar Nächten satt von Tiefschlaf. Heute war es dann soweit, Wetter, Motivation und restlicher Tagesplan stimmte. Also in Laufdress gehüpft und rauf auf den Berg. Zum warm werden nochmal den Anstieg hinauf zum Stollenweg strammes Schrittes überwinden, dann aber rechts statt links abbiegen, lostraben. So joggt es sich staunend durch diesen Märchenwald, der pitoreske Mooslichtungen, kleine Wasserrinsale am Wegesrand und einige berglastige Aussichten bietet. Der Waldweg mündet schließlich in Richtung Berchdesgaden, wohin wir gestern mit dem Rad unterwegs waren. Steil bergab bemerke ich, dass auch Bergablaufen nicht meine Königsdisziplin ist, so richtig schnell geht das nicht. Verwegen versuche ich mich an einer Bergab-Lauftechnik, bei der man kaum die Knie beugt und eher so die Füße nach vorne wirft, in der Hoffnung, nicht hängen zu ... naja. Deutlich verlangsamt komme ich im Städchen an, da beginnt auch schon der Sightseeing-Teil der Lauftour.

    Das ist übrigens die meiner Meinung nach beste Art, Sport und einen touristischen Ausflug (aka Stadterkundung) zu verbinden. Ein bisschen laufen, stehen bleiben, Foto machen, weiter laufen, Hinweisschilder lesen, hoch zum Schloss, in eine Kirche abbiegen, nicht vergessen, das Käppi abzusetzen, weiterlaufen, achso: Käppi wieder aufsetzen. Überhaupt ist es das Größte, sich unterwegs in Kirchen zu schleichen und den gesammelten Krempel zu bestaunen. Selten sind Kirchen hässlich und das Konzept Glauben gefällt mir, unabhängig von daraus erwachsenden Verfehlungen, doch noch sehr.

    Als ich mich so langsam auf den Rückweg begebe, pfeift mir irgendsoein Arschloch hinterher - aha, doch das Herzblatt, der mich auf dem Rennrad einholt. Der wird natürlich nicht abgestraft und startet auf zwei Rädern zu einer Bergtour. Ab Kilometer 10 bemerke ich: Jetzt habe ich keine Lust mehr. Aha, das ist der Moment, bei dem man nicht aufhören darf. Alles, was ich jetzt meinem Körper abverlannge, baut er in Ausdauer nach oder so ähnlich. Tapfer halte ich noch bis zum letzten (derben, 17%) Anstieg zum Campingplatz durch, immerhin zwei Kilometer. Der Anstieg teilt sich in zwei Teile. Nach dem ersten gibt es ein kurzes, flaches Stück. Ich will meinen Körper überreden, dieses noch zu traben aber meine kreischenden Beine verweigern sich, dieser Aufforderung meines kranken Geistes nachzukommen. Waren auch schonmal folgsamer. Ich bestrafe sie mit dem zweiten Anstieg. Und mit einer 8km Wanderung am Nachmittag. Und einer Hunderunde am Abend. Ha!
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  • Regen und was man damit anfängt

    July 24 in Austria ⋅ ☁️ 19 °C

    Schon kurz nach Eriks Geburt haben wir festgestellt: Regen und Kind ist nur mittelmäßig gut. Kinder sollen und wollen meistens an die frische Luft, das Ganze wird im Regen zumeist eine nasse, dreckige und umständliche Angelegenheit. Die Misere lässt sich mit Regen x Kind x Urlaub potenzieren. Als kaum aufzuhaltende Bewegungsfanatiker jagen wir auch im Urlaub immer einer sportlichen Herausforderung hinterher. Kein Wunder also, dass wir da lieber als draußen als drinnen unterwegs sind und, obwohl durchaus an vielem interessiert, eher widerwillig in ein Museum wechseln. Schwimmbad ist gerade noch so okay. Für die Jungs. Jetzt haben wir es aber geschafft, den Regen zu einem wahren Schreckgespenst fröhlicher Ferien zu machen. Wir haben das Hundi in die Familie aufgenommen. Das Hundi muss immer raus. Das Hundi hasst Regen und das Hundi darf weder ins Museum, noch ins Schwimmbad.

    Was? das Hundi hasst Regen? Ist das Hundi nicht ein rumänischer Straßenhund, der einfach bei jedem Wetter draußen sein kann und überhaupt nichts zu schlimm findet? Nein, denn Zoey hat schon längst entdeckt, dass sie eine Prinzessin ist.

    Und seit wir mit Zoey verreisen, ereilen uns stetig Regentage auf allen Wegen: Drei Tage Dauerregen in Belgien, sturzflutartige Regenschauer in der Eifel. Unser Regenglück bleibt uns treu und auch heute startet der Tag, wie er gestern endete. Nass.

    Glücklicherweise haben wir uns recht gut vorbereitet, mit kleinen Lücken. Am Ende des Tages soll sich herausstellen, dass Erik und auch Zoey die beste Regenkluft haben. Regenhose, Gummi-Jacke (weicht nie durch), wasserdichte Trekkingschuhe und natürlich den extrem entzückenden Hunde-Regenmantel. Bei David sind es die luftigen Wandersandalen, die bei Regen in Richtung Lowperformer abrutschen, bei mir rein optisch die schreiend neon-gelbe Regenjacke (ja, die war auch für's Radeln gedacht) und später auch die Gummischuhe, die eigentlich super für kleine Hunderunden sind, sich am Ende des Ausflugs aber anschicken, meine Füße zu essen.

    Als wir via Bus nach Salzburg aufbrechen, ist mir das aber lange noch nicht klar. Zumindest das mit den Schuhen, denn für die Regenjacke werde ich erneut von den Mitreisenden gedisst. Verloren gehen kann ich damit immerhin nicht. In Salzburg herrscht, die Straßen vollgestopft mit Tagesausflüglern mit ähnlicher Idee wie wir, absolutes Verkehrschaos. Unser Bus schleppt sich im Schleichtempo durch die engen Straßen zu unserem ersten hunde- und wetterkompatiblen Ziel: Hangar 7 bietet blank polierte Fahrzeuge für Luft und Land, heißt Hunde willkommen und lockt mit freiem Eintritt. Brav bestaunen wir die ausgestellten PS-Maschinen. So langsam merke ich, dass die grünen Gummitreter (5€ auf dem Flohmarkt, ich war so stolz), sich schon gar nicht mehr so gut an meinen Füßen anfühlen. Als wir den Hangar verlassen und es bereits aufhört zu regnen, glimmt die Befürchtung auf, dass die Laufschuhe sicher eine bequemere Wahl gewesen wären. Egal, David bestimmt ein Outlet mit großem Sportgeschäft zum nächsten Ziel, denn seinen luftigen Wandersandalen mit Profilschwund traut er nicht bis für den Rest des Urlaubs. Ich ergebe mich und erstehe eine schicke neue Gummijacke in Khakigrau (diese Farbe gibt es anscheinend wirklich) und eine Regenhülle für meinen Rucksack. Krasses Regenupgrade, aber die Gummischuhe reiben unerbittlich an meinen Füßen.

    Wir fahren in die Salzburger Altstadt, dort Pflichtbesuch an Mozarts Geburtshaus, reinzugehen sparen wir uns aber, denn dort drängelt es sich und irgendwie ist dort im Untergeschoss ein Spar. Ja, ein Lebensmittelladen, total verrückt. Wir schlagen uns in Richtung Domquartier durch und ich denke ernsthaft darüber nach, ob es okay wäre, die Schuhe einfach auszuziehen. Es lässt sich nicht genau sagen, ob schon Blasen gerieben oder meine Zehen bereits bis auf den Knochen abgeschmirgelt wurden. Ich tippe auf letzteres, auch wenn das etwas unwahrscheinlich scheint.

    David beglückt uns zur Ablenkung mit "der besten Nusschnecke der Welt", die wirklich unfassbar lecker und noch ofenwarm in unsere verzückten Münder wandert. Erik probiert seine erste Mozartkugel, die Verzückung dauert an. Wir bestaunen Pferdegespanne, Zoey will alle Stadttauben jagen und wir sind ganz fasziniert von riesigen, verformten Büsten, die unser Gehirn aus dem richtigem Winkel zu einen ganz normalen Gesicht zusammensetzt. Toll! Aber jetzt reicht es auch und ich schleppe die blutigen Stumpen, die meine Füße inwzischen sein müssen, zur nächsten Bushaltestelle, der Sinn für die bezaubernde Altstadt ist mir vollständig abhanden gekommen.

    Auf der Rückfahrt schläft das Hundi den Schlaf der gerechten Städteausflügler und ich halte mich mit so wenig Bewegung wie möglich auf den Beinen. Als ich schließlich die elenden Gummischuhe ausziehen darf, ist das die größtmögliche Erleichterung. Puh, da sind ja noch Füße übrig. Sogar ohne Blasen, nur einen blauen Fleck habe ich, krasse Leistung.

    Wir machen uns - denn es regnet auch schon wieder - einen ganz gemütlichen Abend. Kochen, hören zwei Folgen ApoFika und im Camper wird es dank warmen Abendessens auch ein bisschen muckelig. Wir weinen vor Rührung beim Buchspazierer und gehen mal wieder sehr früh ins Bett.
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  • Kneifelspitze

    July 25 in Germany ⋅ 🌧 17 °C

    Bevor ein ganz besonderer Sportsgeist dieser Familie beleuchtet wird, darf ich zunächst dem Thema Essen ein paar Zeilen einräumen. Erschüttert stelle ich fest, dass ich es in diesem Urlaub noch gar nicht vollbracht habe, meisterlich auf zwei Flammen zubereitete Speisen von allen Seiten abzulichten.

