• Tag 178 - 2: Barun Har Modon bis Korla

    September 4, 2023 in China ⋅ ☀️ 32 °C

    Wie Gefühle doch täuschen können!
    "Ab jetzt wird es leichter!" Das habe ich wieder einmal gedacht und wieder einmal lag ich damit vollkommen falsch.
    Vonwegen, wir gehen Abendessen und dann ins Hotel. In China kann man eigene Pläne über den Haufen werfen!
    Natürlich wartet am Ortseingang wieder eine Polizeikontrolle auf uns. So langsam erhöht sich unser Puls. Das wird wieder nervig und zeitaufwenig! Wie richtig wir mit dieser wohlwissenden Annahme liegen, können wir zu dem Zeitpunkt noch gar nicht ahnen.
    Wir werden also zur Seite gebeten, steigen ab, nehmen die Pässe und gehen zur Anmeldung. Zuerst einmal bekommen wir ein Blatt, auf dem in Englisch die Verhaltensregeln in China stehen. Ok, die kennen wir doch?! Der Reisepass wird in dieser Zeit natürlich schon von zwei verschiedenen Polizisten gefühlt jeweils fünfmal abfotografiert. Wir warten eine Zeit lang, in der die Polizisten nicht die leiseste Anstrengung auf sich nehmen, uns irgendetwas zu erklären.
    Dann kommt sie, die Erklärung: Das hier ist ein besonderes Gebiet, in das Ausländer nicht rein dürfen.
    Wie bitte, was?! Wir erklären, dass wir nur nach Urumqi durchfahren wollen. Wieder die Aussage: Nicht für Ausländer! Also versuchen wir es weiter. Wir sind bereit mit einem der vielen LKWs mitzufahren, die hier sowieso durchfahren, oder wir nehmen einen Bus oder ein Taxi.
    Wieder heißt es nur: Nicht für Ausländer!
    Wir schauen uns nochmal unsere Karte an. Gibt es irgendeinen Weg außenrum? Nein! Wir können gar nicht glauben, was wir da gerade erfahren. Wir stehen 200 km vor Urumqi und dürfen wegen einer Kontrolle, die sich auch nicht angekündigt hat, nicht weiter.
    Wir fragen nun etwas ungehalten, wie wir sonst bitte nach Urumqi kommen sollen. Umkehren, das bekommen wir zu hören. Umkehren?! Nach einem Tag, 70 km, der sich jetzt als Sackgasse herausstellt? Wir könnten ja von Korla nach Urumqi fliegen, meint der Polizist.
    Tatsächlich bleibt uns nur die Möglichkeit, tatsächlich wieder zurück nach Korla zu fahren und dort hoffentlich mit einem Bus 800km außenrum über die Autobahn nach Urumqi zu fahren. Einen Weg für Fahrradfahrer gibt es nicht und ein solcher ist vermutlich hier in der Region auch nicht gewollt.
    Wir machen weiterhin ein bisschen Druck, was allerdings nichts bringt. Wir fragen den Polizisten, ob er uns immerhin dann einen LKW anhalten oder Taxi rufen kann, damit wir noch zu einer Unterkunft kommen. Das könne er nicht, meint er daraufhin nur. Wir schauen uns die Karte nochmal genau an. Der nächste Ort liegt 20 km entfernt, von da aus könnten wir dann ja mit dem Bus nach Korla fahren. Als ob das mit den Rädern so einfach gehen würde!
    Bevor wir gehen, bekommen wir noch eine Tüte Wasserflaschen (ja hier werden oft ein paar kleine Wasserflaschen in Plastiktüten gekauft!) und je einen Trinkjoghurt von den Polizisten geschenkt. Als ob das alles gut machen würde. Normalerweise würde uns eine solche Geste sehr positiv stimmen, nicht aber hier, da wir genau merken, dass uns die Geschenke nicht aus gutem Willen gegeben wurden, sondern aus reinstem Staatsdienst. Bei der Übergabe ist kein Fünkchen Wohlwollen dabei, wie wir das in den vorherigen Ländern auch ohne jegliche Geschenke erfahren haben.
    Mit unserem Trinkjoghurt und dem Wasser fahren wir also ein Stück die Straße Richtung Korla zurück und halten dann kurz darauf an.
    Warum sollten wir es nicht einfach mit dem Trampen versuchen? Und wenn uns der Polizist nicht helfen will, dann machen wir es einfach selbst!
    Mit unserem Trinkjoghurt in der einen Hand und dem ausgestreckten Daumen der anderen Hand wollen wir eine Mitfahrgelegenheit organisieren, zumindest solange wir noch trinken. Komischerweise sind wir überhaupt nicht großartig genervt. Obwohl unser ganzer Plan gerade innerhalb von ein paar Minuten komplett über den Haufen geworfen wurde und wir zudem jetzt hier stehen und noch nicht wissen, wie wir heute noch zu irgendeinem Hotel kommen sollen, müssen wir über die Absurdität nur lachen. Wieder einmal hat dieses Land uns bestätigt, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht, obwohl alles hier scheinbar so friedlich sein soll. Weshalb sonst werden viele kleinere Straßen blockiert und wir dürfen nicht mal mit einem Bus durch das Gebiet fahren? In dem Versuch Chinesen und Ausländer davon zu überzeugen, dass in diesem Land alles mit rechten Dingen zugeht, haben sie zumindest bei uns mittlerweile auf ganzer Linie versagt.
    Während wir da auf der Plastikbande sitzen und warten, glauben wir nicht wirklich daran, dass irgendwer anhalten wird. Keine fünf Minuten nachdem wir es uns dort gemütlich gemacht haben, hält dann tatsächlich ein Auto an. Es ist ein Pferdetransporter, der hinten auf der Ladefläche außer ein wenig Restpferdeäpfeln nichts geladen hat. Wir laden also die Fahrräder auf, nehmen auf den vorderen Sitzen Platz und genießen die Fahrt mit dem ruhigen aber sehr netten uigurischen Fahrer. Zu unserem Glück fährt er komplett bis nach Korla und setzt uns nur 1,5 km entfernt von der Stelle ab, an der wir heute morgen losgefahren sind. Erst Tage später erfahren wir, dass er uns gar nicht hätte mit nehmen dürfen, da Trampen in China strengstens verboten ist. Das einzige Mal das wir auf der Tour trampen und dann ausgerechnet in einem Land, indem genau das ausdrücklich untersagt ist. Das hat wohl so sein müssen!
    Wir fahren die 1,5 km wieder zu dem selben Hotel zurück in dem wir letzte Nacht geschlafen haben. An der Rezeption sind sie zunächst leicht erstaunt uns wieder zu sehen, was dann aber ziemlich schnell dazu übergeht, dass sie wieder unsere Pässe fordern, um diese erneut mehrfach abzufotografieren. Die Pässe könnten sich seit heute Morgen ja verändert haben!
    Immerhin klappt das mit dem Zimmer recht problemlos, sodass wir bald essen gehen können und noch Zeit haben ein paar Infos zu Bahn und Bus herauszusuchen und ein paar Reviews finden, wie das mit der Fahrradmitnamhe so vonstattengeht.
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