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  • Day 11

    Höhle von Actun Tunichil Muknal

    October 12, 2021 in Belize ⋅ ⛅ 33 °C

    Cave Spelunking? Genau: Cave Spelunking! Als wir frühmorgens in San Ignacio losfuhren, wussten wir eigentlich selber nicht ganz genau, was uns erwarten würde. Die nette Hostelbesitzerin hat uns zwar rudimentär über die Dauer der Tour und die dafür notwendige Ausrüstung aufgeklärt und auch im Internet hatten wir uns am Vorabend kurz schlau gemacht. Dennoch war uns zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst, welches Abenteuer uns an diesem Tag erwarten würde 🤠.

    Die ersten Kilometer aus der Stadt San Ignacio führten dem George Price Highway entlang durch Streusiedlungen und Dörfer. Hie und da konnten wir Männer und Frauen in altertümlicher Kleidung beobachten: Die Männer mit langen Bärten und Hut, die Frauen mit Röcken und Kopftuch 🧔🎩. Einige von ihnen waren mit Pferd und Wagen unterwegs. Dabei handelte es sich um Mennoniten, welche vor einigen Jahren aus Mexiko übersiedelten, um in Belize neue Dorfgemeinschaften zu gründen und Landwirtschaft zu betreiben 🚜. Viele von ihnen haben ihre Wurzeln in Deutschland, den Niederlanden oder Russland, we uns unser Guide später verriet.

    Nach ungefähr 45 Minuten verliessen wir die asphaltierte Strasse, um auf einer Schotterpiste zum Eingang der Höhle zu fahren. Die Strasse war aufgrund der Regenfälle und mangelnder Unterhaltsarbeiten in einem sehr schlechten Zustand. Immer wieder mussten wir Schlaglöchern ausweichen, durch 50 cm tiefe Pfützen fahren und sogar zweimal einen Fluss überqueren. Die Fahrt führte uns durch eine wunderschöne Landschaft mit Mahagoni- und Teak-Plantagen, grossen Feldern voller Obstbäumen und Beerenstauden sowie einigen abgelegenen Höfen 🏚.

    Auf dem Weg erzählte uns unser Guide mehr über die Geschichte der Höhle, über deren Entdeckung und natürlich auch die frühere Bedeutung für die Mayas. Das Faszinierende an dieser Höhle sind nämlich nicht die beindruckende Lage und die jahrtausendealten Tropfsteine, sondern die uralten Maya-Artefakte und Skelette, welche sich bis zu 2 km in der Höhle drin verbergen. Actun Tunichil Muknal - so der Maya-Name der Höhle - wurde über Jahrhunderte hinweg als Kultstätte genutzt, um dem Regengott 🌧 "Chac" Opfergaben darzubringen. In der Regel waren dies normale Lebensmittel. Neben über 1'400 Tontöpfen, Scherben und anderen Gegenständen befinden sich in der Höhle aber auch die Überreste von vierzehn Menschen💀.

    Nachdem die Höhle Ende der 80er Jahre dank der Hilfe von lokalen Jägern wiederentdeckt und über Jahre hinweg fein säuberlich dokumentiert wurde, ist sie seit 1998 in einem beschränktem Umfang zugänglich. Die zuständige Behörde veranlasste damals, dass keine Gegenstände entfernt werden dürfen, sodass sich die Höhle nach wie vor im selben Zustand präsentiert, wie bei ihrer Wiederentdeckung 1989.

    Beim Parkplatz angekommen, erhielten wir alle einen Helm mit Taschenlampe und machten uns auf den Fussmarsch zum verborgenen Höhleneingang. Unsere Rucksäcke, Kameras und Handys mussten wir im Auto lassen. Dies einerseits, weil wir gewisse Passagen schwimmend oder kletternd zurücklegen mussten und andererseits zum Schutz der Höhle und der Artefakte. Leider kam es mehrfach vor, dass einzelne Artefakte durch fallengelassene Kameras und Trinkflaschen beschädigt wurden (die Bilder in der Galerie stammen deshalb nicht von uns).

    Die kurze Wanderung zur Höhle war angenehm und unterwegs konnten wir Spuren von Tapiren entdecken sowie diverse Insekten und Pflanzen bestaunen. Das wahre Highlight war allerdings die Höhle. Um hineinzugelangen, mussten wir nämlich ins glasklare Wasser springen und die ersten Meter schwimmen. Dann ging es Meter für Meter weiter in die Höhle rein, teilweise kletternd und kriechend und an ganz engen Stellen mussten wir uns förmlich zwischen den Wänden hindurchzwängen. Wir durften eintauchen in eine uns völlig fremde Welt. Hin und wieder flogen Fledermäuse🦇 über unsere Köpfe hinweg und im Wasser konnten wir spüren, wie die zahlreichen kleinen Fische unsere Beine berührten. Es ist erstaunlich, wie es trotz dieser kompletten Dunkelheit Leben in der Höhle gibt. Ebenso erstaunlich ist es, wie sich die alten Mayapriester mit grossen Tontöpfen und Opfergaben beladen hunderte von Meter weit in diese Höhle hineinwagten. Dies ohne Taschenlampen, Feuerzeug und Leitern.

    Nach und nach näherten wir uns den unterschiedlichen Zeremonienstellen. Von unserem Guide erfuhren wir, dass keine Stelle zweimal benutzt wurde und die Mayas für die Opfergaben immer je grössere Mühen auf sich nahmen, um dem Regengott ihre Ehrfurcht zu beweisen. Dabei ging es nicht immer human zu und her. Von vierzehn verschiedenen Menschen finden sich sterbliche Überreste in der Höhle. Aufgrund der Anordnung der Knochen sowie der Verletzungenhandelt es sich dabei sowohl um "freiwillige", als auch um unfreiwillige Opfer, darunter auch Kinder.

    Die Skelette liegen heute noch immer so da, wie sie vor 1'000 Jahren zurückgelassen wurden. In Kombination mit der kühlen Atmosphäre, der Dunkelheit und dem Lichtspiel unserer Taschenlampen, war dies ein wirklich schaurig-grusliges Erlebnis. Wir konnten uns bildlich vorstellen, wie sich die Maya-Priester und ihre Bediensten damals gefühlt haben mussten: durch bewusstseinserweiternde Substanzen vernebelte Gedanken, Trommelgeräusche und Gesänge, vom Rauch geschwängerte Luft und flackerndes Licht - da konnten ja quasi nur Götter die Hände mit im Spiel haben.

    Nachfolgend die Urheber/Innen der Bilder: Janna Rolfe (1), Larry Waight (2), Wade Lehmann (3 & 4), Jovan Pascascio (5), "the travel hacking life" (6).
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