    Tatsächlich lässt sich ein kleiner Paradigmenwechsel seitens dieser für uns doch so wichtigen Tätigkeit der Nahrungsaufnahme und damit einhergehender Zubereitung festellen. Oder bin nur ich es, die den Fokus verlagert hat? Zugegeben, für die Jungs bleibt es verlässlich: Mutti kocht irgendwas, meistens ist auch etwas dabei, das sich reinschaufeln lässt. Da ich seit Beginn 2024 auf das meiste tierische verzichte, ist zu Hause klar vegane Küche zu finden. Im Urlaub muss man es manchmal etwas lockerer sehen, wenn man den Mitreisenden ein Minimum an Milchprodukten bieten und trotzdem nicht Berge von Geschirr produzieren will. Überhaupt ist Kochen im Camper ein bisschen sportlich: Es gibt wie schon angedeutet nur zwei Flammen. Dazu kommt, dass bei diesen beiden Falmmen immer nur ein Kochgerät etwas größer sein darf. Mit einem großen Topf kann man schon nicht mehr die große Pfanne benutzen und schnell wird es eng. Ein ausgeklügeltes Warmehalte-System unter der Bettdecke kann da schon viel helfen, aber gutes Timing braucht es trotzdem. Inzwischen bemerke ich, dass es, wo es noch im letzten Urlaub hieß "Geilen veganen Scheiß kochen" heute eher "Hauptsache, die werden alle satt" heißt. Was soll man tun? David inzwischen auf dem Weg zum Monster-Gewichte-Stemmer, Erik in einer Wachstums-Fressphase. Das verlangt nach Pragmatismus. Immerhin haben wir nach über einer Woche, die wir schon unterwegs sind, noch keine Speisenwiederholung geschafft. Wir mampfen uns durch ziemlich viel Vollkorn-Nudeln, Kartoffeln, Tofu und so viel Gemüse, wie wir in den Kühlschrank gestopft kriegen. Soja-Soße und Erdnusmus helfen bei Saucen, die davon träumen, raffiniert zu sein und eine Packung Pak Choi aus dem Asia Supermarkt von letzter Woche versetzt mich in helle Aufregung, da sie ewig frisch bleibt. Alles mit einem Minimum an Wow, einer soliden Basis an Lecker und voller Punktzahl bei Satt.

    Deshalb gibt es derzeit auch nur ein Food-Foto in meinem Urlaubs-Ordner: Das geröstete Sauerteig-Brot, welches heute morgen ein ganz wunderbares Frühstück ergibt. Bestrichen mit Senf, ich komme doch aus Sachsen.

    Da sich eine Regenpause bis 15:00 Uhr prognostizieren lässt (Spoiler, es fängt schon gegen 13:00 Uhr wieder an zu Pieseln), wagen wir uns auf eine Bergwanderung. Am interessantesten ist dabei der beinah unbeschreibliche Leidensweg, den Erik dabei beschreitet. Bange fragt er die Eckdaten der Tour ab: Wie lange wir unterwegs sind? - Kommt drauf an. Wie viele Kilometer? - Über Zehn. (Theatralischer Zusammenbruch seinerseits) Wie viele Höhenmeter? - Wahrscheinlich über 400. Erik bricht erneut, noch immer in Schlafgewand, denn er ist sehr sehr spät aufgestanden am Frühstückstisch zusammen. Wir bieten ihm an, einfach am Camper zu bleiben. Das will er dann irgendwie auch nicht und bereitet sich gar nicht so schelcht auf die Tour vor. Dass er das Schlafanzugoberteil einfach anbehält bemerken wir erst später. Er packt gewissenhaft ein paar Hotwheelautos, Gummi-Dinos und sein Schnitzmesser ein. Für einige verrückte Szenarien dieser Wanderung könnte all das sicher hilfreich sein und los geht es zum Bus. Schon nach dem ersten Ausstieg zum Umstieg das erste Debakel: Was, wir gehen nicht ins Salzbergwerk? Das war zwar nie besprochen, löst aber trotzdem heftige Enttäuschung aus.

    Der innere Kampf beginnt. Da die Taktung der Busse recht dünn ausfällt, kann Erik sich eine geschlagene halbe Stunde mit der Frage beschäftigen, ob er zurück zum Campingplatz fährt oder die zermaternde Wanderung auf sich nehmen soll. Eindrücklich trägt er seinen inneren Monolog für uns gut miterlebbar vor. (Warum nur haben wir ihm die Theater-AG erlaubt?) Da Entscheidungen zu treffen ebenso schlimm wie Wanderungen sind, steigt er auch in den nächsten Bus und unterbricht gnädig den Monolog. Um ihn beim Ausstieg und Blick auf den 29%-Steigung-Schild wieder aufzunehmen.

    Jammernd quält er sich die ersten Meter hoch, wahlweise auf allen Vieren, dann rückwärts laufend. Die ersten 15 Minuten sind für keinen schön. Außer vielleicht für den Hund. Das Hundi meckert nie. Zum Glück wissen wir inzwischen, dass das mantraartige Meckern von Erik Teil seiner Vorbereitung auf sportliche Höchstleistung ist. Er psalmodiert sich quasi warm. Irgendetwas, und es lässt sich tatsächlich nicht genau sagen, was es sein mag, legt meistens (Oh bitte, lass es auch dieses Mal so sein!) den Schalter von Meckermodus zu Sport-Rage-Modus um.

    Dann legt er los, dann läuft er an und ist nicht mehr zu stoppen. Heute ist es ein prima Wanderstock, den er am Wegesrand findet. Erik überholt und wie ein Ausreiser bei der Tour de France sehen wir ihm erstaunt (und erleichtert) dabei zu, wie er den Abstand auf's Peloton stetig vergrößert. Irgendwann kann man ihn erst wieder auf langen Geraden sehen. Er hält nicht an, selbst an den schönsten Bänken für eine Rast nicht. Kein Chance, ihn einzuholen. Uns wird bald klar: Der stoppt erst am Gipfel. Und wir müssen nachziehen. Ich verfluche die dämliche Idee, genug Getränke für mich und Erik mitzunehmen. Als es dann auch noch anfängt, viel zu früh zu regnen, verfluche ich auch ein ganz kleines bisschen die schwere Kamera, die ich dabei habe und die jetzt zurück in den Rucksack muss. Ich schiele auf die Garmin-Uhr, mein Puls klettert über 180 bpm. Der Anstieg hat es in sich. Wir absolvieren den Aufstieg von ca 450 Höhenmetern in ca 50 Minuten. Strava soll mich später sogar als 10. Schnellste von immerhin 172 Strava-Nutzerinnen, die ein Segment von 319 Höhenmetern bei 16% Steigung absolvierten, ausloben. Ohne Erik hätten wir das nicht geschafft.

    Die Aussicht lässt vielleicht wegen all der Regenwolken etwas zu wünschen übrig, aber die Wanderung macht uns euphorisch. Der Abstieg führt uns durch eine Kuhweide mit ganz friedlichen Grasern, entlang eines Klamms und schließlich erschöpft und glücklich zur rettenden Bushaltestelle. Was ein schöner Tag!
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  • Fuck und Hach und alles dazwischen

    July 26 in Austria ⋅ 🌧 17 °C

    Über unser kritisches Verhältnis zu schlechtem – also wirklich fiesen, kalten, zehenaufweichenden, in die Knochen kriechenden – Mist-Wetter ist bereits gedichtet worden. Da unser letzter regenfreie Tag am Brombachsee stattgefunden hat, bleibt unser Ringen damit präsent.

    Auch dieser Tag beginnt mit kühlem Nass aus den tief über uns hängenden Wolken. Die Berge um uns spielen Verstecken, tauchen mal hier, mal da zwischen den nebligen Fronten auf. Zoey versucht, so unscheinbar wie möglich zu bleiben, um der morgendlichen Gassi-Runde so lange wie nur irgendwie möglich zu entgehen. Wir erkennen ihr taktisches Geschick an und packen unseren nassen Kram, denn heute ist Reisetag. Zunächst scheint das andauernde Plätschern die übliche Verstimmung nicht anzuheizen. Leider schaffen wir es, unsere Markise nicht fachgerecht zusammen zu rollen und knicken den linken Markisen-Arm. Der Übertäter: Eine Querstrebe, die eigentlich zusätzlichen Halt geben soll, leider aber zum diabolischen Hebelansatz beim Einfahren wird. Schöne Scheiße. Das Verstimmungslevel steigt. Zunächst scheint es so, dass der verbogene Arm sich gar nicht mehr einfahren lässt und wir nicht weiterfahren können. Soll es wirklich so sein, dass diese ganzen Stunden im Fitti uns nicht dabei helfen, ein Stück Aluminium zurück in gerade Form zu biegen? Man findet einfach keinen guten Ansatzpunkt. Mein innerer Ingenieur erwacht und schließlich ersinnen wir eine Biege-Taktik. Puh, wir sitzen also nicht fest.

    David entdeckt außerdem im Internet, dass dieser unschöne Fauxpas nicht selten passiert und deshalb die fleißige Camper-Gemeinde, die erwiesenermaßen stillos, aber reichlich Youtube-Videos produziert, auch hier schon Material zur Anschauung bietet. Der Arm, sollte er durch die ganze Biegerei doch noch brechen, wird nicht zwingend für das Spannen der Markise benötigt. Immerhin müssen wir nicht für den Rest des Urlaubs auf unseren Sonnen- hoppala – Regenschutz verzichten.

