• Tag 169: Chilan bis Aksu

    August 26, 2023 in China ⋅ ☁️ 31 °C

    Die letzten Tage haben uns müde gemacht. Eigentlich war unser Plan, in Aksu einen Pausentag zu machen, aber da wir uns hier wohl fühlen, entscheiden wir uns dafür, ihn hier zu machen.
    Also geht Lukas hinunter zur Rezeption, um für einen weiteren Tag zu bezahlen. Da haben wir die Rechnung allerdings ohne die Polizei gemacht! Während die Hotelbesitzerin überaus glücklich ist uns einen weiteren Tag zu beherbergen und daraufhin die Polizei informiert, ist in diesem Moment (zum Glück hat uns die Polizei diesbezüglich informiert!) das Hotel schon ausgebucht. Komisch, die anderen Zimmer waren doch gerade noch leer? Da müssen wir uns wohl getäuscht haben...
    Aber 80 km nach Aksu, so die Polizisten, ist ja gar kein Problem und schnell erreicht, auch wenn man müde Beine hat.
    Also packen wir zusammen und müssen uns jetzt auch ein bisschen beeilen, weil wir es am Morgen eigentlich gemütlich haben angehen lassen.
    An den Supermärkten an denen wir unterwegs einkaufen, strahlen uns wieder interessierte Gesichter an. Sie wollen wissen, woher wir kommen, aber entgegen der Polizei nicht, um es im Computer zu vermerken.
    Von einem Mädchen bekomme ich kleine Früchte geschenkt, welche Art kann ich nicht sagen.
    Dann beginnt es zu regnen und wir fragen, ob wir uns bei einem Dach unterstellen dürfen. Natürlich ist es kein Problem. Nach und nach werden auch hier immer mehr auf uns aufmerksam. Von einem anderen Mädchen bekommen wir Pfirsiche und interessiert Blicke sind auf uns gerichtet.
    In diesem Land bin ich in einem Zwiespalt wie nie zuvor. Auf der Straße und in kleinen Orten (die wir, wenn es nach der Polizei/Regierung geht, am besten gar nicht hätten sehen sollen) begegnen wir herzlichen Menschen (tatsächlich zum Großteil Uiguren), die an uns interessiert sind und uns etwas Gutes tun wollen. Andererseits werden wir von der Polizei herumgescheucht, ewig aufgehalten und von einigen (hier hauptsächlich Nicht-Uiguren) abgelehnt, nachgeäfft und nur selten mit freundlichen Blicken empfangen.
    Trotz der großen Stolpersteine hier im Land sind wir froh, die hier lebenden Uiguren in ihrer Art kennen zu lernen und mit eigenen Augen die großen Einschränkungen mitzubekommen, mit denen viele hier täglich konfrontiert sind. Während wir uns mit den Fahrrädern noch recht frei bewegen können (was die Regierung wohl noch nicht ganz auf dem Schirm hat), wird es gerade den Ärmeren zumehmends schwieriger gemacht ihre Region zu verlassen, indem nur Autobahnen gebaut werden (auf denen man mit Rollern und Ähnlichem nicht fahren darf) oder andere Straßen einfach abgeriegelt werden. Während wir diese Überwachung und Kontrolle nur wenige Wochen ertragen "müssen" (wir machen es ja freiwillig und können immer ausreisen), sind andere ihr ganzes Leben darin gefangen und können keine anderen Länder bereisen.

    In Aksu angekommen fahren wir dann das erste Hotel an. Natürlich werden wir abgelehnt. Im Hostel, in dem wir anfragen, dürfen wir bleiben. Unser Gastgeber ist freundlich und hilft uns, das Gepäck nach oben zu tragen.
    Als er dann zur Anmeldung die Polizei kontaktiert und diese vorbei kommt, ändert sich sichtlich die Stimmung. Während unser Gastgeber weiterhin freundlich bleibt, bekommt er von den Polizisten klar zu spühren, dass er nicht weiter sprechen soll. Uns wird gesagt, er habe noch nicht die nötige Lizenz und könne niemanden beherbergen und dass es in der Stadt ja viel konfortablere Hotels gibt. Als wir erwähnen, dass wir höchstens 200 Yuan (etwa 25€) ausgeben können, tätigt der eine ein paar Anrufe und erklärt uns dann, er habe eines gefunden. Bevor wir allerdings gehen, bekommen wir von einem anderen Polizisten eine Tüte mit vier kleinen Flaschen Wasser in die Hand gedrückt. Das ist wieder etwas, das ich nicht verstehe! Was will die Polizei damit bezwecken? Es ist definitiv kein persönliches Geschenk, das merken wir!
    Von mitlerweile drei Beamten werden wir also zu unserem neuen, konfortableren (in anderen Worten: für Ausländer geeigneten) Hotel gebracht, was eher einer AirBnb-Wohnung ähnelt.
    Vermutlich ein Notzimmer falls das eigentliche Hotel überbucht ist. Zu diesem werden wir für die Anmeldung gebracht, was auch wieder einige Zeit dauert. Dann werden wir gefragt, ob wir noch etwas essen wollen da es ein Food Festival neben dem Hotel gibt. Was im Geschriebenen als gut gemeinter Vorschlag klingt, war in diesem Fall eher eine Lokalisierung von uns. Denn als wir antworten, dass wir vermutlich noch auf das Food Festival gehen werden, folgt direkt die Frage, ob wir direkt hin gehen oder nochmal zurück zu unserem Zimmer. Ob wir da auch wirklich hingehen, wird natürlich überprüft, indem uns die Beamten nachlaufen.
    Auf dem Food Festival ist einiges los. Es gibt Fruchstände, Eier von Sträußen (zumindest sind sie so groß), halbe Hühner, gegarte Fische, Fleischspieße und Gemüsespieße. Außerdem Teigtaschen mit Fleisch und Kürbis. Wir nehmen einige Gemüsespieße und Kürbis-Teigtaschen (Dumblings) und bekommen kurz darauf von unserem Standbetreiber noch ein paar Fleisch-Dumblings geschenkt, damit wir diese auch mal probieren können.
    Hier fühlen wir uns wohl! Die Leuten lächeln und von der Polizei werden wir nicht ganz so genau beäugt.
    Wir laufen noch ein wenig über das Festival, auf dem auf einer Bühne auf Live Musik gespielt wird und entscheiden uns dann noch zu einer Nachspeise. Da das Eis ganz lecker aussieht, entscheide ich mich für einen Eisbecher. Zur Auswahl gibt es 1 und 3 Kugeln. Ich entscheide mich für drei und bin dann doch sehr überrascht, als es nicht bei drei Kugeln bleibt, sodern in den Becher drei Sorten Eis mit je zwei bis drei Kugeln geschaufelt werden. Ok, so viel wollte ich dann doch nicht!
    Als wir uns in der Nähe hinsetzen, das Eis essen und Lukas noch einen Tofusalat probiert, kommt ein junger Mann, der uns noch einen Fruchtbecher mit Soße schenkt und kurz darauf zwei Jungs, die uns einen Schwamm schenken, der sich als Kuchen herausstellt. Außerdem stoppen einige um mit uns Fotos zu machen. Wir sind die reinste Attraktion hier!
    Für diesen Kontakt zu den Menschen sind wir bis hier her gefahren und das ist auch das, was uns das Reisen schmackhaft macht.
    Jetzt wird es sicherlich einfacher werden!
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