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  • Day 1

    Anfang vom Ende - oder Ende vom Anfang?

    June 11, 2017 in New Zealand ⋅ 🌙 12 °C

    Hätte man mir noch vor einem Jahr gesagt, dass ich auf zwei einer der schönsten Inseln im Südpazifik fliegen würde, dem hätte ich den Vogel gezeigt. Ich, Tanja Mager, die mit damals 19 Jahren bis auf ein paar wenige Aufenthalte im Ausland (Tagesausflüge nach Frankreich und die Schweiz, und eine einwöchige Abschlussfahrt nach Wien) noch nichts von der Welt gesehen hatte, hält jetzt - ein Jahr später - ihren Boarding Pass auf Fidschi und Samoa in der Hand und kann es immer noch kaum glauben. Dabei sollte es fürs erste doch nur Neuseeland sein. 270 Tage, in denen ich arbeiten wollte, um an anderen Tagen das Land zu bereisen, zu erkunden und unsicher zu machen. 270 Tage, in denen ich die einheimischen Kiwis, die Kultur, den Lifestyle, Menschen auf der ganzen Welt kennenlernen und einfach die beste Zeit meines Lebens haben wollte. Das war der Plan. Aber aus 270 Tagen wurden ganz schnell 365. 365 Tage, in denen ich hart arbeiten sollte, und schließlich an anderen Tagen das Land bereisen, erkunden und unsicher machen konnte. 365 Tage, in denen ich mich in Neuseelands Einheimische, deren Kultur und deren Lifestyle verliebte, mir ein Netz von Freunden und Bekannten auf der ganzen Welt aufbaute, mich selbst - vor allem auf geistiger Ebene - weiter entwickelte und besser kennenlernte. Ich weiß Dinge, die ich vor 12 Monaten noch nicht wusste, wie zum Beispiel, wer und was ich später mal werden möchte und warum. Ich weiß, wo es hingehen soll und ich weiß, wen ich an meiner Seite haben möchte und wer mich auf meinem weiteren Weg begleiten soll. Dinge schienen mir noch nie so klar zu sein wie jetzt, als wäre Neuseeland mein Wegweiser an einer Kreuzung gewesen, an der ich viel zu lange ratlos stand und nicht wusste wohin. Bevor ich aber an diesen Punkt angelangt bin musste ich - und muss auch immer noch - weniger schöne Momente wegstecken, die ich eher in die Rubrik "Lowest low" einordnen würde. In diesen eben besagten Momenten fühlte ich mich verlassen und schrecklich einsam, unverstanden, falsch behandelt, hintergangen. Es lief also nicht immer alles nach Plan, was allerdings nicht immer schlecht war. Wäre nämlich alles nach Plan gelaufen, würde ich jetzt nicht meine Reise auf Fidschi und Samoa antreten. Meine Pläne haben es nämlich nicht vorgesehen, in Geldnot zu geraten und dadurch noch ein zweites Mal auf einer Dairy Farm zu arbeiten. Ich habe um ehrlich zu sein auch nicht erwartet, jemanden kennenzulernen, der aus dem selben Holz geschnitzt ist wie ich. Damaris hat mir nicht nur die Zeit auf der Dairy Farm leichter und erträglicher gemacht, auf der ich zuletzt arbeitete und ich die Menschen, die dort arbeiteten, je näher ich sie kennenlernte und je mehr Zeit ich mit ihnen verbrachte, überhaupt nicht ausstehen konnte. Unser Frust über Arbeit und Arbeitskollegen schweißte uns glaube ich ziemlich eng zusammen, aber auch andere - und erschreckend viele - Gemeinsamkeiten wurfen schon öfters mal die Frage auf, ob wir vom Postmann getrennt wurden. Letztlich hat sie mir in mancherlei Hinsicht die Augen geöffnet und mich davon abgehalten, mir eine once-in-a-lifetime Möglichkeit entgehen zu lassen, weshalb ich bald den nächsten Flieger ins Paradies nehmen werde.
    In der Begegnung mit Damaris, aber auch mit anderen Menschen, die ich bisher auf meiner Reise kennengelernt habe, dachte ich mir leise und insgeheim es handelt sich um Schicksal. Grundsätzlich glaube ich aber nicht an Schicksal oder ähnliches, was nicht heißt, dass manche Aufeinandertreffen mit Menschen, die mich inspirierten, prägten und beeinflussten, keinen Sinn hatten. Ich glaube, dass meine Entscheidungen und die Entscheidungen anderer dazu führen, dass sich bestimmte Leute zu bestimmten Zeiten und zu bestimmten Orten im Laufe des Lebens über den Weg laufen. Und manchmal bleibt es auch dabei. Unsere Wege kreuzen sich, wir begegnen uns, wir laufen weiter. Aber manchmal gehen wir über diese besagte Begegnung hinaus und treten mit unserem gegenüber in eine Beziehung. Diese Beziehung ermöglicht es dem anderen, Einfluss auf uns zu nehmen, uns zu prägen, zu inspirieren. Manchmal sogar ohne, dass wir es merken. Meine nächsten Entscheidungen, die ich treffe, sind also geprägt von davor geführten Beziehungen und resultieren wieder in Begegnungen und Beziehungen mit anderen Menschen. Genau so erging es mir. Ich schmiedete Pläne, traf Menschen; ich schmiss meine Pläne um, machte neue, traf neue Entscheidungen und neue Menschen. Entscheidungen, die mich zu dem machten und dort hinführten, was und wo ich heute bin.
    Und heute bin ich dort angelangt, wo alles angefangen hat und hier wird in wenigen Wochen auch alles enden. Zwar fängt jetzt eine neue Reise an, aber deren Anfang bedeutet auch, dass mein Abenteuer "Neuseeland" sich immer mehr seinem Ende zuneigt und ein neues, gänzlich anderes bereits auf der anderen Seite der Welt wartet.
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