    Unser nächstes Ziel ist Wald im Pinzgau, Region Nationalpark Hohe Tauern. Unterwegs sorgen wir für Futternachschub, David gönnt sich eine Packung entkoffeinierten Kaffees und der Regen hört auf. Allerdings nur, um wieder zu starten, nachdem wir am Campingplatz ankommen. Natürlich bricht der Markisenarm beim Aufbau der Markise. Mein innerer Ingenieur zuckt mit den Schultern, wir spannen zu dritt alles ordentlich ab und mit ein bisschen Kabelbinder werden die lose hängenden Arm-Stücke zusammengebunden. Vielleicht sieht mein innerer Ingenieur ein bisschen wie MacGyver aus. Wir versuchen erneut, die nassen Sachen (inzwischen sehr viele) zum Trocken zu verteilen, da überkommt es mich dann doch und ich schütte mich über die abnorme Beschissenheit des Wetters aus. Der kleine Hund fühlt mit mir, ich sehe es genau. Sie versteckt sich ninjamäßig, um der Mittagsrunde zu entgehen. Ihre Augen sagen: Ich kann echt lange einhalten! Bei der feucht-unfröhlichen Runde von heute Morgen jedenfalls hat sie SOFORT alle Geschäfte abgewickelt und versucht, mir telepathisch mitzuteilen, dass dadurch eine SOFORTIGE Rückkehr ins Trockene absolut überlebensnotwendig ist. Aber auch David stimmt mir zu. Nur Erik findet das Ganze nicht so übel, denn Ausflüge sind abgesagt.

    Bange beobachten wir das Regenradar: Irgendwann zwischen fünf und sechs soll der Regen enden. Kann es wahr sein? Die Jungs starten eine Runde für den Hund mit der Stahl-Blase und ich werfe mich ins Laufdress. Mein Läuferleben soll ja weiter gehen. Auf unseren Runden werden wir für alles entschädigt. Die Gegend hier lässt Gipfel-Herzen höherschlagen. Berge, wohin man blickt. Wolkenfetzen wälzen sich über die Anstiege und die Sonne zaubert Regenbogen über das Tal, durch das ich trabe. Der Anblick zweier besonders imposanter Riesen lässt sich nicht mit der Kamera meines Mobiltelefons einfangen. So viel schöner und eindrucksvoller ist das, was meine Augen, mein Hirn, mein kleines Herz da wahrnehmen. Die Hänge werden wie von einem brillanten Regisseur punktuell von der Sonne bestrahlt, die Landschaft ist so perfekt modelliert, dass mir das Herz überquillt. Ich quere auf leisen Sohlen eine Kuhweide und bin auch davon entzückt, wenngleich ich einen Heidenrespekt vor den Ungetümen habe. Unweigerlich denke ich an Eriks Ausruf auf der letzten Kuhweide: „Wer rennt, ist Beute.“ Vom Glück geküsst befeuere ich nicht den Jagdtrieb dieser Wiederkäuer und laufe weiter. Weiter an einem wild rauschenden, namenlosen Bach. Ich trinke aus dem Adlerbrunnen. Passiere eine Alpaka-Weide. Bin endlos verzückt.
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  • Wasser in allen Formen

    July 27 in Austria ⋅ ☁️ 12 °C

    Es ist, was es ist und es ist Wasser. Wasser als Regen von oben, während wir an der Bushaltestelle auf eine Mitfahrgelegnheit warten. Wasser in Pfützen, als wir Tickets für den Zugang zu den Krimml Wasserfällen erwerben. Sprühnebeliger Dunst, der uns auf den Aussichtsplatzformen umwabert, als wir die mächtigen Wasserfälle bestaunen. Die größten Europas sollen es sein, wir glauben es sofort. Als wir inzwischen schon recht bergfit die Höhenmeter erklimmen, rinnt uns der Schweiß die Rücken hinab. Auf der Almhütte erwartet uns Wasser in besonders netter Form. Limonade und Nudelsuppe belohnen Erik für die stramme Wanderung und bereiten ihn zugleich auf den Abstieg vor. Wir beglücken uns gleichermaßen mit Kräuterbrot und Bauernkrapfen. Auf dem Berg schmeckt alles gleich doppelt so gut. Wir dürfen für eine halbe Stunde trocknen und sogar die Sonne schauen, dann stürzen wir uns wieder in die Gischt der Wasserfälle. Unten angekommen empfängt uns ein zünftiger Regenschauer. Immerhin ist der Bus für den Rückweg perfekt pünktlich.

    Wieder am Campingplatz - die Wiese säuft langsam ab - überlegen wir uns: So kann es dann nicht weitergehen. Regefälle bis zum Ende der kommenden Woche, und die Tatsache, dass ich mich ärgere, nicht noch einen zweiten dicken Pulli dabei zu haben, lassen uns schließlich harte Maßnahmen ergreifen. Wir sagen Smaragdwanderung (im Fluss ersaufen kann ich auch ohne Führer) und die beiden nächsten Campingplatzreservierungen ab und planen um. Erst Südtirol, dann Iseo-See. Wie es dann weitergeht: Schauen wir mal. Eines bleibt sicher: Campinsulraub plant man besser erst, wenn er soweit ist.
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  • Sonnensucher

    July 28 in Italy ⋅ ☁️ 23 °C

    Die Bestandsaufnahme heute morgen gibt der radikalen Planänderung unumwunden Recht: Ich trage zwei Paar Socken, zwei Hosen, zwei langärmlige Oberteile und ärgere mich darüber, nicht noch einen zweiten dicken Pulli oder gar die Weste für den Winter eingepackt zu haben. Das Thermometer verhöhnt mich, indem es satte 12 Grad Celsius anzeigt und es ist stark zu bezweifeln, dass sich im Camper noch irgendetwas befindet, das nicht leicht klamm ist und nicht ein bisschen nach nassem Hund müffelt. Toller Start in unseren 11. Hochzeitstag.

    Zeit für den Tapetenwechsel. Damit wir uns nicht umgewöhnen müssen, regnet es auch bei dieser Pack-Aktion und wir kämpfen doch ziemlich erbittert mit dem inzwischen halbierten Markisenarm, der nichts an seiner Spankraft verloren hat. Irgendwie muss man ihn am Gelenk (dem originalem) zurückklappen, dabei die linke Seite der Markise hochhalten, strammziehen, damit alles gerade einrollt, an der Kurbel drehen, damit alles einfährt und dabei alles feste – so wirklich „ich gehe viel und gerne ins Fitti und habe einen nicen Bizeps“-feste halten, damit der Arm nicht ins schweiß- und regennasse Gesicht zurückschlägt. Sicher ein 4-Mann-Job, und Erik ist zu kurz. Mein innerer Ingenieur schüttelt sämtliche Zivilisiertheit ab, zerreist sich die Obertrikotage und schaltet in den Muskeln über Hirn-Modus. Irgendwie gelingt uns das Verstaunen der Markise und wir fahren voller Vorfreude los.

    Vorfreude auf Sonne, Hoffnung auf die Möglichkeit, kurzärmelig durch die Gegend zu laufen und vielleicht mal wieder seine Sonnenbrille nutzen zu dürfen. Zunächst erwartet uns eine zugleich entspannte und atemberaubende Alpenquerung. Am Staller-Pass wollen wir hinüber gen Italien, im Land der Drucker muss es deutlich sommerlicher zugehen. Oben am Pass machen wir noch einen kleinen Halt am Gebirgssee, dessen intensiv grün-blaue Farbe beeindruckt. Die Abfahrt verläuft über eine einspurige Serpentinenstraße, die für alles, was über 3,5 Tonnen wiegt oder mehr als 10 Meter lang ist, als gesperrt gilt. Eine tolle Sicht erwartet uns und unser Ducato – endlich im Heimatland – schlägt sich wacker. Die Fahrt zwischen hohen Bergen, es müssen schon die Dolomiten sein, kann ich allerdings nur mit halbem Hirn und einem Auge verfolgen. Es braucht nämlich noch eine Bleibe für die Nacht. Wild Campen ist hier keine gute Idee, also telefoniere ich 6 oder 7 bereits voll belegte Campingplätze ab. Ab Mittwoch wäre immerhin ein Stellplatz am Lago Iseo frei, den ergattern wir uns ohne Zögern. Südtirol ist einfach bestechend schön, hier hat es überhaupt schon 22 Grad, so kurz vor Bozen. Ich kann es niemandem verdenken, dass er hier Urlaub machen will. Jetzt habe ich aber keine Lust mehr auf Telefonieren, schreibe noch einen Stellplatz an, der sich zwischen Bozen und Trento findet. Mal sehen. Wir steuern daher zunächst einen Stellplatz in Bozen an, gegenüber vom Friedhof, der ist etwa so charmant wie Zoey, wenn sie sich in verrottenden Nachschnecken wälzt. Angesicht der angespannten Campingplatz-Lage freut uns dennoch diese Übernachtungsoption. Wir verabschieden uns vom stundenlangen Herumsitzen und erkunden einen kleinen Teil der Stadt. Erik hält Pizza in Italien für eine hervorragende Idee und wir finden durch Zufall eine Hundewiese, auf der Zoey toben und wir uns eine Pizza teilen können. Wir haben: Achtung – nur T-Shirts an, keine Regenjacke dabei und vielleicht hätte sich sogar die Sonnenbrille gelohnt. Im Pizza-Genuss versunken erreicht uns sogar noch positive Rückmeldung vom Stellplatz: Es sind noch Plätze frei, wenn wir bis 18:00 Uhr kommen. Auf jeden Fall! Vergnügt geht es weiter, aus den Lautsprechern unseres Gefährts schallt schon längst Italiano-Pop. Wir schmettern selektive Passagen mit, meist beschränkt es sich allerdings auf das unartikulierte Nachahmen der Instrumente im Refrain. Macht genauso viel Spaß. Bei einem Straßenhändler kaufen wir noch ein Viertel einer monströsen Wassermelone und passieren endlose Reihen von Apfelbäumen auf unserer weiteren Fahrt. Hier mag zwar (für mich) das Land der Drucker sein, aber in Wahrheit ist hier das Land der Apfelplantagen. Wir befragen Copilot über das Betreiben einer solchen und erfahren viel Neues.

