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  • Day 28

    VÄTER UND SÖHNE

    January 5 in Spain ⋅ 🌧 5 °C

    Pamplona. Spanien. Regen in der Nacht. Standheizung am Morgen. Und Kaffee. Musik aus dem Handy. Brian Doerksen. Beruhigt. Ob ich den Jakobsweg gelaufen bin, fragt mich mein Nachbar, Bruno, der mit Amy, seiner Freundin, ungarisch spricht, weil sie dort geboren sind. Amy spricht mit mir deutsch, weil ihre Großmutter sie das gelehrt hat, sie als Masseurin viele österreichische Kunden hatte. Ich schenke ihr unsere Bücher, sie wird nun Deutsch lesen können. Wir lernen beide Spanisch. Bruno, der schon überall gelebt haben mag, spricht die Sprache gut genug, aber ich kann schon sagen, dass ich ein Buch schreibe, einen Apfel esse, ein Mann bin, und gerne Wein trinke.

    Das konnte ich vorher schon. Und ich konnte hundert Gramm Käse bestellen, und drei Scheiben Schinken. Ansonsten spreche ich mit meinen Nachbarn englisch, denn auf der Insel leben sie jetzt. Und fahren nach Portugal, wo Bruno als Tiertrainer arbeitet. Manchmal begegnet du Menschen. Und später merkst du, wie fröhlich du bist. Hilde schlägt Purzelbäume und grinst mich an. Das war ein guter Tag. Wir sind ganz oft spazieren gegangen. Alleine.

    Im Sturm an der Puerto de Ibañeta auf 1057 Meter. Der erste Anstieg nach Saint Jean Pied de Port. Für Pilger gleich zu Beginn die Herausforderung. Schlimmer kann es nicht mehr werden. Schreiben sie. Außer die Kraft lässt nach. Der kalte Wind fegt über den Hügel, auf dem eine Kirche ihr Kreuz weit übers Land schleudert.

    "Auf der Passhöhe steht die moderne Kapelle San Salvador, die eine ältere Kapelle ersetzt. Sie markiert den Anfangspunkt des Camino Francés, der hier drei der vier französischen Pilgerwege nach Santiago de Compostela aufnimmt: Die Via Podiensis von Puy und Conques, die Via Turonensis – von Paris, Tours und Poitiers und die Via Lemovicensis – von Vezelay, Limoges und Périgueux kommend.

    Der Pass ist seit vorgeschichtlichen Zeiten ein wichtiger Pyrenäenübergang, spätestens seit römischer Zeit gab es eine Passstation, später wurde für Jakobspilger in Roncesvalles ein Kloster mit Herberge eingerichtet. Die Mönche des Klosters besetzten auch die Kapelle auf dem Pass und läuteten bei Nebel die Glocken, um Pilgern den Weg zu weisen." (Wikipedia)

    Heute ist hier kein Mönch zu sehen, vielleicht betet einer aber am Altar für die drei Pilger, die den Berg hinauf kommen. Ein spanischer Vater mit seinem zehnjährigen Sohn verlässt den Ort, als wir ankommen. Später sehe ich sie am Parkplatz hinter dem Kloster Roncesvalles, wie sie sich glücklich in die Arme nehmen. Dann sich ausziehen, abtrocknen, warm einkleiden. Nur mit sich beschäftigt. Vater und Sohn. Das ist schon eine starke Verbindung.

    Auch über Entfernungen. Im Herzen. Im Verstand. Ganz besonders, wenn du alleinerziehende Papa warst. Mit allen Herausforderungen. Mit allen Kämpfen. Übers Schweigen hinaus. Das kann uns niemand nehmen, sagt mein Sohn, als wir vor vier Jahren am Nordkapp unter der Weltkugel stehen.

    "Kinder. Das sieht diese Geschöpfe, die uns ein Leben lang Probleme machen. Und natürlich Freude. Und Hoffnung. Und manchmal Enkel. Und ab und an Mut.

    Gestern habe ich nicht dran geglaubt, dass ich die spanische Grenze nochmal überschreite. Und heute hat sie nicht mal stattgefunden bei der Auffahrt auf die Puerto de Ibañeta. Lediglich ein Schild mit Geschwindigkeitsbegrenzungen an der Straße, neben dem mit der Muschel und dem von Navarra.

    Was soll schon schiefgehen, hat mein Sohn gesagt."(FindPenguin)
    Und abends schreibt er nochmal, dass ich mich einfach manchmal trauen soll. Das war früher doch mein Job. Ihm zu sagen, dass er sich trauen soll, wenn ihn der Mut verlässt. Jetzt muss ich das manchmal hören.

