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  • Day 18

    Pontarlier 1

    September 24, 2020 in France ⋅ ☁️ 17 °C

    Jetzt übertreibst du es Michi. Diese Worte gehen mir durch den Kopf, als mein Wecker um 6:15 Uhr klingelt.
    Als wir gestern Abend noch "Boule" mit Freunden von Laurent gespielt haben (Laurent und ich haben natürlich gewonnen), war noch alles gut. Als ich jedoch anschließend nach mehreren vergeblichen Versuchen, eine Unterkunft für den folgenden Tag zu finden, nur eine für den übernächsten in Pontarlier finde, steht meine Entscheidung fest: Ich überspringe eine Übernachtung.

    Nachdem ich also gefrühstückt und meine noch nicht einmal ansatzweise getrockneten Unterhosen und Socken außen an meinem Rucksack befestigt habe, mache ich mich um 7:40 Uhr auf den Weg.
    9 Stunden später, 37 Kilometer weiter, 500 Meter höher und komplett durchnässt vom Regen sitze ich in Pontarlier in einem schicken Café und genieße Tee zusammen mit einem Stück Kuchen. Ich bin fertig, selbstverständlich bin ich fertig. Ich bin heute 7 Kilometer weiter gelaufen als mein bisheriger Rekord und das ausgerechnet auf der steilsten Etappe der gesamten Reise. Meine Füße haben schon vor einigen Stunden aufgehört nur "weh" zu tun.

    Gleichzeitig bin ich froh, dass ich nicht gekniffen und in einem teuren Hotel geschlafen oder für einen Teil der Strecke den Bus genommen habe. Sonst wüsste ich jetzt nicht, wozu ich fähig bin und dass meine körperlichen Grenzen deutlich höher liegen, als ich mir zugetraut hätte. Denn obwohl ich fertig bin, fühle ich mich, als wäre sogar noch mehr möglich, nicht empfehlenswert, aber möglich. Dieses Gefühl, meine angeblichen Grenzen überschritten zu haben, macht mich stolz und ist sehr motivierend.

    Dafür, den Weg adäquat zu beschreiben, fehlt mir jedoch die Energie und es würde eh zu lange dauern. Ich bin entlang eines Flusses, durch einige wunderschöne Dörfer, auf einem fast 200 Jahre alten Gebirgspass, durch Wälder, Wiesen und sogar meinen ersten Tunnel auf der Reise gelaufen. Die Eindrücke, die ich heute bekommen habe, lassen sich schwer verschriftlichen, aber sie bleiben fest gespeichert in meinem Kopf und das ist das Wichtigste.
    Angefügt sind einige meiner Lieblingsbilder des Tages, die hoffentlich einen kleinen Einblick geben in die Schönheit der Natur, die ich heute erleben durfte.

    Etwa 40 Minuten vor meiner Ankunft in Pontarlier hat es angefangen zu regnen, besser gesagt zu schütten. Auch meine Regenjacke und Rucksackhaube waren keine große Hilfe. Wenn ich nicht kurz vor meinem Ziel gewesen wäre, weiß ich nicht, ob ich die Motivation hätte aufbringen können, den Marsch klitschnass zu beenden. Dieses Erlebnis bekräftigt mich in meiner Entscheidung, (dieses mal) die Schweiz zu überspringen, für welche niedrige Temperaturen und Regen vorhergesagt sind, und stattdessen meine Reise im sonnigeren Italien fortzusetzen.

    Meine Unterkunft in Pontarlier ist eine klassische "auberge de jeunesse". In der Nebensaison bedeutet das für mich aber bloß: 4-Personenzimmer bezahlen, Einzelzimmer bekommen. Da beziehe ich sogar gerne mein Bett selbst. In dieses kuschele ich mich übrigen nach einer heißen Dusche rein und genieße nach einem nasskalten Tag die Wärme. Abends gehe ich nur nochmal raus, um mir einen Döner zu holen. Dafür, Pontarlier zu erkunden, bleibt morgen noch mehr als genug Zeit, denn erneut habe ich mir einen Tag Pause herausgearbeitet.
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