    Unser Stellplatz entpuppt sich als genau das, was wir brauchen. Er wird an einer Seite von Wein, an der anderen von Apfelbäumen besäumt und ist wunderbar ruhig. Es gibt eine kostenfrei nutzbare Waschmaschine, genug Möglichkeiten, eklig nasses Zeug zu trocken und überdachte Sitzmöglichkeiten. Die Sonne taucht noch nicht zwischen der Wolkendecke auf, wir sollen noch nicht übermütig werden. Kühn ordern wir Pizza, die uns direkt für ein kleines Festmahl zu unserem Hochzeitstag auf den Platz geliefert wird. Ich gönne mir ein kleines Käse-Koma und finde es großartig. Die Wassermelone schmeckt so gut, wie wir es uns vorgestellt haben. Italien meint es gut mit uns.
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  • Von Sonnenbadern und Wäschewaschern

    July 29 in Italy ⋅ ⛅ 26 °C

    Die Bestandsaufnahme heute morgen lässt sich sehen: Die kurze Schlafhose war kein Problem, sockenloses Übernachten hat kein Ungemach beschert und die Sonne blinzelt bereits in den Camper. Wir beginnen den Tag top motiviert und räumen alles aus dem Camper, was klamm ist. Also beinahe alles. David parkte schlau in einer Ecke, sodass wir den Zaun zur Apfelplantage perfekt zum Aufhängen aller Handtücher, Bettdecken, Jacken und was wir sonst noch alles finden, nutzen können. Die triefend nassen Schuhe lehnen wir in einer langen Reihe an eine sonnenbeschienene Mauer, bis zum Abend werden sie komplett durchgetrocknet sein. Wir beladen die Waschmaschine für die erste Runde unserer Wäsche, David düst mit seinem E-Scooter zum nächsten Supermercato, um Gemüse und mehr Waschmittel zu besorgen.

    Danach beginnt er die Vorbereitungen für eine flotte Runde mit dem Rennrad, Erik und ich planen einen gemütlichen Tag am Stellplatz, der uns vielmehr wie ein feiner, gut ausgestatteter Campingplatz erscheint. Aus dem Speedminton-Match, aus das wir seit Tagen lechzen wird leider nichts. Erst stellt sich heraus, dass alle Bälle zu Hause geblieben sind. Wir spielen ein Kartenspiel, bauen Papierflieger, sortieren Fotos, schreiben Tagebuch und lassen Zoey über den mittlerweile brach liegenden Platz fetzen. Alle Übernachtenden sind auf der Weiterreise, wir fühlen uns derweil wie die Alleinherrscher dieser kleinen Oase der Gemütlichkeit. Die Waschmaschine dreht sich ebenso fröhlich wie die Sonne lacht. Der Blick über die Apfelplantage – Gehört sie eigentlich auch zu unserem zeitweiligen Großgrundbesitz – beschert uns die Ansicht hunderter oder eher tausender frisch-roter Äpfel. Davids Gedanken kreisten gestern auffällig oft um Mundraub.

    Wir schütteln ähnlich kriminelle Energie beim Aufhängen von insgesamt drei Maschinen Wäsche ab und freuen uns über all das gesparte Geld. Man muss wissen, auf Campingplätzen kostet die Nutzung von Waschmaschinen exorbitant viel Geld. Ich vermute eine große Verschwörung aller Platzbetreiber, um so verzweifelten Campern mit nur noch schmutzigen Unterhosen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Sicher eine Maßnahme, um den Massentourismus in vielen beliebten Urlaubsländern auf besonders perfide Weise zu bestrafen. Da hier von Massen und auch von Tourismus eher wenig zu bemerken ist – wie schön – können wir die frische, kostengünstige Wäsche also besonders genießen.

    Als David von einer erfolgreichen Tour zurückkehrt, erfordert es hochsensibles und viel taktisches Verhandlungsgeschick, Erik eine Eisdielen-Tour schmackhaft zu machen. Das Problem: Die Eisdiele findet sich im übernächsten Ort und es dauert eine Stunde und für Eriks Geschmack VIEL zu viele Höhenmeter, um dorthin zu gelangen. Schließlich ergibt er sich grummelnd, behält sich jedoch vor, uns immer wieder mit der Entsetzlichkeit dieses Fußmarsches zu konfrontieren. Als geübte Kinderquäler belohnen wir ihn am Ziel natürlich mit einem Eisbecher, den er sich selbst aussuchen durfte und der abartigerweise VIEL zu viel Eis enthielt. Tapfer esse ich die Reste und werde mit Bauchweh bestraft. Das Tiramisu, welches ich mir bestellt hatte, wäre die perfekte Menge an Quatsch für meinen Bauch gewesen, so schleppe ich jetzt leichte Übelkeit auf dem Rückweg mit mir. Bis auf eine kleine Passage durch einen sehr malerischen und romantisch abgeranzten kleinen Ort war der Marsch allerdings wirklich nicht so schön, sieht man mal von einigen imposanten Bergsichten ab. Wir stürzen uns also ins Abenteuer öffentlicher Nahverkehr und fahren mit der Regionalbahn. Schon am Ticketautomaten kommen uns existentielle Zweifel, ob das Vorhaben glücken kann. Schließlich kaufen wir aufs Geratewohl 70 Minuten Tickets für die trentiner Zone. Sollte bei zwei Stationen im Großraum Trento schon funktionieren. Der Blick des Ticketkontrolleurs im Zug zeugt vom Gegenteil, wir machen große Hundeaugen und er fragt kurzerhand, wo wir aussteigen wollen. Beim nächsten Halt. Na dann. Wir bekommen die Tickets abgeknipst und freuen uns. Besonders bizarr: Als wir wieder auf dem Platz eintreffen, wartet schon ein Eismobil und will uns noch mehr gefrorene Köstlichkeiten veräußern. Wir lehnen dankend ab.

    Bleibt also nur noch, den Tag mit einem Lauf durch die schöne Wein- und Apfellandschaft abzuschließen. 10 Kilometer auf dem Giro del Vino (eigentlich ein Fahrradweg, aber Jogger scheinen geduldet zu werden) machen mich noch ein bisschen glücklicher. Wieder am Platz sind die Jungs bereits im Chefkoch-Modus: Nudeln mit Tomatensauce, aufgepeppt mit Zucchini (Eriks klares Veto zu dieser wird nicht geduldet) stehen auf der Tageskarte. Sogar Zeit zum Duschen bleibt. Was für ein schöner Tag.
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  • Dolce vita senza fine

    July 30 in Italy ⋅ ☀️ 25 °C

    Fast schon widerwillig packen wir an diesem Morgen für die Weiterreise, so sehr haben wir diesen entspannten Zwischenstopp liebgewonnen. Doch das schicksalhafte Ergattern des letzten freien Platzes auf einem Campingplatz am Lago d’Iseo soll uns heute weiter auf Bilderbuch-Pfaden wandeln lassen. Es erwartet uns ein tief türkisblauer See, umschmiegt von Gipfeln, die uns die österreichische Bergwelt nicht vermissen lassen. Höhenmeter gibt es hier genug für alle noch so überzogenen Aufstiegsgelüste, nur ist es eben dabei sonnig und warm. Unser Platz für die nächsten vier Nächte liegt geschützt unter – Obacht, wir mussten nachschlagen – kahlen Zypressen. Später läuten ein paar Zikaden kreischend eine Privatparty ein und das mediterrane Urlaubsgefühl stellt sich vollends ein. Camping Eden ist sicher schon etwas in die Jahre gekommen, die Anlage aber hingebungsvoll gepflegt.

    Die meisten Plätze, die über so viele Saisons Campinggäste beherbergen konnten, zeichnen sich durch ähnliche Eigenschaften aus. Zum Beispiel hängen die Spülbecken bandscheibenvorfall-fördernd tief, was mich darüber sinnieren lässt, ob sie aus einer Zeit stammen, da der Durchschnittsmensch unfassbar klein war oder es vielleicht in den 70ern üblich war, die lieben Kinderlein für den Abwasch abzustellen. Außerdem gibt es nicht nur eine veritable Anzahl an Hock-Klos (die alten Römer liebten sie schon), sondern auch als Zusatzausstattung für einige Toiletten einen Wasserschlauch mit unglaublichem Wasserdruck per Schalterdruck. Meine emsige Fantasie sinniert weiter: Ist damit eine gründliche innere Reinigung möglich? Soll ich damit etwaige Verunreinigungen in der Toilette wegsprengen? Das Fehlen einer Klobürste könnte Hinweis sein.

