• Ende März 2025

    Mar 31–Apr 2 in Germany ⋅ ☁️ 9 °C

    3.200 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 0 km/ Gesamt 388.090 km / Ø121,31 km)

    Damm - Mühle
    Berenbrock
    Deutschland

    Heute gibt es den letzten Beitrag auf Instagram, und ich werde das Versenden von Texten dort einstellen. Überraschenderweise hatte ich auf dem letzten Beitrag fast einhundert Likes, mehr als je zuvor. Und ich habe mich gefragt, was sie bedeuten. Freuen sich die Leser, dass ich die Beiträge jetzt einstelle. Finden sie das Photo schön oder tatsächlich meinen Text. Oder zücken sie das Like aus Gewohnheit, wie in den Westernfilmen die Cowboys ihre Waffe ziehen.

    So jemand, der Geschichten schreibt, lebt davon, dass er hin und wieder ein Feedback bekommt. Ich versende fast jeden Tag kleine Storys aus unserem Leben mit aktuellen Bildern, aber wenn ich von den Reaktionen leben müsste, wären wir beide schon längst verhungert.

    Vielleicht bin ich nach neun Jahren über den Zenit meines Mitteilungsbedürfnisses hinaus gekommen. Zumindest stelle ich fest, dass es mich mehr Zeit kostet, die ganzen Internetauftritte zu bewältigen. Also habe ich mir überlegt, dass ich das Ganze zukünftig auf zwei Beine stelle, meinen alten Facebook - Account und die App FindPenguins, die sich fast so liest wie ein Reisebuch, selbst wenn man zwischendurch immer mal wieder mit dem Lesen aussetzt.

    Dazu noch die Mails und die Sendung per WhatsApp & Co für diejenigen, die sich weitestgehend aus den gängigen Portalen raushalten möchten. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass die Reaktionen auf Instagram intensiver ausgefallen wären. Ich kann nicht mal feststellen, ob mehr als ein Dutzend Leser das Programm gewechselt haben. Und wie das bei Facebook dann sein wird, daran mag ich derzeit noch nicht denken.

    Zur Beruhigung für die Instagramgucker, es wird weiterhin Storys geben, über die du visuell unsere Reise begleiten kannst, und so manchen Tipp mitbekommen kannst. Wie den heute, über die Möglichkeit, auf dem Hof meiner Tochter zu übernachten. Reist du also mit Alpaca, My Cabin oder Landvergnügen, dann bietet sich hier ein stiller, freundlicher Ort an.

    Ein Stellplatz unterm Sternenhimmel, zwischen Sonnenaufgang und -untergang. Mit dem Drömling ein Naturschutzgebiet mit Kranichen und Wildgansgesängen in Fahrradnähe. Im nächsten Ort kannst du tanken und einkaufen, auf der Ohre paddeln und am Mittellandkanal spazieren gehen. Oder einfach nur über die Felder schauen, wo gerade ein Rudel Rehe grast, die Bussarde versuchen, die Weihe zu vertreiben, die überm Hühnerstall kreist, wo eine Henne dein Frühstücksei ins Stroh legt.

    Heute ist es kalt, und wir sind durchgefroren. Das war bei unserer Ankunft ganz anders. Sonnenschein und ein blauer Himmel mit weißen Wolken, der zum Spazierengehen einlädt. Die Familie freut sich übers Wiedersehen, sie sind alle gut beschäftigt, aber es findet sich immer Raum für einen persönlichen Austausch.

    Tagsüber stehen wir neben der Pferdekoppel und erleben den Wetterwechsel hautnah. Plötzlich beginnt es zu stürmen, die Böen rütteln in den Ästen der alten Bäume, die gerade die ersten Frühlingsgefühle zeigen, während mittendrin schon einer hellgrün leuchtet.

    Ich habe ein neues Buch angefangen, und erwische Hilde zwischendurch mit einigen Bildern. Hier bekomme ich meine komplette Wäsche trocken, und kann in Ruhe die Schränke und Ecken im Bus mal durchsaugen, weil Hilde das Gerät in Ruhe lässt. Nach fast drei Wochen habe ich drei Kilo abgenommen, fürs tägliche Wiegen habe ich noch keine richtige Lösung gefunden. So geht's mir in etlichen Bereichen meines Lebens, in denen ich nach einem Optimum suche. Manchmal dauert es sehr lange, bis ich einen Zielpunkt erreicht habe, wie jetzt bei Instagram.

    Heute fällt mir das Gehen schwer, vielleicht der Wetterwechsel gepaart mit der Matratze, auf der ich heute morgen aus einem tiefen Schlaf völlig erschöpft wach geworden bin. Hilde hatte gestern mit dem Fressen von toten Mäusen den Bogen komplett überspannt, sodass sie nicht mehr frei auf dem Hof laufen kann.

    Dass ist tatsächlich so, dass die Gier des Fressens, die Freude des losgelösten Streunens völlig überwiegt, was dann wiederum zu einem Leinenzwang führt. Schade für beide von uns. Zudem spaziert die Tochter gerade gerne zur anderen Seite durch den Wald, sodass die Hunde auch nicht gemeinsam frei rennen können. Mit ihrer Nase ist Hilde in baumreichen Gegenden ziemlich aufgeschmissen, zuviel Gerüche sind des Hundes Martyrium und des Halters Stresspotential.

    So bleiben wir bei unseren übersichtlichen Feldspaziergängen, wo das Getreide gerade eben die Höhe eines wenig gemähten Rasen trägt. Wir beide sind müde. Immer wieder sacke ich im Bus in einen tiefen Schlaf, und wache ganz dröselig auf, die Zeitumstellung hat uns noch voll im Griff.

    Hatte ich gerade die fünf Uhr akzeptiert, wird sie jetzt vier Uhr, was mich mitten aus dem Schlaf reißt, während sechs Uhr letztendlich schon zu spät im Tag ist. Dieser unnatürliche Eingriff in mein Leben frustriert mich jedes Jahr aufs Neue, auch wenn er im Vergleich zu den Umwälzungen der weltpolitischen Lage nur ein Nebenschauplatz ist.

    Das Gefüge eines freieren Lebens hat nicht einmal ein Jahrhundert gedauert, desto mehr wir das wissen, je intensiver sollten wir es ausüben. Alleine schon aus Dankbarkeit für unsere Vorfahren, die uns diese Möglichkeit geöffnet haben.

    Heute gibt es viele Hundebilder. Am Anfang unserer Reise haben die Leser es oft moniert, wenn ich mehr Landschaften gezeigt habe, heute fragt nur noch selten jemand danach. Also gibt es sie heute ungefragt, sozusagen als Beispiel der Vielschichtigkeit eines kleinen Hundelebens.
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