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  • Tag 118: Beket Ata bis Steppe

    June 15, 2023 in Kazakhstan ⋅ ☁️ 36 °C

    Tatsächlich habe ich noch ein paar Stunden geschlafen. Die Jungs sind schon auf den Beinen bis ich so richtig in Gang komme. Als ich Lukas näher komme, sehe ich, dass seine Nacht wohl auch nicht viel entspannter gewesen sein konnte. Licht an, Licht aus, laute Gespräche, Telefonate und Musik sind die Leute hier scheinbar gewohnt.
    Wir frühstücken und entscheiden uns dann dafür, uns nochmal ein bisschen hinzulegen, jetzt wo die meisten wieder abgereist sind. Da wir hier in der Ebene deutlich stärker dem Wind ausgesetzt sind und dieser am Morgen sowieso noch nicht zu unseren Gunsten weht, verlieren wir auch keine Zeit auf dem Weg zurück zur Hauptstraße und zum nächsten Supermarkt.
    Ich schlafe ein wenig, werde aber erneut wach, als wieder telefoniert wird. Dann gebe ich den Versuch endgültig auf und gehe nach draußen. Lukas schläft wie ein Stein im anderen Schlafsaal. Da ich Vincent, dem Belgier, noch versprochen hatte, dass ich ihm mit seiner Schaltung helfe, mache ich mich auf die Suche nach den beiden. Wir haben beide eine Rohloffschaltung, wofür man für die Wartung ab und zu bestimmtes Öl benötigt. Da ich noch welches im Überschuss und er keines hat, machen wir uns mit meinem Öl und der Anleitung an den Ölwechsel.
    Wir sind gerade fertig, also Lukas wach wird. Dann packen wir unsere Räder.
    Unser Plan ist es heute so weit wie möglich zu fahren, weil wir jetzt all unsere Vorräte aufgefüllt haben und der Wind günstig steht, und die restlichen Kilometer morgen zurück zu legen. Vincent und Sam haben sich einen anderen Rythmus angewohnt und wollen erst am Nachmittag starten, um nicht in der Mittagshitze fahren zu müssen. Also heißt es fürs erste Adieu. Wir verabreden uns allerdings am nächsten Supermarkt (klar, der an der Hauptstraße in 100 km, welcher auch sonst :D) und tauschen die Nummern aus, damit wir uns Bescheid geben können, falls wir Hilfe bräuchten oder es länger dauert als geplant. Irgendwie ist es ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass spätestens am nächsten Tag noch jemand hinter uns kommt.
    Wir fahren los und lassen die Gebäude und Autos hinter uns. Die Spurrillen, die die Straße darstellen, sind tatsächlich sehr gut zu befahren. So gut, dass wir erst zu spät merken, dass wir immer weiter von der angegebenen Strecke abweichen. Da es irgendwann eindeutig wird, entscheiden wir uns dazu ein wenig querfeldein zu fahren. Etwas schwerfällig ist es, aber etwa 2 km später haben wir dann wieder die eigentliche Spurrille erreicht. Von dem Augenblick habe ich meine Augen dann nicht mehr von meiner Karte auf dem Handy genommen, weil ich für die Wegstrecke verantwortlich war.
    Es ist wirklich ein unbeschreibliches Gefühl! Du fährst mit deinem vollbepackten Fahrrad mit etwa 15 Litern Wasser quer durch eine Steppe. Das einzige Menschengemachte, das du siehst, sind die Spurrillen, auf denen du fährst. Immer mal wieder teilt sich der Weg beziehungsweise mehrere Spurrillen weichen ab. Du siehst den ganzen Tag nichts anderes als flache Steppe, keinen einzigen Baum oder Hügel, ein paar Steine, ein verlassenes Haus, Kamele und Pferdeherden. Manchmal sehen wir tiefe Spuren, die eine Kamelherde im Sand erzeugt hat. Auch ein Kamelskelett sehen wir. Dafür aber keine Menschenseele. Es ist absolut still.
    Am Abend finden wir bei gleicher Stille einen schönen Zeltplatz. Wir hätten quasi ab Beket Ata dauerhaft zelten können, dann die Landschaft hat sich ja nicht geändert. Dennoch sind wir zufrieden mit unserem Platz. Wir sind seit ca 12 Uhr mittags etwa 90 km gefahren, dank des starken Rückenwindes und dem festgefahrenem Steppenboden. Damit wir den Hauptstraße nicht zu nahe kommen haben wir beschlossen lieber etwas früher das Zelt aufzustellen, auch wenn wir es noch problemlos zu dem Supermarkt geschafft hätten.
    Essen und Wasser haben wir zu diesem Zeitpunkt aber noch reichlich, denn wir haben uns sicherheitshalber auf deutlich schlechtere Bedingungen eingestellt, damit uns auch bei schlechteren Wegen, Gegenwind oder einem Platten nicht die Vorräte ausgehen.
    Also bauen wir gemütlich nach diesem erfolgreichen Tag das Zelt auf und kochen uns aus den überfüllten Taschen ein leckeres Essen.
    Danach geht es bei absoluter Stille ins Zelt. Und weil wir heute die erste Nacht das Außenzelt weglassen müssen wir sogar irgendwann unsere Schlafsäcke herausholen, weil es dann doch ein bisschen frisch wird.
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