    Wir geben uns schamlos typischen Urlaubsaktivitäten hin und schlendern durch den historischen Stadtkern. Hier drängen sich uralte Häuserzeilen aneinander, stützen gegenseitig ihr verwittertes Gemäuer und wurden von ihren Bewohnern liebevoll mit Pflanzen und kleiner Alltagskunst geschmückt. Erik entdeckt Skulpturen von Fischgräten. Später finden wir heraus, dass diese Installation grob übersetzt „Es ist nur eine Frage der Zeit“ auf die Fragilität der Natur und ihrer Lebewesen verweist. In der Chiesa di Santa Maria Assunta bestaunen wir christliche Opulenz, im Stadtpark suchen wir Schutz vor der Nachmittagshitze. Ein Eis in der Gelateria mundet uns ganz hervorragend. Es ist beinahe ekelhaft, wie nett das hier alles ist. Vor allem die Abwesenheit großer Touristen-Ströme sorgt für große Gelassenheit und noch größere Urlaubsfreuden.

    Schließlich gönnen wir uns noch einen langen Bummel durch einen verschwenderisch gut sortierten Supermarkt und kaufen leckere Grissini, fast schon verdächtig günstigen Fisch und Meeresfrüchte, Kräuter und frische Pasta. All das wird zu einem kleinen, nagut, großen Festmahl verkocht. Auf zwei Platten, versteht sich. David derweil verdingt sich als urlaubsplanerisches Mastermind und ergattert – wieder schicksalhaft? – den vorletzten Platz auf dem höchsten ganzjährig geöffneten Campingplatz Europas. In die Schweiz wird es also als nächstes gehen, das liegt aber noch in süßer Zukunft.

    Wir schlemmen, sind pappsatt und zufrieden. Allein ein Mann im T-Rex-Kostüm erschüttert Zoeys Weltbild. Die Jungs drehen noch eine große Runde mit ihr und sind entzückt über kleine Trattorien, an denen Einheimische wie Besucher den lauen Abend verbringen. Ich quäle meinen Rücken am Spülbecken und rekapituliere im Reisetagebuch den letzten Tag.
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  • Hund muss man sein oder haben?

    July 31 in Italy ⋅ 🌩️ 25 °C

    Wir sind die reinen Urlaubsstreber. Der größte Urlaubsstreber ist aber der Hund, kann man nicht anders sagen. Letztes Jahr an Heiligabend liefen bei schönstem Winterwetter David und ich um den Forggensee und überlegten uns, dass alles in unserem Leben ideal sei, um ein weiteres, haariges Familienmitglied aufzunehmen. Allerdings eins, das nicht immer zu Hause abhängen möchte, wenn uns die Abenteuerlust packt. Eriks fruchtlose Versuche, mit den Katzen spazieren zu gehen verdeutlichen hinreichend, dass unsere beiden Fusselköpfe keine Ausflugsambitionen hegen und jämmerliches Maunzen bei Autofahrten zeugen von wenig Reiselust. Ein Hund – und wir träumen schon seit über einer Dekade von einem – wäre sicher immer dabei. Ein Hund hat bestimmt Lust, die Welt zu entdecken, oder zumindest erstmal ausgewählte Teile Europas.

    Als Rheinländer und Wahlrheinländer schaffen wir es, uns den Traum vom Hund an Weiberfastnacht zu erfüllen. Unser kleiner rumänischer Rattenjäger zieht ein, der Kater ist schockverliebt und auch Emmi freundet sich schnell mit Zoey an. Zoey hat ein so freundliches Wesen, dass man sie einfach sofort liebhaben muss. Obwohl es viele Dinge gibt, die sie noch nicht kennt, lernt sie schnell, uns zu vertrauen und lernt alle Begleithund-Kniffe. Denn sie hat zum Glück nur diesen Job: Uns zu begleiten. Wir überzeugen sie mit Hilfe unserer strengen, aber erfahrenen Hundetrainerin, dass sie kein Wachhund ist (Bellen ist ja eher anstrengend und unser Nachbar soll durchaus über sein eigenes Grundstück laufen dürfen) und auch davon, dass sie sich ganz auf uns verlassen kann. Postbote? Klar darf der Pakete ins Gartenhäuschen werfen, während sie weiter auf der Couch pennt. Andere Hunde? Wir bringen ihr bei, dass sie Snacks bekommt, wenn die sie anbellen und sie ruhig bleibt. Irgendwo warten? Wir behalten die Umgebung im Blick, während sie sich ein Nickerchen gönnt. Pferde? Erstmal ähnlich gruselig wie Schafe, Kühe und Bronzeskulpturen. Menschen auf Pferden??? Heilige Scheiße, das ist aber harter Shit! Aber auch das lässt sie inzwischen kalt. Klingt jetzt alles, als wären wir geniale Hunde-Ausbilder, in Wahrheit haben wir aber einfach totales Glück, dass sie ein kleiner Streber ist.

    Und so ist Urlauben mit dem Hundi ziemlich harmonisch: Wandern, Eis essen, Bummeln, Boot fahren, die Aussicht genießen, Radeln (aber nicht so lange bitte), alles macht sie im universellen Finde-ich-gut-Modus mit. Zoey diskutiert nicht, ob wir 5 oder 10 Kilometer absolvieren oder ob es womöglich zu viele Höhenmeter werden könnten. Beim Tagebuchschreiben liegt sie neben mir oder unter dem Dach meiner angewinkelten Beine und wir wärmen uns gegenseitig, wenn der Regen auf die Markise prasselt. Denn bei Regen gibt es dann doch milden Protest. Ihr eingebautes und einwandfrei funktionierendes Regenradar ist für uns das beste Indiz, wenn unklar ist, ob man sich auf einen Ausflug wagen darf. Dann verkrümelt sie sich in ihr Bett im Camper oder steht noch später als Erik auf. Dann schaut sie einen mit tellergroßen Dackelaugen an, als wäre es ein Verbrechen an ihr und all ihren bekannten und unbekannten Ahnen, sie jetzt ins Freie zu schleifen.

    Allen Hundegöttern zum Dank bietet sich uns heute vorzügliches Ausflugswetter. David nutzt die Gelegenheit, sich einen richtig fiesen Anstieg zu geben, der ihn zur Statue Marco Pantanis bringen soll. Erik und ich einigen uns erstaunlich unkompliziert auf eine kleine Wanderung zu einem Wasserfall. Über die Mittagshitze gönnen wir uns Würfelspiele, Bildbearbeitung, Bücherlesen, Hundi-Kuscheln und als es wieder abkühlt, breche ich für eine Laufrunde auf dem makellos ausgebauten Rad- und Wanderweg um den See auf. Die Aussicht wird vermutlich dafür sorgen, mein Läuferleben zu Hause zu torpedieren. Wie soll ich mich nur ohne diese spektakuläre Kulisse für irgendwas motivieren? Schnell schiebe ich diese Gedanken bei Seite und laufe, laufe, laufe.

    Als wir schließlich bei Sonnenuntergang Pizza essend am Ufer sitzen und Zoey genüsslich ein für uns undefinierbares, aber für sie unglaublich geiles Kauobjekt bearbeitet, denke ich an eine Kollegin, die mir am letzten Arbeitstag noch sagte, dass sie gerne unser Hund wäre. Nichts vorbereiten, abends in den Camper springen und in Richtung Süden fahren. Hund müsse man sein. Ich denke, Hund muss man haben.
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  • Wandern nervt!

    August 1 in Italy ⋅ ⛅ 23 °C

    Wenn man Erik fragt, ist Wandern komplett sinnbefreit. Kompletter Mist und unnütz obendrein. Langes Wandern ist nur von nervtötenden Eltern erfunden, damit man geruhsame Tage im und um den Camper verderben kann. So unendlich sind die Möglichkeiten: Lesen, Spiele spielen, Französisch mit Duolingo lernen, Bananen essen, den Hund kuscheln, jederzeit aufs Klo gehen können, Papierflieger bauen, Rennstrecken für die Lego-Autos ersinnen und mit den Plüschtieren dann den Grand Prix d’Iseo veranstalten. Doch statt sich all diesen tagesfüllenden Urlaubsbeschäftigungen hinzugeben wird man erbarmungslos aus den heimischen Gefährt geworfen, um elf (ELF!!!!) Kilometer am Ufer entlang zu latschen, dabei den armen Hund mit sich zu schleifen (bestimmt hat der auch keinen Bock), der sengenden Sonne ausgesetzt zu sein, sich die Füße blutig zu laufen und sich eine endlose und ermüdende Aneinanderreihung von Wasser, Dreck und Steinen anzuschauen. Welch Verschwendung wertvoller Lebenszeit. Welch Sakrileg, die Urlaubsentspannung dann zu stören, wenn sie am schönsten ist. Heute Vormittag, als es so herrlich regnete, war die Welt auf Stellplatz 68 noch in Ordnung. Jetzt, wo sich die Wolken verziehen kriechen die beiden Nervsäcke aus ihren Löchern und zerren den bemitleidenswerten Sohn mit sich. Gegen seinen ausdrücklichen Willen.

    Das Einzige, was dann angemessen scheint ist, das Hadern mit der eigenen Situation, die Qual im Inneren nah außen zu kehren und die Verursacher des Martyriums möglich eindrücklich daran teilhaben zu lassen. Jede unannehmliche Empfindung muss nicht nur geteilt werden, es ist auch von Nöten, die Folterknechte daran zu erinnern, was sie ihrem Delinquenten und seinem ihm zustehenden Urlaubsfreuden da zumuten. Schafft man locker vier Kilometer, mit ein bisschen Anstrengung auch fünf. Irgendwann wird das Jammern dann aber doch ein wenig eintönig und all diese lustigen Eidechsen, die da auf den Mauern herumhuschen, geben eine willkommene Ablenkung ab. Was, wenn man eine davon erwischen könnte, um sie sich ganz genau anzuschauen? Naja, in der Hand halten möchte man sie nicht, vielleicht beißen die. Aber das Nachjagen macht leider höllischen Spaß, dem Hund übrigens auch.

