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- День 2–3
- 1 марта 2025 г., 09:24 - 2 марта 2025 г.
- 1 ночь
- ☁️ 3 °C
- Высота: 38 м
ГерманияSalzhausen53°13’17” N 10°10’41” E
Salzhausen

3.169 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 52 km/ Gesamt 384.957 km / Ø121,47 km)
Wohnmobilstellplatz (frei)
Salzhausen
Deutschland
Reichlich erstaunt blicke ich morgens um halb sechs aufs Display, das mir anzeigt, ich habe drei kW Strom dadurch verbraucht, dass ich ein Handy geladen habe, und einmal Wasser kochen konnte. Wenn überhaupt, dann sind das einer, aber nicht drei. So schaue ich jetzt voll Sorgen auf die Zahlen in der Hoffnung, dass die Batterien so geladen sind, dass es für eine Kanne heißes Wasser reicht.
Puh, geschafft. Mit dem Rest Wasser kann ich mich warm waschen, und langsam anziehen. Gestern war das Fußbad dran, heute müssen die dicken Zehen erneut gepflastert werden, um den unangenehmen Anstossschmerzpunkt zu verringern. Die hohen, kahlen Bäume schälen sich aus dem Grau des Himmels, der Morgen erhellt sein Antlitz, es ist der erste März.
Unglaublich, wie die Tage vergehen, war nicht gestern noch Weihnachten. Und ich nutze doch die Tage voll aus, die uns manchmal fast zu lange erscheinen. Als unser Nachbar am Mittag abfährt, haben wir den ganzen Platz für uns alleine, sodass Hilde mal richtig ausgiebig rumflitzen kann, während ich einen kleinen Stock für sie werfe, der von der winterlichen Feuchtigkeit noch nicht so zersetzt ist, das er sich in seine Einzelteile auflöst. Nein, an dem können wir von zwei Seiten mit aller Kraft ziehen, ohne dass einer gewinnt.
In den Häusern unserer Nachbarschaft sind die Fenster noch dunkel, es ist Wochenende, wir hören christliche Musik von Will Morrison, dessen Stimme in einem angenehmen Kontrast zum Klavier steht, sodass es sich anhört, als würde er irgendwo unter den Bäumen singen. Von der Straße dahinter dringen Straßenlaternen zwischen den glatten, dunklen Stämmen herüber. Hilde schaut zu ihnen hin und legt sich wieder schlafen.
Die Sonne fehlt uns Beiden, gestern fahren wir im leichten Regen nach Wriedel zum NP, der pfandfreie Wasserflaschen mit fünf Litern verkauft. Immer noch ist das Wasser auf den meisten Plätzen abgestellt. Ich finde noch grüne Bananen und den Nektar in Flaschen, mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, im wöchentlichen Wechsel, den dickflüssigen Bananenpürree zu trinken, bin aber auch froh über die Zeiten, in denen ich ihn meiden kann.
Der Däne, der noch spät am Abend neben uns geparkt hat, steht schräg und ziemlich nahe beim Nachbarn, der eigentlich sonst noch in dieser Zeit in Spanien wäre, wenn nicht die Mutter gestorben wäre, und er sich erstmal um den Vater hätte kümmern müssen, der das aber alleine auch gut hinbekommt.
Als wir am Friedhof bei Amelinghausen parken, um am Feld gegenüber spazieren zu gehen, fährt ein Sohn in Arbeitsbekleidung mit seiner weisshaarigen Mutter vor, um zum Grab des verstorbenen Vaters zu gehen. Die Blumen richten, das Unkraut auszupfen, die Blätter aufsammeln, einige Worte zu teilen. Er hört vielleicht still zu, während sie ihm sagt, dass ihr der Mann fehlt. Dann schweigen sie, und erst als sie abfahren, wendet er sich wieder im Gespräch an sie, während sie an uns vorbeifahren.
