• Ho-Chi-Minh-Stadt (Saigon)

    15 февраля, Вьетнам ⋅ ☁️ 30 °C

    Mit etwa 10 Mio. Einwohnern ist Saigon etwas größer als Hanoi. Unter anderem wegen des fruchtbaren Mekongdeltas zeigt sich der Süden des Landes, damit auch Saigon, wohlhabender als der Norden.
    Schon bei der Stadtrundfahrt ist dies mühelos zu erkennen. Der Großmarkt der Stadt wirkt geordneter und sauberer als die Märkte Hanois. Wir schlendern mittendurch, auf der Suche nach Skurrilem und ständig auf der Hut vor den allgegenwärtigen Rollern, die oft bis zur Grenze des Machbaren beladen werden und aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen scheinen.

    Nach einem Gang durch Chinatown und einem chinesischen Tempel zu Ehren der Meeresgöttin fahren wir weiter zum alten Postamt und kaufen Postkarten. Auf den Treppenstufen kommen wir ins Gespräch mit 3 jungen vietnamesischen Englischstudentinnen, die unbedingt ein Foto mit Isabell und mir machen wollen. Ob sie schon einmal in England oder den USA waren? Leider nein, es fehlt das Geld.
    Die gegenüber dem Postamt gelegene, in der französischen Kolonialzeit nach dem Vorbild Notre Dames erbaute katholische Kirche ist wegen Renovierungsarbeiten leider komplett verhüllt.

    Auf dem Weg zum Rathaus lösen Isabell und ich uns von der Gruppe, um noch auf eigene Faust ein wenig rumzuditschern. Wir streifen durch riesige Malls, die sich von westlichen -auch preislich- nicht unterscheiden, und besuchen lokale Märkte mit Billigware. Ich kaufe einen Rucksack.

    Bei über 30 Grad laufen wir zu Fuß zurück zum Hotel und treffen uns abends mit Holger und Billy Mausi sowie Beate, Petra und Rolf aus unserer Gruppe. Etwas orientierungslos suchen wir ein Restaurant für das Abendessen und landen schließlich in einer belgischen Kneipe. Wir bewundern einen 3 Liter Biertower am Nebentisch und essen Flammkuchen. Why not?

    Es ist Montag. Schon in der Früh werden wir geweckt durch laute Ansagen und Geschrei. Was ist das denn? Ein Blick aus dem Hotelfenster klärt es auf. Die unter uns gelegene Schule veranstaltet ihren Kommunismusunterricht. Ein Mal die Woche für eine Stunde. Ein gut gelaunter Lehrer brüllt von der Bühne vor einer großen LED-Wand durch ein Mikrophon für uns unverständliche, kurze Sätze ins junge Publikum. Hin und wieder wird gelacht. Man hat offensichtlich Spaß. Wie wärs mit Demokratieunterricht für Kinder bei uns?

    Nirgends kommt man der bitteren Vergangenheit Vietnams aus dem gleichnamigen Krieg so nahe wie in Saigon. Wir konfrontieren uns heute damit. An dem Ausflug zu den für Touristen nachgebauten Tunneln, in denen sich von 1960-1975 Mitglieder des Vietcong und ein Teil der Zivilbevölkerung vor den Amerikanern versteckten und Widerstand leisteten, nehmen wir nicht teil. Von Youtube-Beiträgen wissen wir, dass vor Ort laute, marzialische Schießübungen mit Kriegsgerät an Touristen verkauft werden, die sich stolz vor einem Panzer mit Maschinengewehren ablichten lassen. Wir wollen zur Kommerzialisierung der leidvollen Geschichte nichts beitragen und begeben uns stattdessen in die Stille des fußläufig vom Hotel gelegenen Kriegsrestemuseums. Wir lesen Statistiken und Berichte über den Kriegsverlauf, Geschichten über unmenschliche Kriegsverbrechen und nehmen Bilder von makaberen Szenen, sadistischen Massakern und dem brutalen Vorgehen gegenüber der Zivilbevölkerung in uns auf. Ein Raum widmet sich ausschließlich den Folgen des Einsatzes von 80 Mio. Litern "Agent Orange", ein zur Entlaubung des Urwalds von den Amerikanern eingesetztes Gift, das noch Jahre später zu schrecklichen Missbildungen führte. Die Fotos sind kaum zu ertragen. Tief erschüttert und beklommen gehen wir ins Hotel zurück und fragen uns, ob wir das Gesehene je wieder aus dem Kopf bekommen. Das Museum empfinden wir als düsteren aber wichtigen Ort in Saigon.

    Am Nachmittag startet unser Reisebus nach Phan Thiet an der Südküste Vietnams. Dort stehen für die Gruppe zum Schluss ihrer Reise 3 Tage Erholung am südchinesischen Meer auf dem Programm. Wir haben noch 4 Tage verlängert.
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