    Nach 5 Kilometern dürfen also auch wir die Wanderung ein wenig genießen. Zoey beeindruckt uns. So sehr sie Regen verabscheut, umso zäher ist sie, was Sonnenschein betrifft. Wir bieten ihr bestimmt an 6 Zwischenstopps Wasser an, braucht sie aber nicht. Munter zockelt sie auf ihren kurzen Beinchen den Weg entlang, jagt ebenso erfolglos wie Erik Eidechsen und scheint Solarenergie zu tanken.

    Am Ende der Wanderung wollen wir in den Zug steigen, finden aber gerade noch rechtzeitig herum, dass es nur Schienenersatzverkehr gibt. Die Busfahrt ist dafür ein eigener Programmpunkt unserer Unterhaltung. Der Busfahrer ist die perfekte Karikatur eines italienischen Busfahrers. Hagerer Typ mit grau melierten Haaren, Sonnenbrille. Breitbeinig sitzt er auf dem Fahrerthron, immer nur eine Hand am Lenkrad, denn die andere braucht er zum Sprechen. Zoey wird mit einem volltönenden „Ciao Grigio“ begrüßt, es wird nach ihrem Namen gefragt. Wenn er könnte, würde unser Fahrer mit ihr abklatschen, so belässt er es bei einer ausladend einladenden Geste. Die Tickets, die David tapfer online erworben hat, will er nicht sehen, so sehr freut er sich schon auf die Fahrt. Und dann geht es auch schon los. Schaukelnd setzt sich der Reisebus in Bewegung, unser Mann am Steuer schafft es, mindestens den halben Bus (wird sitzen in der Mitte), wahrscheinlich auch den ganzen Bus zu unterhalten. Er trällert, pfeift, klatscht (sic!) und lacht so herrlich dreckig, als wäre er ein ausgebuffter Pizzabäcker, der dir gerade erzählt, womit er den Teig gestreckt hat. Nachdem du deine Pizza verdrückt hast. Erik bekommt es ein wenig mit der Angst zu tun, als er in einem der engen Tunnel einen Fahrgast bittet, sein Handy zum Laden anzuschließen. Der Aufgeforderte stellt sich lässig vor die große Frontscheibe und fummelt mit Kabel und Gerät. Erik atmet auf, als er wieder sitzt. Ich kralle mich ein wenig in den Sitz vor mir, aber alles geht gut. Alle in Pisogne aussteigenden Fahrgäste werden herzlich verabschiedet und schon braust er weiter.
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  • Bicicletta

    August 2 in Italy ⋅ ☀️ 21 °C

    Eigentlich bin ich kein richtiger Radfahrer mehr. Vor einiger Zeit habe ich mir zusätzlich zu meinem treuen Trekking-Rad Oberon ein Gravelbike erworben, es Perseus getauft und versucht, ein bisschen im Geiste verrückter Rennrad-Fahrer unterwegs zu sein. Die Wahrheit ist, mit fehlt das Verrückte zum Radeln. Viel zu schissig bin ich, habe Angst vor schnellen Abfahrten, Angst davor, dass irgendein Autofahrer mich abräumt und vor allem Angst, dass ich irgendeine Widrigkeit der Strecke übersehe, die mich stürzen lässt. Und überhaupt, mir tut auf der Rennmaschine spätestens nach 90 Minuten einfach Alles weh. Also bleibt mir nur der Pendelweg zur Arbeit, aber der reicht mir auch. Beim Laufen behalte ich die Kontrolle, Stürze nerven, sind aber verkraftbar. Das Hirn lässt sich ganz wunderbar herunterfahren und ich kann mit leerem Blick in die Landschaft schauen.

    Heute aber will ich etwas Besonderes mit meinem treuen Oberon unternehmen: Einmal um den Lago d’Iseo, etwa 60 km, ganz wenig Höhenmeter. Vor aber ordentlich Regenwetter und Gewitter. Immer wieder wurden wir in der Nacht von lauten Donnerschlägen aus dem Schlaf geschreckt. Als würden Riesen auf den Bergen um den See stehen und mit ebenso riesigen Felsbrocken werfen. Einer davon kann unser Gefährt nur knapp verfehlt haben, so laut grollte es. Trotzdem fühle ich mich aufgelegt für eine kleine Herausforderung, nicht wissend, was meine Beine eigentlich gerade können. Schwierig nur die Wettervorhersage, Regen bis 16:00 Uhr? Wir gönnen uns langes Ausschlafen (außer David, der steht einfach immer super früh auf) und dann ein spätes Frühstück, was wir wie ein Mittagessen angehen. Ich weiß es noch nicht, aber diese Pinsa mit Kirschtomaten, Pesto und Mozzarella (in Italien is(s)t man vegetarisch, nicht vegan) wird mich perfekt durch die anstehende Fahrt bringen. Gegen 12:00 Uhr reißt der Himmel plötzlich auf. David brütet über verschiedenen Wetterdiensten, es könnte eine Regenpause von zwei bis drei Stunden geben. Das reicht mir. Ich packe trotzdem Regensachen ein, lasse mir vom Herzblatt seine geplante Strecke um den See schicken und mache mich fast schon übermotiviert auf den Weg. So übermotiviert, dass ich direkt in die falsche Richtung aufbreche. Später finde ich, dass das gar nicht über war, denn so konnte ich immer wieder am See halten, ohne die Straßenseite wechseln zu müssen. Trotzdem will mich meine Garmin beständig zum Umkehren zwingen, das kleine dominante Miststück. Ich ignoriere sie geflissentlich, prüfe nur zwischendurch meine Strecke.

    Besonders belebend finde ich die Geschwindigkeit, mit der ich vorankomme. Den Anfang der Tour bildet das 11 Kilometer lange Filetstück der Wanderung, die Erik unter Qualen absolvieren musste. Immer wieder muss ich mich daran erinnern, dass ich jetzt ein Radfahrer bin und nicht auf die säuberlich markierte Fußgängerspur drifte. Wie schrecklich langsam David Wandern vorkommen muss, wenn für ihn das Radeln die Standard-Sportart ist. Dann doch lieber ab und zu vom Geschwindigkeitsrausch des Drahtesels kosten. Der Himmel klart immer weiter auf, trotzdem weht ein erfrischender Wind.

    Unbeobachtet tue ich ungefähr alles, wofür mich Streber-Radler David abstrafen würde: Nicht immer Vollgas geben, für Fotos anhalten, zum Trinken anhalten, bergab NICHT in die Pedale treten, andere Fahrradfahrer an mir vorbeiziehen lassen, ohne mich wenigstens kurz in den Windschatten zu hängen, auf dem gemischten Fuß- und Radweg fahren, darüber nachdenken, für ein Eis anzuhalten. Alles das macht mir schrecklich Spaß und die Strecke ist immer gut fahrbar und bietet immer wieder schöne Aussichten.

    Toll finde ich ein kurzes Stück mit Zypressen, die Brettwurzeln wie Mangroven-Bäume haben. Nass wird es immer dort, wo die Regenfälle der letzten Nacht und des Vormittags riesige Pfützen auf den Wegen hinterlassen haben. Gruselig wird es in den Tunneln. Der erste überrascht mich maßlos. Der Radweg zur Rechten ist gesperrt und es bleibt mir nichts anderes übrig, als reinzufahren. Dunkel wie ein Maul zur Unterwelt verschluckt er mich und meine Augen brauchen viel zu lang, um sich an die neuen Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Ich schicke noch einen großen Dank an meinen Fahrradschrauber, der Oberon noch in der Woche vor dem Urlaub flott gemacht hat. Mein repariertes Licht erweist mir große Dienste bei der Durchfahrt. Höllisch laut ist es, Autos und Motorräder überholen mich knapp, denn der Tunnel ist eng. Von allen Seiten rauscht Wasser von der Decke, ein Ende des Tunnels lange nicht in Sicht. Nur einer von drei Tunneln, aber ich überstehe alle.

    Die Kilometer fliegen nur so dahin und erst ab Kilometer 45 wird mein linkes Bein ein bisschen taub, nicht schlecht. Weil ich schrecklich cool bin, fahre ich ohne Polsterhose und mit Schirmmütze unter dem Helm. Auf den letzten 15 Kilometern passiere ich ein besonders schönes Stück, kurvig, super schöne Sicht auf hervorstehende Felsen, bis zu denen ich zwei Tage zuvor unbedingt laufen wollte. Am Ende noch ein paar recht zögerliche Autofahrer, aber durch die mogle ich mich auch noch durch. Oberon ist ein treuer Gefährte, ich heute Radfahrer mit ganzem Herzen. Drei Stunden brauche ich, Durchschnitt 20 km/h. Unnötig zu sagen, dass David die Strecke in anderer Richtung in unter zwei Stunden schafft.

    Den Rest des Tages gönnen wir uns noch eine große Portion Dolce Vita: Eis und Pizza, Duschen und Schlendern, ein schöner Sonnenuntergang. Es ist unser letzter Abend im schönen Italien, das es so gut mit uns meinte.
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  • Der Berg ruft, wir kommen!

