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- Dag 157
- zaterdag 30 november 2024 om 12:31
- ⛅ 3 °C
- Hoogte: 16 m
DuitslandGoos See54°26’48” N 9°52’36” E
Eckernförde

3.078 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 99 km/ Gesamt 372.445 km / Ø121,00 km)
Wohnmobilstellplatz
Nordostsee - Kanal
24814 Sehestedt
Deutschland
Sieben Uhr morgens. Noch ist es dunkel und kalt. Null Grad, die Lichter glänzen auf dem Wasser, Fahrzeuge warten am anderen Ufer auf die Fähre. Dort steht eine beleuchtete Tanne, so wie auch auf unserer Seite. Morgen ist der erste Advent. Die Fähre löst sich vom Ufer und überquert den Kanal.
Ein Angler leuchtet auf seine Pose, die im Wasser schwimmt, ein weißes Licht alleine zu den gelben Positionsleuchten für den Weg am Ufer entlang. Unter meinem Baum vor dem blauen Bus steht eine Bank, auf der niemand sitzt, der Morgen ist zu kalt. Hilde schläft noch, ich ziehe mich an.
Das mache ich oft sehr langsam, weil ich morgens noch in Gedanken bin, vielleicht mit den Träumen hadere oder mich erschreckt habe, vielleicht weil ich eine Geschichte schreibe und mir vieles einfällt, vielleicht weil ich Zeit habe, bis Hilde raus muss.
Sie ist aufgestanden, setzt sich an das Fenster neben mich, schaut raus, wie der Tag erwacht, der sich langsam aus dem Dunklen schält. Osten ist über den Häusern schräg gegenüber, auf der anderen Seite des Kanals. Wir sitzen im Westen, wo es noch ein wenig dunkler ist.
Ich trinke Tee, jeden Morgen zwei Tassen, Bergkräuter oder Zimt/Kurkuma oder Dreiminze. Vor kurzem hatte ich noch Yoga Tea mit ausgewählten Gewürzen, den mir Freunde geschenkt haben. Das war schon ein Unterschied. Zu Kaffeezeiten habe ich mir darüber nie Gedanken gemacht, da war Tee was für später am Tag.
Jetzt gibt es kalte Getränke später, mir fällt keine wirkliche Alternative ein, ich bin da ziemlich fantasielos. Vor kurzem habe ich ein Joghurtgerät gekauft, ich dachte, wie einfach ich jetzt was herstellen kann. Der Joghurt ist trinkbar, schmeckt ein bisschen wie Ayran, und ist leicht herzustellen.
Doch jeder Tag vergeht, und ich denke jedesmal, morgen. Morgen werde ich neuen Joghurt machen, das ist einfacher als mein Atemgerät zu reinigen. Hier brauche ich fließendes, dort nur gekochtes Wasser. Für Beides fehlt mir eine Voraussetzung, die Lust, mich drum zu kümmern. Das Leben so einfach wie möglich gestalten, die Tätigkeiten auf ein Minimum reduzieren, ich frage mich, ob dies eine Folge des Älterwerden sein kann, des Alleineseins.
Lieber Lesen als Kochen, lieber Sehen als Vorbereiten, lieber Denken als Machen. Hilde lässt sich auch lieber bedienen als dass sie sich bemüht, zum Wassernapf zu klettern. Weil mein Tisch bodennah ist und vieles im Weg steht. Ich ziehe meine Schuhe an, Hilde hält meine Bewegungen im Blick, die Zeichen stehen gut. Ich brauche noch eine Jacke, meine Mütze, ihr Halsband. Handy und Schlüssel liegen schon neben ihrem Kopf auf dem Sitz. Ich stelle die Heizung aus.
Sie setzt sich schon mal hin. Tür öffnen, Vogelstimmen, eigentlich eher sind die Raben zu hören, der Morgen glänzt golden. Lichter aus im blauen Bus. Wo ist mein Stock, ohne den gehe ich nirgendwo mehr hin, vielleicht legen sie ihn eines Tages neben mich für die letzte Reise. Er ist wichtiger als meine Zähne, das Gesicht braucht sie dann nicht mehr. Trotzdem hebe ich sie auf.
Am Ufer liegt die kranke Ente, das Gefieder rauhreifüberzogen, wie einer der weißen Begrenzungssteine, wie der erste Schnee. Hilde hat sie gestern angestupst, als sie unter der Bank lag. Sie hat sich mühevoll hochgerappelt, ist ein paar steife Schritte hin zum Ufer gestolpert, hat dort gestanden, wie ein Mensch, mit einer solchen Sehnsucht im Blick, übers Wasser geschaut, in eine Ferne, die jenseits von hier liegt.
Irgendwie hat sie mich an die Oma erinnert, die im ersten Weltkrieg ihren Mann verloren hat. Sie hat auch in eine Weite geschaut, die ich als kleines Kind nie begriffen habe. Heute sind beide tot. Die Oma und auch die Ente. Niemand sendet einen Regenbogen um die Welt, aber wir haben sie gesehen.
In ihrer Nähe stehen jetzt zwei Angler wie das letzte Geleit, sie hoffen auf Glück, als gäbe es einen kausalen Zusammenhang. Im Wasser schwimmen die Enten, die eben noch im goldenen Himmel den Morgen begrüßt haben. Für sie gilt nur das Leben, das Jetzt. Wie für viele von uns, und trotzdem gibt es diesen einen Moment, in dem die Welt sich nicht mehr dreht.
Nein, nein, ich bin nicht depressiv, vielleicht ein bisschen melancholisch. Aber gehört das nicht zum Leben dazu, über den Tod nachzudenken. Bei uns gibt es jetzt Frühstück, und ich erinnere mich nochmal an gestern.
Spaziergang am Südstrand von Eckernförde, die Steilküsten beim Schweden-Eck, wo die grünen Wiesen fast ins blaue Wasser zu fallen scheinen. Der alte Leuchtturm in Bülk, zu dem man von Strande aus spazieren gehen konnte, immer am Wasser entlang, die Skyline von Kiel im Blick.
Kiel - Holtenau, das eine Ende des Nordostsee - Kanals, wo es hinausgeht in die Ostsee. Im Abendsonnenlicht liegen Schiffe, die heute morgen an uns vorbei fahren auf dem Weg zur Nordsee. Rückkehr nach Sehestedt im rotgelben Nachthimmel, ein letzter Spaziergang am Wasser entlang, der ruhige Abend, der Schlaf, die Träume, der neue Tag.Meer informatie