Wenn jemand abends neben uns parken will, dann hält ihn Hilde mit wütendem Gebell davon ab, uns zu nahe zu kommen. Ich öffne die Tür einen Spalt, um ihr Gebell nicht im Bus festzuhalten. Meist hat es Erfolg, ggf muss ich sonst noch ein paar Worte dazu sagen. Aber wer will schon Nachbarn, die einem ins Fenster lugen.
Hinter Eimke halten wir an der Wacholderheide, die mir in ihrem Februarkleid auch gut gefällt. Auf der einsamen Landstraße fahren einzelne Fahrzeuge an uns vorbei, als wir das riesige Gelände von Rheinmetall in Unterlüß passieren, ist grade Schichtwechsel, die Männer mit den überraschend ernsten Gesichter wollen sicher schnell nachhause, ins friedliche, familiäre Miteinander glückseliger Zwei- und Mehrsamkeit.
Mir fällt ein, dass ich als Kind und Jugendlicher sehr viel alleine war, weil die Eltern arbeiten mussten. Damals war die Einsamkeit ein Freund von mir, das hat sich nie geändert, und heute weiß ich, dass ich es gut gelernt habe, mit dem Alleinsein umzugehen. Natürlich ist Hilde da, aber mir fehlt kein Mensch, der den Raum mit mir teilt.
Punktuelle Begegnungen sind gut, vielleicht auch mal eine mitmenschliche Begleitung über ein paar Tage, aber dann falle ich in kein emotionales Tief trauriger Einsamkeit. Das ist vielleicht die Lehre der Jugend, die sich im Alter auszahlt, eine Kraft, die der Melancholie und Depression entgegen wirken kann.
Morgens entzünde ich gerne ein kleines Kerzenlicht, wenn die Nacht noch dunkel ist, und lasse es leuchten, bis wir spazieren gehen. Abends auf dem Spaziergang schleift sie Leine durch eine klebrige, weiße Masse, die jemand an der Seite vom Stellplatz hingeworfen hat. Später habe ich sie überall an den Händen und meiner Bekleidung, und muss mich erstmal im Bus umziehen und grundreinigen. Da kann ich auch gleich ein Fußbad anschließen, dem heute das Haare waschen folgen wird. Dann bin ich wieder runderneuert.
In den Bäumen zwitschert es vielstimmig, ein Specht kündigt dem Tag sein Kommen an, Fetzen vom Blau durchsetzen das Grau der Wolken, eine zarte Sonne lugt kurz herüber. Morgens gehe ich wie ein Elch, der unbeholfen durchs Unterholz mit seinen langen Beinen stapft, zum Glück weidet Hilde wie eine Ziege durchs Gras, und wir bleiben oft stehen.
Gestern schreibt mir ein Leser zu Bruce Springsteen, er würde mich eher mit dem Song der Beatles 'A Day in the Life' von dem legendären Sergeant Peppers Album verorten, was ich so nicht teile. Aber es weckt eine Erinnerung. Im Jahr 1967 war ich zu einem Schüleraustausch in einem englischen Internat und habe die Prügelstrafe wiedergetroffen, die seit meiner Volksschulzeit mir nicht mehr begegnet ist.
Später in Newcastle-upon-Tyne, wo die Brüder gelebt haben, kam dieses Album dann eines Tages auf den Plattenteller, was ich ebenso nicht verstanden habe, wie das merkwürdige, fettreiche Frühstück, das mir allmorgendlich serviert wurde. Die Beatles gehörten nie zu meiner Musik, lediglich an so kleinen Ausreißern wie 'Let it be' fand ich Gefallen. Aber man konnte ja nicht der Musik entweichen, die überall im Rundfunk ausgestrahlt wurde.
Musikalisch war ich eher in Amerika über den Soldatensender AFN verortet, der mir auch die seelenvolle Countrymusik damals ins Herz gelegt hatte, an sie sich nahtlos die Rockmusik der 60er Jahre angeschlossen hat. Und so schließt sich wieder ein Kreis.Читать далее