    August 3 in Switzerland ⋅ ☁️ 12 °C

    Woran erkennt man, dass es in die Schweiz geht? Richtig, wir stopfen uns den Camper bis obenhin mit Essen voll. Und zwar, bevor wir die Grenze passieren. David als routinierter Fahrer bringt uns sicher über den Pass, hinein in eine Wunderwelt der Berge. Der Ausblick ist einfach nur atemberaubend und als schließlich der erste Gletscher in Sicht kommt, ist das dann doch sehr ergreifend.

    Unser Campingplatz am Morterartsch-Gletscher – wohl ungelogen einer der schönsten Europas – liegt auf knapp 2.000 Meter Höhe. So mancher kann hier schon spüren, wie der Körper erst noch akklimatisieren muss. Für mich bedeutet es zum Glück nur das Versagen meiner inneren Kochuhr. Denn hier ist kochendes Wasser wegen des geringen Luftdrucks nur 94 Grad heiß. Beim Kochen fühlt sich das an, als wäre etwas kaputt.

    Ist aber alles egal, denn hier ist es wirklich unfassbar schön. Die Berge drängen sich um uns, aber statt uns zu erdrücken, beglücken sie uns mit ihrem prachtvollen Anblick. Der Gletscher ist keine 5 Kilometer entfernt. Kalt ist es hier, aber wir muckeln uns im Camper ein und gönnen uns, die Heizung zu starten.
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  • Gletscherfluten

    August 4 in Switzerland ⋅ ☁️ 14 °C

    Der Morteratsch-Gletscher flutet seine Umgebung mit einer unvorstellbaren Menge an Wasser. Unsere Sinne flutet er ebenso: Riesig, rauschend und rumorend liegt er vor uns, als wir den Gletscherweg und noch ein wenig Kletterei im jüngsten Schmelzgebiet hinter uns lassen. Inzwischen muss man recht weit gehen, um bis ganz an die Gletscherzunge zu gelangen, so viel hat der schmelzende Riese bereits an Masse verloren. Dennoch überwältigt er uns. Hier anzulanden ist der Höhepunkt einer (tut mir Leid für die Superlative) epischen Wanderung. Bevor wir uns dem großen Staunen hingeben, haben wir eine Zeitreise mit dem Gletscher durchlaufen. Beginnend an dem Punkt, an dem er 1860 seine größte Ausdehnung erreicht hatte und mit Zwischenstopps an liebevoll und einladend getexteten Informationstafeln, die uns allerlei Wissen über den Gletscher und die von ihm geformte Landschaft vermitteln. Auch für Kinder ist ein kleines Buch mit dem kleinen Eis-Geist Sabi gestaltet worden, der sein Wirken am hier erzählt. Mit Stempelstationen ist die Wandermotivation perfekt für kleine Wandersleute.

    Wie wir noch atemlos vor den Eismassen stehen, werden wir von einem freundlichen Mann angesprochen, der getrost als Gletscher-Freak im besten Sinne bezeichnet werden kann. Hat er in seinem Leben schon eine Menge Gletscher bereist; in Alaska, Südamerika oder Neuseeland, der Morteratsch hat es ihm besonders angetan. Seit 10 Jahres kommt er mehrmals pro Jahr aus Mainz hier her und beobachtet und dokumentiert die Transformation des Kolosses. Er erzählt uns nochmal eindrucksvoll, wie schnell der Gletscher schmilzt, welche Wassermassen er abgibt (pro Tag 500.000 bis 1.000.000 Tonnen!) oder wie man hier versucht, die Schmelze mit Schneekanonen im Nährungsgebiet retten will. Klar, neben dem Aspekt des Umweltschutzes spielen hier auch wirtschaftliche Interessen mit. Ein Bergretter ist auch anwesend. Wir erfahren, dass er jetzt versucht, die Leute, die wir von hier aus auf dem Gletscher herumlaufen sehen, wieder unbeschadet runterzukriegen. Denn dort, wo sie laufen, ist es richtig gefährlich. Wir sehen deutlich, wo vor Kurzem enorme Eismassen abgegangen sind. Und hören auch, wie das Eis und die Landschaft arbeiten. In der halben Stunde, die wir hier verbringen, gehen rechts von uns am Moränenrand zwei laute Steinschläge ab (zum Glück weit entfernt) und einmal knarzt der Gletscher dröhnend laut und knackt vernehmlich. Unser Gletscher-Mann prophezeit, dass hier in zwei Jahren – wenn wir wieder kommen, das steht für ihn außer Frage – ein See aus Schmelzwasser liegen wird. Die Senke, in der wir stehen, macht das einleuchtend. Spannend würde, wie man dann dieses Gebiet für die vielen Besucher sichert.

    Und an Besuchern mangelt es nicht. Viele steigen mit uns hoch und runter, die letzten zwei Kilometer zum Ziel sind anspruchsvoll, aber machbar. Zoey schaltet in den Bergziegen-Modus und mit ihrem Allrad-Antrieb wuselt sie sich durch schwierige Passagen. Natürlich hat sie Zeit, zwischendurch in Steinspalten zu schnüffeln, Murmeltierkacke zu probieren, heruntergefallenes Zwieback zu futtern und Hummeln zu jagen. Und Erik? Der ist heute mal Vollblut-Wanderer. Diese Art von Ausflügen trifft auf seine breite Zustimmung. Dafür ist es einfach viel zu aufregend und die latente Gefahr des Absturzes kitzelt seinen Abenteuergeist.

    Auch an die Temperaturen gewöhnen wir uns. Heute Nacht ging es bis auf vier Grad runter, wieder sind wir froh über unsere Heizung. Nur eine Mütze hätte ich gerne, sicher eine Premiere für den Sommerurlaub. Wir leihen uns eine zusätzliche Decke, ein netter Service an der Rezeption und genießen die Annehmlichkeiten der formidablen Sanitäranlagen. Es lässt sich nur wenig mit den Froiden einer kochend heißen Dusche bei frischen Außentemperaturen vergleichen. Ich drücke das Äquivalent der Snooze-Taste immer noch einmal, bis ich ein Blasenwerfen der Haut fürchte und mich schließlich überwinde, wieder ins Kühle zu treten. Huh, das war schön!
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  • Kletterkünstler

    August 5 in Switzerland ⋅ ☀️ 20 °C

    Heute geht es für Erik an den Berg. Die Bergsteiger-Schule in Pontresina bietet einen Kletterkurs für Kinder ab 8 und Erik ist einer der sieben Teilnehmer. Früh geht es los, früh müssen wir raus. Da es morgens knackig kalt ist und wir keine Handschuhe, Mützen oder andere winterliche Ausrüstung mitführen, brechen wir die Zelte am Stellplatz kurzzeitig ab und fahren mit dem Camper. 4 Grad über Null bietet Einiges an Fröstelpotential. Aufgeregt ist der Sohnemann, als der Kletterlehrer im Bergsteiger-Büro eintrifft. Es kommt sogar eine kleine zusätzliche Herausforderung dazu: Der Schweizer spricht auch gar schweizerisch und man muss sich arg konzentrieren alles zu verstehen. David und ich werden derweil einen Intensivkurs in Schweizer-Deutsch belegen, allerdings nur eine Vokabel lernen: Auf unserer kleinen Wanderung grüßen alle Passierenden mit einem „Grüzi-wohl!“ Wir bewältigen schwitzend (schönes Gefühl!) einige Höhenmeter, während Erik am Berg lernt, wie man die doppelte Acht knotet, hochklettert, sich wieder fachgerecht abseilt und vor allem auch die Kletterpartner absichtert (na, zum Glück wusste ich das nicht vorher).

    Am Anfang unseres Weges hoffen wir, auf der Steinbock-Promenade noch ein paar weitere Kletterkünstler zu Gesicht zu bekommen. Allerdings sehen wir von denen genauso wenig wie von Eriks neuen Fähigkeiten an der Wand. Dabei sind diese Tiere wirklich faszinierende Bewohner dieser Bergwelt. Waren die Steinböcke um 1700 hier einmal komplett ausgerottet, wurden kurzerhand Tiere aus Italien entwendet und man startete in Graubünden ein ehrgeiziges Zuchtprogramm. Heute lebt in Pontresina die größte Steinbock-Kolonie der Alpen. Die Hörner wachsen ein Leben lang und die Viecher werden bis zu 90 kg schwer. Wie sie da so elegant klettern und springen können, ist äußerst rätselhaft. Doch wir müssen uns mit dem reichhaltigen Steinbock-Dekor in Pontresina begnügen, da wir ungewollt alle Regeln der Steinbock-Sichtungen brechen. Wir sind zu früh hier, mitten im Sommer, wir haben den Hund dabei. Naja, beim nächsten Mal vielleicht.

    Zoey ist heute ein bisschen weniger wild, hüpft aber sicher den Berg hinauf und genießt mit uns oben die Aussicht. Wir sind auf 2.230 Metern Höhe und haben das Gefühl, dass der tiefblaue Himmel sich über uns wölbt, ein schönes Gefühl. Jetzt aber schnell wieder runter, immerhin tickt das Parkticket und hier versteht man keinen Spaß beim rechtswidrigen Parken. Und Erik will uns von seinem Abenteuer erzählen. Großen Spaß hatte er, ist jetzt aber auch echt kaputt. Was? Kaputt? Dann müssen David, Zoey und ich wohl alleine zur Schaukäserei, die hier in der Nähe lockt. Die catcht uns nicht so richtig, aber wir sind immerhin bestrebt, einen anderen Rückweg als den Hinweg zu finden. Aha, irgendwo da vorne über die Gleise der Bahn und dann weiter hinten gibt es eine Brücke über den Gletscherfluss. Apropos Gletscherfluss, uns fällt noch ein, dass der nette Gletscher-Mann uns erzählt hat, dass der Rhein immer auch ein bisschen Gletscherwasser enthält, vor allem, wenn er niedrig steht, ist der Anteil höher. Aufregend! Der Rückweg zieht sich dann doch etwas, am Ende haben wir 8 Kilomater auf der Uhr, der arme Hund musste heute also 15 davon gehen. Ohje, morgen dann besser ein bisschen Radelprogramm.

