• Chaos in Pristina

    17 augustus 2024, Kosovo ⋅ ☁️ 23 °C

    Am Freitagnachmittag Aufbruch von Kotor nach Pristina (Kosovo) – dies soll eine Zwischenstation auf dem Weg über Istanbul nach Georgien sein. Die Fahrt führt auf verschlungenen Straßen Stunden lang durch Montenegro – es ist ein wunderschönes Land, die Berge sind nur mit den Alpen zu vergleichen. Auf der Fahrt Gespräche mit Linda (19), einem Mädchen montenegrinischer Herkunft aus Berlin-Hellersdorf und ihrer Mutter – liebe Menschen!
    Ankunft in Pristina um Mitternacht. Im Hostel: Schuhe ausziehen.
    Von meinem Vater weiß ich, dass die Kosovo-Albaner, die mittlerweile die Mehrheit im Kosovo sind, im alten Jugoslawien kein sehr hohes Ansehen genossen. Wir sehen Moscheen in der Stadt, man spürt den muslimischen Einfluss, allerdings nicht aufdringlich.
    Am nächsten Morgen jogge ich durch den „Central park of Pristina“ und komme mit Jungs in ihren 20ern ins Gespräch, die an einem zwischen zwei Bäumen aufgehängten Brett trainieren. „Es ist schade, dass alle Kosovo mit dem Krieg assoziieren“, klagen sie. „Das Leben im Kosovo ist so viel reicher!“ Und: „Die Klubszene von Pristina orientiert sich an Berlin“, erfahre ich. Freundliche Jungs – ich verstehe sie, habe ich das Gefühl.

    In der Fußgängerzone der Stadt ein Blick auf die politische Sicht der Kosovoalbaner: Der Nato und namentlich Bill Clinton wird gedankt für ihre „Intervention“ (aus serbischer Sicht: ihre Bombadierung). Nun ja, schwer zu sagen, wer Recht hat...
    Ein Straßenbuchhändler offeriert Hitlers „Mein Kampf“. Ich spreche ihn an, aber wir verstehen uns (sprachlich und vielleicht auch sonst) nicht.
    Danach ausgiebiges Frühstück in einem Café mit frisch gepresstem Orangensaft, Omelette, griechischem Salat, Kaffee und zwei großen Flaschen Wasser – all das für Franky und mich für 28 Euro.

    Als wir mit dem Taxi pünktlich um 12.50 Uhr am Busbahnhof ankommen, beginnt das Chaos: Der für 13 Uhr angekündigte Bus nach Istanbul, für den wir Tickets haben, kommt nicht. Keiner der Mitarbeiter an den Informationsständen, an den Verkaufsstellen, vom Bahnhofspersonal hat irgendeine Ahnung und, noch schlimmer, keiner sieht sich auch nur im geringsten bemüßigt, die Frage aufzuklären: Wo ist der Bus, für den wir Fahrscheine bezahlt und erhalten haben?
    Kratzt hier absolut niemanden.
    Wieder fallen mir Bemerkungen meines Vaters ein: „Der Balkan halt!“ Mein Vater sagte das niemals verächtlich, aber ich verstand doch immer, was er damit zum Ausdruck brachte: die kulturelle Entwicklung ist in der südöstlichen Ecke Europas etwas zurückgeblieben.
    Nun, ich schrieb es auch etwas den Kosovo-Albanern zu – aber vielleicht tue ich ihnen Unrecht.
    Wir fingen an zu improvisieren: Ein Bus nach Skopje, der Hauptstadt Mazedoniens. (Hier sind wieder mehr Kirchen zu sehen als Moscheen, was mich, ich sage es ehrlich, freut.)
    Von Skopje noch am selben Abend ein Bus nach Sofia, der bulgarischen Hauptstadt, wo wir um 22.50 Uhr ankommen. Und hier lässt uns der Flixbus-Fahrer mit dem Ziel Istanbul für 30 Euro je Nase in sein Gefährt einsteigen, wir bekommen die letzten beiden freien Plätze. Dass wir keine Rechnung erhalten und der Ticketpreis wohl weder einen Weg in die bulgarische Staatskasse, noch auf das Konto von „Flixbus“ finden wird, nehmen wir – bedauernd – hin! :-)

    Es ist unglaublich, was wir in einer Woche gesehen und erlebt haben! Morgen früh sind wir, so Gott will (gemäß der jakobinischen Bedingung) am Bosporus!
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