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  • Day 32

    Kurz vor Santiago

    January 9 in Spain ⋅ ☁️ 3 °C

    Natürlich kommen wir nicht so schnell vom Jakobsweg weg, denn Santiago bleibt unser Durchgangsziel im Osten. Aber weil nach dem eisigen Spaziergang nicht nur meine Hände kalt sind, sondern auch die Windschutzscheibe wieder angefangen hat zuzufrieren, sind wir gleich losgefahren, da ich vorher schon alles weitgehend gepackt hatte.

    Die N 120 führt nach Astorga und tatsächlich ist der Pilgerverkehr von Virgen del Camino an deutlich höher. Drei Zweierschaften in einer halben Stunde und die erste Pilgerin in Gegenrichtung.

    Kurz hinter Astorga haben wir endlich Frühstück gemacht, und obwohl Mittag ist, liegen die Temperaturen immer noch unter null Grad. Jetzt geht's auf die Autobahn, das sind bei 260 km gute drei Stunden, sodass wir dann noch in Ruhe ein Stückchen raus fahren können.

    Als wir in Santiago ankommen, regnet es. Natürlich sind es am Ende über vier Stunden, die wir durch eine vereiste und benebelte Landschaft gefahren sind. Es gibt nur einige Bilder und zwei kurze Videos vom Tag, um einen kleinen Eindruck zu geben. Die Fahrt ist sehr ermüdend und Hilde findet sie ebenfalls sehr anstrengend, und anscheinend macht die Geschwindigkeit, mit der die Bilder an ihr vorbeiziehen, diese Fahrt für sie unerträglich, weil sie eigentlich nur rausschaut, wenn ich langsamer werde.

    Nach der Kälte der Minusgrade unterwegs, irgendwann überschreitet die Autobahn eine Passhöhe von 1227 Meter ziemlich unspektakulär, steigt die Temperatur kurz vor Santiago auf 7°C. Und es beginnt zu regnen. Erst nur leicht, mit dem Einbruch der Nacht aber längere Zeit und beständig. Wir haben auf einem Stellplatz vor den Toren der Stadt eingecheckt. Gepflegt und sauber, die Hundewiese ist nicht gemäht und voller Gerüche, trotzdem möchte Hilde nochmal auf dem Platz mit mir spazieren, auf dem vermutlich die Hundebesitzer jetzt ihre Runden drehen.

    Kleine Hundertmeterstrecke, viel mehr Möglichkeiten bieten sich hier nicht, weil die Straße gut befahren ohne Seitenstreifen ist. Seit vielleicht zehn Tagen will Hilde toben, wenn wir ankommen, sodass ich bei dem Lärm, den sie veranstaltet, nicht in Ruhe den Bus für die Nacht verkleiden kann. Also erstmal mit der Maus spielen und dabei geht es ganz schön zur Sache, sodass ich immer die Augen zukneife, damit sie mich da nicht unbeabsichtigt mit den Krallen erwischt.

    Zum Glück haben wir genügend Platz im Bus. Aber es ist schon schön zu sehen, dass sie die Initiative ergreift, auf sich in dieser Weise aufmerksam zu machen. Zumal es eben mit dem Auslauf aktuell hapert. Aber bald sind wir hoffentlich am Meer. Der Stellplatz ist die Anlaufstelle für Mitteleuropäer auf dem Weg nach Portugal. Er habe auf dem Platz eins schon im letzten Jahr gestanden, meint der Deutsche, der zur Überraschung des Eigentümers sich gleich eincheckt. Er grüßt situationsgerecht mit Bon Camino, und ich mach mich mal gleich vom Acker zu unseren Platz Nummer 15, weit entfernt.

    Soviel kostet der Platz auch ohne Strom, aber mit qualitativ gutem Trinkwasser und Entsorgung. Strom für 5 Euro brauche ich nicht, aber eine Dusche für zwei Euro, die nutze ich mal. Saubere, einfache Sanitärhäuser nach Geschlechtern getrennt, aber nicht nach den Bedürfnissen, was ich schon immer gehasst habe. Da bin ich einfach der Einzelgänger und meide deshalb solche profanen "Gemeinschafts - Unterkünfte".

    In den Bewertungen von Plätzen wird viel von Sicherheit gesprochen, was ja ne Menge darüber aussagt, wie die Reisenden durch ein anderes Land fahren, da sie quasi als Mitteleuropäer auch nicht gerade eine "sichere" Heimat haben, wie es die Kriminalstatistiken ja deutlich aufzeigen. Das Gefühl, safe zu sein ist sehr individuell und lässt sich schlecht auf andere Menschen übertragen.

    Ich stehe nicht gern alleine und fühle mich auf einem gefüllten Parkplatz oder an der Straße mitten in einem Ort deutlich sicherer als an einer Kirche irgendwo auf dem Berg. Gestern in Léon bin ich mir sicher, dass in keinem der Camper neben mir jemand geschlafen hat, trotzdem hat ihre Anwesenheit für ein gutes Gefühl gesorgt. Hier fühlen sich alle wohl auch deshalb gut, weil es sich um eine Art "sicheres Viertel" handelt, das nachts beleuchtet ist. Und der Besitzer eben auch dieses Gefühl bestätigt, was mal wieder zeigt, wie stark wir Menschen von bekannten Äußerlichkeiten geprägt sind.

    Der Lars von @vagabund_delux hat dazu ein interessantes Video gedreht, das mit einem Schreckensszenario beginnt, und über traumhafte Schlafplätze zu einem der spektakulärsten Orte in Europa führt. Es lohnt sich, da mal reinzuschauen.

    https://youtu.be/tNPdvA63zDE?si=I3BAUD5UjdtNBZ-H
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