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- Tag 147–149
- 20. November 2024 um 12:23 - 22. November 2024
- 2 Nächte
- ☁️ 5 °C
- Höhe über NN: 26 m
DeutschlandSchöls-Bach51°39’58” N 6°58’3” E
Dorsten

3.068 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 0 km/ Gesamt 371.303 km / Ø121,02 km)
Wohnmobilstellplatz
46282 Dorsten
Deutschland
Es ist elf Uhr und ich habe noch nicht gefrühstückt. Das ist ein denkbar schlechtes Zeichen. In den ersten Jahren unserer Reise war ich lange nachts wach, und wir haben morgens ewig geschlafen. Ich war müde von den langen Spaziergängen und dem großen Maß an Aktivität.
Bis mir irgendwann aufgefallen ist, dass ich den Sonnenaufgang vermisse. Der Herbst ist auch so eine Zeit, in der eine aufwachende Sonne am Horizont zu den selteneren Glücksmomenten zählt. Und so hat es sich langsam eingeschlichen, dass ich die Zeit des Aufstehens immer später gelegt habe.
Hilde ist ein geduldiger Zeitgenosse und bedrängt mich nicht, während die Standheizung mich einlullt. Die Vögel vor dem Fenster haben es auch nicht eilig, und der Regen kennt eh keine Regeln. Zudem muss ich warten, bis die Ersatzteile da sind und die Witterungsverhältnisse es erlauben, dass die Arbeiten draußen stattfinden können.
Schwedische Ehepaare sind auf der Durchreise nach Portugal, das alte Paar mit dem Lastwagencamper "Norway - Marocco" wird jetzt in den Ruhestand gehen, das Fahrzeug darf weiterhin auf einem Urlaubshof Reisende beherbergen. Ich habe es schon vermisst, wir haben uns die letzten Jahren immer vor der Fahrt in den Süden voneinander verabschiedet.
Ina habe ich wiedergetroffen, die freiberuflich in Zirkussen arbeitet, wir erzählen einander davon, wie dieses Jahr uns gebeutelt hat. Jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten, vielleicht auch geprägt vom jeweiligen Lebensjahrzehnt, indem wir uns bewegen.
Ich habe mich durch meine alten Gedichtbände bewegt, bin nochmal erinnert worden, dass sich zwischen damals und heute so manches gar nicht bewegt hat, während ich meine zeitweise negativen Handlungsstränge gegenüber anderen Menschen tatsächlich überwunden habe.
Hilde ist wieder gesund. Die Wunde im Gesicht schließt sich mehr und mehr, das Auftragen der fast flüssigen Salbe gestaltet sich zusehends als Vabanquespiel, denn der Patient hält einfach nicht still, zumal die kleine Wunde im dunklen Fell kaum sichtbar ist.
Aber wie meistens im meinem Leben gebe ich mein Bestes. Und das ist nicht viel, so höre ich manchen lachen, der meint, mich gut genug zu kennen. So hat halt jeder Mensch seine Stärken und Schwächen. Ich bin ziemlich gut im Aushalten und weniger geschickt in vielen Bereichen, in denen es auf die Fingerfertigkeit ankommt.
Aber ich bin weiterhin neugierig und so finde ich heraus, dass eins meiner literarischen Idole tatsächlich erst vor kurzem mit fast 102 Jahren gestorben ist. Lawrence Ferlinghetti, der damals Allen Ginsbergs "Howl" verlegt hat, und mit Jack Kerouac um die Häuser gezogen ist, war bis ins hohe Alter an seinem 'City Light Bookstore' in San Francisco anzutreffen.
Von ihm gibt es die Übersetzung eines zuletzt veröffentlichten Buches, das ich liebend gerne lesen würde, weil es auch mein literarisches Reiseleben umfasst. Der Preis ist mit über 60 Euro immens, aber ich könnte ja versuchen, die starken Biografien von Neil Young und Bruce Springsteen dagegen zu tauschen. Na ja, Spinnerei. Aber hör dir mal dieses Zitat an. "Momente voller stiller, manchmal auch melancholischer Schönheit finden sich, wenn Ferlinghetti auf seinen Reisen ganz für sich ist. In Big Sur, jenem wilden Ort an der US-Pazifikküste, legt er eine Wanderrast ein und notiert den wunderbaren Satz: 'Der Wind weht durch mich hindurch über die Hügel.'"
Sofern ich dein Interesse geweckt habe, hier der Link zum ganzen Artikel. https://www.stuttgarter-schriftstellerhaus.de/b…
Der Himmel ist grau, es bleibt trocken, Wind weht die letzten Blätter von den Bäumen. Desto größer sie sind, desto kahler schwingen sie sich ein mit ihren Kronen in der Gesang der Vögel, die den Winter über im Land bleiben.
Es ist schon eine Weile her, dass ich ein Gedicht geschrieben habe, welches aber auch heute so aktuell ist, das ich es dir einfach schenken möchte.
"Jeder Tag
Ist so klein wie wir
Ihn in unserem
Herzen wünschen
Und so groß
Wie unsere Phantasie
Flügel bekommt
Zu fliegen übers weite Meer der Zuversicht."
(Peter 16-05-2010)Weiterlesen