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  • Day 43

    Abschied

    March 19, 2020 in Mexico ⋅ ⛅ 28 °C

    Die letzten Tage waren sehr schwer für uns. Wir haben lange miteinander und auch mit anderen gesprochen, haben geweint und gelacht und manchmal auch beides zusammen. Aber letztlich mussten wir eine Entscheidung treffen und die kann nüchtern betrachtet in der aktuellen Situation nur eines sein. Also geht es für uns zurück nach Deutschland.
    Was das für uns bedeutet ist, denke ich, von außen schwer nachvollziehbar, ein Traum zerbricht. Und zeitgleich wissen wir natürlich, dass es auf der Welt viel schlimmer und größere Probleme aktuell gibt.. aber dennoch, war das eine extrem schwierige Entscheidung.
    Tatsache ist aber, dass die Situation sich zunehmend zuspitzt, nicht nur in Mexiko, sondern auf der ganzen Welt. Man muss schon sehr naiv sein zu denken, dass man unbekümmert weiterreisen kann. Die Grenzen sind nahezu alle dicht, von unseren Wunschländern könnten wir aktuell kaum noch eines besuchen. Aber nicht nur das, es werden immer mehr Maßnahmen wie in Europa ergriffen. In Peru sitzen Leute bereits für mindestens 2 Wochen in ihrem Hostel fest. Es fährt kein Bus, es gibt keine Möglichkeit sich vor Ort zu bewegen. Die normalen Toutistenaktivitäten schließen nach und nach. Die Prognose ist düster, hier in Mexiko beginnt es gerade. Die Touristenstädte sind wie leergefegt, viele Hotels schließen. Bald werden auch die normalen Geschäfte schließen, die Geldautomaten bleiben leer. Die Vorstellung dann in einem Land zu sein, dessen Sprache wir nicht gut sprechen und in dem wir offensichtlich die "reichen Ausländer" sind, ist nicht empfehlenswert und nach unserer Einschätzung sogar gefährlich.
    Zunehmend ändert sich hier die Stimmungslage, die Schlepper vor Ort werden aggressiver. Sie wissen, dass ihre Lebensgrundlage - Touristen - in den nächsten Monaten plötzlich weg sind. Natürlich haben sie Existenzängste. Also wird es nicht mehr lange dauern bis es zu vermehrter Kriminalität kommt.
    All das sind letztlich die Gründe warum wir uns zu diesem Schritt entschieden haben.
    Das bedeutet aber nicht, bei aller Logik, dass wir nicht extrem traurig sind. Die einzige Hoffnung ist, dass wir in ein paar Wochen weiterreisen können, wenn sich das Chaos gelegt hat. Aber wer weiß aktuell schon, wie die Zukunft aussieht. Gerade scheint es ja eher überall schlimmer zu werden.
    Wir sind also gestern von Oaxaca nach Cancun geflogen. Es folgte eine lange Misere am Flughafen, bei der Suche nach Informationen und einem Flug nach Deutschland. Der Flughafen in Cancun ist eigentlich ohne Sicherheitspersonal, als Tourist kann man sich an niemanden wenden, wenn man von den vielen Schleppern belästigt wird. Keine schöne Situation. Überall herrscht Missinformation vor.
    Aber es gibt auch schöne Momente in dieser Situation. Wir spüren vor Ort unter den Gestrandeten eine große Solidarität, alle sind sehr nett und helfen sich gegenseitig. Das zu fühlen tut unheimlich gut. Wir haben dann vor Ort Samuele (den Italiener) und Bahattin (einen super netten Berliner) und Mona (eine Holländerin, die in Spanien lebt) getroffen und uns zusammengetan. Wir haben zu viert in einem kleinen Raum im Merriot geschlafen (3 ganze Stunden), um am nächsten früh kurz nach 4 Uhr morgens wieder am Flughafen zu sein. Es kursieren viele Gerüchte wie man sich verhalten soll, es sollte eigentlich eine Liste von Condor geben, für einen Direktflug, auf die man sich ab 5 Uhr eintragen könne. Naja, dass hat sich nicht bewahrheitet.. aber wir haben jetzt einen Flug über die USA gebucht, solange das noch geht und kommen dann hoffentlich morgen in Frankfurt an.
    Auf dem Weg in's Merriot haben wir noch das Berliner Ehepaar Anton und Ursel getroffen, die auch gestrandet sind. Ihr Lufthansaflug wurde gestrichen und Lufthansa fliegt auch hier einfach nicht mehr.. also keine Chance.
    Letztlich geht es uns aber als Deutsche immer noch sehr gut im Vergleich zu anderen Leuten. Hier sieht man viele Schicksale, die einen wirklich mitnehmen.. junge Israelis, die nicht nach Hause kommen, weil ihr Flug über 8 Stunden in Kanda im Transit wäre - das ist nicht mehr erlaubt. Also sitzen die fest.. Pech gehabt, wenn man der überforderten Air Canada Angestellen glauben darf. An der Mauer aus Bürokratie können auch die verzweifelten Tränen der Menschen nichts ändern.. da fehlt jede Emphatie.
    Und so geht es vielen hier. Also können wir wirklich noch froh sein, so scheiße es sich auch anfühlt.. zumindest kommen wir nach Hause in Sicherheit und zu Menschen die wir lieben. Das wünschen wir aktuell einfach nur allen Menschen hier und auf der ganzen Welt!
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