    Abends nutzen wir eine der Gemeinschafts-Feuerstellen und bereiten uns Kartoffeln, „komische“ Würstchen und Gemüse zu. Noch eine Annehmlichkeit dieses so herrlich gelegenen Campingplatzes, bei dem alles zu stimmen scheint: Atemberaubende Aussichten, große Plätze, alles nicht zu eng gedrängt, sondern schön in der Natur eingebettet, super Sanitär, heißes Wasser in den Duschen (außer bei David, was ein Karma), es gibt immer Hilfe, wenn man sie braucht und im kleinen Supermarkt könnte man sich bei Notfällen auch behelfen. Hier ist das Camper-Disneyland.
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  • Haben wir einen Bleihund an Bord?

    August 6 in Switzerland ⋅ ☁️ 18 °C

    Und welche Bärenkräfte wohnen in Davids beeindruckenden Beinen? Warum ist es um den See bei St. Moritz so dermaßen windig? Kann man sich trauen, in diese Stadt zu gehen, oder wird man dann automatisch arm? Schaffen wir die Rückfahrt, ohne dass meine Lunge birst und meine Oberschenkel vollends verkrampfen? Wann kommt David heile von seiner Mordstour über zwei (sic!) Alpenpässe zurück? Diese und weitere Fragen treiben uns heute um, nicht alle vermögen wir zu beantworten.

    Um den armen Hund zu schonen, entscheiden Erik und ich uns für eine Radtour mit nur kleiner Wanderung. Es sind nur 9 km nach St. Moritz, die Höhenmeter scheinen auch überschaubar. Dort kann man dann nett einmal um den See wandern, vermutlich ohne befürchten zu müssen, sogleich in Touri-Fallen zu tappen. So unser harmloser Plan, der später ein wenig zur Grenzerfahrung wird, als wir die eigentlich wenigen Höhenmeter hin und zurück meistern.

    Davids Plan für diesen Tag ist von Anfang an größenwahnsinnig. 2.400 Höhenmeter, verteilt auf etwas über hundert Kilometer. Meine Fantasie malt schreckliche Bilder von Erdrutschen auf Pass-Straßen, miserablen Straßenbelägen bei halsbrecherisch schnellen Abfahrten und noch viele mehr. Überraschung, ich bin jedes Mal nervös, wenn der Hase sich auf’s Rad schwingt. Prophylaktisch. In einem Stück wird er wieder ankommen, so viel darf ich schon verraten, aber er muss auf dem zweiten Anstieg im letzten Drittel eine Pause machen. Und zwischendurch Limonade kaufen. Sonst absolut unverstellbar. Der Albula-Pass hat es auf jeden Fall in sich. Die schmale Straße ist sogar zwischen November und Juni gesperrt, wegen Lawinengefahr (puh, habe ich erst danach gelesen). Auch die 15 km nach der Pass-Querung ziehen sich ordentlich, Gegenwind und eine schier endlose Landstraße zermürben meine emsige Bergziege. Kein Wunder, dass David erst am frühen Abend völlig geplättet wieder am Campingplatz ist. Zufrieden kann er sich im Schein seiner sportlichen Höchstleistung sonnen, die Beine zittern ihm dennoch. Erik und ich können nur staunen. Natürlich machen wir aus allen Resten im Kühlschrank ein kleines Festessen. So viele Kalorien müssen nachgetankt werden.

    Fast schon etwas beschämt erzählen wir von unseren Grenzerfahrungen: Dieser kleine Hund, der aber in Wahrheit zu einem strammen Muskelpaket mutiert ist, scheint eine besonders krasse Erdanziehungskraft im Fahrradkörbchen zu entwickeln. Zu Hause entspannt im Lastenrad schlägt das Gewicht hier am Trekkingrad erbarmungslos zu. Die Strecke nach St. Moritz ist gut befahrbar, zwischendurch aber ordentlich kieselig. Immer wieder flutscht mir das Hinterrad unter meiner wertvollen Fracht ein bisschen weg und Schisser, der ich bin, nehme ich die Abfahrten besonders behutsam (David würde sagen: Hasenfüßig.), die Anstiege quälen mich im Gegenzug. Es scheint, als zerren mich Hund und Gepäck erbarmungslos gen Erdkern.

    Die Wanderung hingegen ist für uns ausdauertechnisches Schulterzucken. Flanieren sagt man hier bestimmt, so nett wandert es sich um den See. Wir vermuten, dass die Stadt zu 85% aus Hotels besteht und ahnen, wo man hier überall Ski fahren kann. Schauen gedankenverloren Segelschiffchen nach und lassen Zoey keine Blessrallen jagen (findet sie blöd). Nehmen ein paar Hunde-Kackbeutel als Souvenirs (gratis!!!) mit und begeben uns auf die aufreibende Heimfahrt. Wir bewältigen immerhin 150 Höhenmeter hierbei, Erik zieht richtig durch, ich zerre mit kreischenden Beinen den Blei-Hund in Pontresina den – für mich – endlosen Anstieg empor. Vermutlich fragt sich unser wuseliger Begleiter, warum ich nur aus dem letzten Loch pfeife. Bestimmt liegt das an der Höhenluft. Oder dem nachlässigen Fahrradtraining. Sicher eine Mischung aus beidem.
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  • In Ulm, um Ulm und um Ulm herum

    August 7 in Germany ⋅ 🌙 19 °C

    Hach, so schön haben wir uns im Urlaubsleben in den Bergen eingerichtet. Ein paar Mal denke ich darüber nach, ob es eine neue berufliche Perspektive bieten könnte, einfach weiter durch die Alpen zu reisen, ein paar nette Fotos zu schießen und eher geistlose Beiträge darüber zu schreiben. Würde mir gefallen, aber dann würde ich wohl sowas wie ein Influencer oder Reiseblogger und das scheint mir höchst unseriös. Also geht es heute wieder in Richtung Heimat, Ulm unser Zwischenziel, denn da waren wir noch nicht.

    Auf unserem Weg saugen wir nochmal so viel Bergromantik ein, wie unsere flatternden Herzen verkraften können. Zum Glück plant David die Strecke gewissenhaft beim Frühstück und entdeckt, dass Google uns fieserweise über den Albula-Pass schicken möchte. Aus hautnaher Erfahrung weiß er: Der ist für den Camper viel zu eng. Besser ist es, über Österreich, statt über den Bodensee zu fahren. Statt über den Reschenpass fahren wir dort aber durch einen sieben Kilometer langen Tunnel und gelangen sogar in bekanntes Terrain um Reutte und Füssen. Hier haben wir im Winter herrliche Schneetage verbracht, die Jungs auf Skiern, ich auf einsamen Wanderwegen bei perfektem Schnee.

    Wir überlegen schon laut, wohin es nächstes Jahr gehen soll, sind aber überfordert mit der schier endlosen Flut an Möglichkeiten.
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  • Heimreise ist auch Reise

    August 8 in Germany ⋅ ☀️ 30 °C

    Ulm gibt nochmal alles, damit wir unser Urlaubsleben so richtig vermissen werden. Hier kann man all die schönen Sachen machen: Endlos an der Donau joggen, im Donaubad duschen (ich) oder eine Spaßbad-Episode einlegen (die Jungs). Dann kann man in die Stadt schlendern, immer schön an der Donau entlang, immer mit schöner Aussicht.

    Das Fischerviertel, das bunt bemalte Rathaus, das Ulmer Münster, alles hier lädt derart pittoresk zum Bestaunen und Verweilen ein, kaum mag man glauben, dass Leute hier einfach so wohnen können. Viel zu nett hier! Auch die Bayrisch-Baden-württembergische Grenze, die man zwischen Ulm und Neu-Ulm über die Donau immer wieder queren kann, hat so ihren Reiz. Erik lässt es sich nicht nehmen, ein paar Mal hin und her zu springen.

    Ein bisschen freue ich mich auf die Rückkehr ins „normale“ Leben, aber irgendwie auch nur ein bisschen. Es ist schön, so viel Zeit zu haben, den Tag nicht von Anfang bis Ende durchzuplanen und sich treiben zu lassen. Klar sind meine Haare schon vor ein oder zwei Wochen über die Grenze zwischen Ist okay zu undefinierbares Vogelnest gewechselt und ich trage immer nur funktionale Kleidung und Joggingschuhe, dafür kann ich mich auch einfach für eineinhalb Stunden in die Außengastronomie eines italienischen Restaurants setzen, Tiramisu essen und auf meine Jungs warten, während ich das Treiben um mich herum beobachte.

    Hinter uns liegt eine wundervolle Zeit: Abwechslungsreiches Wetter, immer den schönen Blick zum Berg, gezankt wurde wenig und wenn, ging es nur im Kilometer oder Höhenmeter, das lässt sich aushalten. Wir haben fürstlich gefuttert, sind fett gewandert und haben vier Länder von neuen Seiten kennengelernt. Und das Schöne: Zu Hause haben wir vielleicht wieder weniger Zeit für Ausflüge und Vergnügungen, aber unsere kleine Reisetruppe bleibt zusammen. Und zusammen haben wir viele schöne Erinnerungen und träumen von neuen Abenteuern.
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    Trip end
    August 10, 2025