    Mike, auch so ein junger Mann, den ich vor wenigen Tagen in Argelès sur Mer kennengelernt habe, als unsere Busse nebeneinander am Strand geparkt waren, schreibt mir Mut zu. 'Spanien ist natürlich wieder etwas weiter von der Heimat entfernt, mit gesundheitlichen Einschränkungen ist das immer ein kleines Risiko, was man mit sich trägt, da du aber schon sehr viel Erfahrung in sowas hast, dürfte das für dich kein Problem sein, ich würde es an deiner Stelle also auch versuchen. Umdrehen kann man immer!'

    Manchmal fühle ich mich alt. Aber Bruno lacht, du musst mal Amy's Bruder sehen, der ist alt, dabei ist er erst 63. Wir sind von Montblanc herübergekommen. Unterhalb der Pyrenäen, die manchmal im Dunst am Horizont liegen. Toulouse liegt auf dem anderen Horizont. Dazwischen der Canal du Midi im Winterschlaf. Nur noch Franzosen unterwegs. Auf den Straßen. Den kleinen Stellplätzen mit 7,8 Möglichkeiten, manchmal eng gedrängt. Bei Spaziergängen um den See, an der Waschmaschine, beim Einkaufen.

    "Die Stadt Auch, historische Hauptstadt der Gascogne
    und herausragende Stätte in der Region Okzitanien, ist zugleich einladend und gastfreundlich und verzaubert die Besucher mit ihrer Atmosphäre und ihrem reichen Erbe. Das hoch über dem Tal des Gers gelegene historische Stadtzentrum von Auch lässt sich am besten bei einem gemütlichen Spaziergang durch die malerischen Gassen erkunden, die gesäumt sind von alten Häusern, vorbei an symbolträchtigen Bauwerken wie der Kathedrale Sainte-Marie, der monumentalen Treppenanlage und dem Gefängnis im Armagnac-Turm.

    Die zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert errichtete Kathedrale Sainte-Marie, die als Etappe auf dem Jakobsweg zum Welterbe der UNESCO gehört, ist mit einer Länge von mehr als 100 Metern und einer Breite von 35 Metern eine der größten Kathedralen in Frankreich."

    https://www.france-voyage.com/frankreich-touris…

    Auch ist eine alte Stadt. In diesen Januartagen schleppt sich der stinkende Verkehr durch die vollgestopften Straßen. Die Altstadt sitzt wie ein Pfropfen oben auf der Weinflasche. An den Ampeln blicken mich müde Augen an. In Saint-Palais übernachten wir. Wie vor einigen Monaten zwischen Atlantik und Mittelmeer. Die französischen Dauercamper hat die Gemeindeverwaltung vom Fluß verbannt, ich finde ihre Fahrzeuge dennoch auf dem vorderen Parkplatz unter den Bäumen. Wo sollen sie auch sonst hin, wo sie kein anderes Zuhause haben.

    Aber sie waren rücksichtsvoll mit ihren Hunden. Das ist der Camper vorne am Platz keineswegs. Seine Tür steht offen, die großen Hunde laufen frei, und zu unserem Glück sind sie zweihundert Meter entfernt. Trotzdem mag Hilde sich nur um unseren Bus herum bewegen. Schnell sich erleichtern und kuscheln. So hat sie in den Bergen großen Nachholbedarf an frischer Luft.

    Wir halten uns an die Orte der Jakobswegetappen, die immer mal die Straße kreuzen, um erneut in einen kleinen Weg, unter Bäumen abzubiegen. Pilger sehen wir nicht mehr. Und Camper nur selten. Trotzdem sind die 40 Plätze auf dem Wohnmobilstellplatz unterhalb des Aufzugs in die Altstadt voll besetzt. Für zehn Euro mit Strom und Wasser ein Schnäppchen. Im Park nebenan mit der Skaterbahn für die kleineren Kinder machen wir unter erneut blühenden Mandelbäumen(?) unseren Abendspaziergang.

    Ein junger Vater eilt seinem Fünfjährigen übers Gelände nach. Der Kleine ist cool unterwegs, meistert den Kurs mit viel Energie. Und du siehst dem Papa die Freude an, auch wenn er sich zum Affen macht unter all den Eltern, die entspannt auf den Bänken im Gespräch vertieft sind. Aber das ist dir manchmal sowas von egal, wenn du glücklich bist.
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